Flo77 Geschrieben 2. September Melden Share Geschrieben 2. September (bearbeitet) # bearbeitet 2. September von Flo77 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Weihrauch Geschrieben 2. September Melden Share Geschrieben 2. September (bearbeitet) vor 15 Stunden schrieb Volker: Ich habe die entscheidende Textstelle hervorgehoben. Der Logik nach, wenn sie niemandem etwas sagten, kann auch keiner davon wissen, auch nicht der Evangelist. Wenn aber der Evangelist es weiß, ist der letzte Satz unwahr. Natürlich ist der letzte Satz unwahr. Du unterstellst dem Evangelisten, dass er das selbst nicht wüsste, statt das selbst zu tun, was du von anderen forderst, nämlich es zu hinterfragen, warum er diesen Satz geschrieben haben könnte. vor 15 Stunden schrieb Volker: Aber wer außer ein paar Radikalkritikern hinterfragt das schon? Du hast es offensichtlich nicht getan, und falls doch ohne Erfolg. Ich habe es getan, und bin zu einem plausiblen Ergebnis gekommen, siehe oben. Als Radikalkritiker sehe ich mich allerdings nicht, aber mir ist klar, dass mich andere Christen durchaus als solchen wahrnehmen. Ich habe es mir zwischen den Stühlen bequem gemacht. vor 15 Stunden schrieb Volker: Für diese Dinge finden wir viele Beispiele, etwa die Ereignisse auf dem Ölberg, die Austreibung der Dämonen etc. Der Autor berichtet über Dinge, die er nicht wissen kann, ... Na klar. Das ist so offensichtlich, dass es selbst einem religiös Glaubenden weh tut. Die Botschaft ist: Lass dich nicht von mir ("Markus") berieseln. Mach was Vernünftiges daraus, dass mein Evangelium kein Tatsachenbericht ist! Was ist es dann? vor 15 Stunden schrieb Volker: ... und wer das glaubt, glaubt etwas, was er auch nicht wissen kann - und die meisten merken es nicht. Man muss schon Theologie studiert haben, um darauf aufmerksam zu werden. Ach was. Hast du Theologie studiert? Ich jedenfalls nicht, und bin doch aufmerksam darauf geworden. Aber es genügt anscheinend nicht, Theologie studiert zu haben, um etwas Vernünftiges daraus machen zu können. Vielleicht ist das sogar eher hinderlich, weil man finanziell von den Kirchen abhängig ist, und darum in vorauseilendem Gehorsam weiß, was man besser nicht sagt, um die eigene Existenzgrundlage nicht zu gefährden. Abschreckende Beispiele kennt man als Theologe genügend. vor 15 Stunden schrieb Volker: Man glaubt also etwas, was man nicht wissen kann, nicht einmal dann, wenn es einem der Evangelist höchstpersönlich ins Ohr geflüstert hätte. Wer ist "man"? Dieses ständige "alle über einen Kamm scheren" macht dich nicht gerade glaubwürdig. vor 15 Stunden schrieb Volker: Matthäus schreibt 90 % des Markusevangeliums wortwörtlich ab, korrigiert um die zahlreichen Fehler, die Markus gemacht hat. Der Markusevangelist kannte weder Land noch Leute noch jüdische Gebräuche, was er hat, hat er von Josephus Flavius abgeschrieben, und wenn Flavius etwas nicht beschrieben hat, beschreibt Markus es falsch. Wenn du darauf aufmerksam geworden bist, dass Markus vieles nicht wissen konnte, er also keine Tatsachen beschrieben hat, wieso hältst du ihm jetzt doch wieder Fehler vor, die Matthäus angeblich korrigiert hätte? Das, von dem du meinst das Markus es nicht wissen konnte, hat er nicht von Flavius abgeschrieben, und das was Flavius nicht beschrieben hat, beschreibt Markus nicht falsch, weil es, wie dir aufgefallen ist, es eben kein Tatsachenbericht sein kann, was Markus geschrieben hat. Falsch wäre es nur, falls Markus einen Tatsachenbericht schreiben wollte. Das wollte er offensichtlich nicht. Sich eingehender mit der Synoptischen Frage zu beschäftigen, wäre der natürliche nächste Schritt, wenn man zu der Erkenntnis gelangt ist, dass Markus keinen Tatsachenbericht verfasst, sondern eine Geschichte erfunden hat, wie du selbst sagt. Dann stellt sich nämlich die Frage, ob die anderen Synoptiker und auch Johannes, das Markusevangelium im Sinne des Markus als erfundene Geschichte verstanden haben, oder nicht. Falls nicht, könnte es sein, dass sie beispielsweise die Geschichte vom leeren Grab für bare Münze gehalten und ihr Missverständnis des Markusevangeliums tradiert haben. Aber das geht jetzt schon in die Richtung eines Whataboutism, wenn du hier ein großes Faß nach dem anderen aufmachst. Deswegen gehe ich hier nicht auf das weitere ein. vor 15 Stunden schrieb Volker: Wüsste Matthäus etwas von den Ereignissen, warum schreibt er seinen Bericht dann ab? Hört sich nicht an, als ob er mehr gewusst hätte als das, was im Markusevangelium steht, abgesehen davon, dass er mehr über jüdische Gebräuche und Sitten weiß. Das Lukasevangelium wiederum ist auch kein eigener Bericht, es ist zur einen Hälfte vom "Evangelium nach Marcion" abgeschrieben, zum anderen von Markus und Lukas, mit eigenen Erfindungen angereichert, wie dem Stammbaum. Alle haben sich zum Teil auch (Achtung, neuere Forschung) aus der Urfassung des Johannesevangeliums bedient, das dann später heftig überarbeitet worden ist. Bekannt wurden die Evangelien nach dem Jahr 150, vorher wusste niemand von ihnen. Und die Schilderung des Prozesses gegen Jesus enthält nicht nur lauter Dinge, die niemand wissen kann, wie die wörtliche Rede von Jesus bei Pontius Pilatus, unter vier Augen, sie ist vor allem bei Josephus Flavius abgeschrieben, von seiner Schilderung des Prozesses gegen Jesus (!) ben Ananias. Dabei verstoßen die gesetzestreuen Juden so ziemlich gegen jedes Gesetz, wie bei solchen Prozessen zu verfahren ist, und Pontius Pilatus sowieso. Pilatus traut man es noch zu, römische Gesetze nicht so eng zu sehen. Ach, und die Evangelisten wissen auch von einer Geheimverhandlung des Sanhedrin über die wörtliche Rede genau Bescheid. Man kann ganze Bücher darüber schreiben, etwa so wie diese hier: Price, Robert M. Deconstructing Jesus. Amherst, N.Y.: Prometheus Books, 2000. ———. The Incredible Shrinking Son of Man : How Reliable Is the Gospel Tradition? Amherst, N.Y.: Prometheus Books, 2003. vor 15 Stunden schrieb Volker: Der Punkt ist, dass immer so