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Fürwahrhalten in der Religion


KevinF

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11 minutes ago, KevinF said:

Danke für die Antwort @Shubashi

 

Ich denke, ich verstehe es jetzt ein wenig besser.
 
Bei mir ergibt sich aus der religiösen Praxis eben keine solche Hoffnung. Was auch nicht schlimm ist, ich habe kein Problem mit der Realität meiner eigenen Sterblichkeit.
 
Ich frage mich nur, ob man so Christ sein kann?
 
Aber vielleicht mache ich mir auch einfach unnötig Gedanken deswegen.
Reicht es nicht, Symbolsprache und Rituale zu teilen sowie die "religiöse Grundhaltung des Empfangens", die ich oben beschrieben habe?
 
Darf ich noch fragen, was Du mit Nachfolge meinst? Was würde sich an Deinen Handlungen ändern (außer der religiösen Praxis) wenn Du kein Christ wärst?


Christus gibt zwei Gebote, die Gottes- und die Nächstenliebe.

Du müsstest für Dich entscheiden, welchen Stellenwert das hat?

Das Gebet hat dabei in meinen Augen ein besonderes Gewicht, um diese beiden Aspekte zu leben.

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9 minutes ago, Shubashi said:


Christus gibt zwei Gebote, die Gottes- und die Nächstenliebe.

Du müsstest für Dich entscheiden, welchen Stellenwert das hat?

Das Gebet hat dabei in meinen Augen ein besonderes Gewicht, um diese beiden Aspekte zu leben.

 

Naja, ich glaube nicht an die Existenz Gottes.

Meine religiöse Praxis macht für mich aber wie beschrieben trotzdem Sinn.

 

 

Bezüglich der Existenz des historischen Jesus bin ich Agnostiker. Religiöse Bedeutung hat er für mich keine.

 

Der kerygmatische/mythologische Jesus schon.

Allerdings habe ich zu ihm wie beschrieben ein etwas distanziertes Verhältnis.

 

Im Umgang mit Menschen folge ich meinem Gewissen, das an die westlichen Werte gebunden ist.

Wobei hier tatsächliche Gewissensentscheidungen selten sind, das allermeiste läuft einfach automatisch.

 

 

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3 hours ago, KevinF said:

 

Naja, ich glaube nicht an die Existenz Gottes.

Meine religiöse Praxis macht für mich aber wie beschrieben trotzdem Sinn.

 

 

Bezüglich der Existenz des historischen Jesus bin ich Agnostiker. Religiöse Bedeutung hat er für mich keine.

 

Der kerygmatische/mythologische Jesus schon.

Allerdings habe ich zu ihm wie beschrieben ein etwas distanziertes Verhältnis.

 

Im Umgang mit Menschen folge ich meinem Gewissen, das an die westlichen Werte gebunden ist.

Wobei hier tatsächliche Gewissensentscheidungen selten sind, das allermeiste läuft einfach automatisch.

 

 


Vermutlich habe ich Deine Beiträge nicht gut genug vor Augen, um Deine religiöse Praxis zu kennen. Mir ist im Protestantismus in Bezug auf Gebet und Betrachtung schon manchmal ein recht „rationalistischer“ Ansatz aufgefallen, weswegen dort die Praxis der umfassend inspirierten Kontemplation tlw. auf noch weniger Toleranz stieß als bei sehr strikt katholischer Lehramtsdeutung.

Ich halte Gott für erfahrbar, weswegen ich die Suche für eine sehr wichtige Sache halte. 
Welchen Gott verneine ich denn durch Ablehnung seiner Existenz? Den, den ich zu kennen meine. Um den ist es vielleicht manchmal auch gar nicht so schade - aber was ist mit der Sehnsucht nach dem Unfassbaren, dem „ganz Anderen“? Erfasse ich die Worte Jesu wirklich, wenn ich mir allzu sicher bin, dass der „Vater“ da einfach ausklammerbar ist? 
Mir ist das zu riskant und ich will auch dem Jesus folgen, der ganz und gar vom Vater erfasst ist und uns in sein Reich einlädt. Warum auf so etwas wunderbares verzichten, wenn es uns doch als Verheißung zusteht?

