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Fürwahrhalten in der Religion


KevinF

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vor einer Stunde schrieb Marcellinus:

Metadisziplin? Ich komm aus dem Lachen nicht mehr heraus! :D

 

Wenn sich jemand mit einer Sache beschäftigt und wenn jemand anderer sich mit dieser Beschäftigung beschäftigt, dann landet man auf einer Meta-Ebene. Wenn Du beispielsweise keine Wissenschaft betreibst, sondern über die Wissenschaft sprichst, dann ist das auch eine Meta-Tätigkeit, und das gleiche gilt natürlich auch für die Wissenschaftstheorie.

 

Du polemisierst sehr häufig gegen die Philosophie, und das sei Dir unbelassen. Wie wäre es aber, wenn Du zuvor erst einmal auf die von mir sehr häufig gestellte und bisher leider noch unbeantwortete Frage eingehst, was denn einen Großteil dessen, was Du schreibst, von philosophischen Äußerungen unterscheidet?

 

Wenn Du über Fragen sprichst, die nach allen Definitionen der Welt philosophisch sind, und die ersichtlich keinen direkten Bezug zu den Sozialwissenschaften haben; wenn Du - sofern Du überhaupt argumentierst - das philosophisch und nicht sozialwissenschaftlich tust: Warum betreibst Du dann keine Philosophie, sondern Soziologie? Warum gehören jene Aussagen von Dir, nicht einmal soziale Begriffe beinhalten, nicht in die Metalogik, Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie, Ontologie usw., sondern in die Soziologie?

 

Wenn Du beispielsweise insinuierst, dass die Logik nur "Widersprüche" oder "Selbstverständlichkeiten" und "Plattheiten" liefert, und dass man die Logik für den wissenschaftlichen Prozess eigentlich gar nicht wirklich braucht (sondern dass sie bestenfalls "hilfreich" ist): dann ist das zwar erweislich falsch (siehe hier) - aber wieso sind das thematisch betrachtet angeblich keine metalogischen, sondern sozialwissenschaftliche Aussagen?

Inwiefern geht es bei derartigen Behauptungen wesentlich um soziale Verhältnisse als solche?

In welchem Lehrbuch der Sozialwissenschaft werden derartige Fragen über die Bedeutung, die Leistungsfähigkeit und die Grenzen der Logik behandelt?

Wie kann man solche Fragestellungen auch nur prinzipiell mit sozialwissenschaftlichen Methoden und durch sozialwissenschaftliche Forschung klären?

Welche konkrete empirisch-sozialwissenschaftliche Studie steht hinter Deiner Behauptung? (Denn nur empirisch Geprüftes kann nach Deiner Meinung ja Erkenntnis sein und alles andere ist für Dich "Fantasie"; und Deine eigenen Äußerungen hier dürften doch mehr sein als "Fantasien"?)

 

Und wenn Du das gleiche sagst wie Philosophen, bei denen niemand bezweifelt, dass ihr Reden philosophisch ist, wieso sagst Du selbst dann nichts Philosophisches? Wenn Du beispielsweise genau das gleiche wie Popper über die Induktion behauptest, und das Behauptete sogar genau gleich wie er begründest; und wenn das offensichtlich und nach einhelliger Meinung philosophisch ist - auch nach der Meinung von Elias: Warum ist das dann wertlose Philosophie, wenn es von Popper herrührt, aber erkenntnisbringende Soziologie, sobald inhaltlich genau das gleiche aus Deiner Feder stammt?

 

vor einer Stunde schrieb Marcellinus:

Meines Wissens gibt es keine "Definition" von Philosophie und jeder Philosoph versteht darunter etwas anderes. 

 

Es gibt gewisse Unterschiede, aber prinzipiell doch fundamentale Gemeinsamkeiten. Dies manifestiert sich beispielsweise darin, dass Thesen wie die, die Du aufstellst, nach allgemeiner Überzeugung und nach allen Lexikon-Einträgen und allen Lehrbüchern der Welt in die Philosophie und nicht in die Sozialwissenschaften gehören.

