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Fürwahrhalten in der Religion


KevinF

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vor 2 Stunden schrieb KevinF:

A priori nicht. A priori kannst Du immer sagen "Es könnte auch anders sein".

 

Das verschiedene Dinge der Fall sein können, bedeutet aber nicht, dass es alle gleichermaßen wahrscheinlich und plausibel sind. Es ist natürlich beispielsweise möglich, dass ich, wenn ich tausende Kilometer durch den Wald gehe, eine Hexagramm-Fugur beschreibe, und dass ich dabei bei Tausenden Kilometern Wanderung immer hundert Meter vom Waldrand weg bin, das aber nicht merke. (Der Wald müsste dann natürlich selbst diese Hexagramm-Form haben.) Allerdings ist es extrem unplausibel, dass ich zufällig gerade in solch einer Bewegung die Grenzen des Waldes ablaufe, ohne dass es einen wie auch immer gearteten Grund gibt. Es ist nicht unmöglich, aber doch ausgesprochen unwahrscheinlich. 

 

Wenn man sich in einem riesigen Gebiet befindet, ist die Wahrscheinlichkeit, gerade an der Grenze zu stehen, erst einmal sehr gering. Natürlich kann es uns verborgene Gründe geben, die dazu führen, dass wir uns an der Grenze befinden. Es kann aber auch verborgene Gründe geben, dass wir uns weit von der Grenze entfernt befinden. Sofern wir aber für beides keinerlei Anhaltspunkte besitzen, erscheint es als die mit Abstand naheliegendste Vermutung, dass wir uns weder ganz im Zentrum noch ganz an der äußersten Grenze befinden. 

 

vor 2 Stunden schrieb KevinF:

Was bringt uns nun dieses "Induktionsproblem", @iskander ?

 

Mir scheint es im besten Fall nutzlos zu sein für eine Orientierung in der Welt, im schlimmsten Fall hinderlich.

 

Es geht hier weniger um eine konkrete Orientierung als darum, dem Verständnis eines Rätsels näherzukommen. ;)

bearbeitet von iskander
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vor 2 Stunden schrieb KevinF:

Nature will always maintain her rights, and prevail in the end over any abstract reasoning whatsoever. Though we should conclude, for instance, as in the foregoing section, that, in all reasonings from experience, there is a step taken by the mind, which is not supported by any argument or process of the understanding; there is no danger, that these reasonings, on which almost all knowledge depends, will ever be affected by such a discovery. (E. 5.1.2)

 

Im Grunde sagt Hume da aber doch: Es ist so, dass die Induktion gilt, und es ist auch so, dass wir wissen, dass sie gilt - aber wir können nicht sagen, wie wir wissen können, dass sie gilt.

 

Ich stimme dem wie gesagt nicht zu, aber das würde doch in etwa auf folgenden Gedanken hinauslaufen: Beim induktiven Schließen liegt eine Art unmittelbare Intuition oder Einsicht vor, die man nicht weiter begründen kann noch zu begründen braucht und von der man dennoch weiß, dass sie trägt.

 

Wäre aber nicht selbst das - wenn es denn so wäre - eine Erkenntnis von Interesse, wenn man bedenkt, dass die Induktion wirklich eine der wichtigsten Erkenntnis-Methoden sowohl im Alltag wie in der Wissenschaft darstellt?

Man hätte verschiedene Optionen probiert (logische Begründung, empirische Begründung und andere) und gesehen, dass sie alle nicht funktionieren; und dass die Induktion als eine - wenn vielleicht auch etwas rätselhafte - "grundlegende" Form der Erkenntnis zu verstehen ist. Jemand, der sich mit dieser Fragestellung befasst, hätte dann ja doch etwas gelernt, was jemand, der noch nie etwas von induktiven Schlüssen gehört hat, unbekannt ist - und es wäre zumindest aus meiner Sicht nicht ganz uninteressant.

bearbeitet von iskander
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Zitat

 

Streich die Philosophie und die Probleme verschwinden ;)

 

 

Das gilt aber nun allerdings für jedes theoretische Gebiet: Streiche die Fragen - und die Suche nach den Antworten hat sich erledigt! ;)

 

Wenn ich die Welt einfach nehme wie sie ist und keine Fragen (ohne pragmatischen Nutzen) stelle, dann erübrigen sich alle Probleme, die sich aus der Suche nach einer Antwort ergeben würden. Wenn ich beispielsweise die großen Pyramiden einfach so hinnehme und nicht frage, wie die Menschen seinerzeit gebaut haben und bauen konnten (eine Frage, die m.W. bis heute nicht vollständig beantwortet ist), dann verschwindet eben das Problem, wie die Menschen die Pyramiden gebaut haben. Und alle Schwierigkeiten, die mit diesem Problem verbunden sind, verschwinden auch. 

 

Natürlich kann es dann immer noch sein, dass das Stellen und Beantworten mancher Fragen praktisch nützlich ist, etwa weil es uns erlaubt, technische Fortschritte zu realisieren, die unser Leben angenehmer machen. Aber das wäre dann alles; und alle Fragen, die nicht in diese Kategorien gehören, können einfach dadurch erledigt werden, dass man auf die Fragestellung verzichtet. Und das wären viele Fragen, und viele davon sind keine philosophischen.

 

Diese Herangehensweise ist absolut legitim. Niemand ist verpflichtet, sich für irgendetwas zu interessieren - jedenfalls sicher nicht für rein theoretische Fragestellungen.

 

Wenn es jemandem beispielsweise genügt, einfach im Alltag logisch zu denken, braucht derjenige sich nicht mit Logik zu befassen. Wenn es jemandem genügt, einfach zu sprechen und zu schreiben, dann muss derjenigen sich nicht mit Theorien der Grammatik herumquälen. Und wenn es jemandem reicht, dass wir in der Praxis induktiv schießen und das funktioniert (bisher funktioniert hat :evil:), dann mag er mit der Frage, ob diese Vorgehensweise rational begründet werden kann - und falls ja wie -, nichts anfangen können.

 

Was spricht auf der anderen Seite dagegen, dass man sich für solche Fragen interessiert? Ich für meinen Teil halte viele philosophische Fragen durchaus für interessant und relevant - und wollte dies an Beispielen plausibel machen. Aber wenn andere das anders empfinden, ist eine Diskussion dazu so wenig ergiebig wie jede andere Diskussion über subjektive Präferenzen. Ebenso würde ich sofort einräumen, dass beispielsweise eine Auseinandersetzung mit dem Induktions-Problem für die konkrete Orientierung in der Welt so wenig notwendig ist wie die Beantwortung vieler anderer theoretischer Fragen, die manche Leute intellektuell reizvoll finden und andere nicht.

 

Wie gesagt würde ich mit alledem d'accord gehen. Aber irgendwie scheinst Du, wenn ich Dich richtig verstehe, mehr behaupten zu wollen? Dass philosophische Fragen, indem man aufhört sie zu stellen, in einer Weise verschwinden, in welcher andere theoretische Fragen nicht verschwinden, wenn man aufhört, sich mit ihnen zu befassen?

 

Aber wieso sollte beispielsweise die Frage, ob wir begründen können, ob wir unser alltäglichen Vorgehen - etwa beim induktiven Schließen - rational begründen können (und ggf. wie), eher "verschwinden" als irgendeine beliebige nicht-philosophische theoretische Frage, wenn wir einfach aufhören, uns zu stellen?

 

(Und nebenbei "streichst" Du diese Frage, wenn ich Dich richtig verstehe, ja nun selbst nicht, sondern schließt Dich in der Sache der Antwort Humes an? Und Humes Antwort ist nun gewiss kein "Streichen" der Frage, sondern eine spezifische inhaltliche Stellungnahme zu ihr...)

 

bearbeitet von iskander
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15 hours ago, iskander said:

Das verschiedene Dinge der Fall sein können, bedeutet aber nicht, dass es alle gleichermaßen wahrscheinlich und plausibel sind.

 

Nur gibt es kein allgemein anerkanntes Verfahren um die hier gesuchte Wahrscheinlichkeit zu berechnen.
D.h. entweder Dir gelingt ein Durchbruch oder es läuft doch wieder auf eine philosophische Glaubensüberzeugung hinaus.

 

 

13 hours ago, iskander said:

Aber irgendwie scheinst Du, wenn ich Dich richtig verstehe, mehr behaupten zu wollen? Dass philosophische Fragen, indem man aufhört sie zu stellen, in einer Weise verschwinden, in welcher andere theoretische Fragen nicht verschwinden, wenn man aufhört, sich mit ihnen zu befassen?

 

Aber wieso sollte beispielsweise die Frage, ob wir begründen können, ob wir unser alltäglichen Vorgehen - etwa beim induktiven Schließen - rational begründen können (und ggf. wie), eher "verschwinden" als irgendeine beliebige nicht-philosophische theoretische Frage, wenn wir einfach aufhören, uns zu stellen?

 

(Und nebenbei "streichst" Du diese Frage, wenn ich Dich richtig verstehe, ja nun selbst nicht, sondern schließt Dich in der Sache der Antwort Humes an? Und Humes Antwort ist nun gewiss kein "Streichen" der Frage, sondern eine spezifische inhaltliche Stellungnahme zu ihr...)

 

Meine Position ist:
 
Induktive Schlüsse sind entweder grobe logische Fehler oder deduktive Schlüsse mit nicht explizit gemachten Prämissen oder Verallgemeinerungen in Form von falsifizierbaren Vermutungen auf Basis von empirischen Daten.
 
Verfahren zur Bildung dieser Vermutungen basieren hierbei auf der Prämisse, dass die Invarianzen in der Natur, die die Entwicklung des Universums, unser Überleben und den Erfolg der Wissenschaften ermöglichten, auch morgen noch Bestand haben werden.
 
Die Alternative zu dieser Prämisse wäre, den Kopf in den Sand zu stecken und aufzuhören zu leben.
 
Einigen Philosophen reicht dieser Pragmatismus nicht. Sie weisen in der Nachfolge von Hume darauf hin, dass die Prämisse philosophisch-erkenntnistheoretisch nicht begründbar zu sein scheint und versuchen dann, dieses angebliche Problem zu lösen.
Einigung erzielten sie dabei bislang nicht und es ist nicht zu erkennen, dass sich hieran in absehbarer Zeit etwas ändern wird.

 

 

bearbeitet von KevinF
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23 hours ago, iskander said:

Wenn beispielsweise jemand wetten würde, dass die Naturgesetze morgen anders sind, würden wir das doch alle als irrational betrachten

 

Natürlich.

 

Wenn ich mich nicht auf die Fundamente der Wirklichkeit, so wie wir sie kennen, verlassen kann, kann ich mich auf überhaupt nichts verlassen.

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vor 21 Stunden schrieb iskander:
Am 19.11.2024 um 21:32 schrieb Marcellinus:

@iskander

Mann, komm einfach auf den Punkt, und sag, was du sagen willst! 

 

Das sage ich doch die ganze Zeit in aller Deutlichkeit. Es geht mir nicht darum, in Zweifel zu ziehen, dass wir bestimmte Dinge wissen; ich meine nur, dass man in manchen Fällen durchaus fragen kann, woher wir wissen, was wir wissen. Ist das so schlimm? ;)

 

Zitat

Nur weil diese Welt strukturiert ist, konnten sich in ihr Sonnen, Galaxien, Planeten und sogar Leben entwickeln. All das braucht nämlich über unendlich lange Zeiträume stabile Strukturen.

 

Sicher. Aber damit ist die Frage noch nicht beantwortet, woher wir wissen, dass diese Strukturierung auch noch in der Zukunft existieren wird. Der Gedanke geht sicher in die richtige Richtung geht. Aber eine vollständige Antwort ist doch etwas komplizierter.

 

Nein, viel schlimmer, wir wissen nicht, ob die Strukturen unseres Universums auch morgen noch existieren, und damit ist die Frage beantwortet. Wir kennen im Moment nur kosmische Ereignisse, die einen eng begrenzten Teil unseres Universums treffen könnten, aber zB ein Neutronenblitz in unmittelbarer Nähe unseres Sonnensystems würde für die Erde und die Menschheit schon reichen. 

 

Wir können also festhalten, für die Vergangenheit und Gegenwart gilt, daß dieses Universum und das, was wir darin beobachten können, strukturiert ist. Nur deshalb war die Entwicklung von Leben überhaupt möglich. Für die Zukunft kennen wir zwar nichts, was diese Strukturen auflösen könnte, aber ausgeschlossen ist es nicht. Nur würde das zwangsläufig auch unser Ende sein, und damit entfällt die Notwendigkeit, sich darüber Gedanken zu machen. 

 

vor 21 Stunden schrieb iskander:
Zitat

Es ist noch viel schlimmer. Sie [Katzen]könnten sich nicht bewegen, ja es gäbe sie überhaupt nicht, wenn es in ihrem Körper nicht eine unendliche Zahl von chemischen Reaktionen gäbe, die seit den Jahrmillionen, die es Katzen gibt, immer wieder gleich ablaufen. Und zwar ohne, daß je ein Philosoph dafür die Genehmigung erteilt hätte. Völlig unbegreiflich, nicht wahr? ;)

 

Nun, Katzen können sich allerdings auch bewegen, ohne dass ein Zoologe die Genehmigung dazu erteilt hätte - und chemische Prozesse laufen auch ab, ohne dass sie vorher einen Chemiker gefragt hätten. ;)

 

Du Du stellst es gerne so hin, als würden die Philosophen meinen, dass sie unentbehrlich seien und kein Mensch sich im Alltag zurechtfinden oder gar Wissenschaft betreiben zu können, ohne sich vorher von Philosophen eine Lizenz abgeholt zu haben. Seltsamerweise ist mir nur kein einziger Philosoph bekannt, der solches je behauptet hätte.

 

 

vor 21 Stunden schrieb iskander:

Dennoch schreibst Du Dich gerne in einen heiligen Zorn, wenn Du an die geradezu atemberaubende Überheblichkeit der Philosophen denkst, zumal angesichts ihrer frappierenden Inkompetenz.

 

"Heiliger Zorn"? Hübsche Formulierung! 