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12 hours ago, Shubashi said:


Vermutlich habe ich Deine Beiträge nicht gut genug vor Augen, um Deine religiöse Praxis zu kennen. Mir ist im Protestantismus in Bezug auf Gebet und Betrachtung schon manchmal ein recht „rationalistischer“ Ansatz aufgefallen, weswegen dort die Praxis der umfassend inspirierten Kontemplation tlw. auf noch weniger Toleranz stieß als bei sehr strikt katholischer Lehramtsdeutung.

Ich halte Gott für erfahrbar, weswegen ich die Suche für eine sehr wichtige Sache halte. 
Welchen Gott verneine ich denn durch Ablehnung seiner Existenz? Den, den ich zu kennen meine. Um den ist es vielleicht manchmal auch gar nicht so schade - aber was ist mit der Sehnsucht nach dem Unfassbaren, dem „ganz Anderen“? Erfasse ich die Worte Jesu wirklich, wenn ich mir allzu sicher bin, dass der „Vater“ da einfach ausklammerbar ist? 
Mir ist das zu riskant und ich will auch dem Jesus folgen, der ganz und gar vom Vater erfasst ist und uns in sein Reich einlädt. Warum auf so etwas wunderbares verzichten, wenn es uns doch als Verheißung zusteht?

 

 

 

 

Kontemplatives Gebet kenne ich aus eigener Erfahrung. Man kann es im Rahmen eines naturwissenschaftlichen Weltbildes allerdings nur als ein natürliches Phänomen betrachten und vom kontemplativen Gebet als ein natürliches Phänomen führt erkenntnistheoretisch kein Weg zurück zur christlichen Metaphysik.
 
Karl Barths Ausdruck von Gott als dem "ganz Anderen" kann man denke ich auf zwei Arten interpretieren:
 
Es ist entweder ein Rückfall in den Supernaturalismus oder aber eine Station auf dem Weg der Art von liberalen Theologie, die dahin führt, dass ein entsprechend geprägtes religiöses Bewusstein letztlich nichts Existierendes mehr als Gott anerkennen kann.
 
Auch dieser Weg ist mir wohlbekannt, ich bin ihn selbst gegangen.
Ich weigere mich aber die logischen Widersprüche zu akzeptieren, die unvermeidlich entstehen, wenn man trotzdem versucht am Gottesbegriff als metaphysisches Konzept festzuhalten anstatt ihn als Teil des Mythos zu betrachten.
 
Das wurde hier im Thread auch alles schon diskutiert, ich verlinke der Vollständigkeit halber auf ein paar andere Antworten von mir:
 
 
Meine religiöse Praxis und Religionsphilosophie habe ich hier erläutert:
 
https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/?do=findComment&comment=2564463
 
(inklusive der dort verlinkten Beiträge)
 
 
 
Zu meinen Schwierigkeiten mit dem christlichen Gottesbegriff noch ein paar Gedanken mehr:
 
https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/?do=findComment&comment=2564099
 
https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/?do=findComment&comment=2563818
 
https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/?do=findComment&comment=2563658
 
 
https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/?do=findComment&comment=2564872

 

bearbeitet von KevinF
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vor 2 Stunden schrieb KevinF:

Ich weigere mich ...

Unnötig das zu sagen, denn deine Verweigerung spricht aus all deinen Worten.

 

vor 2 Stunden schrieb KevinF:

Zu meinen Schwierigkeiten ...

 

Wo Verweigerung ist, da sind auch Schwierigkeiten. Erwartest du, dass man sich mit deinen Schwierigkeiten befasse? Vielleicht nimmst du dich einfach zu wichtig? Dich und dein Denken.

 

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3 hours ago, KevinF said:

Auch dieser Weg ist mir wohlbekannt, ich bin ihn selbst gegangen.
Ich weigere mich aber die logischen Widersprüche zu akzeptieren, die unvermeidlich entstehen, wenn man trotzdem versucht am Gottesbegriff als metaphysisches Konzept festzuhalten anstatt ihn als Teil des Mythos zu betrachten


Erstmal vielen herzlichen Dank für die erneute Darlegung der Diskussion, die ich durch eigene Schuld nicht komplett mitbekommen habe.