 

Wie gesagt habe ich Dir Fragen wie die obigen so oder so ähnlich schon oft gestellt - bisher jedoch, wenn mir die Anmerkung gestattet ist, ohne eine Antwort zu erhalten. ;)

Es wäre aber vielleicht schon aus folgendem Grund sinnvoll, wenn Du solche Fragen erst einmal beantworten könntest: Wenn wenn Du ständig gegen die Philosophie polemisierst, Deine Äußerungen (von wenigen Ausnahmen abgesehen) aber thematisch wie argumentativ voll und ganz in die Philosophie gehören, dann würde Deine ganze Polemik auf Dich selbst zurückfallen. Du würdest dann nicht nur ständig philosophieren, sondern noch nicht einmal merken, dass Du es tust, und diejenigen verachten, die es merken und - falls ich das so anmerken darf - vielleicht auch etwas professioneller tun.

 

A propos unbeantwortete Fragen. Ich darf Dich hoffentlich freundlich darauf hinweisen, dass es da noch einige gäbe, die ich schon oft und bisher erfolglos gestellt habe. Ich möchte nur auf ein paar davon hinweisen:

 

Da Du ja offenbar der Meinung bist, dass eine Begründung der Induktion unnötig oder gar unsinnig sei, würde ich gerne wissen, inwieweit Du mir bei folgenden Aussagen zustimmst und wo Du mir nicht mehr zustimmst:

 

1. Wenn wir sagen, dass die von uns beobachteten Krähen schwarz sind, dann drücken wir einfach unsere Beobachtungen aus.

2. Wenn wir sagen, dass die nächste - noch unbeobachtete - Krähe auch schwarz sein wird, dann drücken wir damit nicht einfach unsere Beobachtungen aus. Wir sagen vielmehr etwas, was über unsere Erfahrung hinausgeht.

3. Dies ist nur möglich auf der Grundlage eines logischen Schlusses, bei dem wir auf Grundlage der Erfahrung Behauptungen über das (noch nicht) Erfahrene aufstellen.

4. Ein solcher Schluss muss in etwa so aussehen:

a) Alle bisher beobachteten Krähen waren schwarz.

b) Wenn alle bisher beobachteten Krähen schwarz waren, wird sehr wahrscheinlich auch die nächste beobachtete Krähe schwarz sein. [Oder allgemeiner: Wenn bisher alle beobachteten X die Eigenschaft E hatten, wird wahrscheinlich auch das nächste X die Eigenschaft E haben.]

c) Also wird sehr wahrscheinlich auch die nächste beobachtete Krähe schwarz sein.

 

Wenn Du das anders siehst, sag mir bitte wo und warum und ggf. auch, was Deine Alternative ist. Wenn Du keine Alternative hast und wenn b) nicht durch die Beobachtung begründbar ist: Warum sollte es dann keine legitime und sinnvolle Frage sein, wie b) denn dann begründbar ist?

 

Eine weitere, bisher unbeantwortete Frage wäre diese:

 

In der Wissenschaft ist es ja häufig so, dass wir über ein Phänomen Wissen erwerben, das wir nicht beobachten können. Dass man beispielsweise Elementarteilchen nicht direkt beobachten kann, darauf werden wir uns wohl einigen können. Woher wissen wir dann dennoch etwas über sie?

Meine Antwort wäre: Wir schließen auf ihre Existenz - und zwar aus a) beobachtbaren Mustern zusammen mit b) einem umfangreichen Hintergrundwissen.

 

Wenn Du der Meinung bist, dass bei einem solchen wissenschaftlichen Vorgehen (oder auch bei Falsifizierungs-Versuchen), logische Schlüsse keine entscheidende und absolut unverzichtbare Rolle spielen: Wie gelangt man denn dann Deiner Meinung nach von den Befunden, die man beobachten kann (Anzeigen auf Messgeräten usw.), zum Wissen über die Elementarteilchen?

