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Fürwahrhalten in der Religion


KevinF

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vor 18 Minuten schrieb KevinF:

T läuft darauf hinaus, all unser Wissen über die Welt ohne Beleg für eine Täuschung zu erklären, die so perfekt ist, dass wir sie nicht als solche erkennen können.

 

So würde ich das nicht beschreiben wollen, denn das wäre wieder eine andere und extremere These (wie die von Descartes bösem und mächtigem Geist). Meine Aussage ist nur die: Wenn wir eine Gleichförmigkeit der Natur (auch für die Zukunft) annehmen, dann gehen wir über unser reines Erfahrungswissen hinaus. Wir gehen auch zurecht darüber hinaus. Aber es ist eine legitime Frage.

 

Wenn man schon des Teufels Advokat spielen wollte - den ich hier eigentlich nicht spielen will - dann müsste T so gehen:

 

"Wir täuschen uns zwar nicht im Hinblick auf das, was wir erfahren; aber wir dürfen auch nicht über das hinausgehen, was wir erfahren (außer deduktiv)."

 

(Vielleicht sollte man das auch noch einmal so klar formulieren: Der induktive Schluss (bzw. der Schluss auf die Gleichförmigkeit der Natur) ist ein Schluss, bei dem wir von dem ausgehen, was wir erfahren und auf das schließen, was wir nicht erfahren, aber in einer logisch nicht zwingenden Weise, von der nicht auf den ersten Blick klar ist, warum sie gerechtfertigt ist.)

 

vor 18 Minuten schrieb KevinF:

Jedes Mal, wenn sich unser Wissen bestätigt, sagt T: "Aber schon morgen könnte es sich als falsch erweisen" (soweit richtig, zumindest prinzipiell) und: "Wollen wir daher nicht unser Hypothesen schon mal im Voraus willkürlich verändern?".

 

Ja, so könnte man T aus meiner Sicht formulieren. Jedenfalls den ersten Teil. Den zweiten Teil würde ich, wenn ich den Advocatus diaboli spielen würde, aber so formulieren: "Unsere durch die Erfahrung gestützte Hypothese ist nicht sicherer als eine beliebige Hypothese, die mit der bisherigen Erfahrung kollidiert. Ob wir unsere Hypothesen verändern oder nicht, ist also höchstens eine Geschmackssache. Rational ist nichts davon."

 

vor 18 Minuten schrieb KevinF:

Und dieser Vorschlag ist natürlich Irrsinn, er würde darauf hinauslaufen, dass wir gar keine Vorhersagen mehr machen können und letztlich gar nicht mehr sinnvoll mit unserer Umwelt interagieren können.

 

Das stimmt, aber wenn man T wirklich durchziehen würde, würde man sagen: "Das ist halt leider unser Schicksal, dass wir nur blind etwas ausprobieren können, und entweder Glück haben oder nicht; aber was wir ausprobieren sollten, darüber kann uns die Vergangenheit keinen Rat erteilen."

 

Damit ist natürlich auch klar, dass etwas an T nicht stimmen kann; denn was zu offensichtlich absurden Ergebnissen führt, kann nicht wahr sein. Die Frage, was genau an T falsch ist - bzw. wie man also die Induktion gegen Humes Skepsis rechtfertigen kann - ist allein damit aus meiner Sicht aber noch nicht beantwortet.

 

vor 18 Minuten schrieb KevinF:

Die einzige Chance, die wir haben, ist daher, unsere Theorien über die Welt so zu wählen, dass sie alle verfügbaren Daten erklären und nichts Überflüssiges enthalten und wir sie falsifizieren können.

 

Hier würde der Vertreter von T - der ich wie gesagt nicht bin - sagen: "Wenn wir für die Zukunft eine Hypothese wählen, die der bisherigen Erfahrung komplett widerspricht, haben wir eine genauso gute Chance wie im umgekehrten Fall - denn aus der Vergangenheit ergibt sich nichts für die Zukunft."

 

vor 18 Minuten schrieb KevinF:

Wie eben erläutert, ist das Gegenteil der Fall.

 

Wenn T falsch ist und wir zumindest eine Chance haben, aus der Vergangenheit etwas über die Zukunft ableiten zu können. Wenn der Schluss von der bisherigen Erfahrung auf die noch nicht erfahrene Zukunft mehr ist als ein reiner Fehlschluss ohne jegliche argumentative Kraft.

 

vor 9 Minuten schrieb KevinF:

Was ist bei Dir "echtes Wissen"?

 

In den empirischen Wissenschaften können wir niemals die Wahrheit einer Theorie beweisen, sondern können nur sagen, welche Theorien aktuell die besten sind.

 

Der Ausdruck mag etwas missverständlich sein - man kann diskutieren, inwieweit Überzeugungen, die vielleicht nur eine Annäherung an die Wirklichkeit sind (oder auch nur mehr oder weniger "empirisch adäquat") "Wissen" im eigentlichen Sinne darstellen. Aber im konkreten Fall wird vielleicht klarer, was ich meine. Wir gehen doch davon aus, dass die moderne Astronomie etwa die Bahn eines gut beobachtbaren Kometen ziemlich genau für eine ziemlich beachtliche Zeitspanne vorhersagen kann. Wenn die Astronomen nun beispielsweise sagen, dass der Komet XY von Mitteleuropa aus betrachtet in einem Monat am östlichen Nachthimmel erscheinen wird, dann würde ich das "Wissen" nennen. Wenn wir wissen, dass das Prinzip der Gleichförmigkeit der Natur gilt, dann können wir solch ein Wissen um die zukünftige Kometenbahn auch haben.

 

Wenn wir allerdings nicht wissen, dass das Prinzip der Gleichförmigkeit gilt und stattdessen einfach aus Verzweiflung mal annehmen, dass die Zukunft unseren vergangenen Erfahrungen entsprechen wird, einfach weil wir nicht wissen, was wir sonst tun sollen, dann wissen wir auch nicht, wo der Komet in einem Monat sein wird, sondern könnten es nur erraten.

 

vor 9 Minuten schrieb KevinF:

Und die Invarianzen, die Du begründet haben möchtest, sind Teil dieser Theorien.

 

Ich denke daher, unter Bezugnahme auf meinen vorherigen Beitrag, dass Du eine Begründung suchst, die nicht existieren kann.

 

Nun, es muss sich bei diesen Invarianzen aber ja nicht einfach um unbegründete Postulate handeln. Wenn sich erst zeigen lässt, dass es Prinzipien der Natur geben muss, die eine gewisse Konstanz aufweisen und die unsere Beobachtungen erklären, dann wird man wohl auch schlussfolgern dürfen, dass die Invarianzen der Naturwissenschaft diesen Prinzipien entsprechen (oder auf ihnen beruhen).

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@KevinF

 

Zitat

Ich muss schon sagen, @Marcellinus , ich verstehe Deine Ablehnung der Philosophie immer besser.

 

Wenn Du möchtest, können wir die Diskussion natürlich auch abbrechen. Wenn meine Haltung Dir durch meine Erläuterungen nicht verständlicher, sondern immer unverständlicher wird, ist das ja für niemanden befriedigend.

 

Falls Du noch Interesse an einer Diskussion haben solltest, fasse ich meine Position einfach mal zusammen, und Du kannst mir sagen, welche der folgenden Thesen Du ablehnst:

 

1. Sowohl im alltäglichen Denken wie der empirischen Wissenschaft setzen wir voraus, dass der Induktionsschluss bzw. das Gleichförmigkeits-Prinzip Geltung beanspruchen können.

 

2. Ohne die Geltung von Induktion bzw. Gleichförmigkeit wäre ein Großteil unseres Wissens, das über das hinausgeht, was wir erfahren, kein Wissen.

 

3. Der Verzicht auf die Induktion im Sinne Poppers lässt sich also nicht durchhalten. (Siehe mein Beispiel, dass wir selbst bei simplen Mess-Vorgängen die Gleichförmigkeit der Natur voraussetzen.)

 

4. Stattdessen sind wir berechtigt zur Überzeugung, dass Gleichförmigkeit und Induktion gelten.

 

5. Die Geltung von Induktion und Gleichförmigkeit kann jedoch nicht allein induktiv aus der bisherigen Erfahrung bewiesen werden, weil ein solcher Beweis zirkulär wäre.

 

6. Sie ist auch nicht unmittelbar einsichtig - jedenfalls nicht so, wie manches andere.

 

7. Daher ist es legitim, danach zu fragen, wie sie denn dann gerechtfertigt werden kann.

 

Daneben noch ein paar Thesen, die ich NICHT vertrete:

 

a) Die Gültigkeit des Gleichförmigkeits-Prinzips bzw. der Induktion ist zweifelhaft (oder die Realität unserer Erfahrungswelt).

 

b) Man muss zuerst die Geltung von Gleichförmigkeit und Induktion bewiesen haben, um diese Prinzipien sinnvoll anwenden zu können.

 

(Inzwischen frage ich mich allerdings angesichts mancher Beiträge, die in dieser Diskussion auftauchen, ob es überhaupt etwas nutzt, wenn ich eine bestimmte Position explizit nicht vertrete, sondern mich von ihr wiederholt distanziere und ihr wiederholt meine tatsächliche Position gegenüberstelle - oder ob ich mir die Mühe nicht auch sparen könnte.)

 

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23 minutes ago, iskander said:

Hier würde der Vertreter von T - der ich wie gesagt nicht bin - sagen: "Wenn wir für die Zukunft eine Hypothese wählen, die der bisherigen Erfahrung komplett widerspricht, haben wir eine genauso gute Chance wie im umgekehrten Fall - denn aus der Vergangenheit ergibt sich nichts für die Zukunft."

 

Wenn wir mit unseren bewährten Hypothesen arbeiten, sind wir höchstens dann verloren, wenn sich die Invarianzen als Täuschung erweisen.

 

Wählen wir unsere Hypothesen von vorneherein willkürlich, sind wir ganz sicher verloren, denn die Chance, dass wir aus unendlich vielen zufällig die richtigen erwischen, geht gegen Null.

 

Welche Begründung brauchst Du noch?

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vor 1 Stunde schrieb KevinF:

Wenn wir mit unseren bewährten Hypothesen arbeiten, sind wir höchstens dann verloren, wenn sich die Invarianzen als Täuschung erweisen.

 

Das geht am eigentlichen Induktions-Problem vorbei, und hier liegt vielleicht auch der Hase im Pfeffer. Du sprichst pauschal von "Invarianzen". Aber man kann ja unterscheiden zwischen "Invarianzen, soweit wir sie aus der Erfahrung kennen" und "Invarianzen, soweit wir sie nicht aus der Erfahrung kennen". Letztere umfassen unter anderem zukünftige "Instanziierungen" von Invarianzen. Und um diese Fälle, die wir (noch) nicht aus der Erfahrung kennen, geht es hier.

 

Ein Induktions-Skeptiker würde kaum behaupten, dass eine Invarianz eine Täuschung sei. Soweit wir die Invarianz aus unserer (direkten und indirekten) Beobachtung kennen, können wir auch davon ausgehen, dass es sie gibt - sie ist also keine Täuschung. Soweit die Invarianz über die Erfahrung hinausgeht, etwa weil sie in der Zukunft verwirklicht sein soll, wäre sie für den Induktions-Skeptiker einfach eine unbegründbare Vermutung (aber keine Täuschung, denn es erscheint uns hier ja kein Phänomen, das uns in die Irre führt).