Ich möchte unterstreichen, dass ich keinen Vorwurf gegen Deine Position formulieren wollte, wir hatten vor längerer Zeit hier einmal eine sehr ähnliche Diskussion unter dem Stichwort „Kulturchristentum“ - ich hoffe sehr, dass ich niemandem das Gefühl gebe, ich hielte ein solches für „zweiter Klasse“!

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vor 20 Stunden schrieb KevinF:

Naja, ich glaube nicht an die Existenz Gottes.

 

Wie sollte ein Rationalist an die Existenz Gottes glauben können? Doch nur, indem er dessen Existenz rational beweisen könnte, was gar nicht möglich sein kann, wenn er nicht bereits an Gott glaubt, was ein Rationalist aber per se nicht kann.

 

Nur indem Gott sich durch das Geschenk des Licht des Glaubens selbst der Seele offenbart, kann der Mensch an die Existenz Gottes glauben, weil er sie mittels des Lichts des Glaubens sieht.

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Am 25.8.2024 um 02:33 schrieb KevinF:

Setzt diese Hoffnung nicht Fürwahrhalten voraus?

Nein, die theologische Tugend der Hoffnung setzt das Licht des Glaubens voraus.

 

KKK:

156
Der Beweggrund, zu glauben, liegt nicht darin, daß die geoffenbarten
Wahrheiten im Licht unserer natürlichen Vernunft wahr und einleuchtend
erscheinen.

bearbeitet von SteRo
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9 hours ago, KevinF said:

Es ist entweder ein Rückfall in den Supernaturalismus oder aber eine Station auf dem Weg der Art von liberalen Theologie, die dahin führt, dass ein entsprechend geprägtes religiöses Bewusstein letztlich nichts Existierendes mehr als Gott anerkennen kann.


Ich bin mir nicht sicher, ob „Rückfall“ ein passendes Wort ist - denn dann setzte das ja anscheinend eine Teleologie der Religion voraus? 
Was wäre denn dann das Ziel? Die Überwindung der Religion, die nun mal seit ihrem Beginn mit dem „Supernaturalismus“ zusammenhängt?

Ich bin eher der Meinung, dass Religion einen Bezug des Menschen zu Sinn und Deutung im Kosmos weist, der durchaus die Beschränkung einer strikt rationalistisch-positivistischen Weltsicht erkennt, aber auch weiss, dass der Mensch immer emotional auf die Welt reagiert. Für mich umfasst Glaube also mehr: warum fühle ich denn überhaupt zum Mythus hingezogen?

Lehne ich aus rein „logischen“ Gründen die Existenz Gottes ab, nehme ich dem Evangelium einen wichtigen Teil und verkürze auch die Person Jesu, für den der Vater der zentrale Bezugspunkt ist.

Ich glaube, dass der Begriff „Logik“ daher kein guter Motivator in einer Religion wäre - weil Glaube eben auch mit Hingabe und Vertrauen zu tun hat. Im Kloster war letztens meine Lektüre Romano Guardinis „Vorschule des Betens“ - Beten ist immer dialogisch, selbst wenn es zur wortlosen Betrachtung geht und bereit wird, sich ganz im „ganz anderen“ hinzugeben oder sogar aufzulösen.

Für mich wäre das schwierig, da immer wieder einen „logischen“ Vorbehalt zu erheben: „Gott, ohne Existenzbeweis glaube ich aber nicht an Dich!“

Ohne Beten scheint mir Religion und Glaube aber nicht möglich - Guardini“ sagt, das Leben „verwildert“ dann.

 

Wie gesagt, das ist nicht als ablehnende Haltung zum kulturellen Christentum gemeint, ein bewundernswerter Vertreter des selbigen ist in meinen Augen der englische Hofastronom Martin Rees, der seine Religiosität so formuliert:

Quote

I was brought up as a member of the Church of England and simply follow the customs of my tribe. The church is part of my culture; I like the rituals and the music. If I had grown up in Iraq, I would go to a mosque… It seems to me that people who attack religion don’t really understand it. Science and religion can coexist peacefully — although I don’t think they have much to say to each other. What I would like best would be for scientists not even to use the word “God.” … Fundamental physics shows how hard it is for us to grasp even the simplest things in the world. That makes you quite skeptical whenever someone declares he has the key to some deeper reality… I know that we don’t yet even understand the hydrogen atom — so how could I believe in dogmas? I’m a practicing Christian, but not a believing one.