 

Und wenn dir das Beispiel - oder meine anderen Beispiele aus der Vergangenheit - nicht zusagen sollten, und Du nur deshalb noch nicht geantwortet hast, dann können wir gerne auch über ein anderes sprechen. Wie gesagt gibt es ja unzählige Fälle, in denen Wissenschaftler auf Grundlage der Beobachtung etwas übder Dinge aussagen, die nicht direkt beobachtbar sind. ;)

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vor 4 Stunden schrieb iskander:

Wie gesagt habe ich Dir Fragen wie die obigen so oder so ähnlich schon oft gestellt - bisher jedoch, wenn mir die Anmerkung gestattet ist, ohne eine Antwort zu erhalten.

 

Welchen induktiven Schluss ziehst du daraus? Geduld fängt da an wo sie aufhört?

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vor 56 Minuten schrieb Weihrauch:

 

Welchen induktiven Schluss ziehst du daraus? Geduld fängt da an wo sie aufhört?

 

Dass im folgenden Fall tatsächlich eine gewisse Geduld notwendig zu sein scheint. :D Aber da ich glaube, dass diese Fragen nicht nur sachlich berechtigt, sondern für die Diskussion auch essentiell ist, will ich die notwendige Geduld in der Tat aufbringen. ;)

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Am 12.12.2024 um 13:05 schrieb Marcellinus:
Am 12.12.2024 um 01:18 schrieb iskander:

Deine gesamte Haltung beruht darauf, dass Du den Begriff "Philosophie" offenbar anders definierst als der Rest der übrigen Menschheit

 

Meines Wissens gibt es keine "Definition" von Philosophie und jeder Philosoph versteht darunter etwas anderes. 

 

Dazu vielleicht auch noch diese Ergänzung: Wenn es keinen einigermaßen brauchbaren Begriff der Philosophie gäbe (der auch eine Abgrenzung zur Soziologie erlaubt), dann ließe sich die Philosophie nur noch dafür kritisieren, dass sie ein Phantom wäre, während eine allgemeine inhaltliche Kritik an der Philosophie unmöglich wäre.

 

Man könnte die Philosophie aber notfalls ganz pragmatisch als das definieren, was Philosophen - etwa auch im Gegensatz zu Soziologen - typischerweise tun. Und natürlich gibt es auch bessere Definitionen. Doch ganz egal, wie auch immer man die Philosophie im Detail definiert: Ein ganz großer Teil dessen, was Du sagst, fällt nach allen Definitionen ganz unstrittig unter die Rubrik der "Philosophie" und nicht unter die der "Sozialwissenschaften".

 

Nun steht es Dir natürlich frei, die Auffassung zu vertreten, dass diese Kategorisierung sachlogisch betrachtet unangemessen sei. Deine Aussagen bezögen sich, so magst Du sagen, auf soziale Phänomene qua soziale Phänomene; Deine Thesen seien mithilfe sozialwissenschaftlicher Methoden überprüfbar; und Du würdest sie auch so belegen, wie ein (empirisch arbeitender) Sozialwissenschaftler das tut - und nicht etwa so argumentieren, wie ein Philosoph das täte.

 

Wenn Du dies tatsächlich plausibel machen kannst, pflichte ich Dir gerne bei, dass es angemessener ist, Deine Äußerungen als sozialwissenschaftlich denn als philosophisch zu betrachten. (Gleichzeitig müsste man dann allerdings von sehr vielen Themen, die bisher als "durch und durch" philosophisch erachtet wurden, sagen, dass sie eigentlich in die Soziologie gehören, und dass Philosophen und Sozialwissenschaftler das bisher systematisch übersehen haben. Aber auch diese Konsequenz bin ich zu akzeptieren gerne bereit, wenn entsprechende Argumente vorliegen.)