 

vor 21 Stunden schrieb iskander:

Ich habe mich immer wieder gefragt, wie Du zu solchen Überzeugungen gelangst; denn mit Sachkenntnis haben sie - verzeih wenn ich das sage - wenig zu tun. Außer einem Hinweis auf Popper und ein paar wilde Behauptungen kam das bisher nicht viel.

Dann habe ich Elias' Credo eine Metaphysikers gelesen, wo in der Tat ähnliche Kritik anklingt. So heißt es bei ihm:

 

"Erneut  stößt  man  hier  auf  den  Sachverhalt, daß Philosophen nach der Stellung von Gesetzgebern trachten, ohne klar und explizit für die unerläßli­hen Sicherungen gegen die Möglichkeit von Will­kürurteilen  zu  sorgen.  Wie  in  anderen  Fällen  ist der Gesetzgeber, dessen legislative Befugnis allein auf  seinem Anspruch beruht, verdächtig. Sollte man nicht auch in bezug auf die Philosophen fra­gen: Quis custodiet custodes? Wer oder was schützt uns vor der Willkür der Gesetzeshüter? Wenn der Philosoph  für  sich  die  Kompetenz  eines  Richters über die Gültigkeit wissenschaftlicher Entdeckun­gen reklamiert, wer beurteilt dann die Gültigkeit der Machtsprüche des Philosophen, seiner Ablei­tungen und der Auswahl der Axiome, von denen sie abgeleitet sind? Wenn Tatsachenbelege dem Wissenschaftsphilosophen nicht als Gewähr der Sicherheit und als Kontrolle gegen Willkür dienen - denn damit würde er zum Wissenschaftler -, was ist dann die nachprüfbare Quelle der Sicherheit seiner Befunde?"

 

Würde ein Außerirdischer das lesen, der sonst wenig über unseren Planeten weiß, so müsste er zum Schluss gelangen, dass die Philosophie in eine ähnliche Rolle ausübt wie weiland die Heilige Inquisition - oder eine solche zumindest anstrebt. Die Philosophen haben, so müsste man meinen, wohl ein verbindliches Regelbuch veröffentlicht, in welchem steht, was Wissenschaftler tun dürfen und was nicht. Wer als Wissenschaftler seine Ergebnisse veröffentlichen will, würde man vermuten, muss sie zuerst einmal einem von Philosophen besetzten Wächter-Rat vorlegen, der über sie urteilt. Dabei nehmen die Philosophen offenbar willkürlich angenommene Axiome zum Maßstab, an denen sie die Resultate der Wissenschaft unsachgemäß beurteilen.

 

Es ist viel einfacher. Man muß sich klar machen, vor welcher Aufgabe Elias damals stand, und die Menschenwissenschaften bis heute stehen, nämlich aus einer Fülle von unterschiedlichen Sozialphilosophien eine theoretisch-empirische Wissenschaft zu machen, oder doch zumindest die Grundlagen dafür zu legen.

 

Was beobachten wir dagegen heute, Jahrzehnte nach Elias? Von Social Justice Warriors beherrschte Universitäten, die versuchen, die Geschichte unserer Gesellschaften nach ihren Wunschträumen umzuschreiben, und die Philosophie immer mitten drin, Wunsch und Wirklichkeit zu vermischen, sodaß man am Tag die Sonne und bei Nacht den Mond nicht mehr sieht. So viel übrigens zum Thema "Machtansprüche".

 

Auf die Diskussion um Popper und Elias gehe ich nicht weiter ein. Elias hast du nicht gelesen, und bei Popper weiß ich es nicht. Ich habe beide gelesen, Elias fast komplett, Popper in der Zeit meines Studiums im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwischen Kritischer Theorie und Kritischem Rationalismus im sogenannten "Positivismusstreit". Ich habe Popper immer geschätzt, wie viele anderen Philosophen auch, wegen ihrer analytischen Schärfe. Es war dann die Synthese, die die Schwäche der Philosophie ausmacht, was wir ja auch hier sehen. 

 

vor 21 Stunden schrieb iskander:

Und ja, die Frage, ob bzw. wieso induktive Schlüsse gültig sind, wird von der Philosophie nicht einfach als empirisch zu klärende Tatsachenfrage aufgefasst. Wer meint, sie empirisch beantworten zu können, der mag seine Erkenntnisse der Welt mitteilen. Nur hat das bisher niemand (mit Erfolg) getan, auch in unserer Diskussion nicht. Und auch Elias tut das nicht. Elias stellt fest, dass eine empirische Analyse höchstwahrscheinlich ergeben würde, dass die Wissenschaft faktisch die Induktion benutzt. Das ist auch ein wichtiger Umstand, der zu denken geben sollte. Die Frage, ob induktive Schlüsse faktisch benötigt werden - oder gar die, und ob und sie zu rechtfertigen sind -, ist damit allerdings noch nicht beantwortet.

 

Zum Thema "Induktion" haben sowohl @KevinF als auch ich einiges gesagt, aber es scheint wohl nicht angekommen zu sein. Ich habe langsam keine Lust mehr, mich endlos zu wiederholen, wenn du sogar meine Zitate mißverstehst. 

 

Ich hatte immer noch die Hoffnung, daß wir weiterkommen in der Unterscheidung zwischen Philosophie und Wissenschaft. Ich gebe zu, groß ist die Hoffnung nicht mehr. Allerdings hast du andererseits mehr Vorurteile über die Philosophie bestätigt, als ich je hatte. Ich denke, dafür habe ich zu danken. ;)

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vor 22 Stunden schrieb iskander:

Und speziell zum Thema "Machtansprüche" sei noch angemerkt, dass es nicht die Philosophie ist, die meint, der Sache nach die Soziologie ersetzen zu können. Es ist Elias, der offenkundig glaubt, die Philosophie könne durch die Soziologie ersetzt werden. Dabei sind die Fragestellungen doch ganz andere, und genau das wird eben wie ausgeführt gerade bei der Lektüre von Elias' Texten klar.

 

Nein, Elias ist nicht der Ansicht, die Soziologie könne oder solle die Philosophie ersetzen. Im Gegenteil teilt er hier deine Meinung. 

 

"Wenn schließlich die Menschen in einem bestimmten Wissenszweig in ihrem Denken das positive oder wissenschaftliche Stadium erreicht haben, geben sie es auf, nach absoluten Anfängen oder absoluten Zielen zu fragen, die zwar gefühlsmäßig  für sie selbst eine große Bedeutung haben, aber durch keine Beobachtungen zu belegen sind, und ihr Erkenntnisziel richtet sich nun darauf, herauszufinden, wie beobachtbare Ereignisse miteinander in Zusammenhang stehen."

(N. Elias, Was ist Soziologie?, S. 39)

 

Dies ist nur ein kurzer Ausschnitt. Religion wie Philosophie stellen ganz andere Fragen als die Wissenschaften. Und so wie die Naturwissenschaften nie die Religion ersetzen wollen oder können, höchstens deren Erklärungsaspekt obsolet gemacht haben, so wollen die Menschenwissenschaften auch nicht die Philosophie ersetzen, auch wenn sie auf ihre Art einige von deren Fragen beantworten können, wie man überhaupt sagen könnte, daß die einzigen, nachprüfbaren Antworten auf Fragen der Philosophie aus den Wissenschaften kommen. Was auch nicht verwundern sollte, ist die Philosophie doch erheblich älter als die Wissenschaften, und was Wissen betrifft, ist nun mal jünger (meistens) besser. 

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1 hour ago, Marcellinus said:

Nein, viel schlimmer, wir wissen nicht, ob die Strukturen unseres Universums auch morgen noch existieren, und damit ist die Frage beantwortet. Wir kennen im Moment nur kosmische Ereignisse, die einen eng begrenzten Teil unseres Universums treffen könnten, aber zB ein Neutronenblitz in unmittelbarer Nähe unseres Sonnensystems würde für die Erde und die Menschheit schon reichen. 

 

Wir können also festhalten, für die Vergangenheit und Gegenwart gilt, daß dieses Universum und das, was wir darin beobachten können, strukturiert ist. Nur deshalb war die Entwicklung von Leben überhaupt möglich. Für die Zukunft kennen wir zwar nichts, was diese Strukturen auflösen könnte, aber ausgeschlossen ist es nicht. Nur würde das zwangsläufig auch unser Ende sein, und damit entfällt die Notwendigkeit, sich darüber Gedanken zu machen. 

 

Sehe ich ganz ähnlich:

 

Wir können nicht wissen, ob die Naturgesetze morgen auch noch gelten.
 
Trotzdem gehe ich natürlich davon aus.
 
Denn wenn ich mich darauf nicht verlasse, dann kann ich mich auf gar nichts verlassen.
 
Und was sollte dann die Grundlage für mein Planen und Handeln sein?
 
@iskander scheint hingegen beweisen zu wollen, dass die Aussage, dass die Naturgesetze wahrscheinlich auch morgen noch gelten, objektiv wahr ist.
 
Ich denke nicht, dass dies gelingt, denn der Verweis auf Erfahrung wäre zirkulär und ich wüsste nicht, wie eine Begründung a priori funktionieren sollte.
Und dann wäre da auch noch das Münchhausen-Trilemma...

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vor 10 Stunden schrieb KevinF:

Nur gibt es kein allgemein anerkanntes Verfahren um die hier gesuchte Wahrscheinlichkeit zu berechnen.

 

Die Situation ist hier doch vergleichbar mit der folgenden: Man hat einen Strahl, der bei der Null beginnt und dann alle positiven reellen Zahlen erfasst. Wir wandern von der Null ausgehend diesen Strahl entlang und befinden uns jetzt, sagen wir mal, bei der zehn. Wir wissen nicht, ob der Strahl je enden wird, während wir uns immer weiter "in Richtung Unendlichkeit" bewegen - doch nehmen wir das im Sinne einer Fallunterscheidung an. Wir besitzen absolut kein Wissen darüber, ob der Strahl bei 10,1 oder bei 10 hoch 1.000 oder ganz woanders endet. Zwar kann es Gründe geben, die es wahrscheinlicher (oder sogar sicher machen), dass der Strahl an einer bestimmten Stelle endet - aber wir haben keinerlei Hinwiese dieser Art. In einer solchen Situation wäre es für uns nicht rational, davon auszugehen, dass der Strahl mit höherer Wahrscheinlichkeit an einer Stelle als an einer anderen endet. Die einzig vernünftige Vorgehensweise ist hier, alle Möglichkeiten als gleich wahrscheinlich zu betrachten. In diesem Fall ist es aber praktisch ausgeschlossen, dass der Strahl bei der 10,1 oder schon vorher endet.

 

Vielleicht kann man die Sache aber auch pessimistischer analysieren: Alles was wir kennen, vergeht früher oder später. Das gilt für Meere, Gebirge und sogar Sterne. Vielleicht mag man es so gesehen für plausibel halten, dass eben auch die Naturgesetze nicht mehr allzu lange existieren werden. Aber selbst, wenn wir annehmen, dass die Naturgesetze in ihrer jetzigen Form 99% ihrer Zeit hinter sich haben, blieben uns noch knapp 140 Mio. Jahre, wenn wir annehmen, dass die Naturgesetze seit Entstehung des Universums gelten und dass aktuelle Schätzungen, nach welchen das Universum 13,7 Mrd. Jahre als ist, verlässlich sind. 140 Mio. Jahre dürften zumindest für mittelfristige Planungen ausreichen. ;)

 

Zitat

Induktive Schlüsse sind entweder grobe logische Fehler oder deduktive Schlüsse mit nicht explizit gemachten Prämissen oder Verallgemeinerungen in Form von falsifizierbaren Vermutungen auf Basis von empirischen Daten.

 

Wenn es ein valides Argument für die Geltung der Induktion gibt, könnte man ja dieses als implizite Prämissen verstehen. Davon abgesehen aber die Frage, warum Du nur deduktive Schlüsse anerkennst und nicht die Möglichkeit in Betracht ziehst, dass induktive Schlüsse auch Schlüsse sind, wenn auch nur in einem analogen Sinne (in Relation zu deduktiven Schlüssen)? Die letztere Option (Vermutungen auf Basis von empirischen Daten), so meint Popper, ist genug - aber wie im Zusammenhang mit den Testverfahren angedeutet, ist das aus meiner Sicht nicht überzeugend. Es würde nämlich folgen, dass letztlich auch die Beobachtungssätze, mit denen man eine Theorie falsifizieren will, nur Vermutungen sind. Und dann bekommt man auch nur eine vermutete Falsifizierung. 
 

Zitat

Einigen Philosophen reicht dieser Pragmatismus nicht. Sie weisen in der Nachfolge von Hume darauf hin, dass die Prämisse philosophisch-erkenntnistheoretisch nicht begründbar zu sein scheint und versuchen dann, dieses angebliche Problem zu lösen.

 

Nun, eine ganz wesentliche These von Hume lautet hier ja, dass die Geltung der Induktion nicht begründbar sei und der Versuch, einen Beweis zu erbringen, nicht funktionieren könne. Das scheint mir Deiner Position doch sehr nahezukommen.

 

Was ist ein "Problem"? Eine praktische Schwierigkeit? Oder einfach eine theoretische Fragestellung, bei der die Antwort nicht auf der Hand liegt?

 

Man muss das Induktions-Problem nicht als praktisches Lebens-Problem betrachten (und sollte das auch nicht tun). Wenn man den Ausdruck "Problem" aber einfach im Sinne vom "nicht leicht zu beantwortende theoretische Fragestellung" verwendet, dann ist die Frage, ob die Induktion begründbar ist oder nicht (und ggf. wie), aber fast schon "ex definitione" ein "Problem" in diesem harmlosen Sinne.

 

Und es spricht ja auch nichts dagegen, dass man die Frage stellt, oder? Du selbst stellst sie ja ebenfalls - und beantwortest sie. Und zwar ziemlich ähnlich wie Hume (und auch Popper), wenn ich das richtig sehe. ;)

 

Zitat

Einigung erzielten sie dabei bislang nicht und es ist nicht zu erkennen, dass sich hieran in absehbarer Zeit etwas ändern wird.