Sehr nachvollziehbar, aber ich möchte mich durch mein logisches Denken auch nicht von der Meditation abhalten lassen, oder eben davon, Gott in meinem Alltagsleben nachzuspüren oder Christus wenigstens ein bisschen nachzueifern.

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Am 25.8.2024 um 10:42 schrieb Shubashi:


Christus gibt zwei Gebote, die Gottes- und die Nächstenliebe.

Man sollte meinen, daß es das leichter macht, aber im Grunde, macht es das Leben nur NOCH schwerer... 

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vor 5 Minuten schrieb Flo77:

Man sollte meinen, daß es das leichter macht, aber im Grunde, macht es das Leben nur NOCH schwerer... 

 

Da stimme ich sogar zu. Zeige mir einen Christen, der Gott und den Nächsten wirklich und vollkommen liebt. Das ist nicht so häufig wie man meint.

 

Deshalb ist gerade das Doppelgebot, das gerne für die "Einfachheit" der christlichen Botschaft hergenommen wird, wenn man ehrlich ist deutlich anspruchsvoller als all die Dogmatik, Exegese, Kirchengeschichte und Kanonistik. Letzteres kann man lernen und bei Gelegenheit gelehrt vortragen, Gottes- und Nächstenliebe aber muss man leben. Das ist schwer. 

 

 

bearbeitet von Studiosus
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Am 25.8.2024 um 09:29 schrieb Shubashi:

Ich denke, dass darin eine viel größere Verheißung liegt, als ausgerechnet diese ziemlich mittelmäßige Type namens „ich“ unendlich aufzubewahren.

Ich muss da an den dreifachen Sinn des Wortes "aufheben" denken. Ich hab mal den schönen Satz gehört, dass unser Leben "bei Gott aufgehoben" ist. Und zwar aufgehoben im dreifachen Wortsinn:

1. aufbewahrt: Das was wesentlich war an unserem Leben, geht mit dem Tod nicht einfach verloren

2. abgeschlossen / für ungültig erklärt (wie z. B. ein Gesetz, das "aufgehoben" wird): Das ist fast das Gegenteil von der ersten Bedeutung, hat aber in meinen Augen etwas befreiendes. Das irdisch Beschränkende ist vorbei, gilt nicht mehr.

3. hinaufgehoben, auf eine andere Ebene

 

Ich mag solche Wortspielereien. Gerade weil die Bedeutungen irgendwie auch widersprüchlich scheinen, spricht mich das an.

 

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vor 1 Minute schrieb Aleachim:

Ich mag solche Wortspielereien. Gerade weil die Bedeutungen irgendwie auch widersprüchlich scheinen, spricht mich das an.

 

Credo quia absurdum est. ;)

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Am 25.8.2024 um 02:33 schrieb KevinF:

Meine Frage, die sich auch an @Aleachim richtet:
 
Setzt diese Hoffnung nicht Fürwahrhalten voraus?

Dazu hab ich so viele Gedanken im Kopf, dass ich das auf die Schnelle nicht verschriftlicht bekomme. Ich hab im Moment nicht die Zeit, die ich bräuchte, um das so ausführlich, wie ich gerne würde, zu beantworten. Deshalb bitte ich dich noch um Geduld (und ruhig auch eine Erinnerung, falls es mir ganz durchrutschen sollte...).

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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

 

Da stimme ich sogar zu. Zeige mir einen Christen, der Gott und den Nächsten wirklich und vollkommen liebt. Das ist nicht so häufig wie man meint.

 

Deshalb ist gerade das Doppelgebot, das gerne für die "Einfachheit" der christlichen Botschaft hergenommen wird, wenn man ehrlich ist deutlich anspruchsvoller als all die Dogmatik, Exegese, Kirchengeschichte und Kanonistik. Letzteres kann man lernen und bei Gelegenheit gelehrt vortragen, Gottes- und Nächstenliebe aber muss man leben. Das ist schwer. 

 

 

 

Mt 22, 37  Er aber sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand.« 38  Dies ist das größte und erste Gebot. 39  Das zweite aber ist ihm gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« 40  An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

 

Die Gottesliebe ist also das "größte" und "erste". Wie aber kann dann das "zweite" ihm "gleich" sein?