 

Nur liegt leider genau hier auch das Problem: Bisher konntest Du noch nicht aufzeigen, wieso Behauptungen, die noch nicht einmal soziale Begriffe beinhalten, sozialwissenschaftlich sein sollen, und wie man sie sozialwissenschaftlich (empirisch) prüfen oder belegen kann. Warum beispielsweise ist die These, dass die Logik nur "Selbstverständlichkeiten" oder "Widersprüchen" offenbaren könne, eine sozialwissenschaftliche und keine metalogische? Warum sind Deine Thesen zur Induktion, die völlig denen von Popper entsprechen und von jedem - ausdrücklich auch von Elias - als philosophisch betrachtet werden, plötzlich sozialwissenschaftlich, wenn sie aus Deiner Feder stammen? Man könnte hier noch lange weitermachen, und in der Tat habe ich ja solche Fragen schon in der Vergangenheit, bezogen auf ein paar Beispiele, gestellt.

 

Bisher hast Du diese Fragen noch nicht beantwortet. Solange das aber so ist und zumindest der Anschein besteht, dass Du sehr viel Philosophie betreibst - eine These, die ich ich ja nicht einfach unterstelle, sondern recht ausführlich darlege - wirkt Deine mitunter geradezu leidenschaftliche Ablehnung und Geringschätzung der Philosophie eben doch etwas merkwürdig. Insofern würde ich Dich einladen, vielleicht noch einmal nachzudenken, ob ich denn wirklich so falsch liege. Wenn ja, sollte es ja einfach sein, auf die oben thematisierten kritischen Punkte einzugehen. Andernfalls wäre es jedoch vielleicht nicht ganz verkehrt, eine Revision Deiner Haltung in Betracht zu ziehen. ;)

bearbeitet von iskander
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vor 1 Stunde schrieb iskander:

Wenn es keinen einigermaßen brauchbaren Begriff der Philosophie gäbe (der auch eine Abgrenzung zur Soziologie erlaubt), dann ließe sich die Philosophie nur noch dafür kritisieren, dass sie ein Phantom wäre, während eine allgemeine inhaltliche Kritik an der Philosophie unmöglich wäre.

 

So, gibt es diesen Begriff? Ich wüßte nicht, und das ist ja auch das Problem. Jede Kritik an Philosophie ist (wie übrigens auch die an Religion), der Versuch, Pudding in die Wand zu nageln. 

 

vor 1 Stunde schrieb iskander:

Man könnte die Philosophie aber notfalls ganz pragmatisch als das definieren, was Philosophen - etwa auch im Gegensatz zu Soziologen - typischerweise tun. Und natürlich gibt es auch bessere Definitionen. Doch ganz egal, wie auch immer man die Philosophie im Detail definiert: Ein ganz großer Teil dessen, was Du sagst, fällt nach allen Definitionen ganz unstrittig unter die Rubrik der "Philosophie" und nicht unter die der "Sozialwissenschaften".

 

Dann wäre alles Philosophie, oder kennst du etwas, für das sich Philosophen nicht für zuständig halten? Das ist übrigens auch, warum du meine Einlassungen unter (natürlich schlechte) Philosophie subsummierst. 

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vor 1 Stunde schrieb iskander:

Bisher hast Du diese Fragen noch nicht beantwortet. Solange das aber so ist und zumindest der Anschein besteht, dass Du sehr viel Philosophie betreibst - eine These, die ich ich ja nicht einfach unterstelle, sondern recht ausführlich darlege - wirkt Deine mitunter geradezu leidenschaftliche Ablehnung und Geringschätzung der Philosophie eben doch etwas merkwürdig.

 

Ich sage es zum (hoffentlich) letzten Mal, soweit deine Fragen für mich überhaupt einen Sinn ergeben haben, habe ich sie beantwortet. Wenn du meine Antworten nicht verstehst, weil ich nunmal deinen Solipsismus nicht teile, kann ich das leider nicht ändern. Du lebst in einer Welt, die mit meiner wenig zu tun hat. 