 

Die - von mir wie gesagt nicht vertretene - induktionsskeptische Position lautet dann etwa so:

 

Wir müssen, wenn wir angemessen an die Sache herangehen wollen, zwischen zwei Sätzen über eine Invarianz unterscheiden: Das eine ist ein Satz, der die Existenz einer Invarianz behauptet, insoweit wir sie erfahren haben (oder logisch gültig aus der Erfahrung ableiten können). Nennen wir ihn S1.

Das andere wäre ein Satz, der die Existenz einer Invarianz behauptet, insoweit wir sie (noch) nicht erfahren haben (und auch nicht logisch gültig aus der Erfahrung ableiten können). Nennen wir ihn S2. 

 

Und nach Meinung des Induktionsskeptikers dürfen wir jetzt eben gerade nicht von der Gültigkeit von S1 auf die Gültigkeit von S2 schließen. "Bewährt" bzw. auf die Erfahrung gestützt ist nur S1. Aber das bedeutet eben gerade nichts für die Gültigkeit von S2. S2 ist nach Meinung des Skeptikers einfach nur eine Annahme, die sich weder durch Verweis S1 noch auf andere Weise rechtfertigen lässt.

Auch wenn das, was wir wissen - nämlich dass S1 gilt - durchaus keine Täuschung darstellt, haben wir nach Meinung des Induktions-Skeptikers also dennoch keinen rationalen Grund, S2 zu akzeptieren.

 

vor 1 Stunde schrieb KevinF:

Wählen wir unsere Hypothesen von vorneherein willkürlich, sind wir ganz sicher verloren, denn die Chance, dass wir aus unendlich vielen zufällig die richtigen erwischen, geht gegen Null.

 

Der Induktions-Skeptiker würde hier argumentieren, dass S2 eben eine genauso willkürliche Hypothese sei wir jede andere, weil sie weder aus S1 folge noch anders begründbar sei. (Dass S2 nicht begründeter sein soll als jede andere Hypothese, ist natürlich äußerst kontraintuitiv.)

 

Zitat

Welche Begründung brauchst Du noch?

 

Um in der bisherigen Nomenklatur zu bleiben, braucht man eine Begründung dafür, dass S2 mit hoher Wahrscheinlichkeit aus S1 folgt, obwohl ein direkter Schluss allein von S1 auf S2 deduktiv nicht gültig ist.

bearbeitet von iskander
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@Marcellinus

 

Zum Begriff eine "gültigen" Verfahrens vielleicht so viel noch: Wir sind uns doch sicher einig, dass ein Wissenschaftler, der auf der Basis sorgfältiger induktiver Schlussfolgerungen zu einer These gelangt, wissenschaftlich vorgeht, während sein Kollege, der zu derselben These kommt, weil er sie im Kaffeesatz ausliest, unwissenschaftlich vorgeht.

Wir sind uns sicher auch einig, dass das nicht etwa daran liegt, dass es in der Wissenschaft faktisch üblich ist, induktiv zu schließen, nicht aber, den Kaffeesatz zu benutzen. Sondern es liegt daran, dass die eine Methode geeignet ist, Wissen zu generieren  und die Wissenschaft voranzubringen, die andere Methode jedoch nicht. Schon in diesem Sinne kann man doch sagen, dass die eine Methode valide/gültig ist - sie begründet Erkenntnisse - während dies für die andere Methode nicht gilt.

 

Hierbei wird nicht vorausgesetzt, dass die Wissenschaft "die Wahrheit" kennt oder unveränderlich ist. Auch wenn die Wissenschaft beispielsweise nur eine "Annäherung" an die Wirklichkeit leistet, ändert sich am Gesagten nicht viel.

 

Ist das kontrovers?

 

Es gibt insbesondere drei Punkte, bei denen mich Deine Reaktion etwas ratlos zurücklässt:

 

1. Ich halte die Frage, warum wir (mit Recht) über die Erfahrung hinausgehen und Dinge behaupten, die wir weder erfahren haben noch aus der Erfahrung deduktiv schlussfolgern können, für eine sinnvolle Frage. Was also macht beispielsweise empirische Generalisierungen zu einer validen Methode (im obigen Sinne)?)

 

Dass ich dies tatsächlich so und nicht anders meine, habe ich etliche male klargestellt, und ich habe nichts geschrieben, was den gegenteiligen Eindruck erwecken sollte. Gleich zu Beginn dieser Teildiskussion hatte ich ausgeführt:

 

"Es geht mir hier nicht darum, die 'Außenwelt' in Zweifel zu ziehen, und auch de Vries nicht. Das sei speziell @Marcellinus versichert. Es geht einfach darum zu analysieren, wie Erkenntnis stattfindet, und dass wir nicht bei dem bleiben, was unsere Sinne uns sagen, sondern dass wir geistig etwas 'hinzufügen' müssen."

 

Warum habe ich das gleich von Anfang an betont? Nun, weil wir schon einige Diskussionen hatten, in denen ich darauf hingewiesen habe, dass wir offenbar mehr zu wissen, als uns unsere Sinne sagen, und dass es legitim ist zu fragen, wie dieses Wissen begründbar ist - und weil Du mich trotz aller Klarstellungen so verstanden hast, als würde ich abstreiten, dass wir ein entsprechendes Wissen haben!

Du formst also meine Position - "Wir gehen mit Recht über die reine Sinneserfahrung hinaus, aber wir können untersuchen, warum wir das zu Recht tun" - in die völlig absurde Leugnung einer realen Außenwelt oder des Induktionsprinzips um.

 

Und egal was ich schreibe, und egal, wie klar ich mich ausdrücke: Nichts scheint Dich daran hindern zu können. ;)

 

Das wäre der erste Punkt, den ich nicht verstehe.

 

2. Immer wieder habe ich darauf hingewiesen, dass ich Deine Argumente für mehrere Deiner wesentlichen Positionen nicht verstehe. Es ist nicht einfach so, dass ich Deine Argumente nicht für überzeugend halte, sondern ich verstehe überhaupt nicht, wie sie auch nur im Prinzip gemeint sind bzw. im Prinzip schlüssig sein können. Ich verstehe zwar, was Du schreibst, aber ich verstehe nicht, wie daraus einige Deiner zentralen Thesen folgen sollen. Das kann wie gesagt auch an mir liegen.

Deshalb habe ich Dich auch immer wieder gebeten, Deine entsprechenden Argumente einmal als einzelne Prämissen plus Konklusionen aufzuschreiben - siehe hier. Der Aufwand wäre minimal und das Verfahren einfach, wie bereits meine eigenen Beispiele verdeutlichen. In einem Beitrag antwortest Du:

 

Zitat

Ich kann meine Antworten nur in meiner Sprache verfassen. Wenn du damit nicht zurecht kommst, ist das dein Problem.

 

Das ist aber keine Frage der Sprache. Denn Argumente sind logische Schlüsse aus Prämissen und Konklusion. Und dabei spielt es der Sache nach auch keinerlei Rolle, ob man einen "philosophischen" oder einen ganz alltäglichen Begriff des "Argumentes" wählt:

 

"Ein Argument (lateinisch argumentum ‚Darlegung; Gehalt, Beweismittel, Beweisgrund‘[1] von lateinisch arguere ‚deutlich zu erkennen geben, behaupten, beweisen, zeigen‘) wird typischerweise dazu verwendet, etwas zu begründen oder jemanden zu überzeugen. In Sprachwissenschaft und Philosophie versteht man unter einem Argument eine Abfolge von Aussagen, die aus einer Konklusion und möglicherweise mehreren Prämissen besteht, wobei die Konklusion diejenige Aussage ist, die durch die Prämissen begründet (man sagt auch: gestützt) werden soll.[2] Umgangssprachlich werden unter einem Argument dagegen oft allein die Prämissen verstanden, die zur Begründung der Konklusion dienen.[3]

Mehrere aufeinander bezogene (z. B. aufeinander aufbauende) Argumente bilden eine Argumentation.[4] Wer Argumente aufstellt und diese schriftlich oder mündlich vorbringt, argumentiert. In einer Erörterung werden Argumente geprüft und gegeneinander abgewogen."

https://de.wikipedia.org/wiki/Argument

 

Im gleichen Sinne schreibt die engl. Wikipedia:

 

"An argument is a series of sentences, statements, or propositions some of which are called premises and one is the conclusion.[1] The purpose of an argument is to give reasons for one's conclusion via justification, explanation, and/or persuasion."

https://en.wikipedia.org/wiki/Argument

 

Auch jede andere Quelle wird das ähnlich formulieren, weil das weder kontrovers noch zweifelhaft ist. Wer argumentiert, argumentiert in diesem Sinne logisch, und dies gilt in jeder "Sprache", die jemand spricht. Und wenn man logisch argumentiert, mit Prämissen und Konklusion, dann sollte auch nicht dagegen sprechen, die einzelnen Prämissen untereinander zu schreiben und die Konklusion ganz unten hin. Es ist kein anderer Inhalt, es ist keine andere Sprache, es ist einfach nur eine klarere Darstellung. 

 

3. Manche Deiner Äußerungen könnte man so verstehen, als würdest Du bestreiten, dass logische Schlüsse für unser alltägliches Wissen wie auch wissenschaftliches Vorgehen eine absolut zentrale und unverzichtbare Rolle spielen. Deshalb habe ich Dich schon mehrfach gefragt, ob Du mir zustimmst, wenn ich sage, dass ein Großteil unseres Wissens logisch geschlussfolgert ist. (Ich habe entsprechend auch konkrete Beispiele für konkrete Schlussfolgerungen vorgelegt, wie wir sie in Alltag und Wissenschaft verwenden.)

 

Bisher hast Du auch diese einfache Frage nicht beantwortet. Dabei ist diese Frage doch harmlos. Sie enthält auch noch keine umstrittenen philosophischen "Anteile" und sagt auch nichts darüber, wie man die Ergebnisse der Wissenschaft interpretieren sollte. ;) Insofern verstehe ich nicht recht, warum Du meine Frage nicht beantworten möchtest.

bearbeitet von iskander
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vor 1 Stunde schrieb iskander:

Zum Begriff eine "gültigen" Verfahrens vielleicht so viel noch: Wir sind uns doch sicher einig, dass ein Wissenschaftler, der auf der Basis sorgfältiger induktiver Schlussfolgerungen zu einer These gelangt, wissenschaftlich vorgeht, während sein Kollege, der zu derselben These kommt, weil er sie im Kaffeesatz ausliest, unwissenschaftlich vorgeht.

Wir sind uns sicher auch einig, dass das nicht etwa daran liegt, dass es in der Wissenschaft faktisch üblich ist, induktiv zu schließen, nicht aber, den Kaffeesatz zu benutzen. Sondern es liegt daran, dass die eine Methode geeignet ist, Wissen zu generieren  und die Wissenschaft voranzubringen, die andere Methode jedoch nicht. Schon in diesem Sinne kann man doch sagen, dass die eine Methode valide/gültig ist - sie begründet Erkenntnisse - während dies für die andere Methode nicht gilt.

 

Nein, wir sind uns nicht einig, weil du eine wichtige Tatsache übersiehst: In der Mathematik ist Induktion (gemeinhin vollständige Induktion genannt) ein normiertes Verfahren, das, richtig angewendet, gültige Aussagen liefert. In den theoretisch-empirischen Wissenschaften ist Induktion einfach ein Sammelbegriff für Theoriebildung, und das ist alles, nur kein normiertes Verfahren. Man kann von Tatsachenbeobachtungen auf Modelle schließen, und dabei etwas Zutreffendes bekommen, oder großen Kokolores. 