 

Vor allem: "den Herrn ... mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand"

Was sollte denn dann noch für die Liebe von Selbst und dem Nächsten übrigbleiben, wenn das jeweils Ganze von Herz, Seele und Verstand bereits der Liebe des Herrn gewidmet ist?

 

Man sieht also, dass hier von einer ganz ungewöhnlichen "Liebe" die Rede sein muss.

 

 

 

 

 

 

 

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vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:
vor 3 Stunden schrieb Aleachim:

Ich mag solche Wortspielereien. Gerade weil die Bedeutungen irgendwie auch widersprüchlich scheinen, spricht mich das an.

 

Credo quia absurdum est. ;)

Unvernünftig... Hm, ja okay. Ich verstehe, warum dir das in den Sinn kommt. Ich sehe das aber anders und möchte es gerne erklären.

 

Ich hab schon öfter die Erfahrung gemacht (auch völlig unabhängig von Religion), dass vermeintliche Gegensätze einen ganz klaren Zusammenhang haben. Dann ist da kein "obwohl", zwischen zwei Aussagen, sondern ein "gerade weil". Ich versuche ein Beispiel:

 

Es gibt manchmal Menschen, die sehr überheblich, besserwisserisch, hart,... auftreten, bei denen man aber bei genauerem Hinsehen den Eindruck gewinnt, dass hinter dieser Überheblichkeit eine ganz tiefe Unsicherheit steckt. Also "gerade weil", da so eine tiefe Unsicherheit ist, treten diese Menschen so überheblich und hart auf.

 

Oder vielleicht ein ganz anderes, naturwissenschaftliches Beispiel (ich hoffe, ich blamiere mich nicht 😏) : Unsere Augen sehen bekanntermaßen im Dunkeln schlechter. Umrisse und Gegenstände, sind im Dunkeln weniger gut zu erkennen, als wenn es hell ist. Trotzdem gibt es Dinge, die wir im Dunkeln besser sehen. Z. B. die Sterne. Wir sehen sie, "gerade weil" es dunkel ist. Nicht "obwohl" es dunkel ist.

 

Mit dem "aufheben" im Sinne von "aufbewahren" oder im Sinne von "beenden / ungültig machen" scheint es mir irgendwie ähnlich zu sein. Unser Leben schreitet voran, es ist ein ständiger Prozess, Wachstum, Verwandlung. Nichts lässt sich festhalten. Wir können unser Leben nicht aufbewahren, konservieren. Ich halte es sogar für ungesund, das tun zu wollen. Und so scheint es mir, dass erst mit unserem Tod, mit dem Ende dieser Lebendigkeit, das Wesentliche bewahrt werden kann. Und gleichzeitig ist es umgekehrt. Erst der Tod, ermöglicht neues Leben.

 

Ich muss fast lachen, weil mir grade so ein banales, praktisches Beispiel in den Sinn kommt... Aufbewahren, konservieren - das machen wir so oft mit unseren Lebensmitteln, unserer Ernte. Wir pflücken die Äpfel vom Baum und kochen sie zu Apfelmus. Wir beenden diesen Prozess des Wachstums, wir beenden das "Leben" dieser Äpfel, wir versuchen, auch alle lebenden Organismen darin (Bakterien, Pilze...) tot zu kriegen, um diese Äpfel zu konservieren. So lange noch Leben drin ist, können wir die Äpfel nicht lange aufbewahren.

 

Ist nicht manchmal eine solche Verarbeitung von Lebensmitteln auch eine Aufwertung? Ein einfaches Produkt, wird durch bestimmte Arten der Haltbarmachung doch auch veredelt, und somit hinaufgehoben. Damit hätten wir sogar die dritte Bedeutung mit drin.

 

Und solltest du es auch immer noch unvernünftig finden, ich finde diese dreifache Bedeutung wunderbar.

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vor 3 Stunden schrieb SteRo:

Mt 22, 37  Er aber sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand.« 38  Dies ist das größte und erste Gebot. 39  Das zweite aber ist ihm gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« 40  An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

 

Die Gottesliebe ist also das "größte" und "erste". Wie aber kann dann das "zweite" ihm "gleich" sein?