 

vor 1 Stunde schrieb iskander:

Insofern würde ich Dich einladen, vielleicht noch einmal nachzudenken, ob ich denn wirklich so falsch liege. Wenn ja, sollte es ja einfach sein, auf die oben thematisierten kritischen Punkte einzugehen. Andernfalls wäre es jedoch vielleicht nicht ganz verkehrt, eine Revision Deiner Haltung in Betracht zu ziehen. ;)

 

An welcher Stelle soll ich mit dem Nachdenken beginnen? Da, wo du nicht weißt, welche Farbe der nächste Rabe hat, den ich sehe, oder ob morgen die Naturgesetze noch gelten, oder vielleicht schon da, ich nicht weiß, ob der Stuhl, auf den ich mit setzen will, überhaupt da ist? Nein, was du bisher hier abgeliefert hast, hat meine Ansichten eher bestärkt, und das einzige, was mich an meiner Haltung selbst wundert, ist, daß ich nicht deutlicher schreibe, was ich von deinen Positionen halte. :D

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@iskander Ich verstehe @Marcellinus so, dass sich die hier diskutierten Fragen der philosophischen Erkenntnistheorie von selbst erledigen, wenn man beschreibt, wie Wissen (um Fragen zuvorzukommen: Das, was wir im Alltag als Wissen bezeichnen) gemäß den empirischen Wissenschaften tatsächlich produziert wird.

Und dem würde ich zustimmen.

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vor 7 Stunden schrieb Marcellinus:

So, gibt es diesen Begriff? Ich wüßte nicht, und das ist ja auch das Problem. Jede Kritik an Philosophie ist (wie übrigens auch die an Religion), der Versuch, Pudding in die Wand zu nageln. 

 

Dafür übst Du aber sehr viel konkrete und sehr pauschale Kritik. Ansonsten empfehle ich Dir, mit den Definitionen von guten Enzyklopädien zu beginnen.

 

vor 7 Stunden schrieb Marcellinus:

Dann wäre alles Philosophie, oder kennst du etwas, für das sich Philosophen nicht für zuständig halten?

 

Tja, mal überlegen: Wie wäre es mit der Frage, wie weit die Erde von der Sonne entfernt ist? Oder mit der, ob alle Zellen einen Zellkern haben? Mir fallen sehr viele Fragestellungen ein, für die Philosophen sich für nicht zuständig halten. ;)

 

Zitat

Das ist übrigens auch, warum du meine Einlassungen unter (natürlich schlechte) Philosophie subsummierst. 

 

Nein, sondern ich betrachte sie als "Philosophie", weil sie nach jeder beliebigen Definition der Welt darunter fallen, und weil Du nirgendwo darlegst, wie man solche Fragestellungen als "soziologisch" verstehen könnte, oder wie man sie mithilfe empirisch-sozialwissenschaftlicher Forschung untersuchen könnte. Und auch in diesem Beitrag hast Du, wenn ich dies anmerken darf, auf diese Frage keine Antwort gegeben. ;)

 

vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

Ich sage es zum (hoffentlich) letzten Mal, soweit deine Fragen für mich überhaupt einen Sinn ergeben haben, habe ich sie beantwortet.

 

Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Du sagst über die Induktion genau das gleiche wie Popper - bis hin zur Begründung. Und dass diese Auslassungen von Popper philosophisch sind. bezweifelt niemand - im Gegenteil bestätigt das auch Elias ausdrücklich. Ich habe Dich daher gefragt, wieso denn dann, wenn Du dasselbe meinst und dieselben Begründungen lieferst wie Popper, es in Deinem Fall aber keine Philosophie sein soll, sondern Soziologie. Warum ergibt diese Frage für Dich keinen Sinn bzw. wo hast Du sie schon beantwortet? 

 

Zitat

Wenn du meine Antworten nicht verstehst, weil ich nunmal deinen Solipsismus nicht teile, kann ich das leider nicht ändern. Du lebst in einer Welt, die mit meiner wenig zu tun hat. 

 

Ich habe eine ernst gemeinte Frage an Dich. Ich habe nichts, aber überhaupt nichts geschrieben, was auch nur in Richtung Solipsismus geht. Im Gegenteil: Ich habe Dutzende male klargemacht, dass meine Position rein gar nichts mit dem Solipsismus zu tun hat. Sie ist ganz einfach: Wir können zwar mit der Sinneserfahrung nicht prüfen, ob es eine Welt jenseits der Sinneserfahrung gibt - aber wir können es dennoch wissen. Dazu benötigen wir aber eine Kombination aus Sinneserfahrung und Einsichten.