 

Das ist richtig - aber es gibt auch keine Einigkeit dazu, dass eine Position, wie Du bzw. Hume sie vertritt, die richtige ist. (Hier stellt sich dann erneut die Frage, ob ein "wir können keine Lösung finden" a priori die beste Antwort sein muss, wenn sowohl die Frage, ob wir eine Lösung finden können ebenso kontrovers ist wie konkrete Lösungsvorschläge es sind.)

 

Dessen ungeachtet: Wenn Du die gleiche Frage stellst wie Philosophen und auf sie die gleiche inhaltliche Antwort gibst wie manche Philosophen, und zwar mit den gleichen Argumenten - ist das dann wirklich etwas fundamental anders als Philosophie? ;) Auch skeptische und agnostische Antworten auf philosophische Fragen, soweit diese Antworten auf Reflexion und Argumenten beruhen, werden üblicherweise zur Philosophie gezählt. Andernfalls dürfte man etwa Hume - der ja nicht nur an dieser Stelle skeptisch ist - nicht mehr als Philosophen bezeichnen...

 

Zitat

Und dann wäre da auch noch das Münchhausen-Trilemma...

 

Ein interessantes Stichwort. Dazu habe ich mich ziemlich ausführlich ausgelassen:

https://www.mykath.de/topic/36085-logik-argumente-beweise-und-wissenschaft/?do=findComment&comment=2546460

 

Einer meiner Punkte neben einer kritischen Diskussion des Trilemmas selbst lautet, dass der Falsifikationismus keine Lösung bietet.

 

Zitat

 

Für mich war die Diskussion bislang übrigens ein Gewinn @iskander

 

Ich hoffe, für Dich war es nicht völlig frustrierend.

 

 

Durchaus nicht - auch ich finde die Diskussion interessant. ;)

bearbeitet von iskander
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@KevinF

 

Vielleicht darf ich Dir einige Fragen stellen, die Du mit ja/nein oder natürlich auch mit zusätzlichen Anmerkungen beantworten kannst. (Um wirklich sicher zu sein und der Klarheit wegen frage ich auch noch einmal kurz nach, wo ich meine, Deine Position zu kennen.) Stimmst Du den folgenden Aussagen zu oder nicht?

 

1. Wir wissen (mit erheblicher Sicherheit), dass die Welt morgen höchstwahrscheinlich prinzipiell noch so aussehen wird wie bisher (Gleichförmigkeit).

 

Falls ja:

 

1 a. Wir haben zwar kein Argument für 1., aber wir wissen dennoch mit hoher Sicherheit, dass 1. wahr ist.

 

2. Wir wissen nicht, dass es wahrscheinlich ist, dass die Gleichförmigkeit gilt - aber es ist für uns pragmatisch das sinnvollste, uns so zu verhalten, als wäre diese Gleichförmigkeit gegeben (etwa wenn wir Planungen anstellen).

 

3. Wir wissen, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass die Gleichförmigkeit wahrscheinlicher ist als die Option, dass die Welt sich morgen in der spezifischen Weise X ändert (wobei X eine beliebige aus unendlich vielen Möglichkeiten ist).

 

4. Wir wissen nicht, dass die Gleichförmigkeit wahrscheinlicher ist als X - aber es ist für uns pragmatisch das sinnvollste, uns so zu verhalten, als wäre diese Gleichförmigkeit gegeben (etwa wenn wir Planungen anstellen).

 

Wenn mit keiner dieser Aussagen Deine Position angemessen beschrieben ist, kannst Du vielleicht nochmals kurz etwas dazu sagen.  

 

Und nochmals zu etwas anderem; ich hatte ja geschrieben:

 

"Das ist richtig - aber es gibt auch keine Einigkeit dazu, dass eine Position, wie Du bzw. Hume sie vertritt, die richtige ist. (Hier stellt sich dann erneut die Frage, ob ein "wir können keine Lösung finden" a priori die beste Antwort sein muss, wenn sowohl die Frage, ob wir eine Lösung finden können ebenso kontrovers ist wie konkrete Lösungsvorschläge es sind.)"

 

Wenn ein Drittel aller Astrophysiker sagen würde, dass wir sehr gute Gründe für die Annahme haben, dass die Atmosphäre de Exoplaneten E viel Sauerstoff enthält (Position 1), ein weiteres Drittel, dass wir sehr gute Gründe für die Annahme haben, dass sie in keinem nennenswerten Maße Sauerstoff enthält (Position 2) und ein weiteres Drittel sagt, dass wir weder gute Gründe für die erste noch für die zweite Position haben (Position 3), so wüsste ich nicht, was ich glauben sollte. Vielleicht hätte ich eine leichte Tendenz, die dritte Position für richtig zu halten, weil sie irgendwie in der Mitte liegt. Allerdings ist "der Schluss der goldenen Mitte" ja ein Fehlschluss, und ich wüsste nicht, wie ich im vorliegenden Fall als jemand, der sich nicht selbst kundig gemacht hat, zu einem Urteil gelangen könnte, welches mehr ist als ein Raten. So würde ich mich keiner der inhaltlichen Positionen 1-3 anschließen und würde für mich zum Ergebnis kommen, dass ich nicht weiß, welche der drei Positionen die richtige ist, und dass die Dinge an dieser stelle wohl verwickelt sein müssen.

bearbeitet von iskander
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@Marcellinus

 

Zitat

"Heiliger Zorn"? Hübsche Formulierung! 

 

Warum hässlich, wenn es auch hübsch geht? ;)

 

Zitat

Nein, viel schlimmer, wir wissen nicht, ob die Strukturen unseres Universums auch morgen noch existieren, und damit ist die Frage beantwortet. Wir kennen im Moment nur kosmische Ereignisse, die einen eng begrenzten Teil unseres Universums treffen könnten, aber zB ein Neutronenblitz in unmittelbarer Nähe unseres Sonnensystems würde für die Erde und die Menschheit schon reichen.

 

Sicher - es geht hier aber um die Frage, ob es zumindest wahrscheinlich ist, dass das Universum grundsätzlich auch noch morgen so funktioniert wie heute, mit den gleichen Naturgesetzen usw. ("Gleichförmigkeit der Natur"). (Oder aus meiner persönlichen Sicht eher: Warum wir das wissen können - denn daran, dass wir es wissen können, zweifle ich persönlich nicht.)

 

Die Gefahr von Gamma-Blitzen ist zum Glück übrigens wohl sehr gering, weil die Kandidaten, die das Potential hätten, Gamma-Blitze auszulösen, welche uns gefährlich zu werden, offenbar zu weit weg sind (aber da weiß Kevin im Zweifelsfall sicher mehr als ich).

 

Zitat

Zum Thema "Induktion" haben sowohl @KevinF als auch ich einiges gesagt, aber es scheint wohl nicht angekommen zu sein. Ich habe langsam keine Lust mehr, mich endlos zu wiederholen, wenn du sogar meine Zitate mißverstehst. 

 

Ich weiß nicht, welche Zitate ich missverstehe, aber wenn Du beispielsweise sagst, dass nichts daran verwunderlich sei, dass Kupfer die Eigenschaften von Kupfer hat, dann kommen mir Zweifel, ob Du wirklich die Fragestellung vor Augen hast, um die es mir geht. ;)

 

Um es nochmals zu wiederholen:

 

- Wir schließen ständig von der Vergangenheit auf die Zukunft (auf deren wahrscheinlichen Verlauf); und wir schließen ständig daraus, dass alle uns bekannten X die Eigenschaft E haben, dass wahrscheinlich alle (oder fast alle X) die Eigenschaft E haben. (Ja, das ist etwas vereinfacht dargestellt). Daraus etwa, dass sowohl wir selbst wie auch unzählige andere Leute bisher die Erfahrung gemacht haben, dass Brot nahrhaft ist, schließen wir, dass Brot im allgemeinen nahrhaft ist.

- Anders als im Fall der direkten Beobachtung ("ich sehe vor mir einen Baum stehen") kann ich diese Art des Erkennens aber nicht damit begründen, dass ich die Sache, um die es geht, wahrnehme; denn ich spreche hier ja über etwas, was ich (noch) nicht wahrnehme.

- Wie begründen wir solche Schlüsse dann? Der Schluss von der bisherigen Erfahrung auf die Zukunft - um bei dieser Art der Induktion zu bleiben - setzt die Annahme voraus, dass die Zukunft der Vergangenheit fundamental ähnelt.

- Wir können diese "Annahme" von der Ähnlichkeit von Vergangenheit und Zukunft aber nicht mit der vergangenen Erfahrung begründen, ohne sie bereits vorauszusetzen; und daher stellt sich die Frage, ob und ggf. wie wir sie dann begründen können.

- Es macht hier auch keinen Unterschied, ob ich hier nur von meiner persönlichen Erfahrung oder von der Erfahrung der ganzen Menschheit ausgehen; denn die Frage, wie es überhaupt zu begründen ist, über die Erfahrung hinauszugehen, bleibt die gleiche.

 

(@KevinF ist, wenn ich ihn richtig verstehe, der Ansicht, dass eine Begründung nicht möglich ist und nur pragmatische Erwägungen dafür sprechen, dass wir uns in unserem Handeln an ihr orientieren. Allerdings stellt sich die Frage, ob man dann noch sagen kann: "Wir wissen (mit einem hohen Grad an Sicherheit), dass morgen die Sonne aufgeht." Meine eigene Position hingegen lautet, dass eine Begründung möglich ist.)

 

Hast Du dazu etwas gesagt, was ich ignoriert habe?

 

Ob Deine Position der von Kevin ähnelt, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, und ich will auch seinen Antworten auf meine Fragen aus meinem letzten Beitrag nicht vorgreifen; aber es erscheint mir als fraglich. Seine Position ist wie gesagt sehr pragmatisch und bescheiden, wenn ich sie richtig verstehe. Bei Dir hingegen habe ich zumindest aus der bisherigen Diskussion den Eindruck, dass Du dann, wenn etwas in der Vergangenheit einwandfrei widerlegt wurde, davon ausgehst, dass die Widerlegung auch noch in Zukunft gelten wird - was eben voraussetzen würde, dass wir mit einem hohen Sicherheit wissen, dass im Sinne des Prinzips der Gleichförmigkeit die Welt von morgen der Welt von heute fundamental ähneln wird (gleiche Naturgesetze usw.).

 

Zitat

Nein, Elias ist nicht der Ansicht, die Soziologie könne oder solle die Philosophie ersetzen. Im Gegenteil teilt er hier deine Meinung.

 

Das kommt vielleicht darauf an, was man unter "ersetzen" versteht. Dass Elias nicht behaupten will, dass die Soziologie vorgehen solle wie bisher die Philosophie, ist klar.

 

Ich müsste die Zitate jetzt in aller Ruhe heraussuchen, aber seine Argumentation läuft erstens darauf hinaus, dass die Soziologie die einzige sinnvolle Meta-Wissenschaft (bzw. "Wissenschaft der Wissenschaften") ist und zweitens darauf, dass die Soziologie Probleme löst, die man bisher zur philosophischen Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie gerechnet hatte. Das wird beispielsweise beim Thema "Induktion" deutlich, wo laut Elias die Philosophen das tatsächliche Vorgehen der Wissenschaft ignorieren und Popper die Induktion aus apriorischen Erwägungen "verwirft" - während eine sinnvolle Untersuchung, wie Soziologen sie anstellen sollten, sehr wahrscheinlich zum Ergebnis käme, dass die Induktion angewandt wird. Zudem gibt Elias soziologische Antworten auf philosophische Fragen, wie etwa Hume und Kant sie gestellt haben (in "Wissenschaft oder Wissenschaften").

Außerdem meint er, dass Soziologen aufgrund der wahrgenommenen Autorität der Philosophen bisher darauf verzichtet hätten, sich in dem Maße mit Wissenschaft auseinanderzusetzen, wie es eigentlich angemessen wäre - und das setzt ja offenbar voraus, dass es es hier um die gleichen oder um ähnliche Gesichtspunkte geht, und nicht um komplett andere Fragen.

 

Zitat

Auf die Diskussion um Popper und Elias gehe ich nicht weiter ein. Elias hast du nicht gelesen, und bei Popper weiß ich es nicht. Ich habe beide gelesen, Elias fast komplett, Popper in der Zeit meines Studiums im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwischen Kritischer Theorie und Kritischem Rationalismus im sogenannten "Positivismusstreit".


Popper habe ich gelesen (auch wenn es jetzt auch schon wieder ziemlich her ist) - von Elias nur seine beiden von mir erwähnten Artikel, die allerdings ausführlich und klar sind und für sich sprechenden. Dass nun die Lektüre des Rests seines Werks ergeben würde, dass er etwas ganz anderes meint als das, was er prima facie in seinen ausführlichen Artikeln zu schreiben scheint, ist doch etwas fernliegend.

Dass Elias der Philosophie also beispielsweise exzessive "Machtansprüche" vorwirft, erscheint auch dann als offensichtlich, wenn man nur das von ihm gelesen hat, was ich gelesen habe. Dass seine einzige "Begründung" lautet, dass Philosophen sich nicht kümmern würden, wie die Wissenschaft tatsächlich vorgeht, sondern erklären, wie sie nach Meinung der Philosophen vorgehen solle, und dass sein Beispiel Poppers Ablehnung der Induktion ist: das ist ebenfalls leicht erkennbar.

 

Zitat

Ich hatte immer noch die Hoffnung, daß wir weiterkommen in der Unterscheidung zwischen Philosophie und Wissenschaft. Ich gebe zu, groß ist die Hoffnung nicht mehr. Allerdings hast du andererseits mehr Vorurteile über die Philosophie bestätigt, als ich je hatte. Ich denke, dafür habe ich zu danken.

 

 

Siehst Du, so unterscheiden sich die Perspektiven. ;)

 

Aus meiner Sicht besteht das Problem darin, dass eben Dein gesamtes Bild der Philosophie - bitte nimm es mir nicht übel - ein einziges Vorurteil und Missverständnis ist. ;) Und dass Du auch nicht bereit bist, neue Informationen aufzunehmen. Wenn ich etwas ausführe oder auch seriöse Texte verlinke, dann wird das ignoriert. Es kommt dann kein Feedback - auch kein kritisches.