 

Vor allem: "den Herrn ... mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand"

Was sollte denn dann noch für die Liebe von Selbst und dem Nächsten übrigbleiben, wenn das jeweils Ganze von Herz, Seele und Verstand bereits der Liebe des Herrn gewidmet ist?

Ich glaube, das ist ganz einfach zu verstehen. Das zweite ist dem ersten gleich, weil es im Grunde das gleiche ist. Wer Gott wirklich liebt, der liebt damit den Nächsten und wer den Nächsten liebt, liebt damit Gott. "Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan."

 

Gottesliebe, Nächstenliebe, Selbstliebe, das ist eine Einheit. Manche haben den Eindruck, dass die Liebe eine begrenzte Ressource ist, wenn ich dem Nächsten viel gebe, hab ich für mich selber weniger und wenn ich mir selber viel gebe, hab ich weniger für Gott und den Nächsten. Das stimmt nicht. Das Gegenteil von Liebe ist (nein, nicht Hass) Entfremdung. Wer entfremdet ist, wird nie nur von sich, oder nur vom Nächsten oder nur von Gott entfremdet sein. Entfremdung betrifft alle drei Bereiche gleichermaßen, genau wie die Liebe.

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vor 16 Minuten schrieb Aleachim:
vor 4 Stunden schrieb Marcellinus:

Credo quia absurdum est. ;)

Unvernünftig... Hm, ja okay. Ich verstehe, warum dir das in den Sinn kommt. Ich sehe das aber anders und möchte es gerne erklären.

 

Ich will das gar nicht alles auseinandernehmen. Vieles ist ja einfach nur Semantik, aber darum geht es mir nicht. Ich habe den Eindruck, daß besonders Religionen gern mit solchen wirklichen oder scheinbaren Widersprüchen spielen, um sich den Anschein des Geheimnisvollen zu geben. 

 

Das bringt mich auf ein weiteres Thema. Religionen leben geradezu von einem Widerspruch; der Tatsache, daß unser Bewusstsein, unsere Intelligenz Religion überhaupt erst möglich macht, einfach, weil wir Menschen, soweit wir wissen, die einzigen Lebewesen dieses Planeten sind, die sich mehr Fragen stellen können, als sie zu beantworten in der Lage sind. Das beunruhigt uns, und in diese Lücke stoßen die Religionen. Nicht, indem sie so besonders überzeugende Antworten geben, sondern solche, die unsere Gefühle ansprechen.

 

Ich finde es auffallend, daß alle Religionen auf die eine oder andere Weise Mechanismen kennen, die unseren kritischen Verstand außer Kraft setzen. Am auffälligsten ist das natürlich bei irgendwelchen Riten, die die Beteiligten unter Drogen oder in Trance versetzen. Aber es geht auch weniger auffällig, mit Gesängen und Gerüchen, mit der Wiederholung von bestimmten Formeln, mit der Indoktrination von Kindern. Wenn man erst einmal aufmerksam hinsieht, sieht man in allen Religionen bestimmte Übungen, die dazu dienen, unseren Verstand zu umgehen - ohne den es andererseits Religionen überhaupt nicht brauchte. Ist das nicht merkwürdig? ;)

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Ohne Marcellinus da seine Lorbeeren streitig machen zu wollen, aber wir wissen ja wahrscheinlich alle, dass dieser Satz in der Tradition der alten christlichen Schriftsteller verankert ist (wenn er sich auch nirgends in dieser exakten Form findet; also ob Tertullian oder Augustinus ist daher unwichtig).

 

Ausgesagt werden soll damit, anders als man das vielleicht heute auffasst, weniger die "Absurdität" des Glaubens als Makel, sondern nachgerade das Gegenteil: Gerade die Aspekte, die sozusagen so exzeptionell und kontraintuitiv sind und der herkömmlichen Vernunft zu widerstreben scheinen (Gott wird Mensch, stirbt am Kreuz in den Augen der Welt einen Verbrechertod und gerade dieser elende Tod ist das Hauptwerk der Erlösung und der eigentliche, höchste Sieg), machen die Botschaft glaubwürdig. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 10 Minuten schrieb Studiosus:

Ausgesagt werden soll damit, anders als man das vielleicht heute auffasst, weniger die "Absurdität" des Glaubens als Makel, sondern nachgerade das Gegenteil: Gerade die Aspekte, die sozusagen so exzeptionell und kontraintuitiv sind und der herkömmlichen Vernunft zu widerstreben scheinen (Gott wird Mensch, stirbt am Kreuz in den Augen der Welt einen Verbrechertod und gerade dieser elende Tod ist das Hauptwerk der Erlösung und der eigentliche, höchste Sieg), machen die Botschaft glaubwürdig. 