 

Du magst diese Auffassung nicht teilen; aber dass sie nicht solipsistisch ist, sondern im Gegenteil mit dem Solipsismus unvereinbar, sollte evident sein.

 

Ich habe Dich mehrfach höflich, aber auch nachdrücklich gebeten, damit aufzuhören, mir absurde Meinungen (wie eben den Solipsismus) zu unterstellen, die ich nirgendwo auch nur im Ansatz vertrete, und von denen ich mich nachdrücklich distanziere. Ich habe Dich scherzhaft gefragt, ob Du denn aufhörst, wenn ich Dir 1.000 Euro gebe - und später, nachdem es immer noch nicht aufgehört hat, ob 2.000 Euro reichen.

 

Kannst Du mir erklären, wieso Du trotz meiner entsprechenden Bitten weiterhin so verfährst - oder meinst Du, dass meine Frage keinen Sinn ergeben oder Du sie schon beantwortet habest?

 

(Einmal ganz abgesehen davon, dass Deine eigene Position absolut zwingend in den Solipsismus führt.)

 

vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

An welcher Stelle soll ich mit dem Nachdenken beginnen? Da, wo du nicht weißt, welche Farbe der nächste Rabe hat, den ich sehe, oder ob morgen die Naturgesetze noch gelten, oder vielleicht schon da, ich nicht weiß, ob der Stuhl, auf den ich mit setzen will, überhaupt da ist?

 

Dann habe ich folgende Frage, falls diese für Dich "Sinn ergibt": Wenn wir nicht mit unseren Augen sehen, dass der nächste Rabe schwarz sein wird (weil wir nicht in die Zukunft sehen), es aber auch keine Kombination von Denken (Vernunft, Einsicht) und Erfahrungswissen ist, die uns dieses Wissen vermittelt: Woher wissen wir es Deiner Meinung nach denn dann?

bearbeitet von iskander
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vor 5 Stunden schrieb KevinF:

@iskander Ich verstehe @Marcellinus so, dass sich die hier diskutierten Fragen der philosophischen Erkenntnistheorie von selbst erledigen, wenn man beschreibt, wie Wissen (um Fragen zuvorzukommen: Das, was wir im Alltag als Wissen bezeichnen) gemäß den empirischen Wissenschaften tatsächlich produziert wird.

 

Dann verstehst Du @Marcellinus wohl falsch, auch wenn er Deinen Beitrag "geliked" hat. ;)

 

Marcellinus äußert sich unzählige male zu Fragestellungen, die nach allen üblichen Definitionen zur Philosophie gehören, und von denen kein Naturwissenschaftler und kein Soziologe je behaupten würde, dass sie in sein Gegenstandgebiet fallen oder mit seinen Methoden lösbar seien.

 

Wohlgemerkt: Er ignoriert diese Fragestellungen nicht einfach, sondern er thematisiert sie und gibt Antworten auf sie; und soweit er überhaupt argumentiert, argumentiert er philosophisch. Um Dir alle Beispiele zu geben, wäre ich wahrscheinlich fünf Tage am schreiben, daher nur das Wichtigste. Im Folgenden ein paar seiner Thesen:

 

1. Nur dort, wo es empirische Prüfung gebe, könne es Wissen geben; was nicht empirisch geprüft sei, sei Fantasie.

 

Was diese These grundsätzlich vom philosophischen Empirismus unterscheidet, der ja praktisch das gleiche behauptet, hat er auch auf mehrfache Nachfrage nicht erklärt. (Aber vielleicht ergibt diese Frage für ihn einfach auch "keinen Sinn".)

 

Auf die Frage, wie er diese These selbst empirisch geprüft und bestätigt werden könne (denn sonst wäre sie ja laut Selbstaussage auch nur Fantasie), hat er in einer Weise geantwortet, von der mir unklar ist, wie sie seine These belegen könne; und auf meine Bitten, einfach mal die Prämissen einzeln aufzuschreiben, hat er mit der Bemerkung reagiert, dies sei dann eine "philosophische Sprache", die er ablehne. (Auf meine Erläuterung, dass jede Argumentation Prämissen und Konklusion beinhaltet und das erst mal mit Philosophie nichts zu tun hat, hat er nie reagiert.)