Beispielsweise suggerierst Du gerne, dass die Philosophie im Prinzip die gleichen Fragen beantworten möchte wie die empirischen Wissenschaften, nur eben ohne sich um die empirischen Daten zu kümmern. Ich hatte Dir unter anderem einen Artikel verlinkt, in welchem ausführlich typische Fragestellungen, die in einem wichtigen Gebiet Philosophie der Wissenschaften erörtert werden, dargestellt werden. Solche Fragen würden etwa lauten: "Was sind Dispositions-Eigenschaften?" "In welchem Verhältnis stehen kontrafaktische Konditionalsätze und Kausalität?". Das sind Fragen, die offensichtlich auf einer ganz anderen Ebene liegen als empirisch-wissenschaftliche Fragestellungen und auch mit deren Methoden nicht beantwortet werden können.

 

Bei Elias findet sich das gleiche Missverständnis. So schreibt er im "Credo" etwa dies:

 

"Im  17.  und  18.  Jahrhundert,  als die  Wissen­schaft noch relativ jung war und über ihre Eigen­art, Organisation und Funktion eine weit geringere Klarheit  herrschte als heute,  hatten  Philosophen, wenn  sie  die  riesigen  Lücken im Verständnis der Natur  wissenschaftlicher  Erkenntnis  füllten,  eine wirkliche  Funktion.  Heute  dagegen  steht  für  die Untersuchung  dieses  Problemfeldes  ein  im  Ver­gleich  zu  damals  immenses  empirisches  Material zur  Verfügung.  Wenn  Forscher  immer  noch  in einer  überwiegend  spekulativen,  metaphysischen Weise verfahren, so geht das nur bei vorsätzlicher Vernachlässigung der verfügbaren Tatsachen."

 

Elias bezieht sich hier insbesondere auch darauf, dass die Wissenschaftsphilosophie die faktischen Wissenschaften ignorieren würde, wobei sein Beleg eben Poppers Ablehnung der Induktion ist.

Natürlich ist die Frage, ob die Wissenschaften faktisch induktiv vorgehen, eine rein empirische Frage. Würde jemand tatsächlich eine solche Frage beantworten wollen, ohne sich die Empirie anzusehen, wäre das natürlich absurd. Und genau diese Frage, nämlich ob die Wissenschaften de facto die Induktion nutzen, ist jedenfalls in den beiden Texten, auf die ich mich beziehe, die einzige Frage, die Elias diesbezüglich stellt. Popper hingegen fragt (unter anderem), ob die Wissenschaften auf die Gültigkeit induktiver Schlüsse angewiesen sind oder nicht. Und das ist eine wesentlich andere Frage. Elias schreibt im Credo:

 

"Für einen Soziolo­gen, der sich mit den Wissenschaften befaßt, wäre es eine durchaus lösbare und in der Tat eine not­wendige Aufgabe zu bestimmen, ob zum Beispiel die physikalischen Wissenschaften induktiv oder deduktiv verfahren. Wenn eine solche Untersu­chung durchgeführt würde, käme man aller Wahr­scheinlichkeit nach zu dem Ergebnis, daß de facto beide Operationen eine Rolle spielen und im Lauf eines wissenschaftlichen Prozesses nicht voneinan­der zu trennen sind. Popper hingegen, wenn ich ihn recht verstehe, geht es nicht um die Frage, wie Wissenschaftler tatsächlich verfahren, sondern dar­um, wie sie verfahren sollen."

 

Elias antwortet hier also auf Poppers Frage "Benötigen die Wissenschaften die Induktion?" mit dem Hinweis, dass eine empirische Untersuchung sehr wahrscheinlich zeigen würde, dass die Wissenschaften faktisch die Induktion benutzen. Natürlich ist das ein wichtiger Aspekt, aber dennoch geht diese Art von Antwort an der Frage vorbei. Es mag nicht übermäßig wahrscheinlich sein, aber es wäre beispielsweise (zumindest auf den ersten Blick) möglich, dass die Wissenschaften zwar faktisch induktive Schlüsse anwenden, um bestimmte Thesen als "Erkenntnisse" zu rechtfertigen, dass sie die "Induktion" aber eigentlich nur zur Generierung von Hypothesen ohne Erkenntnisanspruch bräuchten. Immerhin scheinen viele Wissenschaftler das selbst so zu sehen. Zudem würde man ja selbst dann, wenn feststeht, dass die Wissenschaften die Induktion zur Rechtfertigung von Wissen benötigen, gerne erfahren, warum sie sie benötigen.

 

Ob die Wissenschaften die Geltung induktiver Schlüsse voraussetzen müssen (und ggf. warum) ist nun aber keine empirische Frage in dem Sinne, dass man sie durch "Hinsehen" oder "experimentelle Prüfung" beantworten könnte. Natürlich kann man diese Frage aber auch nicht durch "Fantasie" und "Spekulation" beantworten, sondern was man hier braucht ist eine Analyse und Reflexion, die natürlich auf die infragestehende "Wirklichkeit" bezogen ist.

So hatte ich ja beispielsweise argumentiert, dass man die Induktion benötigt, da man sie braucht, um sicherstellen zu können, dass Test-Verfahren valide sind, und weil es ohne valide Testverfahren keine Wissenshaft geben kann. Am konkreten Beispiel:

 

"Wir wissen deshalb, dass der Lackmus-Test hier und heute durch seine rötliche Verfärbung eine Säure anzeigt und somit die These, dass die Substanz X pH-neutral ist, zuverlässig falsifiziert, da wir aus der vergangenen Erfahrung wissen, dass Lackmus bisher stets zuverlässig Säuren angezeigt hat; und weil wir uns sicher sein können, dass wir von der vergangenen Erfahrung mit Lackmus auf seine gegenwärtigen Eigenschaften schließen können."

 

(Falls Du das bezweifelst: Wie sollte es Deiner Meinung nach ohne diese Annahmen funktionieren?)

 

Hier geht es auch nicht um chemische Fachfragen - ein Chemiker kann die Frage, ob ein chemischer Test valide sein muss, damit man mit ihm eine chemische Hypothese falsifizieren kann, nicht kompetenter beantworten als Du und ich. (Der Chemiker würde allerdings womöglich geltend machen, dass die Eigenschaften des Lackmus auch theoretisch ableitbar sind. Aber damit die hinter dieser Ableitung stehende Theorie die Validität des Tests tatsächlich verbürgen soll, darf sie keine bloße "noch nicht falsifizierte" Hypothese sein, sondern muss "Wissen" darstellen. Und das tut sie wiederum nur, wenn induktive Schlüsse gültig sind.)

 

Wir abstrahieren bei unseren Überlegungen ja völlig von den konkreten Erscheinungsformen der empirischen Wissenschaften; das Beispiel dient ja allein der Veranschaulichung. Wir zielen hier auf "sachlogische" Zusammenhänge ab, die für Testverfahren ganz allgemein gelten, egal um welche Einzelwissenschaft es auch immer gehen mag. Hier hat man es mit einer anderen Art der Fragestellung als in der Einzelwissenschaft zu tun und benötigt auch eine andere Art der Herangehensweise. Es geht etwa im konkreten Fall um eine Reflexion auf die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Wissenschaft überhaupt in der Lage ist, Erkenntnisse zu generieren.

Die Dichotomie zwischen "ist empirisch prüfbar" im Sinne des Experiments auf der einen Seite und einer "wird behauptet ohne Bezug zu den Tatsachen" auf der anderen Seite ist schlichtweg nicht sinnvoll.

 

Elias' Vorgehensweise läuft darauf hinaus, allein die empirische Frage zu stellen, ob die Wissenschaften de facto induktiv arbeiten und die Frage, ob und ggf. warum sie die Induktion benötigen, ohne wirkliche Begründung zurückzuweisen.

Und ich bin mir bei ihm auch nicht ganz sicher - aber da müsste ich dann nochmals gründlich nachlesen und wohl auch andere Texte lesen - ob er und Popper über dieselbe Sache sprechen. So heißt es im Credo etwa auch:

 

"Nur wenn man einzelne Individuen als Wissenssubjekte - als die Urheber neuer Entdeckungen - von dem genera­tionenlangen Prozeß wissenschaftlicher Bemühun­gen, dessen Teil sie bilden, isoliert, können De­duktion und Induktion oder, in modernerer Termi­nologie, empirische und theoretische Fortschritte als exklusive Alternativen erscheinen, von denen eine allein als das primäre und vorherrschende Verfahren der Wissenschaften zu betrachten ist."

 

Gegen "empirische und theoretische" Fortschritte hatte allerdings auch Popper nichts einzuwenden. Was er für unergründbar und unnötig hielt waren induktive Schlüsse.

 

Fast Deine gesamte Meinung zur Philosophie scheint auf der Darstellung von Elias zu basieren. Es fehlt bei Dir jedoch - bitte verüble mir die Bemerkung nicht - die notwendige Sachkenntnis und somit auch das notwendige Verständnis, um Elias Ausführungen kritisch rezipieren zu können. Leider scheinst Du seine Thesen einfach im guten Glauben zu übernehmen.

Auch Deine Ablehnung der Logik im Zusammenhang mit der Philosophie scheint mir von Elias herzurühren. Dieser wirft Popper ja einen Apriorismus vor, der bei diesem unter dem Stichwort "Logik" firmiere. Ich zitiere aus "Wissenschaft oder Wissenschaften":

 

"Die Schwierigkeit dieser Debatte beruht also nicht zuletzt darauf, daß die Wortführer der philosophischen Wissenschaftstheorie sich selbst nicht als Wissenschaftler verstehen, als Forscher, deren Theorien empirischen Tests unterworfen sind. Wenn man sich fragt, wie sie ihre Theorie Vorschläge legitimieren, dann findet man zunächst einmal, daß sie sich auf eine Autorität berufen, nämlich auf die Autorität Poppers. Dessen Dikta werden gläubig hingenommen. Wenn man weiterfragt, wie denn diese Autorität ihre Wissenschaftstheorie legitimiere, da auch sie offenbar die Überprüfung der vorgetragenen Theorie der Wissenschaft im Lichte des tatsächlichen Verlaufs der wissenschaftlichen Forschungsarbeit als unnötig betrachtet, dann wird man darauf verwiesen, daß es sich hier nicht etwa um eine Wissenschaft von der Wissenschaft, sondern um eine Metawissenschaft handle. Begnügt man sich auch damit nicht und fragt weiter, wie sich denn eine solche Metawissenschaft von der Wissenschaft gegen die Gefahr willkürlicher Spekulation absichere, dann findet man, daß dies durch den Gebrauch bestimmter wiederkehrender Stichworte geschieht, die, so scheint es, als etwas
Letztliches verstanden werden, dessen Erwähnung allen weiteren Fragen den Mund schließt. So sagt ein Wortführer dieser Metawissenschaft zum Beispiel, es verhalte sich so „aus logischen Gründen“, und glaubt offenbar damit schon bewiesen zu haben, daß es sich so verhält. Was das für logische Gründe sind, braucht man dem Leser gar nicht
mehr zu sagen. Schon der Titel des Buches, um das es hier geht, weist in diese Richtung. Es heißt ganz schlicht „Die Logik der Forschung“ (Popper 1984). Wenn man diese Logik kennt, so scheint es, dann braucht man sich nicht mehr darum zu kümmern, wie die Vertreter der verschiedenen Wissenschaften tatsächlich bei ihren Forschungen Vorgehen. Die Logik erscheint als letzte Instanz. Wenn man ein wenig mit der Philosophiegeschichte vertraut ist, wird man vielleicht erkennen, daß die Logik, auf
die man sich derart im Popperschen Kreise beruft, nicht etwa der in seiner Art höchst fruchtbare Wissenschaftszweig der formalen Logik ist. Diese Logik beschäftigt sich, wie ich in meinem Artikel über Poppers Logik der Forschung (Elias 1985) zu zeigen versuchte, mit Symbolen reiner Beziehungen. Aber Wissenschaften als Objekte der Forschung sind ganz gewiß keine reinen, also unbenannten Beziehungen. Sie sind von anderer Art als die Objekte der Mathematik oder der formalen Logik.
2. Die Bedeutung des Ausdrucks „Logik“ im Popperschen Gebrauch dieses Wortes, also etwa in dem Titel „Logik der Forschung“, der ja den Kern der Lehre ankündigt, wird nur dann verständlich, wenn man gewahr wird, daß es sich hier um einen späten Nachfahren des Kantschen Apriori handelt. Im Argumentiersystem des Popperkreises nimmt der Ausdruck „Logik“ die Stelle ein, die bei einigen früheren Vertretern der Transzendentalphilosophie Ausdrücke wie „Vernunft“ oder „Verstand“ einnahmen."

 

(Die "logischen Gründe", die angeblich nicht genannt werden, bestehen vermutlich darin, dass die Induktion kein gültiger Schluss (im deduktiven Sinne) ist, und dass es logisch immer möglich ist, dass das, was jenseits der Erfahrung liegt, nicht der bisherigen Erfahrung entspricht. Allerdings ist es in der Tat voreilig, daraus zu schließen, dass es keine rationale Begründung für die Induktion gebe.)