 

Insofern geht deine oben stehende Aussage schlicht am Problem vorbei. Deshalb würde ich auch nicht den Begriff Induktion verwenden, sondern Modell- oder Theoriebildung, und die sind nur in dem Maße "wissenschaftlich", wie sie sich durch Tatsachenbeobachtung belegen lassen. Wenn du also einen Gegensatz zu "induktiv schließen" suchst, dann ist das nicht "Kaffeesatz lesen", sondern "induktiv schließen".

 

In den theoretisch-empirischen Wissenschaften gibt es kein formales Schlußverfahren, das ein richtiges Ergebnis garantiert. Wie gesagt: deine Argumentation geht haarscharf am eigentlichen Problem vorbei. Und auch Logik hilft dabei nicht weiter. Ein Schluß kann logisch richtig, und inhaltlich falsch sein. Hängt einfach davon ab, wie realistisch das Modell ist, von dem man etwas ableitet. 

 

Ich hab's an anderer Stelle schon mal geschrieben: Mathematik und Logik sind von Menschen gemachte Symbolsysteme mit festen Regeln, die dafür sorgen, daß bei korrekter Anwendung dieser Regeln aus wahren Aussagen wieder wahre Aussagen werden. Sie sind eingleisige Systeme, bei denen Problemstellung und Ergebnis aus der gleichen Menge menschengemachter Symbole kommen. 

 

Theoretisch-empirische Wissenschaften bestehen aus Modellen, die ebenfalls aus menschengemachten Symbolen bestehen, aber sie solle etwas beschreiben, was nicht aus menschengemachten Symbolen besteht: die Wirklichkeit nämlich. Theoretisch-empirische Wissenschaften kann man daher auch zweigleisig nennen. Und mögen wissenschaftliche Modelle noch so gut sein, eine Gleichung ergeben sie niemals, immer nur ein "ungefähr". 

bearbeitet von Marcellinus
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vor 1 Stunde schrieb iskander:

2. Immer wieder habe ich darauf hingewiesen, dass ich Deine Argumente für mehrere Deiner wesentlichen Positionen nicht verstehe. Es ist nicht einfach so, dass ich Deine Argumente nicht für überzeugend halte, sondern ich verstehe überhaupt nicht, wie sie auch nur im Prinzip gemeint sind bzw. im Prinzip schlüssig sein können.

 

Wir sprechen verschiedene Sprachen, und ich habe Immer mehr Zweifel, daß sich das ausräumen läßt. Du schlägst mir vor, ich solle meine Thesen in der Sprache der Philosophie aufschreiben. Aber das ist nicht möglich, oder würde zu genau den Fehltheorien führen, die du hier ständig wiederholst. 

 

Du suchst in meine Aussagen etwas, was da gar nicht steht. Du suchst nach "Begründungen" für unsere Wissen. Du weißt also schon, daß wir Wissen haben, wir es auch täglich einsetzen, nur fehlt dir die "Begründung". Dabei IST das die Begründung. Wissen ist das, was tagtäglich funktioniert. Wissen besteht aus Modellen, die beschreiben, wie beobachtbare Tatsachen nachprüfbar zusammenhängen. Dieses Wissen gilt so lange, bis wir neue Beobachtungen machen, die von unseren Modellen nicht mehr abgebildet werden können, oder wir bessere Modelle haben, die die Zusammenhänge besser beschreiben. 

 

Darüber hinaus gibt es nichts, und weitere Begründungen braucht es auch nicht. Die Grundlage unseres Wissens ist unser Wissen von gestern, entweder, weil wir heute mehr Tatsachenbeobachtungen machen können oder unsere Modelle besser geworden sind. Wissenserwerb ist ein sozialer Prozeß ohne Anfang oder Ende. Logik allein hilft da nicht. Deswegen ist es auch vollkommen sinnfrei, daß du ständig darauf bestehst. Die Voraussetzungen, nach denen du ständig suchst, sind unsere Fehler von gestern. 

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21 hours ago, iskander said:

Der Induktions-Skeptiker würde hier argumentieren, dass S2 eben eine genauso willkürliche Hypothese sei wir jede andere, weil sie weder aus S1 folge noch anders begründbar sei. (Dass S2 nicht begründeter sein soll als jede andere Hypothese, ist natürlich äußerst kontraintuitiv.)

 

Und ich dachte, ich hätte beschrieben, warum das falsch ist:
 
Es gibt doch nur zwei Möglichkeiten:
 
Entweder (M1), wir ignorieren alle empirischen Daten bei der Bildung von Hypothesen über die Natur, weil wir dem "Induktionsskeptizismus" (I) folgen.
Dann sind wir sicher verloren, denn die Chance, dass wir aus unendlich vielen logisch möglichen Hypothesen zufällig die erfolgreichen erwischen, geht gegen Null.  
 
Oder (M2), wir orientieren uns bei der Bildung von Hypothesen an empirischen Daten, was bedeutet, dass wir davon ausgehen, dass die Invarianzen in der Natur, die bisher jede Sekunde unseres Überlebens, unseren Alltag und den Erfolg der Wissenschaften ermöglicht haben, auch morgen noch Bestand haben werden.
 
Wenn I recht hat (ich weiß nicht, warum irgendjemand dies glauben sollte, aber bitte),  sind wir bei M2 auch verloren.
Irrt I sich, ist Erfolg möglich.
 
M1 führt also sicher zum Scheitern, bei M2 ist Erfolg möglich.
 
Damit ist die objektiv richtige Entscheidung die für M2.
 
Ich füge hinzu, dass ich diese Zeilen nur mit Widerwillen schreibe, denn die Idee, man könnte bei der Bildung von Hypothesen über die Natur empirische Daten ebenso gut ignorieren, ist so absurd, dass man darüber eigentlich keine Worte zu verlieren braucht (was Du ja sinngemäß auch selbst zu sagen scheinst).
 
Dies erklärt dann auch meine wachsende Abneigung gegenüber der Philosophie.
 
Du sagst nun, Du vertrittst I nicht. Möchtest aber trotzdem eine Begründung dafür, dass I falsch ist?
 
Und die oben reicht Dir  nicht?
 
Welche Begründung möchtest Du denn für Eigenschaften der Natur geben, wenn alle empirischen Daten ignoriert werden?
 
Ich bleibe dabei, dass es sich hier um ein Scheinproblem handelt.

 

bearbeitet von KevinF
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22 hours ago, iskander said:

 

Wenn Du möchtest, können wir die Diskussion natürlich auch abbrechen. Wenn meine Haltung Dir durch meine Erläuterungen nicht verständlicher, sondern immer unverständlicher wird, ist das ja für niemanden befriedigend.

 

Wir können die Diskussion gerne fortsetzen.

 

Immerhin hast Du große Geduld 🙂

 

Ich denke auch, dass ich Deine Haltung verstehe?

 

Du lehnst I ab, weil offensichtlich absurd, sagst aber, dass wir eigentlich keine saubere Begründung dafür haben und die Philosophie eine suchen soll, richtig?

 

Siehe dazu meine Antwort oben.

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@KevinF

 

Vorausgehend vielleicht nochmals der Hinweis, dass ich die Induktions-Skepsis, wie sie auch von Popper vertreten wird, auch in der Vergangenheit schon kritisiert habe. Die Probleme der Induktions-Skepsis (und anderer Teile dieser Philosophie) werden selbstredend auch nicht allein vor mir - oder von mir als erstem - gesehen. Susan Haack ("Popper on Trial: A Brief History of a Big Muddle1"), schreibt beispielsweise:

 

"Obviously this core Popperian philosophy, eschewing verifiability, probability, inductive logic, supportive evidence, etc., is thoroughly negative. In fact, it’s far more negative even than Popper acknowledges. Presenting himself as a champion of science, Popper purports to offer a throughly fallibilist, but still fully cognitivist, picture. But what he really offers is a kind of covert skepticism. [...] Then there’s his description of science as like a medieval cathedral, gradually erected over many generations.16 This suggests a more or less cumulative picture of scientific progress; but this can’t be squared with the falsificationist conception, according to which science would be more like an endless building site in which, each day, the previous day’s work is demolished and building begins anew – until the next day."

 

Alan Musgrave ("How Popper [Might Have] Solved the Problem of Induction"), der als Forschungsassistent von Popper gearbeitet hatte, übt eine noch schärfere Kritik:

 

"The situation with Popper’s philosophy is most peculiar. There are twelve or twenty folk, the self-styled ‘Popperians’, who think it is the bees-knees. Most philosophers ignore them. Popper’s philosophy of science is popular among scientists. Most philosophers of science think it is fatally flawed. Popper talks about ‘The Growth of Scientific Knowledge’. Most philosophers regard him as a sceptic who thinks scientists know nothing. Popper says he is a ‘critical rationalist’ and extols the virtues of reason. He is one of the Four Irrationalists discussed in a recent book of that name. The problem of induction is the key to all this. Popper said, famously and immodestly, ‘I think I have solved a major philosophical problem: the problem of induction’. He admitted that ‘few philosophers’ agree with him. He said this was because ‘few philosophers have taken the trouble to study … my views’ 1 . Popper’s explanation of his neglect is as insulting as it mistaken. Many philosophers have studied his views and found them wanting. The most important reason for the peculiar state of affairs regarding Popper’s philosophy is that his solution to the problem of induction is rejected. That is why Popper is dismissed as a sceptic and an irrationalist. That is why the Popperian edifice is viewed as a house of cards, which collapses as soon as its foundation is scrutinized."

 

Das ist nun etwas aus dem Zusammenhang gerissen und auch etwas einseitig. Aber dass die Ablehnung der Induktion zu einer unhaltbaren Skepsis führt, ist etwas, was ich hier im Forum betont habe.

Die obigen Zitate hatte ich (im ersten Fall in ausführlicherer Form) schon in einem Thread angebracht, in welchem ich für die Unverzichtbarkeit der Induktion argumentiert hatte (ähnlich wie in diesem Thread). Ich bin also in der Tat keinesfalls ein Induktions-Skeptiker. ;)

 

Eine zweite Vorbemerkung noch: Ich habe die Vermutung, dass der (physikalische) Begriff "Invarianz" nur einen Spezialfall der "Gleichförmigkeit der Natur" darstellt - korrigiere mich, wenn ich falsch liege. Wenn beispielsweise alle "neuen" Krähen, die wir ab jetzt beobachten, weiß wären, und keine davon schwarz, wäre dies wohl keine "Invarianz" im Sinne der Physik - aber gewiss eine Verletzung des Prinzips der Gleichförmigkeit, die uns in größtes Erstaunen versetzen würde. 

 

Damit zur eigentlichen Sache. Ich habe Dein Argument jetzt verstanden - zuvor hatte ich tatsächlich nicht begriffen, was Du meinst. Es geht, wenn ich Dich richtig verstehe, etwa so:

 

1. Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder dass die Zukunft der Vergangenheit in grundlegender Hinsicht gleicht oder dass sie ihr nicht gleicht.

2. Die Annahme A lautet, dass die Zukunft der Vergangenheit gleicht.

3. Daneben existieren unendlich viele Hypothesen, nach welchen die Zukunft in spezifischer Weise von der Vergangenheit abwicht.

4. Von diesen unendlich vielen Hypothesen, laut welchen die Zukunft von der Vergangenheit abweicht, ist jede einzelne absolut unwahrscheinlich.

5. Die vergangene Erfahrung bietet eine gewisse Rechtfertigung für die Annahme A, laut welcher die Zukunft der Vergangenheit gleichen wird.