 

Ist eine These, die dem Empirismus entspricht - also eine wichtigen und unbestritten philosophischen Richtung - so etwas wie ein "Erledigen" der Philosophie?

 

2. Über die Logik sagt er, dass diese in der Wissenschaft nicht gebraucht werde, sondern dort höchstens "hilfreich" sei (und selbst dieses "hilfreich" kam erst kürzlich; davor waren seine Kommentare noch ablehnender). Die Wissenschaft gewinne ihr Wissen nämlich "nicht durch sprachliche Logeleien, sondern durch einen wechselseitigen Prozeß von Tatsachenbeobachtungen und Theoriebildung". Ebenso behauptet er, dass Logik nur zu "Selbstverständlichkeiten" und "Widersprüchen" führe.

 

Wie man jedoch die Prüfung einer Theorie an der Empirie ohne Logik vornehmen soll - also etwa ohne den Modus Tollens, hat er mir auch auf Nachfrage nicht gesagt. Und auch nicht, wieso derartige grundlegende Behauptungen über die Natur der Logik in die Soziologie fallen sollen (statt etwa in die Metalogik oder Wissenschaftstheorie).

 

Bitte verzeih, aber ich verstehe an dieser Stelle auch nicht ganz, dass Du Marcellinus noch nie darauf hingewiesen hast, wie grundfalsch seine Auffassung der Logik ist. Denn Du selbst kennst Dich ja offenkundig gut genug aus, um zu wissen, wie absolut unhaltbar seine Ansichten sind. Und Dich nimmt er immerhin ernst, während fast alles, was ich sage, philosophisch und somit ipso facto (mindestens!) höchst fragwürdig ist. ;)

 

3. Im Hinblick auf die Induktionsproblematik ist er wie Popper der Auffassung, dass man die Induktion nicht brauche, und er argumentiert auch ganz wie Popper, "daß das 'Induktionsprinzip' ein Fehlschluss ist, oder zumindest einer, der sein Ergebnis schon voraussetzt".

 

Gehört Poppers Auffassung also nicht zur Wissenschaftsphilosophie, sondern "erledigt" seine Auffassung die Wissenschaftsphilosophie vielmehr?

 

4. Bezogen auf das klassischen philosophische Problem, wie Psychisches und Physisches sich prinzipiell zueinander verhalten, vertritt Marcellinus zumindest laut dem, was er mehrfach deutlich formuliert, eine Position, die in der Philosophie als "starke Emergenz" bekannt ist.

 

Das erkennt bzw. anerkennt er jedoch nicht. Tatsächlich lehnt er sogar den Begriff "Philosophie des Geistes" ab, weil er glaubt, dass mit diesem Begriff bereits die Existenz eines von der Materie unabhängigen Geistes präsupponiert werde - weshalb die Ergebnisse dieser Philosophie für ihn nicht von Relevanz seien.

 

Hier hast Du ein gutes Beispiel für das, was ich meine: Marcellinus befasst sich mit klassischen philosophischen Fragen und gibt auf sie sogar die gleiche Antwort wie eine bestimmte philosophische Denkschule. Da er aber erstens keine Kenntnisse der Philosophie besitzt und selbst ihre grundlegendsten Begriffe nicht kennt bzw. missversteht, zweitens aber zu wissen glaubt, was Sache ist, und drittens (deshalb) überzeugt ist, dass bei der Philosophie eh nie etwas Sinnvolles herauskommen könne, hält er es offenbar für unmöglich, dass er selbst einfach nur das sagt, was in der Philosophie eh schon lange und viel gründlicher diskutiert wird.