 

Sag ich ja: das ist der Mechanismus, wie Religionen funktionieren, ganz besonders Offenbarungs-Religionen. 

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13 hours ago, Shubashi said:

Ich bin mir nicht sicher, ob „Rückfall“ ein passendes Wort ist - denn dann setzte das ja anscheinend eine Teleologie der Religion voraus? 
Was wäre denn dann das Ziel? Die Überwindung der Religion, die nun mal seit ihrem Beginn mit dem „Supernaturalismus“ zusammenhängt?

 

 

Jeder soll nach seiner eigenen Facon selig werden solange er anderen dadurch nicht schadet.
Ich will niemandem seinen Glauben ausreden.
 
Trotzdem muss ich für mich ja irgendeine Form von Religion auswählen (oder eben gar keine) und verwende dafür bis jetzt 4 Kriterien (von denen das erste eindeutig im Interesse der Allgemeinheit ist.).
 
Religion definiere ich dabei wie Tillich als "ultimate concern" (kompatibel mit einem naturalistischen Weltbild, Erläuterung dazu siehe  https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/?do=findComment&comment=2564463
 )
(diesen Link hatte ich auch mit den anderen gepackt in
 
https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/?do=findComment&comment=2565806
 
)
 
Die 4 Kriterien sind:
 
1. Kompatibilität mit den westlichen Werten.
 
2. Kompatibilität mit unserem Wissen um die Welt.
 
3. Kompatibilität mit meinem Mut-Zum-Sein-Konzept (findet man über den Link oben).
Alternative Formulierung:
Kompatibilität mit dem, was Paul Tillich in "Der Mut zum Sein" als "absoluter Glaube" bezeichnet (wobei "absolut" hier so viel bedeutet wie "losgelöst von allen konkreten Inhalten", wobei die Betonung auf "konkret" liegt.).
 
Begründung zu 3:
 
Nun, a) ist dies einfach mein persönlicher Zugang zu Religion überhaupt.
b) habe ich den Eindruck, dass je mehr dieses Element fehlt, desto größer die Last durch die Religion für den Angehörigen der Religion wird. Weil der "innere Friede" dann umso mehr von religiösen Bemühungen abhängt.
Und was tut man, wenn diese scheitern?
 
Es fehlt ohne die Erfüllung dieses Kriteriums die religiöse Grundhaltung des quasi bedingungslosen Empfangens des inneren Friedens (man merkt hier denke ich meinen protestantischen Hintergrund).
 
c) ist "Mut zum Sein" (im Sinne von "Selbstbejahung trotz" in Form von Sein, Sinn und Moral) ja etwas, das grundsätzlich alle Menschen angeht.
 
Was natürlich nicht heißt, dass alle Menschen meine Form von "Spiritualität" (Anführungszeichen weil kompatibel mit einem naturalistischen Weltbild) haben müssen.
 
@Marcellinus zum Beispiel ist gar nicht religiös. Trotzdem hatte ich durch einen kurzen Austausch mit ihm den Eindruck, dass sein "Mut zum Sein" vermutlich sogar wesentlich besser funktioniert als meiner.
 
Und das schon seit Jahrzehnten.
 
Wer bin ich also, ihm irgendwelche Ratschläge diesbezüglich geben zu wollen?
 
Ich hab mit ihm und @Aleachim (glaube ich) sogar einen  gewissen Konsens bezüglich "Mut zum Sein" hier im Thread  erreicht, von dem ich nur kurz die schöne Schlussfolgerung von Marcellinus zitieren möchte:
 

  

On 8/18/2024 at 12:10 AM, Marcellinus said:

Dies aber bedeutet, daß man im wesentlichen zu gleichen Erkenntnissen kommt, unabhängig davon, ob man religiös ist oder nicht, auch wenn man es vielleicht mit unterschiedlichen Worten beschreibt.