 

Der Ausdruck "Logik" ist nun in der Tat mehrdeutig:

 

"Im Deutschen wird das Wort „Logik“ im 19. Jahrhundert vielfach (etwa bei Immanuel Kant oder Georg Wilhelm Friedrich Hegel) auch im Sinne einer Erkenntnistheorie, Ontologie oder einer allgemeinen Dialektik verwendet. Die Logik im modernen Sinne wurde auf der anderen Seite häufig anders bezeichnet, etwa als Analytik, Dialektik oder Logistik. Auch heute noch sind z. B. in der Soziologie Formulierungen wie Logik des Handelns[3] oder der Literaturwissenschaft wie Logik der Dichtung[4] u. Ä. verbreitet, bei denen unter „Logik“ keine Theorie des Folgerns verstanden wird, sondern eine Lehre allgemeiner „Gesetze“ oder Verfahrensweisen, die in einem bestimmten Bereich gelten. Insbesondere in der Tradition der Philosophie der normalen Sprache wurde unter einer „logischen“ Analyse vielfach eine Analyse begrifflicher Zusammenhänge verstanden. Unter dem Titel: „Logik der Forschung“ (Karl Popper, 1935) sind alle oben genannten Verwendungsweisen des Wortes impliziert: die angemessenen methodischen Verfahrensweisen einer jeglichen Wissenschaft, welche wahrhaftige Erkenntnisse zur Folge haben sollen."

https://de.wikipedia.org/wiki/Logik

 

Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter auf den Inhalt der Kritik von Elias eingehen - das wäre ein Thema für sich. Mir geht es hier darum, dass es keinerlei Anhaltspunkt dafür gibt, dass Popper die formale Logik mit den restlichen Bedeutungen des Begriffs "Logik" verwechselst. Erstens wäre dies ein unvorstellbarer Dilettantismus, den man selbst den schlechtesten Philosophen nicht zutrauen würde. Zweitens zeigt beispielsweise Poppers Äußerungen, dass deduktive Schlüsse aus "tautologischen Umformungen" bestehen, dass er keinen solchen Missverständnissen unterliegt. Tatsächlich wirft Elias Popper auch gar keine derartige Konfusion vor - er wirft ihm nur vor, von einem ungerechtfertigten Apriori auszugehen. (Und er hält ihm auch vor, dass es ihm eigentlich gar nicht so sehr um die Prüfung einer Theorie an den Fakten gehe als um die interne Kohärenz der Theorie - aus meiner Sicht eine merkwürdige Kritik, und ich kenne auch niemanden außer Elias, der Popper so interpretiert.)

 

Bei Dir habe ich nun stark den Eindruck, dass Du der Philosophie unterstellst, dass sie (in meinen Worten) die formale Logik missbraucht, um allein auf Grundlage irgendwelcher "Axiome", für die es keine Rechtfertigung und auch nicht geben kann, zu Behauptungen über die Wirklichkeit zu kommen. Tatsächlich klingt das bei Elias ja auch so ähnlich, aber er denkt hier offenbar nicht an Logik im Sinne der formalen Logik, sondern an einen Apriorismus, den er ablehnt. (Meine Vermutung - die natürlich falsch sein kann - wäre, dass Du Elias an dieser Stelle missverstehst; dass Du seine Kritik an der "Logik" im Sinne eines vermeintlichen Popperschen Apriorismus mit einer Kritik der Verwendung der (formalen) Logik durch Philosophen verwechselst.)

 

Jedenfalls geht es bei Dir ja so weit, dass Du meine Bitte, Deine Argumente etwas formaler darzustellen, so dass man Prämissen und Konklusion leichter als solche erkennen kann, offenbar als eine Art philosophische Teufelei betrachtest. ;)

Du hast auf meine Bitte geantwortet, dass Du dann die "Sprache der Philosophie" sprechen müsstest - als wäre die Logik im hier relevanten Sinne nicht universal und ohnehin in Deinen Argumenten - und allen Argumenten - enthalten. Schade, denn eine solche Art der Darstellung könnte für mehr Klarheit sorgen. Man wüsste gerade in umstrittenen Fällen leichter, wie der andere seine Argumentation verstanden wissen will. Und selbst Elias scheint ja nichts gegen Logik im hier vermeinten Sinne zu haben.

bearbeitet von iskander
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vor 2 Stunden schrieb iskander:

Fast Deine gesamte Meinung zur Philosophie scheint auf der Darstellung von Elias zu basieren. Es fehlt bei Dir jedoch - bitte verüble mir die Bemerkung nicht - die notwendige Sachkenntnis und somit auch das notwendige Verständnis, um Elias Ausführungen kritisch rezipieren zu können. Leider scheinst Du seine Thesen einfach im guten Glauben zu übernehmen.

 

Diese Hypothese ist einfach, elegant und falsch! :D Ich bin in meinem Studium auf eine Reihe von Philosophen gestoßen, und habe jedesmal die gleich Erfahrung gemacht: Sie schrieben interessant, und endeten in irgendwelchem haarsträubenden Blödsinn, so ähnlich wie du mit deiner Frage, woher man eigentlich wisse, daß sich alle Kupferatome gleich verhalten, oder ob das mitten im Zimmer wirklich ein Tisch ist. Erst später habe ich verstanden, woran das liegt. Das kommt einfach dabei raus, wenn man beim Nachdenken über eine Sache dem Denken selbst den Vorrang vor der Sache gibt. Oder wie der Dichter so schön sagt:

We have done so much with so little for so long

that we are now qualified to do anything with nothing.

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vor 21 Stunden schrieb Marcellinus:

Sie schrieben interessant, und endeten in irgendwelchem haarsträubenden Blödsinn, so ähnlich wie du mit deiner Frage, woher man eigentlich wisse, daß sich alle Kupferatome gleich verhalten [...]

 

Dann wäre meine Frage: Woher weißt Du das denn?

 

Du untersuchst eine sehr begrenzte Anzahl von Kupferatomen und kannst deren Eigenschaften feststellen. Aber woher weißt Du, dass die Kupferatome, die Du nicht untersucht hast, die gleichen Eigenschaften haben?

 

Klar, wenn Du den Begriff "Kupfer-Atom" so definierst, dass nur das unter Deine Definition fällt, was eine bestimmte Eigenschaften E hat, dann haben trivialerweise auch alle Objekte, die unter Deine Definition fallen, die Eigenschaft E.

 

Aber wenn wir nicht nur über selbst-konstruierte Definitionen sprechen wollen, sondern über die Dinge der realen Welt, dan bringt uns das nicht im geringsten weiter. Denn dann stellt sich sofort die Frage: Woher wissen wir denn, dass Deine Definition des Kupfer-Atoms tatsächlich jenem rötlich schimmernden Material gerecht wird, welches man gemeinhin (und noch vor jeder wissenschaftlichen Definition) als "Kupfer" bezeichnet? Woher wissen wir, dass diese Definition nicht nur jenem winzigen Bruchteil des Materials trifft, den Du untersucht hast? Woher wissen wir, dass die realen Atome des realen, rötlich schimmernden Materials, um das es hier geht, einander tatsächlich gleichen?

 

Ich kann auch den Begriff "Mensch" so definieren, dass alle Menschen per definitionem eine bestimmte Eigenschaft F haben. Ob ich den realen Menschen in der realen Welt damit aber gerecht werde und ob sie diese Eigenschaft tatsächlich haben, oder ob ich vielleicht einfach nur ein begriffliches Artefakt geschaffen habe, ist damit nicht geklärt. Sachfragen kann man eben nie dadurch beantworten, dass man sich auf einen bestimmten Sprachgebrauch festlegt.

 

Zitat

[...] oder ob das mitten im Zimmer wirklich ein Tisch ist.

 

 

Erneut: Woher weißt Du das? Du hast, um mit einer "Außenwelt" in Kontakt zu kommen, immer nur die Sinneserfahrung. Alles geht durch das Medium der Sinnes-Erfahrung. Woher weißt Du, dass Ernst Macht falsch lag? Woher weißt Du, dass es etwas jenseits der Sinneserfahrung gibt? "Empirisch überpüfbar" ist das jedenfalls nicht! (Weshalb der Satz, dass es jenseits der sinnlich erfahrbaren Außenwelt gibt, im Sinne Deiner Begriffsverwendung "metaphysisch" ist.)

 

Nochmals - und damit hier nicht erneut Missverständnisse entstehen: Ich bezweifle nicht, dass höchstwahrscheinlich alle Kupfer-Atome, die wir untersucht haben, denen gleichen, die wir nicht untersucht haben. Ich bezweifle auch nicht, dass es eine materielle Welt jenseits unserer Sinneserfahrung gibt.

 

Aber mit solchen Aussagen gehen wir über die Erfahrung hinaus!

 

Deshalb können wir sie auch nicht einfach dadurch begründen, dass wir sagen: "Wir wissen es, weil unsere Erfahrung es uns sagt. So, wie meine Augen mir verraten, dass der Stein, den ich gerade in der Hand halte, die Eigenschaft G hat, so sagen mir meine Augen auch, dass der Sein, den ich nicht sehe und nie gesehen habe, die Eigenschaft G hat."

 

Nein - die Erfahrung sagt uns eben nicht, dass das, was kein Gegenstand der Erfahrung ist, dem entspricht, was Gegenstand der Erfahrung ist!

 

Es muss für unsere Überzeugungen über die Ähnlichkeit von dem, was wir beobachtet haben mit dem, was wir nicht beobachtet haben also einen anderen Grund geben als die direkte Beobachtung bzw. Erfahrung. Wenn es aber einen anderen Grund gibt: Warum soll es dann nicht legitim sein, danach zu fragen, wie dieser Grund aussieht?

 

Deine Antworten zu der Frage nach einer Begründung haben bisher gelautet:

 

a) Es gibt ja nicht nur die Erfahrung einzelner.

b) Wenn wir den Begriff "X" so definieren, dass nur das ein X ist, was die Eigenschaft E besitzt, dann besitzt jedes X per definitionem die Eigenschaft E.

 

a) ist richtig, aber nicht relevant: Die Frage, welche Gründe uns dazu berechtigen, über die Erfahrung hinauszugehen, wird durch den Hinweis, dass es eine kollektive Erfahrung gibt, in keiner Weise beantwortet. Die Frage lautet dann eben: Was berechtigt uns, über die kollektive Erfahrung hinauszugehen und Dinge zu behaupten, die jenseits der kollektiven Erfahrung liegen?

 

b) ist auch richtig, aber genauso irrelevant. Außer natürlich Dir genügt es, über unsere eigenen Definitionen und über das, was sich tautologisch aus ihnen ergibt, zu sprechen - und nichts über die wirkliche Welt zu sagen. Dann kannst Du die Real-Wissenschaften allerdings zu Grabe tragen - und ich bezweifle, dass Du das möchtest. ;)

 

Ich formalisiere es einmal:

 

1. Was wir beobachten, lässt sich mit dem Hinweis begründen, dass wir es beobachten (oder zumindest ist das ein wesentlicher Teil der Begründung). 

 

2. Was wir nicht beobachten, lässt sich nicht mit dem [in diesem Fall ja falschen!] Hinweis begründen, dass wir es beobachten.

 

3. Wenn wir dennoch Aussagen über das machen, was wir nicht beobachten, und wenn diese Aussagen als begründet gelten sollen, dann müssen diese Aussagen also anders begründet werden als Aussagen über das, was wir beobachten.

 

4. Wenn es aber solch eine andere Begründung geben muss, dann kann man sinnvollerweise auch fragen, worin sie besteht.

 

Falls ich Unrecht habe, müsste irgendetwas an dieser Argumentation falsch sein. Deshalb bitte ich Dich, mir zu sagen, was Deiner Meinung nach denn ganz konkret falsch sein soll (wenn das Deine Meinung ist). Ist der erste Satz falsch? Der zweite? Der dritte oder der vierte?

bearbeitet von iskander
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On 11/21/2024 at 11:19 AM, iskander said:

Vielleicht darf ich Dir einige Fragen stellen, die Du mit ja/nein oder natürlich auch mit zusätzlichen Anmerkungen beantworten kannst. (Um wirklich sicher zu sein und der Klarheit wegen frage ich auch noch einmal kurz nach, wo ich meine, Deine Position zu kennen.) Stimmst Du den folgenden Aussagen zu oder nicht?

 

1. Wir wissen (mit erheblicher Sicherheit), dass die Welt morgen höchstwahrscheinlich prinzipiell noch so aussehen wird wie bisher (Gleichförmigkeit).

 

 

Keine meiner Subroutinen rechnet damit, dass sich die Naturgesetze wesentlich ändern. Vielmehr ist die Annahme, dass sie konstant bleiben, das Fundament jeder empirischen Wissenschaft sowie aller Alltagshandlungen.

Warum? Nun, wie gesagt, wenn ich mich nicht auf die Naturgesetze verlasse, kann ich mich auf gar nichts verlassen.
 
Die Annahme, dass sie sich morgen ändern, kann ich zwar heute nicht widerlegen (gibt in meinem Hirn kein Berechnungsmodell dafür), muss ich aber auch nicht ernst nehmen.
 
Und dies gilt für jede Art von philosophischem Skeptizismus (wie war das mit dem Tisch?).
 
Wenn ich ihn aber nicht ernst nehmen muss, dann auch nicht die philosophischen Ansätze, um ihm wieder zu entkommen.
 
Der Königsweg im Sinne einer optimalen Ressourcennutzung ist somit, auf diese Art von Philosophie zu verzichten.
 
Wer trotzdem diese Art von Philosophie betreiben möchte, kann dies gerne tun, sollte dafür aber keine allgemeine Geltung beanspruchen.
 
(so, jetzt bin ich aber wieder weg)

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Werner Hoffmann

Es gibt auch ein "Fürwahrhalten" im Atheismus und atheistischen nihilistischen Naturalismus.

 

Diese Glaubenssätze sind u.a.:

 

1. Es gibt keinen Gott 

2. Weil es Gott nicht gibt und nicht geben kann, gibt es auch keine "Wunder" und Anomalien. Es gibt keine paranormalen Phänomene.

3. Der Tod ist endgültig und bedeutet die radikale und totale Auslöschung der individuellen Existenz für alle Zeiten.

4. Nur der Mensch kann verstehen. Nur das Gehirn des Menschen ist in der Lage das Universum vollständig zu begreifen.

5. Der Mensch wird eines Tages wie Gott sein. Es wird keine Krankheiten, kein Leid und keinen Tod mehr geben. Der Mensch wird eines Tages in seiner Allmacht alles und jedes beherrschen und irgendwann sogar in der Lage sein, Universen und Leben zu erschaffen.

6. Bewusstsein und Intelligenz hat nur der Mensch.

7. Weil es Gott es nicht, ist alles erlaubt. Die Menschen können ohne Gewissen tun und lassen was sie wollen und tun zu was sie in der Lage sind. Alles ist möglich dem Menschen. 

 

usw.

 

Ein Atheist muss meines Erachtens weitaus mehr glauben als ein Theist, ein Muslim, Jude, Christ oder Angehöriger anderer Religionen. Es fängt schon bei der Ursprungsfrage des Lebens an.

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Am 22.11.2024 um 15:17 schrieb iskander:
Am 21.11.2024 um 18:05 schrieb Marcellinus:

Sie schrieben interessant, und endeten in irgendwelchem haarsträubenden Blödsinn, so ähnlich wie du mit deiner Frage, woher man eigentlich wisse, daß sich alle Kupferatome gleich verhalten [...]