getan wird, als wüsste man, was Jesus gesagt hat (und was er gemeint hat), obwohl man das unmöglich wissen kann. Du wiederholst dich. Wer ist "man"? Der religiös Glaubende jedenfalls nicht. Für den ist deine Schublade bei weitem zu klein. bearbeitet 2. September von Weihrauch 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 2. September Melden Share Geschrieben 2. September 5 hours ago, Weihrauch said: Wenn du darauf aufmerksam geworden bist, dass Markus vieles nicht wissen konnte, er also keine Tatsachen beschrieben hat, wieso hältst du ihm jetzt doch wieder Fehler vor, die Matthäus angeblich korrigiert hätte? Das, von dem du meinst das Markus es nicht wissen konnte, hat er nicht von Flavius abgeschrieben, und das was Flavius nicht beschrieben hat, beschreibt Markus nicht falsch, weil es, wie dir aufgefallen ist, es eben kein Tatsachenbericht sein kann, was Markus geschrieben hat. Falsch wäre es nur, falls Markus einen Tatsachenbericht schreiben wollte. Das wollte er offensichtlich nicht. Deine Wischi-Waschi-Manöver sind ermüdend, Deine Logik seltsam. Man kann auch einen Roman schreiben, der zu einer bestimmten Zeit spielt, und dabei Fehler machen. Jeder, der einen Roman schreibt, der in vergangenen Zeit liegt oder in der Gegenwart, muss recherchieren. Das kann sogar bei bestimmten Romanen mehr Zeit in Anspruch nehmen als das Schreiben des Romans selbst. Wenn ich einen Roman schreibe über das Jahr 1996 und versehentlich von der Bundeskanzlerin Angela Merkel schreibe, die im Fernseher im Hintergrund erscheint, würde das sofort jeder als störenden Fehler, als Patzer, wahrnehmen. Auch Romane müssen glaubwürdig klingen. Es gilt sogar als ein ausgesprochenes Tabu, in einem Roman zu schreiben, dass es sich um einen Roman handelt. Ich kenne nur wenige Ausnahmen, wo jemand das als Stilmittel in einem Roman einsetzt (Beispiel: John Dickson Carr: "Der verschlossene Raum"). Die Akkuratesse der Beschreibungen ist kein Indikator dafür, ob es sich um einen Roman handelt oder nicht. Ein schlampig geschriebener Tatsachenbericht kann u. U. mehr Fehler enthalten als ein gut recherchierter Roman, und umgekehrt in jeder Abstufung. Ja, Markus hatte nie vor, einen Tatsachenbericht zu schreiben, oder gar etwas über Historie. Selbst der schlechteste Historiker der Antike hat nämlich stets seine Quellen angegeben. Da die Evangelien keine Quellen angeben, beschreiben sie keine Historie. Trotzdem beruht heutiger Glauben im Christentum auf der Annahme, es handle sich um historische Tatsachenberichte, und es hilft nichts, das zu leugnen, auch wenn man heute zu dem Punkt gekommen ist, dass man das anzweifelt. Die Mehrheit der Christen weiß nichts davon oder ignoriert es. Albert Schweitzer verließ im Zorn seine Kirche, weil die ihm verbieten wollte, über seine Forschungsergebnisse zu reden. Und die wenigen liberal-aufgeklärten Christen, die das wissen, sind windschlüpfige Opportunisten: Schwerer zu fassen als trockener Sand, nie auf einen Standpunkt festzulegen, und ihrer Bedarfslogik kann niemand folgen. Man weiß nie, woran man ist. Die Radikalkritiker - also Theologen, die mit wissenschaftlichen Methoden wie die der Philologie arbeiten - haben schon vor langer Zeit festgestellt, dass Markus seine Details von Josephus Flavius hat. Markus hat drei Quellen für seinen Roman verwendet: 1. die Odyssee von Homer, 2. das alte Testament in der griechischen Übersetzung (Septuaginta), 3. für die geografischen Details Josephus Flavius. Die Theologen wollen letzteres nicht zugeben, weil man das Werk mit aller Gewalt so nahe an wie möglich an die Ereignisse heranschieben möchte. Hätte Markus von Flavius abgeschrieben, müsste man das Evangelium aber auf das 2. Jahrhundert datieren. Man ignoriert aber auch alle anderen Details hartnäckig, die für eine so späte Datierung sprechen (Synagogen in Judäa, Nazareth war keine Stadt, nicht einmal ein Dorf, sondern ein Friedhof, runde Grabsteine kamen erst im 2. Jahrhundert auf, Rabbi ist ein Wort, das im 1. Jahrhundert nur in sehr speziellen Fällen benutzt wurde und einiges mehr). Außerdem kann man dann Josephus Flavius dafür missbrauchen, als eine Bestätigung für die historische Akkuratesse der Evangelien herzuhalten. Matthäus haben die Fehler ebenso gestört wie es jemanden stören würde, wenn in einem Roman, der in der Zeit von 1996 spielt, in einem Nebensatz die "amtierende Bundeskanzlerin Merkel" erwähnt wird. Obendrein hat er eine andere theologische Agenda als Markus, schreibt daher einiges anders. Bei Lukas ebenso, die Theologie unterscheidet sich, und auch die Quelle, weil er das "Evangelium nach Marcion" umgeschrieben hat und ihm beispielsweise eine perfekte Spiegelstruktur verpasst hat. Deswegen konnte er auch nur 50 % des Markusevangeliums übernehmen, weniger als Matthäus. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 2. September Melden Share Geschrieben 2. September (bearbeitet) Mit Verlaub, das klingt wie ein schlechtes Exzerpt der Bücher von Hermann Detering (dessen Thesen samt und sonders von Theologie und Geschichtswissenschaft zurückgewiesen wurden). bearbeitet 2. September von Studiosus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 2. September Autor Melden Share Geschrieben 2. September On 9/1/2024 at 4:36 PM, Shubashi said: Ich kenne allerdings kein anderes religiös grundiertes Forum, das so liberal und „divers“ ist wie dieses hier. Ja, ich mag es hier auch. Auch für @Volker gibt es hier einen Platz imo. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 2. September Autor Melden Share Geschrieben 2. September (bearbeitet) On 9/1/2024 at 6:57 AM, Shubashi said: Das ist der Punkt, den ich noch nicht ganz verstehe: Was bedeutet für Dich „kein Christ“ mehr? Ist das rein formal gemeint oder inhaltlich, also als inhaltliche Kritik an der Lehre Jesu? Denn „Christ sein“ kann man ja auch sein mit einer anderen Auffassung von Jesus als der üblichen kirchlichen. Ich denke, die Schnittmenge zum Christentum ist einfach zu klein: Ich lehne die christliche Metaphysik vollumfänglich ab, weil ich sie weder für Welterklärung noch für Moral benötige. Bezüglich der Existenz des historischen Jesus bin ich Agnostiker. Der mythologische Jesus bedeutet mir etwas, ist für meine mit dem Naturalismus kompatible Religiösität aber nicht wesentlich. Mit dem Christentum verbindet mich die Grundhaltung des empfangenden "Bejahtseins", das ich hier in Kurzform beschrieben habe (anderswo im Thread ausführlicher): https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/page/18/#elControls_2566427_menu Schnittmengen bezüglich Symbolsprache und Ritualen sind wie dort beschrieben da, bei der christlichen Hoffnung steige ich dann aber schon wieder aus. (Edit: Link repariert (hoffentlich)) bearbeitet 2. September von KevinF 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 2. September Melden Share Geschrieben 2. September vor 8 Stunden schrieb Studiosus: Mit Verlaub, das klingt wie ein schlechtes Exzerpt der Bücher von Hermann Detering (dessen Thesen samt und sonders von Theologie und Geschichtswissenschaft zurückgewiesen wurden). Daß die Theologie seine Thesen zurückweist, sollte niemanden verwundern. Radikalkritik ist meistens Reaktion auf Apologetik. Was aber nicht heißt, daß seine Ansichten auch da Blödsinn sind, wo er sich mit Argumenten belegen kann. Das die Resonanz der Fachwissenschaft darauf trotzdem nicht positiv ist, sollte bei der Altertumswissenschaft in Deutschland nicht verwundern, die zumindest bisher durch besondere Kirchenfrömmigkeit aufgefallen ist. Federführend war dafür lange Alexander Demandt. Das mag sich in den nächsten Jahren ändern. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
nannyogg57 Geschrieben 2. September Melden Share Geschrieben 2. September vor 10 Stunden schrieb Volker: Deine Wischi-Waschi-Manöver sind ermüdend, Deine Logik seltsam. Man kann auch einen Roman schreiben, der zu einer bestimmten Zeit spielt, und dabei Fehler machen. Jeder, der einen Roman schreibt, der in vergangenen Zeit liegt oder in der Gegenwart, muss recherchieren. Das kann sogar bei bestimmten Romanen mehr Zeit in Anspruch nehmen als das Schreiben des Romans selbst. Wenn ich einen Roman schreibe über das Jahr 1996 und versehentlich von der Bundeskanzlerin Angela Merkel schreibe, die im Fernseher im Hintergrund erscheint, würde das sofort jeder als störenden Fehler, als Patzer, wahrnehmen. Auch Romane müssen glaubwürdig klingen. Es gilt sogar als ein ausgesprochenes Tabu, in einem Roman zu schreiben, dass es sich um einen Roman handelt. Ich kenne nur wenige Ausnahmen, wo jemand das als Stilmittel in einem Roman einsetzt (Beispiel: John Dickson Carr: "Der verschlossene Raum"). Die Akkuratesse der Beschreibungen ist kein Indikator dafür, ob es sich um einen Roman handelt oder nicht. Ein schlampig geschriebener Tatsachenbericht kann u. U. mehr Fehler enthalten als ein gut recherchierter Roman, und umgekehrt in jeder Abstufung. Ja, Markus hatte nie vor, einen Tatsachenbericht zu schreiben, oder gar etwas über Historie. Selbst der schlechteste Historiker der Antike hat nämlich stets seine Quellen angegeben. Da die Evangelien keine Quellen angeben, beschreiben sie keine Historie. Trotzdem beruht heutiger Glauben im Christentum auf der Annahme, es handle sich um historische Tatsachenberichte, und es hilft nichts, das zu leugnen, auch wenn man heute zu dem Punkt gekommen ist, dass man das anzweifelt. Die Mehrheit der Christen weiß nichts davon oder ignoriert es. Albert Schweitzer verließ im Zorn seine Kirche, weil die ihm verbieten wollte, über seine Forschungsergebnisse zu reden. Und die wenigen liberal-aufgeklärten Christen, die das wissen, sind windschlüpfige Opportunisten: Schwerer zu fassen als trockener Sand, nie auf einen Standpunkt festzulegen, und ihrer Bedarfslogik kann niemand folgen. Man weiß nie, woran man ist. Die Radikalkritiker - also Theologen, die mit wissenschaftlichen Methoden wie die der Philologie arbeiten - haben schon vor langer Zeit festgestellt, dass Markus seine Details von Josephus Flavius hat. Markus hat drei Quellen für seinen Roman verwendet: 1. die Odyssee von Homer, 2. das alte Testament in der griechischen Übersetzung (Septuaginta), 3. für die geografischen Details Josephus Flavius. Die Theologen wollen letzteres nicht zugeben, weil man das Werk mit aller Gewalt so nahe an wie möglich an die Ereignisse heranschieben möchte. Hätte Markus von Flavius abgeschrieben, müsste man das Evangelium aber auf das 2. Jahrhundert datieren. Man ignoriert aber auch alle anderen Details hartnäckig, die für eine so späte Datierung sprechen (Synagogen in Judäa, Nazareth war keine Stadt, nicht einmal ein Dorf, sondern ein Friedhof, runde Grabsteine kamen erst im 2. Jahrhundert auf, Rabbi ist ein Wort, das im 1. Jahrhundert nur in sehr speziellen Fällen benutzt wurde und einiges mehr). Außerdem kann man dann Josephus Flavius dafür missbrauchen, als eine Bestätigung für die historische Akkuratesse der Evangelien herzuhalten. Matthäus haben die Fehler ebenso gestört wie es jemanden stören würde, wenn in einem Roman, der in der Zeit von 1996 spielt, in einem Nebensatz die "amtierende Bundeskanzlerin Merkel" erwähnt wird. Obendrein hat er eine andere theologische Agenda als Markus, schreibt daher einiges anders. Bei Lukas ebenso, die Theologie unterscheidet sich, und auch die Quelle, weil er das "Evangelium nach Marcion" umgeschrieben hat und ihm beispielsweise eine perfekte Spiegelstruktur verpasst hat. Deswegen konnte er auch nur 50 % des Markusevangeliums übernehmen, weniger als Matthäus. Könntest du bitte deine Quellen und Belege angeben und es nicht wie Markus machen? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 3. September Melden Share Geschrieben 3. September 10 hours ago, Studiosus said: Mit Verlaub, das klingt wie ein schlechtes Exzerpt der Bücher von Hermann Detering (dessen Thesen samt und sonders von Theologie und Geschichtswissenschaft zurückgewiesen wurden). Was für eine ausgesprochen dumme Behauptung! Die Liste der Erkenntnisse der Radikalkritiker, die von den kirchenabhängigen Theologen zunächst zurückgewiesen wurden, jetzt aber Stand der Theologie ist, ist lang: Radikalkritiker haben zuerst die Echtheit einiger Paulusbriefe angezweifelt. Wurde von den abhängigen Theologen lange Zeit bestritten. Heutiger Stand: Sechs der dreizehn Briefe sind gefälscht, man nennt es nur anders: deutero- und triteropaulinisch. Zunächst nahm man an, dass das Matthäusevangelium das älteste sei. Wurde von den Radikalkritikern bestritten, das Markusevangelium sei älter. Heutiger Stand: Das Markusevangelium ist das älteste. Noch neuer und hat sich noch nicht durchgesetzt: Die gnostische Urfassung des Johannesevangeliums ist das älteste Evangelium. Überraschung! Dann kann man nämlich komplett auf Q verzichten und die Abhängigkeiten viel besser erklären. Wetten, dass diese These auch samt und sonders von der absoluten Mehrheit aller Theologen abgelehnt wird, aber vielleicht in 20 Jahren der neue Standard ist? Die heute weitgehend anerkannte historisch-kritische Methode stammt von niederländischen Radikalkritikern aus dem 19. Jahrhundert. Auch hier: Erst erzählt man, alles falsch, dann dauert es eine Weile, dann wird es anerkannt, und der Anteil der Radikalkritiker verschwiegen, die manchmal schon ein Jahrhundert früher das gesagt haben. Entmythologisierung, auch zunächst stark umstritten, erfreut sich heute jeder Menge Akzeptanz (wobei die katholischen Theologen da eigentlich immer etwas hinterherhinken). Die Quellenkritik, die besagt, dass vieles in den Evangelien auf älteren Traditionen beruht, wurde von Radikalkritikern eingeführt, stieß auf starke Ablehnung, ist heute Stand der Methode. Dass also eine Erkenntnis der Radikalkritik zunächst abgewiesen wird, das ist ein wiederkehrendes Muster, das nichts weiter besagt als: Die kirchenhörigen Theologen sind noch nicht so weit. Die brauchen immer ein paar Extra-Jahrzehnte, bis vergessen wurde, wer das zuerst behauptet hat, damit man jetzt das als eigene bahnbrechende neue Erkenntnis verkaufen kann. Man braucht immer eine lange Schamfrist, bis man übernimmt, was man so lange bekämpft hat. Was sich nicht geändert hat, ist die Behauptung, dass an den Thesen der Radikalkritiker nie etwas dran sei und die Mehrheit dagegen sei. Das Argument ist an Dummheit nur schwer zu überbieten, auch in der Theologie mag sich Autorität lange halten, und eine Mehrheit kann ihre Meinung lange verteidigen nur mit dem Hinweis, dass die Mehrheit das eben glaubt. Theologie ist keine Wissenschaft, jedenfalls nicht im Mainstream. Man verwendet wissenschaftliche Methoden, aber auch Astrologen benutzen die Erkenntnisse und Methoden der wissenschaftlichen Astronomie. Man darf nie vergessen, dass die Mehrheit der Theologen abhängig von der Kirche sind. Ein falsches Wort kann das Ende der akademischen Karriere bedeuten, dann sind oft zehn oder zwanzig oder mehr Jahre Arbeit im Eimer. Deswegen setzen sich neue Erkenntnisse äußerst langsam durch, sie müssen auch erst durch die Dogmen gefiltert werden. Wenn man als Theologe die Thesen von Radikalkritikern übernimmt, besteht immer Gefahr für die Karriere. Da kann man die Vorsicht sogar verstehen. Deterings Überlegungen sind noch recht neu. Der Hinweis, dass die Mehrheit das ablehnt, hat nicht die geringste Bedeutung. Interessanter wäre die Frage, mit welcher Begründung das abgelehnt wird. Der Hinweis auf Mehrheiten in der Theologie ist sowas von fürn A****, dass es keine Möglichkeit gibt, das höflich auszudrücken oder zu beschönigen. Es ist natürlich auch nicht immer ein Hinweis, dass man komplett falsch liegt. Als Kritik an abweichenden Ansichten taugt es jedoch nichts. Mich erinnert das immer an Albert Einstein. Als er die ersten Arbeiten zur Relativitätstheorie veröffentlichte, war er ein akademischer Außenseiter. Er hatte die absolute Mehrheit aller Physiker weltweit gegen sich. Da erzählte ein Journalist Einstein, dass in Deutschland ein Buch veröffentlicht worden sei "100 Physiker gegen Einstein". Daraufhin Einstein: "Wieso 100, wenn ich falsch liege, würde doch einer genügen?" In der Wissenschaft spielen Mehrheiten keine Rolle. Wenn das in der Theologie der Fall ist, dann beweist dies, dass sie meist nicht als Wissenschaft betrieben wird. Wer also wissen will, was morgen Stand der Theologie ist, muss heute die Radikalkritiker von vorgestern lesen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 3. September Melden Share Geschrieben 3. September 38 minutes ago, nannyogg57 said: Könntest du bitte deine Quellen und Belege angeben und es nicht wie Markus machen? Gerne, kein Problem. Wobei ich mich ja immer wundere: Bei Markus wird alles ohne jede Quellenangabe geglaubt, Lukas wird als guter Historiker gefeiert, aber wenn jemand das macht, also wie Markus, dann ist man plötzlich skeptisch. Woher immer dieser plötzliche Gesinnungswandel? Merkt Ihr eigentlich selbst, was Ihr redet, oder muss man Euch das immer vorhalten? Ich habe Argumente genannt, es spielt keine Rolle, woher die stammen, aber ich liefere es gerne nach. Ein starker Beweis dafür, dass Markus & Co. von Josephus Flavius abgeschrieben haben: Cohn, Haim. The Trial and Death of Jesus. Old Saybrook, CT: Konecky & Konecky. Generell ist das Werk von Markus als Midrash einzustufen: Miller, Dale, und Patricia Jayne Miller. The Gospel of Mark as Midrash on earlier Jewish and New Testament literature. Studies in the Bible and early Christianity, v. 21. Lewiston [N.Y.]: E. Mellen Press, 1990. Homer als Quelle der Evangelien: MacDonald, Dennis R. The Homeric Epics and the Gospel of Mark. New Haven: Yale University Press, 2000. Generell zur höheren Kritik an den Evangelien: Price, Robert M. Deconstructing Jesus. Amherst, N.Y.: Prometheus Books, 2000. ———. Holy Fable: The Epistles and the Apocalypse Undistorted by Faith, 2017a. ———. Holy Fable: The Gospels and Acts Undistorted by Faith, 2017b. Price, Robert M. The amazing colossal apostle: the search for the historical