6. Daher ist die Annahme A sehr viel wahrscheinlicher als jede einzelne derjenigen Hypothesen, nach denen die Zukunft von der Vergangenheit abweicht.

7. Also ist die Annahme A viel wahrscheinlicher als jede einzelne dieser Hypothesen.

8. Also ist es rational, A als wahr anzunehmen.

 

Kommt das so ungefähr hin?

 

Wenn ja, dann meine ich, dass das Argument zwei Schwächen aufweist. Die erste und wesentlichere ist, dass das Argument A die Geltung der Aussage 5 voraussetzt, ohne sie jedoch zu begründen. Der Induktions-Skeptiker würde genau hier einhakten und sagen, dass es keinen validen Schluss von der vergangenen Erfahrung auf die Zukunft gebe. Dass die Welt bisher so war, wie sie war, sei kein Beweis - auch kein Wahrscheinlichkeitsbeweis - dafür, dass die Welt auch morgen noch so sein wird. Daher sei die Annahme A, dass die Zukunft der Vergangenheit gleiche, genauso unbegründet und unwahrscheinlich wie eine beliebige Hypothese, die eine Abweichung der Vergangenheit von der Zukunft behauptet.

(Damit sage ich nicht, dass das obige Argument einfach "ungültig" wäre. Aber die Position des Induktionsskeptikers widerlegt es nicht, weil es die Falschheit seiner Annahme schon voraussetzt.)

 

Der zweite Punkt wäre der: Selbst wenn A viel wahrscheinlicher ist als jede beliebige alternative Annahme - sagen wir, die Wahrscheinlichkeit für A liegt bei 15% und die Wahrscheinlichkeit für jede alternative Hypothese geht gegen Null - wäre das immer noch arg wenig. Wir gehen doch davon aus, dass die Erde sich morgen höchstwahrscheinlich dort befindet, wo sie laut Berechnung sein sollte (absolut minimale Abweichungen seien hier unberücksichtigt), und dass sie nur höchst unwahrscheinlich irgendwo ganz anders im weiten Universum zu finden sein wird. Wir würden doch nicht sagen wollen, dass es zwar sehr zweifelhaft sei, dass die Erde sich dort befinden wird, wo wir sie erwarten, aber dass es halt immer noch das sinnvollste für uns sei, entsprechend zu handeln, weil wir keine andere Wahl haben.

(Wir befinden uns doch zum Glück nicht in einer solch unerfreulichen Situation!)

 

Natürlich wäre es absurd, die vergangene Erfahrung zu ignorieren, wenn wir Prognosen für die Zukunft erstellen. Uns ist intuitiv sofort klar, dass es vernünftig ist, von der Gleichförmigkeit der Natur und der Geltung der Induktion auszugehen. Nur ist es eben gar nicht so einfach zu erklären, warum das vernünftig ist. Und natürlich wird eine Begründung des Prinzips nicht "alle empirischen Daten ignorieren" können - aber die empirischen Daten allein genügen auch nicht für eine Begründung.

 

Wir haben es hier erst mal mit einem gewissen "Puzzle" zu tun - wir wissen irgendwie, dass wir von der Erfahrung in einer bestimmten Weise über die Erfahrung hinaus schließen können, aber wie sehen auch, dass diese Schlüsse deduktiv ungültig sind und also aus anderen Gründen gelten müssen.

 

Vielleicht weckt der Ausdruck "philosophische Begründung" der Induktion auch falsche Assoziationen - aber eine Begründung kann m.E. auch nirgendwo anders hingehören. Ein nicht-zirkulärer physikalischer Beweis ist m.E. erkennbar unmöglich, und in die rein formale (etwa mathematische) Logik gehört das auch nicht.

 

Ein erheblicher Teil der Lösung hat nach meiner Überzeugung wie gesagt mit abduktiven Schlüssen zu tun. Das folgende ist nur eine kurze Zusammenfassung ("The Nomological-Explanatory solution"), deutet eine Lösung aber an (über einzelne Punkte und darüber, ob das für sich genommen schon genügt, kann man streiten):

https://plato.stanford.edu/entries/induction-problem/#NomoExplSolu

 

Die Philosophie versucht zu erklären, wie etwas, was einerseits als selbstverständlich erscheint, dennoch aber wohl nicht völlig elementar ist (in dem Sinne, dass eine weitere Rechtfertigung unmöglich ist), begründet werden kann, auch wenn eine Begründung erst einmal schwierig erscheint. Ist Dir das grundsätzlich unsympathisch?

 

Zitat

Wir können die Diskussion gerne fortsetzen.

 

Wenn Interesse besteht und das nicht nur zu Frustrationen führt, gerne.

 

Zitat

Und falls alle Stricke reißen, können wir uns immer noch über Sagittarius A* austauschen 🙂

 

Oder so. :D

 

bearbeitet von iskander
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vor 8 Stunden schrieb iskander:

Vorausgehend vielleicht nochmals der Hinweis, dass ich die Induktions-Skepsis, wie sie auch von Popper vertreten wird, auch in der Vergangenheit schon kritisiert habe.

 

Induktions-Skepsis? Ist das so etwas wie Impfskepsis oder Klimaskepsis? Skepsis ist hier mehr als angebracht. Induktion, genauer gesagt vollständige Induktion ist in der Mathematik ein erprobtes Beweisverfahren, allerdings eben nur da! In den Naturwissenschaften dagegen steht es als bloßer Sammelbegriff für Theorie- oder Modellbildung, für die richtige wie für die falsche. In den Naturwissenschaften gibt es nicht das, was in der Mathematik der Induktionsschluß ist. Hier muß auf die Synthesearbeit die Analyse folgen, die Überprüfung des Modells anhand von Tatsachenbeobachtungen. Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung bedingen sich gegenseitig. Der Begriff „Induktion“ täuscht hier ein formales Verfahren vor, das es nicht ist.

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@Marcellinus

 

Die "vollständige Induktion" in der Mathematik heißt nur so, ist in Wahrheit aber ein deduktives Verfahren. Induktion ist im Zusammenhang mit der empirischen Wissenschaft jedoch ein fest etablierter Begriff. Man geht allgemein davon aus, dass induktive Schlüsse gültig, aber eben nicht "streng gültig" sind.

 

"Inductive reasoning is any of various methods of reasoning in which broad generalizations or principles are derived from a body of observations.[1][2] This article is concerned with the inductive reasoning other than deductive reasoning (such as mathematical induction), where the conclusion of a deductive argument is certain given the premises are correct; in contrast, the truth of the conclusion of an inductive argument is at best probable, based upon the evidence given.[3][4] [...]

The types of inductive reasoning include generalization, prediction, statistical syllogism, argument from analogy, and causal inference. There are also differences in how their results are regarded. [...]

The most basic form of enumerative induction reasons from particular instances to all instances and is thus an unrestricted generalization.[17] If one observes 100 swans, and all 100 were white, one might infer a probable universal categorical proposition of the form All swans are white. As this reasoning form's premises, even if true, do not entail the conclusion's truth, this is a form of inductive inference. [...]

A statistical syllogism proceeds from a generalization about a group to a conclusion about an individual.

Proportion Q of the known instances of population P has attribute A.
Individual I is another member of P.
Therefore, there is a probability corresponding to Q that I has A.

For example:

90% of graduates from Excelsior Preparatory school go on to university.
Bob is a graduate of Excelsior Preparatory school.
Therefore, Bob will probably go on to university.

This is a statistical syllogism.[11] Even though one cannot be sure Bob will attend university, the exact probability of this outcome is fully assured (given no further information).

https://en.wikipedia.org/wiki/Inductive_reasoning

 

Usw., es gibt noch mehr Unterarten.

 

Wenn man Induktion in diesem Sinne versteht - und das ist der philosophische und der wissenschaftliche Standard-Sinn - sollte ohne nähere Erläuterung offenkundig sein, dass die Induktion in der Wissenschaft eine enorme Rolle spielt. Auf die Induktion in diesem Sinne kann man nicht verzichten. Es hilft hier auch nicht, wenn man hier auf das Wechselspiel von Modellbildung und Tatsachenbeobachtung verweist. Denn um festzustellen, dass eine Tatsache eine Tatsache ist, braucht man auch schon die Induktion.

 

Nimm als einfaches Beispiel nochmals den Lackmus-Test und folgende Situation: Ein Wissenschaftler will ein Modell prüfen, welches vorhersagt, dass eine bestimmte chemische Reaktion eine pH-neutrale Substanz erzeugt. Zu diesem Zweck führt er die Reaktion durch und testet die entstehende Substanz dann mit dem Lackmus-Test. Der Lackmus verfärbt sich rot - die Substanz ist also nicht pH-neutral (sondern sauer) und das fragliche Modell ist falsifiziert.

 

Es sollte offensichtlich sein, dass der Schluss, dass das Modell falsifiziert wurde, von gewissen Voraussetzungen abhängt. Zu diesen gehört hier insbesondere, dass der Lackmus-Test valide ist - dass er also das misst, was er messen "soll". Dies bedeutet unter anderem, dass der Lackmus sich bei Säuren ab einer gewissen Stärke rot verfärbt, nicht aber bei pH-neutralen Substanzen. Ist der Lackmus-Test nicht valide in diesem Sinne, dann kann man mit seiner Hilfe auch nicht prüfen, ob eine Substanz sauer ist oder nicht - und also auch nichts (vorläufig) bestätigen oder widerlegen!

 

Wir werden aber nicht akzeptieren, dass der Lackmus-Test valide ist, weil uns die Idee gefällt. Wir werden vielmehr fordern, dass es überzeugende Gründe dafür geben muss, dass der Lackmus-Text valide ist. Und was sind solche Gründe? Nun, die Erfahrung! Unsere bisherige Beobachtung hat ergeben, dass der Lackmus sich genau dann rot verfärbt, wenn er mit einer Säure einer gewissen Stärke in Berührung kam. Und wenn es in der Vergangenheit stets so war, wird es wohl doch auch jetzt noch der Fall sein!

Wir schließen hier also induktiv von der vergangenen Beobachtung auf die gegenwärtige Situation!

(Du magst an dieser Stelle einwenden, dass man den Lackmus ja einfach erneut testen kann. Aber auch diese Lösung funktioniert nicht ohne Induktion - wenn Du willst, erkläre ich im Detail, warum nicht.)

 

Soweit einverstanden?

 

Alles hängt hier also von der Gültigkeit des induktiven Schlusses aus ab. Wenn wir wissen, dass die induktive Methode valide ist, dann wissen wir auch, dass der Lackmus-Text valide ist - und dass somit auch die Falsifikation einer These, die mit seiner Hilfe durchgenommen wird, gültig ist. Wenn wir aber nicht wissen, dass der induktive Schluss valide ist, dann wissen wir auch nicht, dass der Lackmus-Text valide ist - und somit auch nicht, ob die Falsifikation einer These, die wir mit seiner Hilfe durchgenommen wird, Geltung beanspruchen kann. Ob die Behauptung, dass etwas falsifiziert wurde, stichhaltig ist oder einfach nur eine unbelegte Behauptung darstellt, hängt ganz entscheidend also davon ab, ob die induktive Vorgehensweise gerechtfertigt werden kann oder nicht.

 

Es sollte hier offenkundig sein, dass dann, wenn wir auch nur eine wirkliche von einer vermeintlichen Falsifikation unterscheiden wollen, wir um die Konzepte "gültig" und "begründet" nicht herumkommen. Die Wörter mag man vermeiden können, was sie bezeichnen aber nicht.