 

Was sagt uns das? Nun, wir mögen uns vielleicht unterschiedliche Himmel erträumen, das Leben, das wir leben, ist für alle gleich.

 

 
Für mich persönlich ist mein Mut-Zum-Sein-Konzept das letzte Bollwerk gegen die Verzweiflung.
Daher macht es für mich Sinn, es auch in religiöser Form zu pflegen.
Das ist alles.
 
Kriterium drei (4 auch) unterliegt selbstverständlich auch den ersten beiden Kriterien.
 
4. Fähigkeit zur Bildung stabiler Gemeinschaften.
Weil es schön ist, wenn die Religiösität auch einen Ort in einer Gemeinschaft hat, die Symbolsprache und Rituale teilt.
Auch wenn dies natürlich nicht zwingend notwendig ist.
 
Nun zum Supernaturalismus:
 
Dieser fällt, ohne irgendjemanden missionieren zu wollen, bei mir bei Kriterium zwei durch:
 
Dort, wo er nicht schon rein logisch im Widerspruch zu den Aussagen eines naturwissenschaftlichen Weltbildes steht (wie im Kreationismus), ist er zumindest überflüssig für die Beschreibung und Erklärung der Welt.
 
Warum aber sollte ich eine überflüssige Metaphysik in mein Weltbild einbauen?
Und warum sollten solche metaphysischen Fragestellungen überhaupt religiöse Bedeutung haben?
Für mich haben sie keine (Begründung findet man bei Interesse ebenfalls über den Link oben).
 
Aber wie gesagt, ich will das auch niemandem ausreden.
 
Und wie gesagt, für mich hat die Idee des  Übernatürlichen seinen Platz eben im Mythos (zu dessen Bedeutung siehe Link oben...).

 

 

 

13 hours ago, Shubashi said:

Ich glaube, dass der Begriff „Logik“ daher kein guter Motivator in einer Religion wäre

 

 

Du würdest aber schon auch sagen, dass theologische/religionsphilosophische Aussagen logisch widerspruchsfrei sein müssen?

 

 

13 hours ago, Shubashi said:

Wie gesagt, das ist nicht als ablehnende Haltung zum kulturellen Christentum gemeint

 

Ich bin kein Kulturchrist, sondern praktiziere kontemplatives Gebet.

Dies ändert nur nichts an meiner naturalistischen Weltanschauung.

 

 

13 hours ago, Shubashi said:

Für mich wäre das schwierig, da immer wieder einen „logischen“ Vorbehalt zu erheben: „Gott, ohne Existenzbeweis glaube ich aber nicht an Dich!“

 

Wie gesagt, ich kann mir aus meiner religiösen Haltung heraus gar nichts vorstellen, dessen Existenz logisch möglich ist und das ich als "Gott" anerkennen könnte.

 

@Aleachim sagt sinngemäß, wenn ich via meinem Mut-Zum-Sein-Dingens innere Ruhe finde, dann sei dort Gott. Wenn ich dies als mythologische Rede interpretiere, stimme ich zu. Darum hatte ich bei der Beschreibung des Mut-Zum-Sein-Konzepts an einer Stelle ja auch selbst das Wort "göttlich" (in Anführungszeichen und mit entsprechendem Disclaimer) gebraucht.

bearbeitet von KevinF
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18 hours ago, Shubashi said:

Ich möchte unterstreichen, dass ich keinen Vorwurf gegen Deine Position formulieren wollte, wir hatten vor längerer Zeit hier einmal eine sehr ähnliche Diskussion unter dem Stichwort „Kulturchristentum“ - ich hoffe sehr, dass ich niemandem das Gefühl gebe, ich hielte ein solches für „zweiter Klasse“!

 

 

Wie gesagt, ich betrachte mich nicht als Kulturchrist, aber trotzdem danke.

 

Ich finde es toll, dass es Christen wie Dich und @Aleachim hier im Forum gibt.

 

Ihr seid Brückenbauer.

 

Und ich wäre gerne mit Euch in einer Kirchengemeinde (nein, keine Sorge, liebe konservative Mitleser, ich trete nicht in die Rkk ein).

 

bearbeitet von KevinF
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