Paul. Salt Lake City: Signature Books, 2012. ———. The human Bible New Testament. Cranford, New Jersey: American Atheist Press, 2014. Price, Robert M. The Incredible Shrinking Son of Man : How Reliable Is the Gospel Tradition? Amherst, N.Y.: Prometheus Books, 2003. Man kann übrigens auch selbst recherchieren. Copilot (ChatGPT 4) ist immer eine gute Anlaufstelle für erste Informationen. Hier die Antwort zu Homer, wobei es noch viel, viel mehr Parallelen gibt. Wer wusste z. B., dass Odysseus, bevor er König wurde, den Beruf des Zimmermanns erlernt hat? Dennis R. MacDonald hat in seinem Buch “The Homeric Epics and the Gospel of Mark” einige interessante Parallelen zwischen der Odyssee und dem Markusevangelium aufgezeigt. Hier sind einige Beispiele: Sturmstillung: In der Odyssee beruhigt Odysseus einen Sturm, der seine Schiffe bedroht. Im Markusevangelium stillt Jesus einen Sturm auf dem See Genezareth. Dämonenaustreibung: In der Odyssee vertreibt Odysseus die Geister der Toten. Im Markusevangelium treibt Jesus Dämonen aus. Speisung der Menge: In der Odyssee gibt es eine Szene, in der Odysseus und seine Männer von einer Göttin mit Nahrung versorgt werden. Im Markusevangelium speist Jesus eine große Menschenmenge mit wenigen Broten und Fischen. MacDonald argumentiert, dass diese und andere Parallelen darauf hindeuten, dass der Autor des Markusevangeliums bewusst Elemente aus der Odyssee übernommen hat, um die Geschichte von Jesus zu erzählen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
nannyogg57 Geschrieben 3. September Melden Share Geschrieben 3. September Ich kann dir auch eine Leseliste schicken, liest du die dann? Die drei Parallelen zu Homer sind nicht besonders speziell, da gibt es eher im AT Vorlagen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 3. September Melden Share Geschrieben 3. September Die angeblichen Deuteropaulinen werden wieder zunehmend Paulus zugeschrieben, ebenso wird den historischen Aussagen über die zeitliche Reihenfolge der Evangelien wieder mehr Glauben geschenkt. Das allerdings findet im angelsächsischen Raum statt - schon meine mittlerweile alte h-k Einführung ins NT spricht von einem deutschen Sonderweg. Es reicht schon Wikipedia-Artikel dazu zu lesen, da findet man reichlich Quellennachweise. Volker, Du schreibst dasselbe wie vor 20 Jahren… (genausowenig überzeugend)…. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 3. September Melden Share Geschrieben 3. September Da rollen sich einem wirklich teilweise die Fußnägel auf. Diese Literaturhinweise sind schön und gut. Man nehme sich stichprobenartig die Verlage vor: Prometheus Books, American Atheist Press. Da weiß man, woher der Wind weht. Warum keine anerkannten Historiker und Philologen (Theologen kann man ja meinetwegen beiseite lassen) anführen, die in Universitäts- und Wissenschaftsverlagen publizieren? Das wäre zumindest ein Hauch von Objektivität. Was hier geboten wird ist das säkular-atheistische Pendant zu den Hausverlagen freikirchlich-fundamentalistischer Hochschulen. Nur von der anderen Seite her. Man kann ja mal bei einem Punkt bleiben, der "Dekonstruktion" der historischen Gestalt Jesus von Nazareth. Es gibt heute keinen seriösen Historiker, der die Existenz von Jesus Christus anzweifeln würde. Dass es eine geschichtliche Person gegeben hat, auf die die Verkündung der Kirche und die Abfassung der Evangelien beruht, scheint mir unter Fachleuten aller relevanten Disziplinen Konsens zu sein. Freilich werden Historiker, übrigens auch Kirchenhistoriker, kein Urteil darüber fällen, ob die in der Schrift geschilderten Wundererzählungen Jesu in dem Sinne authentisch sind, dass Jesus Kranke geheilt oder Tote auferweckt hat. Das ist auch gar nicht deren Thema. Und was literarische Parallelen zu anderen antiken Werken, hier zu den Werken Homers angeht, so kann man diese Diskussion auch weniger tendenziös und offensichtlich interessengeleitet führen. Zumal die "atheistische Perspektive" hier auch sehr määndert: Einerseits hält es die Anhänger Jesu und auch die Evangelisten für ungebildete jüdische Unterschichtler, andererseits traut es ihnen offenbar extensive Kenntnisse der hohen paganen Literaturgeschichte zu, auf die sie ihre Falsifikate aufstellen. Wohlweißlich in einem geographischen und kulturellen Kontext, in dem diese Plagiate sofort erkannt würden. Und was ChatGPT zu Homer und Neuem Testament ausspuckt, mit Verlaub. Das ist Blödsinn und an den Haaren herbeigezogen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Weihrauch Geschrieben 3. September Melden Share Geschrieben 3. September vor einer Stunde schrieb Studiosus: Warum keine anerkannten Historiker und Philologen (Theologen kann man ja meinetwegen beiseite lassen) anführen, die in Universitäts- und Wissenschaftsverlagen publizieren? Welche Radikalkritiker unter den anerkannten Historikern und Philologen, die an Universitäts- und Wissenschaftsverlagen publizieren, würdest du empfehlen? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 3. September Melden Share Geschrieben 3. September 6 hours ago, Studiosus said: Man kann ja mal bei einem Punkt bleiben, der "Dekonstruktion" der historischen Gestalt Jesus von Nazareth. Es gibt heute keinen seriösen Historiker, der die Existenz von Jesus Christus anzweifeln würde. Dass es eine geschichtliche Person gegeben hat, auf die die Verkündung der Kirche und die Abfassung der Evangelien beruht, scheint mir unter Fachleuten aller relevanten Disziplinen Konsens zu sein. Freilich werden Historiker, übrigens auch Kirchenhistoriker, kein Urteil darüber fällen, ob die in der Schrift geschilderten Wundererzählungen Jesu in dem Sinne authentisch sind, dass Jesus Kranke geheilt oder Tote auferweckt hat. Das ist auch gar nicht deren Thema. Wie wäre es denn mit peer reviewed Studien von Historikern, die Experten für die Zeit und die Gegend sind, zur Geschichtlichkeit von Jesus? Wäre das nicht noch besser als eine willkürliche Auswahl von Verlagen, in denen kirchenabhängig Theologen publizieren? Wobei ich übrigens durchaus der Ansicht bin, dass Jesus auf einem historischen Vorbild beruht. Wahrscheinlichster Kandidat in meinen Augen ist Yeshu ha-Notsri (wörtlich: Jesus der Nazarener, wenn man den Namen übersetzt). Der lebte 90 Jahre vor der Zeit, die man Jesus zuschreibt, und versuchte, das Judentum zu reformieren. Er floh für eine Weile nach Ägypten, da der Sanhedrin, dem er zeitweilig angehörte, nichts von seinen Ideen hielt. Er kehrte zurück, nahm einen neuen Anlauf, und wurde schließlich im Auftrag des Sanhedrin gesteinigt, seine Leiche an einem Pfahl ausgestellt. Damit scheiterte er ebenso wie der Jesus der Evangelien beim Versuch, das Judentum zu reformieren. Letztlich hat er dann aber eine neue Religion geschaffen, bzw. kursierende Geschichten über ihn wurden dazu genutzt. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 3. September Melden Share Geschrieben 3. September vor 19 Stunden schrieb KevinF: Ja, ich mag es hier auch. Auch für @Volker gibt es hier einen Platz imo. Es könnte durchaus sein,dass er zuerst da war...Wenn es DER Volker ist. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 3. September Melden Share Geschrieben 3. September vor einer Stunde schrieb mn1217: Es könnte durchaus sein,dass er zuerst da war...Wenn es DER Volker ist. Wo Volker draufsteht, ist auch Volker drin! 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Weihrauch Geschrieben 4. September Melden Share Geschrieben 4. September (bearbeitet) vor 17 Stunden schrieb Volker: Wobei ich übrigens durchaus der Ansicht bin, dass Jesus auf einem historischen Vorbild beruht. Wahrscheinlichster Kandidat in meinen Augen ist Yeshu ha-Notsri (wörtlich: Jesus der Nazarener, wenn man den Namen übersetzt). Der lebte 90 Jahre vor der Zeit, die man Jesus zuschreibt Am 2.9.2024 um 15:12 schrieb Volker: Nazareth war keine Stadt, nicht einmal ein Dorf, sondern ein Friedhof, runde Grabsteine kamen erst im 2. Jahrhundert auf Sollte diese Behauptung von dir nicht erst recht gegen die Historizität des 90 Jahre früheren Yeshu ha-Notsri sprechen, wenn du es gegen den späteren Jesus aus Nazareth anführst, oder habe ich dich da falsch verstanden? bearbeitet 4. September von Weihrauch Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 4. September Autor Melden Share Geschrieben 4. September 23 hours ago, mn1217 said: Es könnte durchaus sein,dass er zuerst da war...Wenn es DER Volker ist. Ja, das war mir bewusst 🙂 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 4. September Melden Share Geschrieben 4. September 11 hours ago, Weihrauch said: Sollte diese Behauptung von dir nicht erst recht gegen die Historizität des 90 Jahre früheren Yeshu ha-Notsri sprechen, wenn du es gegen den späteren Jesus aus Nazareth anführst, oder habe ich dich da falsch verstanden? Hier hilft Wikipedia weiter: Quote Die etymologische Ableitung der Begriffe Nazarener und Nazoräer wird in der Literatur in unterschiedlicher Weise begründet und ist noch nicht vollständig geklärt. Zwei hebräische Grundbegriffe gelten als Ausgangspunkt: Das hebräische Verb nāṣar (hebr. נצר) und das aus dieser Wurzel gebildete Nomen næṣær (hebr. נֵצֶר), das im Konsonantenbestand identisch ist mit dem Verb. Das hebräische Verb nāṣar bedeutet „beobachten“, „bewachen, hüten“. Dem entspricht die hebräische Bezeichnung nōṣrī (hebr. נצרי) („Wächter“, „Hüter, Bewahrer“) und mit der gleichen Bedeutung das aramäische natsaraya. Der hebräische Ausdruck næṣær bedeutet „Spross, Trieb, Schössling“ und wird gelegentlich als messianischer Begriff verwendet (so in Jes 11,1 EU; 4QIs 3,15 ff.). Viel häufiger begegnet in dieser Verwendung das gleichbedeutende צֶמַח ṣæmaḥ.[1] Nach einigen Interpreten sei aus dem Namen næṣær und seinem Bezug zur messianischen Prophezeiung in Jes 11,1 auch der Name der Stadt Nazaret zu erklären, die im 2. Jahrhundert vor Chr. durch Mitglieder der davidischen Familie (neu) gegründet worden sei.[2] Es fällt außerdem auf, dass die Orts- bzw. Herkunftsbezeichnungen Nazaret, Nazara, Nazoräer und Nazarener alle auf den Wortstamm der hebräischen Begriffe nāṣar und næṣær zurückgeführt werden können. Diese Ähnlichkeit der Begriffe ermöglicht Wortspiele (wie z. B. in Mt 2,23 ELB), die auch sonst vielfach aus der biblischen und rabbinisch-jüdischen Tradition bekannt sind. Einzelne Autoren haben auch eine Verbindung zum Begriff Nasiräer (hebr. נָזִיר, nāzīr) in Erwägung gezogen. Ein Nasiräer ist ein Gottgeweihter, der strenge Regeln befolgt (Ri 13,5-7 ELB). Abstinenz gehört mit dazu. Etymologisch macht diese Herleitung, wie Ri 13.16 zeigen, wenige Probleme. So weist Ναζωραῖος erstens die typische Adjektivendung (αῖος) auf, die auch Ri 13,5LXXA und 13,7LXXA (ναζιραῖος) für ihre Wiedergabe von נזיר belegen. Zweitens bietet Ναζωραῖος mit den Konsonanten Ν-ζ-ρ denselben Bestand wie Ri 13,5LXXB (ναζιρ) und lässt sich von hierher gut als Transkription von נזיר verstehen. Mit Klaus Berger ist zudem festzustellen, dass „bei der Transkription hebräischer Eigennamen eine Wiedergabe des plene geschriebenen Jod durch das griechische Omega relativ häufig belegt ist“.