 

Zudem ist eines unzweifelhaft: Beim induktiven Schluss gehen wir über das, was wir erfahren haben, hinaus. Wir gehen zu dem, was wir nicht erfahren haben. Und hier stellt sich dann natürlich auch die Frage: Woher wissen wir, dass ein solcher Schluss - den wir wie gesagt unbedingt brauchen - begründet und nicht willkürlich ist? Die deduktive Logik sagt es uns nicht. Die Erfahrung zeigt zwar, dass in der Vergangenheit induktive Schlüsse erfolgreich waren - aber wenn man daraus nun folgert, dass auch künftige induktive Schlüsse funktionieren werden, setzt man eben schon voraus, dass induktive Schlüsse nicht nur in der Vergangenheit erfolgreich waren, sondern auch in Zukunft erfolgreich sein werden. Und das ist zirkulär: Wie folgern dann aus der Annahme, dass induktives Schließen gültig ist, dass induktives Schließen gültig ist.

 

Auch wenn wir das als "Prüfung des Modells an der Empirie" konzeptualisieren, hilft es uns hier nicht weiter. Das Modell würde dann besagen, dass die Induktion gilt - und die Empirie würde diese Annahme "vorläufig bestätigen". Das hieße dann aber nur, dass die Geltung der Induktion bisher noch nicht widerlegt wurde. Das genügt uns aber wie gesagt nicht: Wir müssen im positiven Sinne wissen, dass die Induktion tatsächlich gilt, um beispielsweise sagen zu können, dass ein Test valide ist und um Wissenschaft betreiben zu können. Und diese Gültigkeit der Induktion lässt sich eben durch noch so viele empirische Testungen eines Modells nicht logischen Zirkel begründen.

 

Man mag sich an dieser Stelle auf den gesunden Menschenverstand berufen, und das will ich nicht kritisieren. Aber selbst dann muss man festhalten, dass die empirischen Wissenschaften auf Voraussetzungen angewiesen sind, welche selbst nicht wissenschaftlich belegbar sind. Und zweitens ist es eine legitime Frage, welche verborgenen Gründe den gesunden Menschenverstand dazu veranlassen, die Induktion berechtigterweise für gültig zu halten (wenn auch nicht für gültig im strengen deduktiven Sinne). Und das ist, wie wir gerade gesehen haben, keine empirisch-wissenschaftliche Frage.

 

Zitat

Wissen besteht aus Modellen, die beschreiben, wie beobachtbare Tatsachen nachprüfbar zusammenhängen. Dieses Wissen gilt so lange, bis wir neue Beobachtungen machen, die von unseren Modellen nicht mehr abgebildet werden können, oder wir bessere Modelle haben, die die Zusammenhänge besser beschreiben. 

 

Darüber hinaus gibt es nichts, und weitere Begründungen braucht es auch nicht.

 

Wie dargelegt genügt das leider nicht, denn schon für die Interpretation von Tatsachen-Beobachtungen benötigt man unter anderem die (weitgehende) Gewissheit, dass induktive Schlüsse valide sind. Gibt es hier keine (hinreichende) Sicherheit, dann auch keine in der Frage, ob die beobachteten Tatsachen ein Modell (vorläufig) bestätigen oder widerlegen. Wenn wir uns, um im Beispiel zu bleiben, nicht darauf einigen können, ob wir empirisch festgestellt haben, dass eine Substanz sauer ist oder nicht, dann können wir an dieser Stelle auch keine Tatsache zu einem Modell in Beziehung setzen.

 

Zitat

Du suchst in meine Aussagen etwas, was da gar nicht steht. Du suchst nach "Begründungen" für unsere Wissen. Du weißt also schon, daß wir Wissen haben, wir es auch täglich einsetzen, nur fehlt dir die "Begründung". Dabei IST das die Begründung.

 

Wenn ich das, was Du zu erkenntnistheoretischen und ähnlichen Themen sagst, täglich erfolgreich einsetzen könnte, dann wäre das vielleicht ein Argument. Aber viele Deiner (wie natürlich auch meiner) Aussagen sind eher theoretisch und lassen sich im Alltag schwer verwenden. ;)

 

Was die Logik - selbst die deduktive Logik - angeht, so ist natürlich klar, dass sie im besten Fall Folgerichtigkeit und niemals inhaltliche Richtigkeit gewährleisten kann. Das wird auch niemand bezweifeln (auch Popper nicht). Dennoch ist Logik auch hier sehr wichtig. Wenn beispielsweise ein Wissenschaftler ein Experiment durchführt, dann ist damit allein noch keine Erkenntnis generiert. Der Wissenschaftler muss das Ergebnis auch wissen - das Ergebnis muss, wenn ich das so formulieren darf, im Verstand des Wissenschaftlers geistig "repräsentiert" sein. Und dieses Wissen wird der Wissenschaftler mit viel anderem Wissen und mit einer zu testenden Theorie in Beziehung setzen, um dann zu bestimmten Überzeugungen gelangen. All dies sind aber logische Operationen bzw. logische Verhältnisse. Wir befinden uns im Reich der Argumente und Schlüsse. Sobald das Wissen um ein Experiment genutzt wird, um eine Theorie zu bestätigen oder anzugreifen, haben wir es mit einem Argument zu tun - in diesem Fall dann eben mit einem empirisch fundierten Experiment. Und ein Argument ist fast dasselbe wie eine Begründung.

 

Zitat

Wissenserwerb ist ein sozialer Prozeß ohne Anfang oder Ende.

 

Ohne (bestimmbaren) zeitlichen Anfang vielleicht - aber nicht ohne begründungsmäßigen "Anfang". Es muss Prämissen geben, von denen man ausgehen kann. Das gilt auch dann, wenn ich eine These oder ein Modell falsifizieren möchte. Um mal vom Lackmus wegzukommen: Wenn ich die Behauptung, dass alle Schwäne weiß sind, widerlegen will, muss ich jedenfalls dies wissen: "Dies hier ist ein Schwan; und er ist schwarz; und was schwarz ist, kann nicht weiß sein."

Ich mag dieses Wissen weiter begründen können, aber diese Begründungskette kann nicht "ohne Anfang" sein. Wäre sie ohne Anfang, so hätte ich einen unendlichen Regress - und damit überhaupt keine valide Begründung. Wenn meine Meinung, dass dies hier ein nicht-weißer Schwan ist, aber unbegründet bleibt, dann handelt es sich nicht um Wissen, sondern um eine bloße, unbegründete Behauptung. Und wenn es eine bloße Behauptung darstellt, dass vor mir ein nicht-weißer Schwan steht - wie soll ich dann die These, dass alle Schwäne weiß sind, widerlegen?

Meine vermeintliche Widerlegung wäre ebenfalls nicht mehr als eine unbegründete Behauptung.

 

Und das gilt natürlich nicht nur für Schwäne, sondern allgemein. Jedes Wissen - auch das Wissen, dass etwas nicht der Fall ist - muss begründet sein; sonst haben wir es eben mit unbegründeter Meinung zu tun. (Nur muss und kann nicht jede Begründung inferenziell sein, also auf logischen Schlussfolgerungen aus "Sätzen" beruhen.) 

 

Weil das wichtig ist: Kannst Du dem zustimmen oder meinst Du, man könne etwas widerlegen, ohne Gründe zu haben, auf denen die Widerlegung beruht - und wenn ja, wie?

 

Zitat

Logik allein hilft da nicht. Deswegen ist es auch vollkommen sinnfrei, daß du ständig darauf bestehst. Die Voraussetzungen, nach denen du ständig suchst, sind unsere Fehler von gestern.

 

Allein hilft Logik nicht. Aber sie ist Teil jedes Argumentes, auch jedes empirisch fundierten Argumentes. Und ein Argument hat immer Voraussetzungen (Prämissen). Wenn man weiß, dass die Prämissen fehlerhaft sind, dann weiß man auch, dass das Argument wertlos ist.

Nun gehe ich aber davon aus, dass Du Deine zentralen Meinungen wenigstens für einigermaßen richtig hältst - sonst ginge unsere Diskussion ja um nichts. Und ich gehe auch davon aus, dass Du Deine Position nicht deshalb für (zumindest halbwegs) richtig hältst, weil sie Dir gefällt, sondern weil Du meinst, überzeugende Gründe für sie zu haben. Und ich würde gerne sehen, wie diese Gründe Deine Meinung stützen sollen. Logisch gewendet: Wie Deine Prämissen aussehen und wie sich aus ihnen Deine Position ergeben soll.

 

Zitat

Du schlägst mir vor, ich solle meine Thesen in der Sprache der Philosophie aufschreiben. Aber das ist nicht möglich, oder würde zu genau den Fehltheorien führen, die du hier ständig wiederholst.

 

Wo tue ich das denn? ;) 

 

Wenn man mit Gründen für etwas argumentiert, bedeutet das logisch betrachtet nichts anderes, als dass man explizite (und oft auch implizite) Prämissen anführt, aus denen das, was man zeigen will, folgen soll. Das gilt für Dich, das gilt für mich, das gilt für jeden. Und es gilt für jemanden, der in "soziologischer Sprache" schreibt genauso wie für jemanden, der das in "philosophischer" oder "wirtschaftswissenschaftlicher Sprache" tut. Logik ist neutral. Sie kommt überall vor, in der Philosophie ebenso wie im Alltag oder der Soziologie.

Meine Bitte lautet daher auch nicht, dass Du Deine Sprache "veränderst". Sie lautet auch nicht, dass Du etwas schreibst, was logisch betrachtet "Schlüsse" sind. Das tust Du wie gesagt ohnehin - wie jeder andere auch, der eine These aufstellt und Argumente für sie anführt. Meine Bitte wäre vielmehr, dass Du das, was Du ohnehin "in Deiner Sprache" sagst, etwas formalisierter zusammenfasst, so dass deutlicher wird, wie Dein Argument funktioniert.    

bearbeitet von iskander
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vor 18 Minuten schrieb iskander:

Soweit einverstanden?

 

Nein! Und wie immer, wenn du in argumentativ Schwierigkeiten bist, werden deine Posts immer länger. Macht die Sache aber nicht besser. Du hältst halt fest an deiner "Voraussetzungsmetaphysik", und kannst oder willst daher nicht einsehen, daß die Voraussetzungen unseres heutigen Wissens (du nennst es "Prämissen") einfach nur unser Wissen von gestern ist.

 

Du suchst nach einem Anfang, aber es gibt keinen. Du lebst im Reich der Philosophie, wo Wünsche Wirklichkeit sind, ich nicht. ich denke, zumindest wir beide sollten es dabei belassen. Dies ist mittlerweile eine sich ständig wiederholende, sinnlose Übung darin, an einander vorbeizureden. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe auch noch andere Hobbys. ;)

bearbeitet von Marcellinus
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19 hours ago, iskander said:

Kommt das so ungefähr hin?

 

Nein, ich meinte wirklich nur das, was ich geschrieben habe.
In Kurzform: Nur wenn wir davon ausgehen, dass bestimmte Invarianzen in der Natur existieren, dergestalt, dass wir grundsätzlich aus Erfahrung lernen können, dann haben wir eine Chance auf Erfolg.
Die Alternative wäre es, den Kopf in den Sand zu stecken und aufhören zu leben.
 
Wie diese Invarianzen aussehen, sagen uns, in imperfekter Weise, unsere gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Theorien. Die auf vorläufigen, falsifizierbaren Hypothesen basieren.
(Und ja, Du kannst eine Hypothese falsifizieren und dabei andere, noch nicht falsifizierte Hypothesen als Prämissen verwenden).
 