Dann wäre meine Frage: Woher weißt Du das denn?

 

Siehst du, das sind so Augenblicke, wo ich merke, was ich alles nicht merke. Bei jedem Anderen hätte ich geschrieben, daß Kupferatome eben Kupferatome sind. Die haben einen bestimmten Aufbau und daraus folgend bestimmte Eigenschaften. Daneben gibt es dann noch Kupferisotope, die sich nur in der Anzahl der Neutronen im Atomkern unterscheiden. 

 

Aber ich habe es mit einem Philosophen zu tun. Also sage ich mit Sokrates: Ich weiß, daß ich nichts (sicher) weiß. Mein Wissen ist vorläufig, wie das von uns allen. Es gilt immer nur, bis wir uns unseren (virtuellen) Kopf an einem Widerspruch stoßen, der unsere bisherigen Gewissheiten über den Haufen wirft. 

 

Allerdings ganz so beliebig, wie du tust, ist dieses vorläufig Wissen gar nicht. Menschen experimentieren schließlich schon seit Jahrtausenden mit allen mögliche Metallen herum, Kupfer eingeschlossen. 

 

Was ich dabei so witzig finden: Du behauptest ständig, wir könnten ja nicht alles beobachten, und daher aus diesen mangelnden Beobachtungen auch keine Begründungen ableiten. Aber du tust das ständig! Du leitest ständig aus aus deiner Ansicht nach unvollkommenen Beobachtungen die Behauptung ab, es bräuchte weitergehende Begründungen als es die theoretisch-empirischen Wissenschaften könnten.

 

Ohne daß du selbst bessere Begründungen liefern kannst. Wenn Begründungen nicht auf Beobachtungen beruhen, bleibt nur die Fantasie oder mit anderen Worten: der Glaube. Ja, unsere Beobachtungen sind sicher unvollständig, und die darauf beruhenden Begründungen sind es auch, aber es ist das Beste was wir haben.

 

Und was berechtigt uns, uns auf auf unsere unvollkommenen Erkenntnisse zu verlassen? Ganz einfach: Es funktioniert! :D

 

 

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vor 43 Minuten schrieb Werner Hoffmann:

Es gibt auch ein "Fürwahrhalten" im Atheismus und atheistischen nihilistischen Naturalismus.

 

Diese Glaubenssätze sind u.a.:

 

1. Es gibt keinen Gott 

2. Weil es Gott nicht gibt und nicht geben kann, gibt es auch keine "Wunder" und Anomalien. Es gibt keine paranormalen Phänomene.

3. Der Tod ist endgültig und bedeutet die radikale und totale Auslöschung der individuellen Existenz für alle Zeiten.

4. Nur der Mensch kann verstehen. Nur das Gehirn des Menschen ist in der Lage das Universum vollständig zu begreifen.

5. Der Mensch wird eines Tages wie Gott sein. Es wird keine Krankheiten, kein Leid und keinen Tod mehr geben. Der Mensch wird eines Tages in seiner Allmacht alles und jedes beherrschen und irgendwann sogar in der Lage sein, Universen und Leben zu erschaffen.

6. Bewusstsein und Intelligenz hat nur der Mensch.

7. Weil es Gott es nicht, ist alles erlaubt. Die Menschen können ohne Gewissen tun und lassen was sie wollen und tun zu was sie in der Lage sind. Alles ist möglich dem Menschen. 

 

usw.

 

Ein Atheist muss meines Erachtens weitaus mehr glauben als ein Theist, ein Muslim, Jude, Christ oder Angehöriger anderer Religionen. Es fängt schon bei der Ursprungsfrage des Lebens an.

 

Was für ein Unsinn! Atheismus ist so wenig ein Glaube, wie Nicht-Fußball-Spielen ein Sport ist. Der Rest deiner Sätze sind non sequitur

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Am 22.11.2024 um 19:17 schrieb KevinF:

Die Annahme, dass sie sich morgen ändern, kann ich zwar heute nicht widerlegen (gibt in meinem Hirn kein Berechnungsmodell dafür), muss ich aber auch nicht ernst nehmen.

 

Die Frage ist hier halt nur: Warum? Dass ich mich auf eine These T verlassen "muss" (weil ich praktisch keine bessere Option habe), heißt ja nicht, dass es einen guten Grund gibt, der dafür spricht, dass T auch tatsächlich der Fall ist. Es heißt nur, dass es das Beste ist, was mir übrig bleibt. Wenn es aber keinen guten Grund gibt, der dafür spricht, dass T der Fall ist, heißt das auch, dass es keinen guten Grund gibt, der dafür spricht, dass Nicht-T nicht der Fall ist ist.

 

Wenn ich nun nicht weiß, dass T (wahrscheinlich) wahr ist und Nicht-T (wahrscheinlich) falsch, ist Nicht-T auch eine ernstzunehmende Option. Zumindest, wenn man "ernstzunehmend" mit "realistisch" übersetzt. Wenn ich nur ein Boot habe, um von einer Insel wegzukommen, aber meine Chance, dass das Boot mich tragen wird, nicht größer ist als eine von schier unendlich vielen Optionen, nach welchen das Boot ein Leck hat, welches das Boot zum Sinken bringen wird, dann mag es vielleicht immer noch das Vernünftigste sein, zu hoffen, dass das Boot kein Leckt hat und es zu benutzen. Aber die Option, dass es sinkt, wäre natürlich durchaus eine ernstzunehmende.

 

Oder man versteht den Begriff "ernstnehmen" so, dass man etwas, was eine sehr reale Möglichkeit ist, sozusagen "ausblendet", wenn man gegen sie nichts tun kann, so dass man sie in diesem Sinne nicht "ernst nimmt". Das kann man natürlich tun.

 

Wenn ich Deine Position richtig verstehe - korrigiere mich andernfalls - geht sie etwa so: "Keine Ahnung, ob die Naturgesetze noch morgen gelten. Es scheint genauso gut möglich, dass sie sich in der spezifischen Weise X ändern. Aber weil ich keine andere Wahl habe, verhalte ich mich so, als würden sie gelten."

 

Das wäre in der Tat sehr pragmatisch und sehr bescheiden - allerdings würde sich an dieser Stelle auch die Frage stellen, warum es (pragmatisch) ratsamer sein sollte auf konstante Naturgesetze als auf die Option X zu wetten. Es muss ja irgendeinen Grund geben, dass konstante Naturgesetze wahrscheinlicher sind als die Änderung X. Sonst hat man eine (spieltheoretisch) absolut symmetrische Situation, wo man in beiden Fällen Glück oder Pech haben kann.

 

Ungeachtet der letztgenannten Schwierigkeit stellt sich die Frage, ob ein pragmatischer Ansatz ein zufriedenstellender Ansatz ist. Das ist wohn eine subjektive Entscheidung. Wenn Du damit zufrieden bist, will ich Dir diese Zufriedenheit sicher nicht "ausreden". ;) Aber ich persönlich finde das etwas wenig aus Gründen, wie BonJour sie in seiner Diskussion des pragmatischen Ansatzes von Reichenbach darstellt, welche wiederum vom Grundsatz her Deiner Position zu ähneln scheint. BonJour dazu:

 

"As he [Reichenbach] himself indeed insists, that justification still yields no reason at all for thinking that inductive conclusions, or any of the myriad further beliefs that are epistemically dependent on them, are to any degree likely to be true. The sort of justification in question is thus not epistemic justification, as that concept was construed above; to show that beliefs are justified in this alternative way does not answer, or even purport to answer, the basic skeptical worry about induction, and is indeed quite compatible with the deepest degree of skepticism. It is thus hard to see why it should be regarded as any sort of solution to the classical problem of induction. 10
It is clear what the response of the proponents of the pragmatic justification to this criticism would be: they would argue, following Hume, that this is the best justification that is possible for induction, with the implication being that the best we can do must be good enough. But of course the fact, if it is a fact, that the best we can do is quite compatible with extreme skepticism tells in favor of the skeptical view, not against it. The point I want to insist on, however, is the extreme intuitive implausibility of such a result, according to which the most carefully derived results of science are epistemically no better, indeed worse, than a gambler's bets. [...]

I find it hard to believe that anyone who is at all familiar with the spectacular successes of modern science or its even more conspicuous technological by-products can believe this for even a moment, and perhaps even harder to understand how such vigorous proponents of science and scientific method as Reichenbach and Salmon can accept it with apparent equanimity. This objection does not, of course, show that the pragmatic view is mistaken in claiming that nothing more is available, for skepticism of this sort, though extremely implausible, might still turn out to be true and can be refuted only by actually finding an adequate justification for induction. At the very least, however, the massive implausibility of such a result provides abundant warrant and motivation for questioning the general epistemological views that lead to it and for seeking a better alternative."

(L. BonJour: In Defense of pure Reason)

 

Wir könnten so gesehen dann beispielsweise nicht einmal sagen: "Es ist wahrscheinlich der Fall, dass morgen die Sonne aufgehen wird."

 

Mir persönlich wäre das zu wenig, aber wie gesagt: Jeder ist anders. ;)

 

Zitat

Wenn ich ihn aber nicht ernst nehmen muss, dann auch nicht die philosophischen Ansätze, um ihm wieder zu entkommen.

 

Wenn Du mit einer - aus meiner persönlichen Sicht wie gesagt doch sehr bescheidenen - pragmatischen Lösung zufrieden bist, dann allerdings gibt es in der Tat auch keinen "praktischen" Grund, nach einer weitergehenden Lösung zu suchen oder sich mit weitergehenden Lösungsansätzen zu befassen. Der einzige Grund könnte theoretisches Interesse sein. Und ob man ein theoretisches Interesse hat, ist wiederum von Individuum zu Individuum verschieden.

 

Zitat

Der Königsweg im Sinne einer optimalen Ressourcennutzung ist somit, auf diese Art von Philosophie zu verzichten.

 

Wenn man kein weiteres Interesse hat, ja. Ungeachtet dessen ist die Frage, ob es eine Lösung für das Induktionsproblem gibt, eine philosophische. Und die Antwort, dass es keine Lösung im eigentlichen Sinne gibt, sondern nur eben pragmatische Gründe, so zu tun als ob die Induktion gilt, ist ebenfalls eine philosophische Antwort. Nicht nur in dem Sinne, dass sie von etlichen Philosophen gegeben wurde, sondern auch in dem, dass sie in der Sache philosophisch ist.
 

Zitat

Wer trotzdem diese Art von Philosophie betreiben möchte, kann dies gerne tun, sollte dafür aber keine allgemeine Geltung beanspruchen.

 

Was ist eine "allgemeine Gültigkeit?" Wenn damit gemeint ist, dass es jeden interessieren muss, dann kann eine allgemeine Gültigkeit selbstredend nicht beansprucht werden. Wenn damit gemeint ist, dass es überzeugende Gründe gibt, dann hängt das eben davon ab, ob es solche Gründe tatsächlich gibt oder nicht. ;)

 

bearbeitet von iskander
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vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

Bei jedem Anderen hätte ich geschrieben, daß Kupferatome eben Kupferatome sind. Die haben einen bestimmten Aufbau und daraus folgend bestimmte Eigenschaften. Daneben gibt es dann noch Kupferisotope, die sich nur in der Anzahl der Neutronen im Atomkern unterscheiden. 

 

Es geht hier im Kern ja um die folgende(n) Frage(n):

 

"Unsere bisherige Beobachtung sagt uns, dass das Material, welches die Eigenschaften A, B, C und D besitzt (z.B. ein Material, das kupferfarben glänzt, ein bestimmtes spezifisches Gewicht hat usw.), stets auch die Eigenschaft E besitzt (z.B. eine ganz bestimmte elektrische Leitfähigkeit). Aber gilt für alles Material, welches die Eigenschaften A bis D hat, dass es auch die Eigenschaft E hat? Auch in den unzähligen Fällen, die wir nicht beobachtet haben? Wenn ja, woher wissen wir das dann? Wie kann eine Beobachtung von einem Stück Materie, welches die Eigenschaften A bis D hat und welches vor mir liegt (oder auch von vielen solchen Stücken!), eine Aussage über ein anderes Stück Materie mit den Eigenschaften A bis D begründen - über ein Stück, welches nicht vor mir (oder meinen Kollegen) liegt?"

(Wenn man das so formuliert wird auch sofort klar, dass es für das eigentliche Problem keine Rolle spielt, ob man den Begriff "Kupfer" so definiert, dass die Eigenschaft E zur Definition dazugehört oder nicht.)

 

Das sind sehr fundamentale Frage, zugegeben. Im Alltag gehen wir ständig davon aus, dass Zusammenhänge, die wir dort finden, wo wir etwas beobachten, auch dort auftreten, wo wir etwas nicht beobachten. Ich bezweifle auch nicht, dass das eine vernünftige und gut begründete Haltung ist - dass es also sehr gute Gründe für die Annahme gibt, dass unsere spontane Alltags-Intuition recht hat und es sich in der Wirklichkeit tatsächlich entsprechend verhält. (Wenn ich @KevinF richtig verstehe, bin ich in diesem Punkt epistemisch "optimistischer" als er - wobei diese Aussage wertfrei gemeint ist.)

Aber ich halte es dann immer noch für sinnvoll, nach den verborgenen Gründen hinter unserer spontanen Intuition zu fragen.

 

vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

Aber ich habe es mit einem Philosophen zu tun. Also sage ich mit Sokrates: Ich weiß, daß ich nichts (sicher) weiß. Mein Wissen ist vorläufig, wie das von uns allen. Es gilt immer nur, bis wir uns unseren (virtuellen) Kopf an einem Widerspruch stoßen, der unsere bisherigen Gewissheiten über den Haufen wirft. 

 

Alles gut - aber willst Du so weit gehen zu behaupten, dass wir keinerlei vernünftigen Grund für die Annahme haben, dass der Lackmus-Test - oder jeder beliebige andere Test - heute noch valide ist, wenn er es gestern war? So dass dann die Widerlegung einer These durch einen Test ebenso zweifelhaft wäre wie der besagte Test selbst? So dass wir eigentlich gar keine begründeten Widerlegungen durchführen können?