[3] Auf diese Weise ließe sich die etymologische Herkunft von Ναζωραῖος als griechisches Äquivalent zu hebr. נָזִיר (nāzīr) gut vertreten. Jesus der Nazarener muss nicht dasselbe bedeuten wie Jesus von Nazareth. Und in der damaligen Zeit hat es das auch nicht, denn Yeshu ha-Notsri kam nicht aus Nazareth, das wird nirgendwo behauptet. Erst mit dem Christentum wurde das mit dem Ort Nazareth in Verbindung gebracht, so stark, dass andere mögliche Bedeutungen völlig in den Hintergrund getreten sind. Nachdem deutlich wurde, dass Nazareth zur Zeit von Jesus keine Stadt war, und weil ja auch behauptet wurde, er stamme aus Bethlehem, kam man auf die Idee, nach anderen Bedeutungen zu suchen. Nasiräer, aber auch Nazoräer, es gab viel Spekulation. Man könnte es also auch übersetzen mit "Jesus, der Beobachter", oder der Hüter, Bewacher. Yeshu ha-Notsri kann man mit "Jesus, der Nazarener" gleichsetzen, aber auf keinen Fall mit "Jesus aus Nazareth". Mehr Hintergrundinformation: https://www.amazon.com/YESHU-HA-NOTSRI-Dr-Preston-Lewis/dp/B0CPFWYDZ6 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 4. September Autor Melden Share Geschrieben 4. September (bearbeitet) On 8/27/2024 at 11:47 AM, Weihrauch said: Vielleicht verstehen wir unter Fürwahrhalten unterschiedlich. Ich verstehe es so, dass das, was jemand für wahr hält, falsch sein kann. Es kann richtig sein. Es ist nicht entweder falsch oder richtig. Das Führwahrhalten stellt keine abschließende Entscheidung in einem Dilemma dar. Das Fürwahrhalten ist eine Haltung mit der man etwas begegnen kann, das nicht entscheidbar ist. Der Unterschied zu einem Nichtfürwahrhalten von etwas ist, dass man es drauf ankommen lässt, nicht ausweicht sondern dran bleibt, interessiert ist, es offen lässt, weil es hoffen lässt. Es ist ein mit Zweifeln behaftetes Risiko, welches man bereit ist einzugehen. Ich schwurble dann mal drauf los: Man springt nicht Hals über Kopf in das, was man für wahr hält, sondern orientiert sich mäßig, klug, gerecht und tapfer daran, wodurch es zu einem kalkulierten Risiko wird. Das Sein ist in dieser Haltung kein Sein, welches lediglich einmal war oder immer ist sondern eines mit Potential, aus dem etwas wird, ohne dass man sich sicher sein kann, was daraus werden wird. Ein Fürwahrhalten von was denn? Es ist ein Unterschied, ob ich das Fürwahrhalten auf eine x-beliebige Gottesvorstellung beziehe oder auf eine angenommene Existenz, welche eine x-beliebige Gottesvorstellung postuliert. Gottesvorstellungen, welche auch immer es sein mögen, existieren. Ob Gottheiten existieren oder nicht, weiß ich nicht, und es ist mir mittlerweile auch egal, weil ich es nicht feststellen kann. Falls Gottheiten nicht existieren, existieren Gottesvorstellungen und das Fürwahrhalten der eigenen Gottesvorstellungen dennoch, aber halt nicht aus dem Grund, dass Gottheiten existieren. Falls Gottheiten existieren, existieren die Gottesvorstellungen und das Fürwahrhalten derselben, nicht aus dem Grund, dass Gottheiten existieren. Wenn jemand keine Gottesvorstellungen hat, oder die Gottesvorstellungen anderer nicht für wahr hält, ist die Existenz Gottes auch kein Grund dafür, keine Gottesvorstellungen zu haben. Egal ob es Gottheiten gibt, oder nicht, niemand kann Gottheiten "bezeugen" oder "leugnen". Das ist Kirchensprache, welche einem selbst suggerieren soll, dass es Gottheiten gibt und einem selbst vernebeln soll, dass es Gottheiten nicht gibt. Weil das aber niemand weiß, darum gibt es diese irrationale Kirchensprache, welche keinen Sinn ergibt, wenn es keine Existenz von Gottheiten gibt. Was soll man dann mit der Symbolsprache der Kirchensprache anfangen, wenn man ihren wesentlichen Inhalt, die Gottheit als nicht existent betrachtet? Desgleichen laufen auch Rituale die sich auf die Gottheit beziehen ins Leere. Was man bezeugen kann, ist das eigene Gottesbild. Leugnen kann man es ebenso wenig, wie das eines anderen. Wieso verknüpfst du eigentlich diese zwei Dinge miteinander? Die Hoffnung auf ein Leben vor oder nach dem Tod, ist nicht von der Existenz einer Gottheit abhängig - schon gar nicht von der Existenz des Gottes von dem diese Theologen reden, von denen du glaubst, dass sie einen Fehler machen: Dass du mit dem Gottesbegriff (dem christlichen?) nichts anfangen kannst, bedeutet nicht, dass niemand damit etwas anfangen kann. Vielleicht ist ihr Konzept gar nicht widersprüchlich, und du hast ihr Konzept nur nicht so verstanden, wie sie es verstehen. Möglicherweise deshalb, weil das, was du dir unter dem "christlichen Gottesbegriff" (?) vorstellst, nicht deckungsgleich ist mit dem, was sich Tillich und Steindl-Rast unter ihrem Konzept vorstellen? Möglicherweise muss das Konzept von einer Gottheit sogar widersprüchlich sein, um nicht an der Realität zu scheitern. Was soll das sein, "Die christliche Religion auf Basis eines Naturalismus"? Warum sollte sich die christliche, oder irgendeine andere Religion auf der Basis einer wie auch immer gearteten Philosophie aufbauen? Religion, Philosophie und Naturwissenschaft sind unterschiedliche paar Stiefel. Möglicherweise muss Religion auch das sein, was Philosophie und Naturwissenschaft keinesfalls sein sollen, nämlich widersprüchlich - weil der Mensch widersprüchlich ist, der nicht nur rational wie ein geschultes philosophisches oder naturwissenschaftliches Denken ist (wobei selbst in Philosophie und Naturwissenschaft irren menschlich ist, was die Philosophie- und Naturwissenschaftsgeschichte lehrt), sondern weil der Mensch auch irrationale Anteile hat (was Kirchen- und Religionsgeschichte lehren). Die Irrationalität wird der Mensch nicht loswerden. Seiner Irrationalität muss er aber trotzdem irgendwie im Leben gerecht werden. Den Menschen dafür zu verurteilen, dass er irrationale Anteile hat, halte ich für keine praktikable Lösung. Ja nee, ein irrtümliches Fürwahrhalten, weil du diesen Gottesbegriff für gescheitert erachtest und dieses Konzept von einer Gottheit für widersprüchlich hältst. Weder das Eine, das, was du denkst, noch das Andere, das, was die anderen denken, ist entscheidend dafür, ob es Gottheiten in irgendeiner Form gibt oder nicht. Die Existenz einer Gottheit ist kein relevanter Grund für die Hoffnung auf ein Leben vor oder nach dem Tod. Es gibt viele andere, gute Gründe dafür, warum ich auf ein Leben nach dem Tod hoffe. Irrationale Gründe sind gute Gründe, weil sie in mir und allen anderen Menschen gründen. Meine Liebe zu einem Menschen verschwindet nicht in dem Moment, in welchem dieser andere Mensch gestorben ist. Darum heißt es im Lied der Lieder vermutlich "Stark wie der Tod ist die Liebe". Ich vermisse jemanden, und die Hoffnung ihn wiederzusehen, finde ich, und viele andere, tröstlich. Trost halte ich Grund genug für die Hoffnung. Wenn ich diese Hoffnung und diesen Trost auf Basis eines Naturalismus erklären naturwissenschaftlich beschreiben könnte, was