Logik ist immer deduktiv.
 
Ein "induktiver Schluss" im strengen Sinne ist daher schlicht ein logischer Fehler.
 
Was es gibt, sind deduktive Schlüsse mit nicht explizit gemachten Prämissen sowie das Formulieren von Verallgemeinerungen in Form von Vermutungen anhand von empirischen Daten.
 
Welche Prämissen man im Zweifel wählt, ist dann einfach eine spieltheoretische Frage.

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@Marcellinus

 

Vielleicht wäre es besser, wir würden manches am konkreten Beispiel erörtern? Ich habe den Verdacht, dass, wenn überhaupt eine Chance auf Verständigung besteht, dann am ehesten so. (Wenn Dir meine Beispiele nicht zusagen, können wir natürlich auch andere nehmen, aber in der Sache selbst sollte das keinen Unterschied machen.)

 

Zitat

Du hältst halt fest an deiner "Voraussetzungsmetaphysik", und kannst oder willst daher nicht einsehen, daß die Voraussetzungen unseres heutigen Wissens (du nennst es "Prämissen") einfach nur unser Wissen von gestern ist.

 

Nochmals die Frage: Was ist Voraussetzungsmetaphysik?

 

Und auch: Was verstehst Du unter "Voraussetzung"? Etwas, was unseren Gründen/Prämissen entspricht? Oder etwas anders?

 

Und wenn es keine validen Voraussetzungen im Sinne von Gründen bzw. Prämissen gibt - wieso sind die Aussagen der Wissenschaft dann nicht einfach unbegründet.

 

Konkret nochmals: Wenn ich es nicht als Wissen "voraussetzen" darf, dass

a) das Ding vor mir ein Schwan ist

b) dass das Ding vor mir schwarz ist

c) dass etwas, was schwarz ist, nicht weiß sein kann:

 

Wie soll ich dann wissen, dass vor mir ein nicht-weißer Schwan steht? Und wenn ich nicht wissen kann, dass vor mir ein nicht-weißer Schwan steht: Wie soll ich dann den Satz, dass alle Schwäne weiß sind, dann falsifizieren können? (Und das wäre hier ein sehr einfacher Fall.)

 

vor 23 Stunden schrieb Marcellinus:
vor 23 Stunden schrieb iskander:

Soweit einverstanden?

Nein!

 

Ich hatte an dieser Stelle ja zwei Behauptungen aufgestellt:

 

1) Wir vertrauen darauf, mit dem Lackmus-Test etwas falsifizieren zu können, also etwa die These, dass eine Substanz pH-neutral oder eine Base ist, weil wir annehmen, dass er valide ist. Dass er also beispielsweise dann, wenn er mit einer Säure in Kontakt kommt, sich rot verfärbt.

2) Wir gehen deshalb davon aus, dass der Lackmus-Text valide ist, weil er es in der Vergangenheit war; weil er sich in der Vergangenheit bei Kontakt mit Säuren rot verfärbt hat.

 

Welche dieser beiden Aussagen streitest Du ab?

 

Wenn Du 1) abstreitest: Warum vertrauen wir Deiner Meinung nach einem Test, wenn wir nicht davon ausgehen, dass er valide ist (misst, was er messen soll)?

Wenn Du 2) negierst: Wieso sind wir Deiner Meinung nach berechtigt, ein Test-Verfahren als valide zu betrachten, wenn nicht aufgrund der empirischen Erfahrung, die wir bisher mit ihm gemacht haben?

 

bearbeitet von iskander
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vor 18 Minuten schrieb iskander:

1) Wir vertrauen darauf, mit dem Lackmus-Test etwas falsifizieren zu können, also etwa die These, dass eine Substanz pH-neutral oder eine Base ist, weil wir annehmen, dass er valide ist. Dass er also beispielsweise dann, wenn er mit einer Säure in Kontakt kommt, sich rot verfärbt.

2) Wir gehen deshalb davon aus, dass der Lackmus-Text valide ist, weil er es in der Vergangenheit war; weil er sich in der Vergangenheit bei Kontakt mit Säuren rot verfärbt hat.

 

Ich streite nicht ab, daß der Lackmus-Test funktioniert, sondern daß das ein Problem ist. Es ist einfach eine beobachtbare Tatsache, daß Lackmus die Eigenschaft besitzt, ihre Farbe zu ändern; abhängig davon, ob sie mit sauren oder basischen Stoffen zusammengebracht wird. 

 

Du konstruierst daraus das Problem, daß man nicht wissen könne, ob sie das wohl auch morgen noch tut.

 

Damit behauptest du nicht mehr und nicht weniger als daß die gesamte Empirie einer zusätzlichen Begründung bedarf, die du natürlich auch nicht liefern kannst. Wenn das deine Philosophie ist, dann ist es eine blöde Philosophie. Opferst du eigentlich auch gelegentlich Jungfrauen, damit jeden Tag die Sonne wieder aufgeht? 

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Am 16.11.2024 um 22:15 schrieb KevinF:

Nein, ich meinte wirklich nur das, was ich geschrieben habe.
In Kurzform: Nur wenn wir davon ausgehen, dass bestimmte Invarianzen in der Natur existieren, dergestalt, dass wir grundsätzlich aus Erfahrung lernen können, dann haben wir eine Chance auf Erfolg.
Die Alternative wäre es, den Kopf in den Sand zu stecken und aufhören zu leben.

 

Wenn die Chance, dass die Invarianzen, die bisher gegolten haben, auch in Zukunft gelten, allerdings keinen Deut größer wäre als die Chance, dass ab morgen die Welt in einer x-beliebigen Weise völlig anders aussieht als bisher: Wäre es dann nicht gerade so vernünftig, von einer x-beliebigen neuen Situation auszugehen? Unsere Chancen, mit unserem Raten richtig zu liegen, wären jeweils gleich groß bzw. gering (und zwar extrem gering).

 

Ich versuche, es an einer Analogie zu verdeutlichen (Du hast ja das Stichwort "Spieltheorie" fallen lassen): Wir haben einen Stapel Karten, der seit langer Zeit herumliegt, und in welchem sich die Karten in einer spezifischen Anordnung A befinden. Dann werden die Karten extrem gründlich gemischt. Ergibt es Sinn, an dieser Stelle zu sagen: "Nun, lass uns annehmen, dass die Karten jetzt immer noch in der gleichen Reihenfolge A angeordnet sind als früher; denn wenn wir davon ausgehen, haben wir eine Chance."

Die Antwort hängt doch ganz und gar davon ab, ob wir folgendem Gedanken zumindest eine wenig Plausibilität einräumen: Dass der Mischvorgang kein rein (pseudo-)zufälliger war, und dass irgendein Faktor im Spiel war, der die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die alte Anordnung der neuen entspricht. Wenn wir diese Möglichkeit ernst nehmen, ist es unsere "beste Wette", anzunehmen, dass die alte Anordnung der neuen entspricht. Wenn wir dem Gedanken aber keinerlei Chance geben, ist es egal, ob wir wetten, dass wir nach dem Mischen die alte oder eine beliebige neue Anordnung erhalten.

 

Oder auch dies: Jemand hat mit einer Zahlenkombination im Lotto sechs Richtige gehabt. Ist es vernünftig, dass derjenige, wenn er ein zweites mal gewinnen möchte, die gleichen Zahlen ankreuzt? Die Antwort hängt doch offenkundig davon ab, ob man die Möglichkeit, dass die Lottomaschine nicht perfekt ist, und dass es wahrscheinlicher ist, dass sie bestimmte Ergebnisse produziert als andere, ernsthaft in Erwägung zieht.

 

Deine Position scheint mir wenigstens dies vorauszusetzen: Dass wir eben doch irgendeinen Grund zur Annahme besitzen, dass die Natur auch morgen mit höherer Wahrscheinlichkeit noch grundsätzlich so sein wird wie heute - anstatt in einer x-beliebigen Weise verändert. Dass das eine doch (wenigstens minimal) wahrscheinlicher als das andere. Ist das aber nicht das gleiche, als wenn man sagt: Wir haben vielleicht doch irgendeinen Grund, von der Gleichförmigkeit der Natur (und der mit ihr zugleich gegebenen Induktion) auszugehen? Wenn das aber so ist, ist es dann nicht sinnvoll danach zu fragen, worin dieser Grund besteht?

 

Darüber hinaus allerdings scheint die Auffassung, dass man dann, wenn man von einer bestimmten Annahme ausgeht, zumindest eine Chance hat, richtig zu liegen, recht wenig zu leisten. Sie kein sicheres Wissen zu begründen. Aber stellt die These, dass auch morgen die Sonne aufgeht, nicht doch ein sehr sicheres (wenn auch nicht absolut sicheres) Wissen dar?

 

Zitat

Wie diese Invarianzen aussehen, sagen uns, in imperfekter Weise, unsere gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Theorien. Die auf vorläufigen, falsifizierbaren Hypothesen basieren.

 

Das Problem ist an dieser Stelle nur dieses: Ohne Induktion heißt "vorläufige Bestätigung" wirklich einfach nur: Es wurde noch nicht widerlegt. Das ist aber zu wenig für "positives" Wissen. Wenn es nicht zumindest ein Stückchen weit plausibel ist, dass die Zukunft der Vergangenheit und Gegenwart gleicht, dann sagen uns die gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Theorien eben wirklich nur, wie es gegenwärtig aussieht. Sie rechtfertigen dann nicht einmal begründete Vermutungen über die Zukunft.

 

Zitat

(Und ja, Du kannst eine Hypothese falsifizieren und dabei andere, noch nicht falsifizierte Hypothesen als Prämissen verwenden).

 

Ohne Gleichförmigkeit/Induktion weiß ich jedoch nicht, ob die These, die ich heute noch falsifiziert habe, nicht bereits morgen wahr ist. Oder vielleicht etwas genauer bzw, korrekter ausgedrückt: Ich kann dann immer nur solche Thesen falsifizieren, die sich auf einen bestimmten Zeitabschnitt beziehen, nie aber allgemein formulierte Thesen, die auch die Zukunft in sich begreifen. Das ist ein weiteres Problem, das auftaucht, wenn man nicht von der Gleichförmigkeit/Induktion ausgeht: Wenn ich das heliozentrische Weltbild heute noch widerlegt habe, kann es doch schon morgen wahr sein; und die Chance, dass es tatsächlich wahr sein wird, wäre so groß wie die Chance, dass das geozentrische Weltbild korrekt sein wird.

 

Zitat

Ein "induktiver Schluss" im strengen Sinne ist daher schlicht ein logischer Fehler.

 

Nach den Maßstäben der deduktiven Logik ja.

 

Zitat

Logik ist immer deduktiv.

 

Ich würde hier allerdings die abduktiven Schlüsse verteidigen wollen und glaube wie gesagt, dass sie ein wichtiger Teil der Lösung des Induktions-Problems sind, auch wenn eine Lösung im Detail dann erstaunlich diffizil ist. Induktive Schlüsse wären infolge dann ebenfalls zulässig, auch wenn sie an das Ideal der deduktiven Schlüsse natürlich nicht heranreichen.
 

Zitat

Was es gibt, sind deduktive Schlüsse mit nicht explizit gemachten Prämissen sowie das Formulieren von Verallgemeinerungen in Form von Vermutungen anhand von empirischen Daten.