Oder würdest Du sagen wollen, dass die Tatsache, dass heliozentrische Weltbild für die Vergangenheit widerlegt wurde, für die Zukunft rein gar nichts bedeutet (weil unsere heutige Widerlegung dieses Weltbilds es noch nicht einmal unwahrscheinlich macht, dass es schon morgen auf einmal doch richtig ist)? Unter dem Vorbehalt, dass nur Du das sagen kannst, vermute ich, dass Du das so nicht behaupten wollen würdest. ;)

 

Dann aber brauchst Du die Überzeugung, dass es legitim ist, von der (bisherigen) Erfahrung auf das zu schließen, was jenseits dieser Erfahrung liegt - und das heißt im Kontext unserer Diskussion so viel wie: Du brauchst das Induktions-Prinzip. Und dann ist die Frage legitim, woher wir wissen, dass dieses Prinzip "gilt".

 

vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

Allerdings ganz so beliebig, wie du tust, ist dieses vorläufig Wissen gar nicht. Menschen experimentieren schließlich schon seit Jahrtausenden mit allen mögliche Metallen herum, Kupfer eingeschlossen. 

 

Ich behaupte auch nicht, dass es "beliebig" ist. Aber man braucht ein Prinzip, das unsere Erfahrung mit dem verknüpft, was jenseits der Erfahrung liegt. Im Sinne von:

 

"Wenn in unserer ganze, reichen bisherigen Erfahrung alle X die Eigenschaft E hatten, dann werden auch alle (oder fast alle) X, mit welchen wir (noch) keine Erfahrung haben, die Eigenschaft E haben."

 

Das aber ist nichts anderes ist als eine Variante des Induktions-Prinzips. Wenn dieses Prinzip nicht gälte, wäre all unsere Erfahrung im Hinblick auf das, was jenseits der Erfahrung liegt, wertlos.

 

vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

Was ich dabei so witzig finden: Du behauptest ständig, wir könnten ja nicht alles beobachten, und daher aus diesen mangelnden Beobachtungen auch keine Begründungen ableiten.

 

Aus den Beobachtungen allein können wir nicht Aussagen über das ableiten, was wir nicht beobachten.

 

Formalisiert:

 

1. Wir haben viele Raben beobachtet, und sie waren alle schwarz.

 

Wenn ich nur diesen einen Satz (Beobachtungs-Satz) habe, kann ich eben nichts darüber sagen, wie der nächste Rabe aussehen wird, dem ich begegnen wird. Nun nimm den Satz 2 hinzu:

 

1. Wir haben viele Raben beobachtet, und sie waren alle schwarz.

2. Wenn wir viele X beobachtet haben und sie alle die Eigenschaft E hatten, ist es wahrscheinlich, dass auch das nächste X, dem wir begegnen, werden, ebenfalls die Eigenschaft E haben wird. ["X" und "E" sind hier Platzhalter für alle möglichen Objekte und Eigenschaften.]

3. Also wird auch der nächste Rabe, dem ich begegne, (sehr) wahrscheinlich schwarz sein.

 

Wenn ich wissen will, dass 3. gilt, muss ich wissen, dass 1. und 2. gilt. Den ersten Satz kann ich aus der Erfahrung begründen: In unserer bisherigen Erfahrung waren alle Raben schwarz. Den 2. Satz (das Induktionsprinzip) kann ich aber nicht durch den Verweis auf die Erfahrung begründen. Es kann nicht Teil meiner Erfahrung sein, dass das, was ich nicht erfahren habe, dem entsprechen wird, was ich erfahren habe. Das, was ich nicht erfahren habe, ist eben ipso facto kein Teil meiner Erfahrung.

 

Zitat

Aber du tust das ständig! Du leitest ständig aus aus deiner Ansicht nach unvollkommenen Beobachtungen die Behauptung ab, es bräuchte weitergehende Begründungen als es die theoretisch-empirischen Wissenschaften könnten.

 

Ich leite das nicht (allein) aus der Beobachtung selbst ab - tatsächlich handelt es sich ja abstrakte Zusammenhänge, die sich einer Beobachtung entziehen. Solche Zusammenhänge leite ich vielmehr aus unserem Verständnis dessen ab, was Konzepte wie "Beobachtung", "Begründung", "Gegenwart", "Zukunft" usw. überhaupt "meinen", und in welchem Verhältnis sie zueinander stehen.

 

Aus diesem Verständnis folgt beispielsweise, dass ich einen gegenwärtigen schwarzen Raben sehen kann, nicht aber einen zukünftigen. Oder auch, dass ich meine Behauptung "Der Rabe, den ich sehe, ist schwarz", durch meine Wahrnehmung dieses Raben begründen kann; dass ich aber die Behauptung "Der Rabe, den ich nicht sehe (und auch nicht anderweitig wahrnehme), ist schwarz", nicht durch meine [in diesem Fall ja fehlende] Wahrnehmung dieses Raben begründen kann. (Wenn wir ein solches grundlegendes Verständnis nicht hätten, könnten wir auch keine empirische Forschung betreiben, weil wir dann gar nicht wüssten, was wir überhaupt tun.)

 

vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

Ohne daß du selbst bessere Begründungen liefern kannst.

 

Was gefällt Dir denn an meinen Begründungen nicht? ;)

 

Zitat

Wenn Begründungen nicht auf Beobachtungen beruhen, bleibt nur die Fantasie oder mit anderen Worten: der Glaube.

 

Beobachtungen genügen aber nicht, um das zu begründen, was jenseits der Beobachtung liegt. Dafür braucht man ein paar Überlegungen, die - wenn es etwa um das Induktionsprinzip geht - selbstredend die Beobachtung berücksichtigen, aber eben doch über sie hinausgehen.

 

Es ist auch eine falsche Dichotomie, dass etwas direkt auf Beobachtung beruht oder Fantasie ist. All unsere Aussagen, die einen gewissen Abstraktionsgrad erreichen, gehen weit über die Beobachtung hinaus, ohne dass wir geneigt wären, sie als Fantastereien abzutun. Ich kann eine Person mit Reagenzglas in der Hand beobachten; Entitäten wie "Erkenntnis", "Wissenschaft", "Erfahrung", "Falsifikation", "Beobachtung", "Methodik" usw. hingegen sind gewiss nicht sinnlich beobachtbar.

Und ob ein bestimmtes reales oder auch nur vorgestellte Tun beispielsweise eine "Falsifikation" einer bestimmten These darstellen könnte oder eine ganz andere Art von Handlung ist, kann ich nicht durch "Beobachtung" prüfen, sondern nur mit dem Verstand begreifen. Wenn man dennoch behaupten möchte, dass all unsere Aussagen auf Beobachtung "beruhen", dann wird man den Begriff "beruhen" so weit und lax fassen müssen, dass die zugehörige These absolut zahnlos sein wird. 

 

Zitat

Ja, unsere Beobachtungen sind sicher unvollständig, und die darauf beruhenden Begründungen sind es auch, aber es ist das Beste was wir haben.

 

Mit dem Induktionsprinzip ist das einiges. Ohne Induktionsprinzip allerdings wäre das aber sehr wenig.

 

Zitat

Und was berechtigt uns, uns auf auf unsere unvollkommenen Erkenntnisse zu verlassen? Ganz einfach: Es funktioniert! :D

 

Gewiss. Aber es ist das Induktionsprinzip, welches uns sagt, dass das, was bisher funktioniert hat, auch in Zukunft funktionieren wird. ;)

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vor 18 Stunden schrieb iskander:
Zitat

Ja, unsere Beobachtungen sind sicher unvollständig, und die darauf beruhenden Begründungen sind es auch, aber es ist das Beste was wir haben.

 

Mit dem Induktionsprinzip ist das einiges. Ohne Induktionsprinzip allerdings wäre das aber sehr wenig.

 

Zitat

Und was berechtigt uns, uns auf auf unsere unvollkommenen Erkenntnisse zu verlassen? Ganz einfach: Es funktioniert! :D

 

Gewiss. Aber es ist das Induktionsprinzip, welches uns sagt, dass das, was bisher funktioniert hat, auch in Zukunft funktionieren wird. ;)

 

Ich sage ganz ehrlich: ich verstehe dich nicht! @KevinF hat dir doch des Langen und des Breiten dargelegt, daß das "Induktionsprinzip" ein Fehlschluss ist, oder zumindest einer, der sein Ergebnis schon voraussetzt. 

 

Aber das eigentliche Problem ist doch ein anderes. Wir wissen, daß diese Welt seit ca. 13 Mrd. Jahren im Groben so funktioniert, wie es unsere Naturwissenschaften beschreiben, wobei wir nicht vergessen wollen, daß deren Modelle in den meisten Fälle eine hoffnungslose Vereinfachung sind, in anderen Fällen nur vorläufig gelten, und an vielen Stellen sicher auch falsch sind, nur daß wir den Fehler noch nicht gefunden haben. 

 

Alles, was in diesen 13 Mrd. Jahren entstanden ist, konnte nur entstehen, weil dieses Universum so strukturiert ist, daß atomare, chemische und biologische Abläufe vorhersehbar funktionieren. Sonst wäre kein Organismus, keine Art, aber auch kein Stern, kein Sonnensystem oder Galaxie funktionsfähig. Rein theoretisch konnte keiner dieser Organismen zu irgendeinem Zeitpunkt voraussehen, ob das auch weiter so sein würde. Es hat ja auch genügend Katastrophen gegeben, bei denen diese Wette nicht aufgegangen ist. Dann sind einfach mal 90 % aller Arten ausgestorben, aber die Überlebenden haben weitergemacht genauso wie vorher. Warum? Weil es keine Alternative gibt. Leben und damit Überleben ist nur in einer Welt möglich, die vorhersehbar strukturiert ist. 

 

So ist es auch mit uns. Wir wissen nicht, ob diese Welt morgen noch berechenbar strukturiert ist wie heute, aber wir haben keine andere Wahl, als davon auszugehen. Die Alternative wäre einfach Chaos (wobei es chaotische Systeme durchaus gibt, über die man keine Vorhersagen machen kann, aber das ist ein anderes Thema). 

 

Und nun kommst du mit deinem Induktionsprinzip. Ändert es etwas daran, wie wir uns in dieser Welt verhalten? Nein! Ändert es etwas daran, wie diese Welt sich verhält? Kann das Induktionsprinzip zB. garantieren, daß diese Welt auch morgen noch so funktioniert wie heute? Nein, natürlich nicht! 

 

Diese Welt und unsere Wahrnehmung dieser Welt ist exakt die gleiche, ob mit oder ohne dein Induktionsprinzip. Mit anderen Wort: Es ist überflüssig! Und das gilt für alles, was du bisher über deine Philosophie dargelegt hast: Ich sehe den Tisch auch ohne deine Philosophie, du offenbar nur mit. Also brauchst du deine Philosophie, nicht ich!

 

Es ist mit der Philosophie wie mit der Religion. Sie ist eine Antwort auf Fragen, die man ohne sie gar nicht hätte. Oder anders formuliert: So wie es keine außenreligiösen Gründe gibt, religiös zu sein, gibt es keine außerphilosophischen Gründe, Philosophie zu betreiben. 

 

 

 

 

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Am 25.11.2024 um 18:55 schrieb Marcellinus:

Ich sage ganz ehrlich: ich verstehe dich nicht! @KevinF hat dir doch des Langen und des Breiten dargelegt, daß das "Induktionsprinzip" ein Fehlschluss ist, oder zumindest einer, der sein Ergebnis schon voraussetzt. 

 

So sehr ich @KevinF schätze, darf ich an dieser Stelle doch anmerken, dass auch ich selbst auch schon von Anfang an darauf aufmerksam gemacht habe, dass induktive Schlüsse deduktiv ungültig sind (wenn man keine unterdrückten Prämissen annimmt) und auch nicht aus der Erfahrung induktiv begründet werden können, ohne in einem logischen Zirkel zu geraten (bzw. in einen unendlichen Regress, wenn man eine induktive Begründung der Induktion als Meta-Induktion betrachtet). Und natürlich habe auch ich das nicht erfunden. Es ist ja genau das altbekannte Humesche Induktionsproblem.


Es ist auch unstrittig, dass induktive Schlüsse weder im Sinne der Deduktion logisch gültig noch einfach direkt aus der Erfahrung zu rechtfertigen sind. Hume, Popper und andere haben daraus den Schluss gezogen, dass es überhaupt keine Begründung gebe, wobei Popper meint, man brauche auch keine. Das sehe ich aber wie gesagt anders - ich bin der Auffassung, dass das Induktions-Prinzip unverzichtbar ist und auf eine alternative Weise gerechtfertigt werden kann, deren Grundgedanke (wie dargelegt) eigentlich recht naheliegend und auch nicht übermäßig kompliziert ist. (Ich habe übrigens den Eindruck, dass Deine eigenen Gedanken selbst immer wieder in die richtige Richtung gehen - dahin, wo eine Begründung ihren Anfang haben muss.)

 

Am 25.11.2024 um 18:55 schrieb Marcellinus:

Und nun kommst du mit deinem Induktionsprinzip. Ändert es etwas daran, wie wir uns in dieser Welt verhalten? Nein! Ändert es etwas daran, wie diese Welt sich verhält? Kann das Induktionsprinzip zB. garantieren, daß diese Welt auch morgen noch so funktioniert wie heute? Nein, natürlich nicht! 

 

Das Induktions-Prinzip kann es aber zumindest wahrscheinlich machen, "daß diese Welt auch morgen noch so funktioniert wie heute".

 

Das ist ja auch der Punkt: Das Problem ist hier nicht, dass man ohne Induktionsprinzip nicht "absolut sicher" sein kann, dass die Welt morgen grundsätzlich noch so aussieht wie heute. Eine "absolute" Sicherheit dieser Sorte bekommen wir selbst mit gültigem Induktions-Prinzip nicht. Damit müssen und können wir leben. Das Problem ist vielmehr, dass man ohne Induktion noch nicht einmal wissen kann, dass es zumindest wahrscheinlich ist, dass die Welt morgen noch so funktionieren wird wie die letzten knapp 14 Mrd. Jahre.