ich nicht kann, und ich dieses Wiedersehen für völlig abwegig hielte - was würde das an meiner Trauer ändern? Die Liebe und Trauer verschwinden nicht, wenn ich sie als einen physikalischen Hirnzustand beschreibe und Trost stellt sich dadurch nicht ein. Bietet mir das andere, bessere Formen der Liebe oder der Trauerarbeit an? Mein Mut zum Physikbuch bringt mich da nicht weiter. Wozu braucht es Mut zum Sein, wenn das Sein nach dem Energieerhaltungssatz gar nicht verschwinden kann? Wäre es da nicht eher angebracht, von einem Mut zum So-Sein zu reden, einem Mut zum Anders-Sein oder einem Mut zum Anders-Werden? Wie definiert man das Nichtsein auf Basis eines Naturalismus, wenn sich die Naturwissenschaft noch nicht einmal einig ist, ob das Universum ein offenes oder isoliertes System darstellt? Fragen über Fragen ... Die Physik kann ich mir nicht aussuchen, denn die Natur ist nicht verhandelbar. Der Naturalismus ist verhandelbar, es gibt unterschiedliche Formen des Naturalismus, und diese Anschauung kann ich mir aus einer Vielzahl von Philosophien aussuchen, muss es aber nicht. Naturalismus und Physik sind meines Wissens nach zwei paar Stiefel. Kunststück denn Hypothesen erklären nichts. Für die Erklärung der Welt ist der Naturalismus so überflüssig wie die Hypothese der Existenz Gottes. Die Naturwissenschaften beschreiben Naturphänomene, sie erklären nicht "die Welt". Mein Weltbild erklärt auch nicht die Welt, sondern lediglich meine Vorstellung von der Welt. Ich wollte Dir noch antworten @Weihrauch Ich beschränke mich vorerst auf den Themenbereich Naturwissenschaft/Naturalismus. Da mir die Zitierfunktion hier im Detail zu umständlich ist, markiere ich die Zitate im Folgenden kursiv, man findet sie alle im Zitatblock oben. "Was soll das sein, "Die christliche Religion auf Basis eines Naturalismus?" Die christliche Religion innerhalb der Grenzen des Naturalismus. "Die Physik kann ich mir nicht aussuchen, denn die Natur ist nicht verhandelbar. Der Naturalismus ist verhandelbar, es gibt unterschiedliche Formen des Naturalismus, und diese Anschauung kann ich mir aus einer Vielzahl von Philosophien aussuchen, muss es aber nicht. Naturalismus und Physik sind meines Wissens nach zwei paar Stiefel." ... "Für die Erklärung der Welt ist der Naturalismus so überflüssig wie die Hypothese der Existenz Gottes. " Naturalismus bedeutet für mich einfach sich mit der Physik als grundlegendster Beschreibung der Wirklichkeit zu begnügen und somit keine unnötigen metaphysischen Annahmen einzuführen. "Kunststück denn Hypothesen erklären nichts." Wir verwenden andauernd Hypothesen um Sachverhalte zu erklären. Jede naturwissenschaftliche Theorie basiert auf Hypothesen. "Die Naturwissenschaften beschreiben Naturphänomene, sie erklären nicht "die Welt"." Die Physik beschreibt den Aufbau der Materie aus kleinsten Teilchen (Standardmodell der Teilchen), die vierdimensionale im allgemeinen gekrümmte Raumzeit (Allgemeine Relativitätstheorie ) und, darauf aufbauend, die Entwicklung des Universums (Lambda-CDM-Modell). Wenn das keine Welterklärung ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Ja, diese Theorien sind nicht perfekt. Aber sie sind enorm leistungsfähig. bearbeitet 4. September von KevinF Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 4. September Autor Melden Share Geschrieben 4. September On 8/27/2024 at 11:47 AM, Weihrauch said: Möglicherweise muss Religion auch das sein, was Philosophie und Naturwissenschaft keinesfalls sein sollen, nämlich widersprüchlich - weil der Mensch widersprüchlich ist Ich würde tatsächlich sagen, dass es das religiöse Bewusstsein selbst ist, das Paradoxien produziert. Diese werden dann in der Theologie reflektiert und finden sich in den Gottesvorstellungen wieder. Soweit okay, nur kann man keine Metaphysik daraus basteln. Weil, die scheitert dann schon an der Logik. Als Mythos ist es hingegen kein Problem. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 4. September Autor Melden Share Geschrieben 4. September Und zum Thema "Hoffnung" und "Teilen von Symbolsprache und Ritualen" habe ich inzwischen ja schon geschrieben. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 4. September Melden Share Geschrieben 4. September On 9/3/2024 at 6:43 AM, nannyogg57 said: Ich kann dir auch eine Leseliste schicken, liest du die dann? Die drei Parallelen zu Homer sind nicht besonders speziell, da gibt es eher im AT Vorlagen. Quellen zu fordern, bloß um diese dann so abzutun, klingt wenig überzeugend. Natürlich ist auch das AT eine Vorlage der Evangelien, das springt einem förmlich ins Auge. Etwa, wenn bei der Taufe von Jesus im Jordan Gott zu den Menschen spricht, und seine ganze Rede aus Zitaten aus dem AT zusammengestöpselt ist. Gott hat was Wichtiges zu sagen, und alles, was ihm dazu einfällt, ist, sich selbst aus dem AT zu zitieren -- aber natürlich aus der Septuaginta, nicht aus der hebräischen Fassung, vor Leuten, die aramäisch sprachen, oder hebräisch. Wir sollen also glauben, dass Gott nichts Originelles zu sagen wusste, um etwas völlig Neues anzukündigen. Es gibt aber einen besseren Grund: Wie erreicht man es in einem Text, den Gott aufsagen soll, dass er auch wie Gott klingt? Man zitiert ihn aus früheren Reden! Dann glauben das die Leichtgläubigen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 5. September Autor Melden Share Geschrieben 5. September (bearbeitet) 14 hours ago, Volker said: Es gibt aber einen besseren Grund: Wie erreicht man es in einem Text, den Gott aufsagen soll, dass er auch wie Gott klingt? Man zitiert ihn aus früheren Reden! Dann glauben das die Leichtgläubigen. Man könnte auch sagen, der Autor wollte uns zeigen, wie man den Christus seines Evangeliums aus dem AT herauslesen kann. Verstanden als freie Textinterpretation kann ich auch heute noch etwas mit dieser Lesart des AT anfangen. bearbeitet 5. September von KevinF Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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