 

Wenn aber die Vermutungen, die wir anhand der Erfahrung über das anstellen, was über die Erfahrung hinausgeht, eine bessere Chance haben, sich als zutreffend herauszustellen als eine beliebige alternative Vermutung, dann haben wir die Induktions-Skepsis bereits hinter uns gelassen und "glauben" - zumindest ein wenig - an Induktion.

bearbeitet von iskander
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@iskander

Da dich das Theme "Induktion" so umtreibt, hier ein kleine Tipp: Google mal nach "Induktion". Da wirst du einerseits "vollständige Induktion" finden, ein Beweisverfahren der Mathematik, das aber dort auch nur für die natürlichen Zahlen gilt. Und dann findest du (sehr selten übrigens") auch "unvollständige Induktion", meistens auch nur "Induktion" genannt. Das ist KEIN Beweisverfahren, sondern einfach nur ein anderer Begriff für Verallgemeinerung, selten richtig, meistens falsch. ;)

 

bearbeitet von Marcellinus
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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Ich streite nicht ab, daß der Lackmus-Test funktioniert, sondern daß das ein Problem ist. Es ist einfach eine beobachtbare Tatsache, daß Lackmus die Eigenschaft besitzt, ihre Farbe zu ändern; abhängig davon, ob sie mit sauren oder basischen Stoffen zusammengebracht wird. 

 

Du konstruierst daraus das Problem, daß man nicht wissen könne, ob sie das wohl auch morgen noch tut.

 

Nö. Ich behaupte, dass es eine sinnvolle Frage ist, woher wir wissen, dass das, was jetzt gilt, auch in Zukunft gelten wird. ;)

 

Einmal ganz basal (und ein wenig vereinfacht):

 

Was würde ich antworten, wenn jemand mich fragt, woher ich weiß, dass ein Berg vor mir steht? Nun, ich würde antworten: "Ich weiß es, weil ich ihn deutlich vor mir sehe!" Die Begründung für meine Überzeugung, dass ein Berg vor mir steht, beruht also (zumindest ganz wesentlich) auf meiner Wahrnehmung des Berges.

 

Woher aber weiß ich, dass da auch noch morgen ein Berg stehen wird? Weil ich mit meinen eigenen Augen deutlich sehe, dass er morgen dort stehen wird?

Doch wohl kaum. Ich kann ja nur wahrnehmen, was hier und heute der Fall ist, und nicht, was morgen der Fall sein wird. Würde ich auf die Frage, woher ich weiß, dass morgen ein Berg dastehen wird, mit "Ich sehe, dass er dort stehen wird!" antworten, so wäre das Unsinn.

 

(Vermutlich wirst sogar Du mir soweit nicht widersprechen - oder doch? ;))

 

Das heißt aber doch: Für meine Überzeugung, dass auch morgen noch ein Berg dastehen wird, brauche ich eine andere, neue Rechtfertigung, die über die direkte Wahrnehmung hinausgeht! Ich kann die Überzeugung, dass auch morgen noch der Berg dastehen wird, nicht einfach mit einem "Ich sehe es!" begründen.

 

Und wie sieht diese neue Rechtfertigung aus? Nun, ich muss hier von der vergangenen Erfahrung auf die Zukunft schließen. Etwa so: "In der Vergangenheit war es bisher (fast) immer so, dass ein Berg, der an einem Tag dagestanden ist, auch am nächsten Tag noch dagestanden ist. Also wird auch der Berg, den ich heute vor mir sehe, höchstwahrscheinlich noch morgen vor mir stehen."

 

Oder hast Du eine bessere Idee für eine Begründung? ;) 

 

Für diese Art von Begründung muss ich aber natürlich annehmen, dass die Zukunft der Vergangenheit prinzipiell entspricht; dass die Welt so, wie sie bisher funktioniert hat, grundsätzlich auch morgen noch funktionieren wird; dass dann, wenn bisher ein Berg höchst selten von einem Tag auf den anderen verschwunden ist, dies auch morgen noch so sein wird.

 

Woher aber weiß ich das? Nun, auf den ersten Blick mag die Antwort ganz einfach erscheinen: "In der Vergangenheit war es so, dass die Vergangenheit der Zukunft entsprochen hat. Also wird es in Zukunft auch so sein."

Man sieht aber schnell, dass dieses Argument zirkulär ist. Es setzt genau das implizit voraus, was es zeigen soll: Dass es in der Zukunft so sein wird wie es in der Vergangenheit war.

 

Dann stellt sich aber natürlich die Frage: Wenn es so einfach offenbar nicht geht, wie geht es dann?

Und meine Position lautet nicht - und das habe ich jetzt wirklich 1.000 mal gesagt -, dass wir nicht wissen können, dass die Zukunft der Vergangenheit entspricht (bzw. dass wir über unsere Erfahrung hinausgehen können). Meine Position lautet, dass es eine legitime Frage ist, wie wir das wissen können. Wir können zwar auf den "gesunden Menschenverstand" hinweisen, aber dann stellt sich natürlich die Frage wie dieser zu seiner Überzeugung kommt (bzw. warum dieser mit gutem Grund zu seiner Überzeugung kommt).

 

vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Damit behauptest du nicht mehr und nicht weniger als daß die gesamte Empirie einer zusätzlichen Begründung bedarf, die du natürlich auch nicht liefern kannst.

 

Nein, gerade nicht! Ich behaupte nur, dass, wenn wir einen Sachverhalt behaupten, den wir nicht erfahren uns also über die Erfahrung/Empirie hinausgehen, wir eine zusätzliche Begründung bedürfen gegenüber einer Situation, in welcher wir bei der Empirie bleiben und tatsächlich nur das behaupten, was wir erfahren. Ich behaupte, dass ein "Ich sehe es und ich weiß es deshalb" und ein "Ich sehe es nicht, aber ich weiß es dennoch" zwei verschiedene Fälle sind - und dass eine Begründung im zweiten Fall mehr verlangt als eine Begründung im ersten ersten Fall.

 

Zitat

Wenn das deine Philosophie ist, dann ist es eine blöde Philosophie.

 

Was an dieser "blöden" Philosophie ist denn etwas anderes als die Konstatierung von Tatsachen? Meine grundlegenden Behauptungen, um sie nochmals zusammenzufassen, wären diese:

 

1. Wenn ich sehe, dass X der Fall ist, kann ich meine Überzeugung, dass X der Fall ist, mit meiner Wahrnehmung von X begründen.

2. Wenn ich nicht sehe, dass X der Fall ist, kann ich meine Überzeugung, dass X der Fall ist, auch nicht mit meiner [dann ja nicht-existenten] Wahrnehmung von X begründen. (Sondern ich brauche dann eine andere Begründung.)

 

Woher nun meinst Du zu wissen, dass ich eine entsprechende Begründung nicht liefern könne?

Bisher sind wir in dieser Diskussion noch gar an dem Punkt angelangt, wie eine Rechtfertigung der Induktion/Gleichförmigkeit möglich ist, sondern wir diskutieren darüber, ob es nicht genügt, dass die Annahme der Gleichförmigkeit die beste Wette ist - und ob das nicht schon voraussetzt, dass man die Geltung der Gleichförmigkeit für plausibler hält als die nächstbeste Alternativ-Annahme.

Ich hatte allerdings schon kurz skizziert, wie eine Lösung aus meiner Sicht aussehen sollte. Auch hatte ich Texte verlinkt, die auf dem Weg zur Lösung schon einiges leisten - und wenn Interesse besteht und wir an diesen Punkt gelangen, sage ich auch gerne, was aus meiner Sicht noch fehlt und was noch dazukommen müsste.

 

Zitat

Opferst du eigentlich auch gelegentlich Jungfrauen, damit jeden Tag die Sonne wieder aufgeht? 

 

Noch einmal: Ich sage, dass es sich lohnt, genauer hinzusehen, warum unsere grundlegenden Überzeugungen berechtigt sind (wie etwa die, dass induktive Begründungen valide sind). Ist das wirklich dasselbe wie die Behauptung, dass unsere grundlegenden Überzeugungen falsch seien?

 

Wenn ich Dir 100 Euro gebe, hörst Du dann auf, mir einen Irrationalismus und Skeptizismus zu unterstellen, den ich noch nie vertreten und gefühlt hunderte male von mir gewiesen habe? Oder würde mich das 1.000 Euro kosten? Oder noch mehr? ;)

 

(Übrigens ist es nahezu sicher, dass das, was Du unter "Voraussetzungen" verstehst, etwas anderes bezeichnet als das, was ich meine. Ich meine die Gründe, die für etwas sprechen. In einem naturwissenschaftlichen Buch wären das also die Argumente, die aufgeführt werden, um den aktuellen Stand des Wissens zu begründen. Wüsste man, dass diese Gründe Irrtümer sind, würden sie normalerweise höchstens noch im historischen Teil des Lehrbruchs zu finden sein.

Womit wir beim nächsten Punkt wären: Gründe können sich natürlich auch als falsch herausstellen. Ohne sie allerdings hätte man es allein mit unbegründeten Behauptungen zu tun. Selbst bei einer Falsifikation muss man schließlich begründen werden, warum die falsifizierende These falsch sein soll - es genügt nicht, die Falschheit einfach zu behaupten.)

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vor 4 Stunden schrieb Marcellinus:

@iskanderDa dich das Theme "Induktion" so umtreibt, hier ein kleine Tipp: Google mal nach "Induktion". Da wirst du einerseits "vollständige Induktion" finden, ein Beweisverfahren der Mathematik, das aber dort auch nur für die natürlichen Zahlen gilt. Und dann findest du (sehr selten übrigens") auch "unvollständige Induktion", meistens auch nur "Induktion" genannt.

 

Die Induktion treibt mich nicht sonderlich um, sondern sie ist eines von mehreren Beispielen, die ich für philosophische Fragestellungen gegeben habe - und auf das sich die Diskussion nun konzentriert. :)

 

Wenn ich nach "Induktion" google, komme ich oft auf Begriffe wie etwa "elektromagnetische Induktion", die mit mit unserem Thema nichts zu tun haben. Google ich aber nach "Induktion" und "Methode", so finde ich zahlreiche Einträge zu Induktion im hier verwendeten Sinne. Mein erster Treffer führt mich zum "Methodenportal" der Uni Leipzig, wo ein Text mit dem Titel "Deduktion und Induktion" erscheint, in dem es heißt:

 

"Deduktion und Induktion sind zwei Grundmechanismen der wissenschaftlichen Erkenntnis."

 

Ich möchte zudem darauf hinweisen, dass eine semantische Frage für die eigentliche Sache keine Bedeutung hat. Der Sache nach hat man es im Alltag und in der Wissenschaft so oder so andauernd damit zu tun, dass (im dargelegten Sinne) von der Beobachtung auf dasjenige geschlossen wird, was jenseits der Beobachtung liegt.

 

Zitat

Das ist KEIN Beweisverfahren, sondern einfach nur ein anderer Begriff für Verallgemeinerung, selten richtig, meistens falsch. ;)

 

Was genau ist Deiner Meinung nach falsch?

 

Eine Verallgemeinerung auf Grundlage von Einzelfälle - bzw. der Schluss, der solch einer Verallgemeinerung zugrundeliegt - wird in vielen Fällen als valides Beweisverfahren betrachtet. So wird es in einem Lehrbuch zur Zoologie beispielsweise heißen: "Zebras haben so und so viele Wirbel" und nicht "Die bisher untersuchten Zebras hatten alle so und so viele Wirbel - wie viele Wirbel die unzähligen nicht untersuchten Zebras haben, davon haben wir leider keinen blassen Schimmer."