 

"Mein" Induktionsprinzip macht also den Unterschied aus, ob es einen vernünftigen Grund gibt oder nicht, die folgende Aussage für zutreffend zu halten:

 

"Sehr wahrscheinlich geht auch noch morgen die Sonne auf."

 

Wenn das Induktionsprinzip nicht gilt - wenn man also nicht aus der vergangenen Erfahrung vernünftigerweise auf die (wahrscheinliche) Zukunft schließen darf - wäre diese Aussage so unbegründet wie eine x-beliebige Spekulation. Wer sagt, dass morgen wahrscheinlich die Sonne aufgeht, müsste als so irrational betrachtet werden wie jemand, der sagt, dass es morgen vermutlich Kängurus vom Himmel regnen wird. Hier liegt es für mich auf der Hand, dass mit der Ablehnung der Induktion etwas nicht stimmen kann.

 

Nebenbei: Wenn Du argumentierst, "daß das 'Induktionsprinzip' ein Fehlschluss ist, oder zumindest einer, der sein Ergebnis schon voraussetzt", und wenn Du es zudem für verzichtbar hältst, dann liegst Du zu 100% auf der Linie von Popper. Auf der Linie von jenem Popper, der eben insbesondere für seine Haltung zum Induktionsprinzip so nachdrücklich von Elias kritisiert wird. Das ist Dir schon bewusst, oder? ;)

 

Zitat

Wir wissen nicht, ob diese Welt morgen noch berechenbar strukturiert ist wie heute, aber wir haben keine andere Wahl, als davon auszugehen.

 

Wenn wir absolut keinen Grund zur Annahme hätten, dass die Welt morgen nicht in einer beliebigen Weise X (unter unendlich vielen) anders sein wird als bisher, dann wäre das eine recht verzweifelte Hoffnung. Und man könnte dann genauso gut auf X setzen, sofern wir als Menschen mit X zurechtkommen (d.h. gut überleben können). Es gäbe dann keinen Grund, die eine Zukunftsvision der anderen vorzuziehen.

 

Am 25.11.2024 um 18:55 schrieb Marcellinus:

Diese Welt und unsere Wahrnehmung dieser Welt ist exakt die gleiche, ob mit oder ohne dein Induktionsprinzip.

 

Die Wahrnehmung im engen Sinne schon. Aber ohne Induktionsprinzip wäre der Schluss von der Wahrnehmung auf das, was jenseits der Wahrnehmung liegt - also beispielsweise auf alles, was nicht untersucht wurde oder auf die Zukunft - schlichtweg irrational. Es gäbe dann genauso viel (bzw. genau so wenig) Grund zur Annahme, dass die nächste Krähe, die Du siehst, bunt kariert ist wie zur Annahme, dass sie schwarz ist. (Erneut: Ist nicht offensichtlich, dass mit der Behauptung, dass induktive Schlüsse komplett wertlos sind, etwas nicht stimmen kann?)

 

Mehr noch: Wie dargelegt wären ohne Induktion auch alle Arten von Tests wertlos. Damit gäbe es aber auch keinerlei Hypothesen, die gültig falsifiziert wurden. Denn wenn der Test, mit dem man eine Hypothese angeblich falsifiziert hat, nichts taugt, dann taugt eben auch die Falsifizierung, die auf diesem Test beruht, nichts.

Doch selbst wenn es Falsifizierungen gäbe, was wäre ihr Wert? Was nutzt es, das heliozentrische Weltbild zu widerlegen, wenn wir keinen blassen Schimmer haben, ob es nicht im nächsten Moment eben doch gültig ist, weil die Natur sich gerade grundlegend verändert hat? Wenn wir Letzteres nicht nur nicht sicher ausschließen können, sondern noch nicht einmal sagen können, dass das doch eher unwahrscheinlich ist, dann haben wir genau die Situation, die von Susan Haack im Hinblick auf die Konsequenzen der Popperschen Konzeption beschrieben wird:

 

"Then there’s his description of science as like a medieval cathedral, gradually erected over many generations.16 This suggests a more or less cumulative picture of scientific progress; but this can’t be squared with the falsificationist conception, according to which science would be more like an endless building site in which, each day, the previous day’s work is demolished and building begins anew – until the next day."

 

Zitat

 Mit anderen Wort: Es [das Induktionsprinzip] ist überflüssig!

 

Wenn Du mit einem radikalen Skeptizismus zufrieden bist: ja. Wenn Du die Aussage unterschreibst, dass jemand, der behauptet, dass die meisten unbeobachteten Krähen sehr wahrscheinlich schwarz sind, genauso unvernünftig daherredet wie jemand, der behauptet, sie seien vermutlich bunt kariert - dann brauchst Du vielleicht auch kein Induktionsprinzip.

Wenn Du glaubst, dass es keine gültigen (sondern nur behauptete) Falsifizierungen gibt und dass selbst dann, wenn es welche gäbe, diese komplett irrelevant wären für alles, was in einer Sekunde passiert: dann magst Du auch ohne Induktions-Prinzip auskommen. Nur ist dann jemand, der meint, dass auch morgen sehr wahrscheinlich noch die Sonne aufgeht, gerade so irrational wie jemand, der glaubt, dass sich in den Tiefen des Mondes sehr wahrscheinlich ein Einhorn versteckt.

 

Zitat

Ich sehe den Tisch auch ohne deine Philosophie, du offenbar nur mit.

 

Den Tisch sehen wir beide vermutlich in sehr ähnlicher Weise, wenn damit einfach nur gemeint ist, dass wir beide bestimmte Sinneswahrnehmungen haben. Und für eine solche Sinneswahrnehmung brauche auch ich keine Philosophie. ;)

 

Aber ich gehe davon aus, dass "hinter" der reinen Sinneswahrnehmung, die mir empirisch "gegeben" ist, etwas Wirkliches und Bleibendes liegt, etwas, das meine Sinneswahrnehmung verursacht - der Tisch als ein persistierendes Objekt der realen, von mir unabhängigen Körperwelt. Und genau damit gehe ich eben über die Sinneswahrnehmung hinaus. "Meine" Philosophie fragt nun danach, welche vernünftigen Gründe hinter diesem "Hinausgehen" liegen.

 

Man mag sich natürlich auch mit dem bescheiden, was einem die Empirie gibt bzw. mit dem, was empirisch prüfbar ist. Letzteres ist ja Deine Position. Was daraus folgt, ist im Wesentlichen die Position von Mach:

 

"Als glühender Anhänger der Aufklärung und entschiedener Gegner jeder Form der Metaphysik plädierte Mach für eine methodische Denkökonomie, worunter er eine größtmögliche Sparsamkeit in begrifflicher und spekulativer Hinsicht versteht. Naturerkenntnis hat ihr Fundament in der Erfahrung – entweder direkt über Sinneseindrücke oder über Messinstrumente vermittelt. Er ist daher als Empirist anzusehen.[35] Des Weiteren wird Mach als Vertreter des Positivismus gesehen. Für Mach bedeutete der Positivismus im Wesentlichen:[36]

 

1. Die Quelle aller menschlichen Erkenntnis ist das „Gegebene“.
2. Gegeben ist nur eine Mannigfaltigkeit von Sinneseindrücken (Empfindungen).
3. Nicht gegeben ist alles, was zusätzlich zu den Inhalten der sinnlichen Wahrnehmung die „Welt“ konstituiert.
4. Die Unterscheidung zwischen Ich und Welt ist haltlos.

5. Es gibt keine metaphysische Erkenntnis über außersinnliche Realität."

 

Wenn man behauptet, dass man nur wissen könne, was einem die Sinne sagen bzw. was empirisch nachprüfbar ist, dann ist das die logische Konsequenz; oder zumindest muss man dann sagen, dass es absolut keinen vernünftigen Grund für die Annahme gibt, dass jenseits der Sinneserfahrung noch etwas liegt.

 

Falls Du damit zufrieden bist, will ich Dich nicht "bekehren". Nur darf ich anmerken, dass Behauptungen wie die, dass man nur das wissen könne, was empirisch prüfbar sei, ihrerseits natürlich selbst nicht empirisch prüfbar. Insbesondere sind solche Behauptungen auch nicht "soziologisch" - kein sozialwissenschaftliches Experiment und keine Analyse sozialer Strukturen und Prozesse wird sie je begründen können. Solche Thesen sind vielmehr philosophisch; genau genommen handelt es sich hier um eine Spielart des radikalen Empirismus bzw. Positivismus (ganz ähnlich wie bei Mach).

 

Zitat

Es ist mit der Philosophie wie mit der Religion. Sie ist eine Antwort auf Fragen, die man ohne sie gar nicht hätte.

 

Wenn Du damit meinst, dass man in der Praxis gut damit leben kann, vieles als offenkundig vernünftig hinzunehmen, ohne nach den genauen Gründen zu fragen, warum es eigentlich vernünftig ist: dann hast Du sicherlich recht.

Wenn Du damit jedoch meinst, dass es sinnvoll sei, eine Position wie die des radikalen Empirismus/Positivismus zu vertreten, ohne sich wirklich im Klaren darüber zu sein, was für weitreichende Konsequenzen sich aus ihr ergeben, und gleichzeitig zu glauben, all das habe mit Philosophie rein gar nichts zu tun: Dann nein! ;)

bearbeitet von iskander
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vor 21 Stunden schrieb iskander:
Am 25.11.2024 um 18:55 schrieb Marcellinus:

Und nun kommst du mit deinem Induktionsprinzip. Ändert es etwas daran, wie wir uns in dieser Welt verhalten? Nein! Ändert es etwas daran, wie diese Welt sich verhält? Kann das Induktionsprinzip zB. garantieren, daß diese Welt auch morgen noch so funktioniert wie heute? Nein, natürlich nicht! 

 

Das Induktions-Prinzip kann es aber zumindest wahrscheinlich machen, "daß diese Welt auch morgen noch so funktioniert wie heute".

 

Das ist ja auch der Punkt: Das Problem ist hier nicht, dass man ohne Induktionsprinzip nicht "absolut sicher" sein kann, dass die Welt morgen grundsätzlich noch so aussieht wie heute. Eine "absolute" Sicherheit dieser Sorte bekommen wir selbst mit gültigem Induktions-Prinzip nicht. Damit müssen und können wir leben. Das Problem ist vielmehr, dass man ohne Induktion noch nicht einmal wissen kann, dass es zumindest wahrscheinlich ist, dass die Welt morgen noch so funktionieren wird wie die letzten knapp 14 Mrd. Jahre.

 

"Mein" Induktionsprinzip macht also den Unterschied aus, ob es einen vernünftigen Grund gibt oder nicht, die folgende Aussage für zutreffend zu halten:

 

"Sehr wahrscheinlich geht auch noch morgen die Sonne auf."

 

Entschuldige. lieber @iskander, aber das ist nicht schlüssig, nicht einmal für einen Philosophen! ;) "Das Induktionsprinzip" kann überhaupt nichts machen! Diese Welt ist, wie sie ist, und funktioniert, wie sie funktioniert. Das "Induktionsprinzip" ist einfach nur eine philosophische Fantasie, und wie du sie vertrittst, nicht einmal das. Was soll das heißten. "es macht wahrscheinlich"? Wahrscheinlichkeit ist nach klassischer Definition der Quotient der Anzahl der günstigen Ergebnisse zur Anzahl der überhaupt möglichen Ergebnisse. Es ist offensichtlich, daß das auf die allermeisten Fälle der beobachtbaren Wirklichkeit nicht anwendbar ist, einfach weil man die dafür benötigten Zahlen nicht kennt. Bleiben Spekulationen auf der Grundlage von Beobachtungen (der Wiki-Artikel zählt einige auf, ohne daß sich daraus eine Definition ergäbe). 

 

Dein "Induktionsprinzip" sagt also nichts anderes, als daß es aufgrund der bisherigen Beobachtungen "zumindest wahrscheinlich ist, daß diese Welt auch morgen noch so funktioniert wie heute", wobei "wahrscheinlich" keinerlei Informationen darüber enthält, wie wahrscheinlich das eigentlich ist. Es ist schlicht eine Alltagsvermutung, es werde schon gut gehen, und wie jede Alltagsvermutung kann sie fürchterlich in die Hose gehen. Genauso schlau waren wir ohne dein "Induktionsprinzip" vorher auch schon!

 

Du kleidest eine Alltagsvermutung in einen philosophischen Mantel namens "Induktionsprinzip", damit es sich in dieser Verkleidung in einer Diskussion sehen lassen kann, mit der du zeigen willst, wie notwendig für unsere Erkenntnis Philosophie sei - Philosophie, die sich bei näherer Betrachtung als Schimäre herausstellt.

 

Du behauptest, es gäbe für unsere praktische Orientierung in dieser Welt keine vernünftigen Gründe, die nur deine Philosophie liefern könne. Und wenn man dann genau nachschaut, worin diese Gründe bestehen, dann sind es in pompöse, philosophische Begriffe verkleidete Alltagsvermutungen! Wobei ich jetzt nicht weiß, ob du deren eigentlichen Charakter nur vor uns verbergen willst, oder auch vor dir selbst. 

 

Nein, lieber @iskander, das überzeugt nicht! Deine Suche nach philosophischen Prinzipien als Grundlage unserer Erkenntnis beruht auf nichts anderem als dem Glauben, es müsse solche Prinzipien geben. Wenn man diesen Glauben teilt, mag eine solche Suche emotional befriedigend sein. Objektive Erkenntnisse bringt sie nicht, weil sie nicht durch Tatsachenbeobachtungen zu belegen ist. Sie ist eine reine Glaubensfrage, nur eben nicht dem Glauben an Götter, sondern dem an die "heilende Wirkung" metaphysischer Begriffe.

 

Wenn man diesen Glauben nicht teilt, so wie ich, dann sagt einem das nicht nur nichts, es ist einfach nur eine Ablenkung, und bestätigt nur eins: daß es keine außerphilosophischen Gründe gibt, Philosophie zu betreiben. Es hat auch keinen Sinn, mir irgendwelche (intellektuellen?) Verluste zu prophezeien. Da ich deine diesbezüglichen Wertvorstellungen nicht teile, erscheinen sie mir eher als Gewinn. 

 

 

 

 

 

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