Würde jemand behaupten, dass zahlreiche Zebras der bekannten Arten mehr Wirbel haben als jene Zebras, die man untersucht hat hat, würde das nicht einfach als unbewiesene Hypothese, sondern als Unsinn betrachtet werden, der erwiesenermaßen falsch ist. Man erachtet hier eine allgemeine Aussagen wie "Zebras haben so und so viele Wirbel" als überzeugend bewiesen, obwohl man nur eine Reihe von Einzelfällen hat. (Wobei eine Allgemein-Aussage manchmal auch so verstanden wird, dass sie seltene abweichende Einzelfälle oder Anomalien nicht ausschließen muss.)

 

Und so ist es in unzähligen Fällen. Nimm das Beispiel, dass Kupfer Strom leitet. Das gilt als gut belegte Tatsache. Aber woher weiß man das? Hat man jedes einzelne Kupfer-Atom im Universum getestet? Gewiss nicht. Und wenn doch, so wüsste man ja doch nur, dass es zum Zeitpunkt des Tests leitfähig war. Auch hier schließt man vielmehr aus multiplen Einzel-Erfahrungen auf das Allgemeine. Die Einzelerfahrungen werden als Beweis für die allgemeine Behauptung, dass Kupfer Strom leitet, angeführt.

 

Und anders geht es wie gesagt auch nicht. Wenn ich ein Material zwischen Kupferdrähte, die mit einer Stromquelle verbunden sind, einklemme, und dann sehe, dass kein Strom fließt, schließe ich, dass das fragliche Material keinen Strom leitet. Das kann ich vernünftigerweise aber nur dann folgern, wenn ich weiß, dass meine Kupfer-Drähte Strom leiten. Andernfalls wäre der ganze Versuch hinfällig, denn es würde dann so oder so kein Strom fließen, egal ob das von mir untersuchte Material leitfähig ist oder nicht.

Woher aber weiß ich, dass meine Kupfer-Drähte Strom leiten? Ich weiß es, weil Kupfer generell Strom leitet. Und woher weiß ich dies wiederum? Weil die beobachteten Einzelfälle es beweisen!

 

Wäre eine "Verallgemeinerung" im hier intendierten Sinne - bzw. wäre der hinter einer solchen Verallgemeinerung stehende induktive Schluss - kein valides Beweisverfahren, käme die Wissenschaft nicht weit. ;)

 

(Ich bin an dieser Stelle auch leicht verwirrt. Manchmal klingt es für mich so, als würdest Du überhaupt kein Problem in induktiven/"verallgemeinernden" Schlüsse sehen, sondern sie einfach zur "Empirie" rechnen. Das andere mal klingt es so, als würdest Du solche Schlüsse überhaupt nicht als Beweise gelten lassen wollen.)

bearbeitet von iskander
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@KevinF

 

Ergänzend noch:

 

G (wie "Gleichförmigkeit") sei die These, dass die Zukunft fundamental der Vergangenheit gleichen wird.

 

X sei die These, dass die Zukunft von der Vergangenheit in einer ganz spezifischen, definierten Weise abweichen wird. (X würde also eine spezifische Möglichkeit unter wohl unendlich vielen denkbaren beschreiben.)

 

Betrachte diese Aussage:

 

"Wenn wir G annehmen, haben wir zumindest eine Chance - nämlich wenn G wahr ist. Wenn wir X annehmen [oder eine der unzähligen Alternativen], dann sind wir von vornherein verloren, weil die Chance, dass X wahr ist, verschwindend gering ist."

 

Wann ergibt diese Aussage Sinn? Offenbar dann, wenn eine Asymmetrie zwischen G und X besteht; und zwar eine Asymmetrie derart, dass es irgendeinen Grund gibt, G für wahrscheinlicher als X zu halten.

 

Wenn es absolut keinen solchen Grund gibt, dann müsste man doch vielmehr sagen:

 

"Ob man G oder X wählt ist, soweit wir das sagen können egal; es gibt keinen uns erkennbaren Grund zur Annahme, dass die eine Option eher eintreten wird als die andere."

 

Insofern scheint mir, dass Deine Argumentation auf der Annahme beruht, dass es doch irgendeinen Grund gibt, der es als plausibler erscheinen lässt, dass G zutrifft als dass X zutrifft.

(Anders wäre es eben beim Lotto, wo wir, wenn alles mit rechten Dingen zugeht, absolut keinen Grund zur Vermutung haben sollten, dass die zukünftige Ziehung der vergangenen gleichen wird.)

 

Wenn es aber einen Grund gibt, der nahelegt, dass die Zukunft der Vergangenheit entspricht, und das Unbeobachtete dem Beobachteten, dann scheint mir die Frage, worin genau dieser Grund besteht, nicht ganz uninteressant zu sein.

 

bearbeitet von iskander
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11 hours ago, iskander said:

G (wie "Gleichförmigkeit") sei die These, dass die Zukunft fundamental der Vergangenheit gleichen wird.

 

X sei die These, dass die Zukunft von der Vergangenheit in einer ganz spezifischen, definierten Weise abweichen wird. (X würde also eine spezifische Möglichkeit unter wohl unendlich vielen denkbaren beschreiben.)

 

Betrachte diese Aussage:

 

"Wenn wir G annehmen, haben wir zumindest eine Chance - nämlich wenn G wahr ist. Wenn wir X annehmen [oder eine der unzähligen Alternativen], dann sind wir von vornherein verloren, weil die Chance, dass X wahr ist, verschwindend gering ist."

 

Wann ergibt diese Aussage Sinn? Offenbar dann, wenn eine Asymmetrie zwischen G und X besteht; und zwar eine Asymmetrie derart, dass es irgendeinen Grund gibt, G für wahrscheinlicher als X zu halten.

 

 

G impliziert ein Auswahlverfahren, X ist hingegen eine auswählbare Vorhersage.
Es gibt zwei mögliche Auswahlverfahren: Eine Hypothese aus unendlich vielen logisch möglichen rein willkürlich wählen (W) oder sich dabei an empirischen Daten (D) orientieren.


Wenn G falsch ist, sind wir in allen Fällen verloren. Ist G wahr, sind wir mit W verloren und haben mit D eine Chance. Solange wir nicht sicher wissen, dass G falsch ist, D also die eindeutig richtige Entscheidung.

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vor 21 Stunden schrieb iskander:

Was würde ich antworten, wenn jemand mich fragt, woher ich weiß, dass ein Berg vor mir steht? Nun, ich würde antworten: "Ich weiß es, weil ich ihn deutlich vor mir sehe!" Die Begründung für meine Überzeugung, dass ein Berg vor mir steht, beruht also (zumindest ganz wesentlich) auf meiner Wahrnehmung des Berges.

 

Woher aber weiß ich, dass da auch noch morgen ein Berg stehen wird? Weil ich mit meinen eigenen Augen deutlich sehe, dass er morgen dort stehen wird?

Doch wohl kaum. Ich kann ja nur wahrnehmen, was hier und heute der Fall ist, und nicht, was morgen der Fall sein wird. Würde ich auf die Frage, woher ich weiß, dass morgen ein Berg dastehen wird, mit "Ich sehe, dass er dort stehen wird!" antworten, so wäre das Unsinn.

 

(Vermutlich wirst sogar Du mir soweit nicht widersprechen - oder doch? ;))

 

Das heißt aber doch: Für meine Überzeugung, dass auch morgen noch ein Berg dastehen wird, brauche ich eine andere, neue Rechtfertigung, die über die direkte Wahrnehmung hinausgeht! Ich kann die Überzeugung, dass auch morgen noch der Berg dastehen wird, nicht einfach mit einem "Ich sehe es!" begründen.

 

Und wie sieht diese neue Rechtfertigung aus? Nun, ich muss hier von der vergangenen Erfahrung auf die Zukunft schließen. Etwa so: "In der Vergangenheit war es bisher (fast) immer so, dass ein Berg, der an einem Tag dagestanden ist, auch am nächsten Tag noch dagestanden ist. Also wird auch der Berg, den ich heute vor mir sehe, höchstwahrscheinlich noch morgen vor mir stehen."

 

Oder hast Du eine bessere Idee für eine Begründung? ;) 

 

Sogar ich würde dir kaum widersprechen, wenn ich nicht deine vorherigen Posts im Kopf habe, man also damit rechnen muß, daß der Berg bei dir auch schon mal schnell durch einen Stuhl ersetzt wird. 

 

Ja, wir brauchen eine Rechtfertigung, die über unsere direkte Wahrnehmung hinausgeht. Die direkte Wahrnehmung sagt uns nur, daß wir das, was wir sehen, "Berg" nennen. Aber dieses Wissen beruht nicht etwa auf Konvention oder einem Irrtum, sondern auf den Erfahrungen von Generationen mit Bergen der unterschiedlichen Art. 

 

Das Entscheidende, und genau das, was du ständig ignorierst, ist die Tatsache, daß unser Wissen über die Welt auf generationenlangen Erfahrungen beruht. Wessen Familie schon länger in den Alpen lebt, hat natürlich andere als der, der wie ich in einer Gegend lebt, in der man Erhebungen von 53m als "Berg" bezeichnet. Daß ein Berg, oder ein Teil davon, morgen vielleicht nicht mehr da ist, ist auch eine dieser Erfahrungen. 

 

Du gehst bei deinen Beiträgen immer von einer einzelnen Person aus, die sich ohne Vorwissen einer Situation ausgesetzt sieht. Aber das ist nicht die Wirklichkeit, das ist nur die philosophische Fiktion. Im wirklichen Leben haben die Menschen Erfahrungen, die Generationen zurück reichen, mag ihnen das nun konkret bewußt sein, oder nicht. Was also die Eltern ihren Kindern erzählen, wenn die das Wort "Berg" benutzten, ist von diesen Erfahrungen geprägt, ist Wissen, das sich über Generationen bewährt hat. Das ist die einzige Begründung, die es braucht, und die einzige Rechtfertigung, die es gibt. 

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vor 20 Stunden schrieb iskander:

Nimm das Beispiel, dass Kupfer Strom leitet. Das gilt als gut belegte Tatsache. Aber woher weiß man das? Hat man jedes einzelne Kupfer-Atom im Universum getestet? Gewiss nicht.

 

Entschuldige, aber das ist Blödsinn. Was ist ein Kupfer-Atom? Ein chemisches Element mit einem bestimmten, genau definierten atomaren Aufbau. Und damit auch mit genau definierten Eigenschaften, die aus diesem Aufbau folgen. Solange etwas ein Kupfer-Atom ist, hat es auch die Eigenschaften eines Kupfer-Atoms. Was ist daran verwunderlich, begründungsbedürftig oder eine Verallgemeinerung?

 

Eine Verallgemeinerung wäre ein Schluß von einem chemischen Element auf ein oder mehrere andere. Das nennt man dann eine Theorie, und die gewinnt man aus den Einzelbeobachtungen nicht durch "Induktion", sondern durch wissenschaftliche Synthese. Das ist anspruchsvolle Arbeit, die der anschließenden Begründung aufgrund von Tatsachenbeobachtungen bedarf, und auf eine wirklich neue erfolgreiche Theorie kommen viele Hypothesen, die scheitern. 

 

Hier zeigt sich mal wieder, daß es ein Fehler ist, wenn eine Wissenstheorie, und so etwas versuchst du hier ja auszubreiten, nicht das theoretisch zu verarbeiten sucht, was bei der Entstehung von Wissen nachweislich passiert, sondern Behauptungen aufstellt, was bei der Entstehung von Wissen passieren SOLLTE, damit ein Philosoph zufrieden ist. ;)

 

bearbeitet von Marcellinus
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