 

Und wenn man ihm einen Text vorlegt, welcher diesen Punkt deutlich macht, beeindruckt ihn auch das nicht - denn in dem Zitat kommen ja philosophische Begriffe vor, und das bedeutet ja, dass Philosophen sich da mal wieder in eine absurde Fantasterei hineingesteigert haben. Dass er dann überhaupt den Begriff "Emergenz" benutzt, ist wohl nur dadurch erklärbar, dass ihm unbekannt ist, dass dieser Begriff von Philosophen in die Diskussion um das Bewusstsein eingebracht wurde - und zwar in der gleichen und allgemein üblichen Bedeutung, wie auch er selbst, Marcellinus ihn verwendet.

 

Fazit:

 

Marcellinus ignoriert nicht einfach philosophische Fragen, sondern äußert sich inhaltliche zu ihnen.

 

Zitat

Und dem würde ich zustimmen.

 

Das liegt aber dann daran, dass Du den Begriff "Erledigen" in einer sehr ungewöhnlichen Bedeutung verwendest. Du weist ja beispielsweise die Frage, ob man die Induktion rechtfertigen könne, und wenn ja wie (bzw. wie nicht), nicht etwa einfach zurück. Das wäre aber das, was man normalerweise mit einer "erledigten" Frage tut. Sondern Du stellst Dir diese Frage und beantwortest sie - und zwar zumindest in Teilen so, wie auch bestimmte philosophische Strömungen sie beantworten.

 

Und auch dort, wo Deine Antwort vielleicht unkonventionell ist, beruht sie nicht etwa auf physikalischen Experimenten oder sozialwissenschaftlichen Studien, auf die Du verweist, sondern auf Reflexionen - oder, wie Marcellinus sagen würde, "reinem Denken". So wie übrigens ja auch praktisch die gesamte Diskussion hier, und zwar auf Seiten von uns allen. 

 

Um es mal etwas launig auszudrücken: Wenn das "Erledigen" philosophischer Fragen nicht darin besteht, dass man sie ignoriert, sondern darin, dass man sie sich durchaus stellt, um sie dann mit der gleichen Methode zu beantworten, mit der auch Philosophen an sie herangehen; und zumindest teilweise sogar mit den gleichen Ergebnissen, wie sie auch von Philosophen vertreten werden: Dann kann die Philosophie wohl gut mit diesem "Erledigtsein" leben. ;)

 

bearbeitet von iskander
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@KevinF

 

Und ergänzend noch ein letzter und 5. Punkt dazu, wie @Marcellinus philosophische Fragestellungen keineswegs als "erledigt" zur Seite schiebt, sondern sie vielmehr bedenkt und zu beantworten versucht.

 

5. Marcellinus meint, dass die Wissenschaft nicht zur Wahrheit führe.

 

Ob und in welchem Maße die Wissenschaft zu wahren Theorien führt - im Gegensatz zu solchen, die bestenfalls empirisch adäquat sind -, ist eine der Kernfragen der Wissenschaftstheorie. Sie ist keine empirisch-wissenschaftliche Fragestellung, die man etwa einfach durch ein Experiment oder eine theoretische Modellierung beantworten könnte; und erst recht ist das keine soziologische Frage.

Wie sollte man diese Frage auch sozialwissenschaftlich untersuchen? Sozialwissenschaftlich wäre etwa die Frage, welche sozialen Prozesse einen (wie auch immer definierten) wissenschaftlichen Fortschritt begünstigen - aber doch nicht, ob es gute Gründe für die Annahme gibt, dass zumindest manche wissenschaftlichen Theorien der Wahrheit entsprechen oder nahekommen!

 

Die Position, dass die Wissenschaft nicht zur Wahrheit führe, gibt es also (prominent) auch innerhalb der Philosophie, und sie wird dort natürlich unter anderem auch mit dem von Marcellinus geäußerten Argument gerechtfertigt, dass Theorien, die man einmal als wahr angesehen hat, sich später als falsch erwiesen haben. Um hier nur ein wenig zu zitieren:

 

"If one considers the history of scientific theories in any given discipline, what one typically finds is a regular turnover of older theories in favor of newer ones, as scientific knowledge develops. From the point of view of the present, most past theories must be considered false; indeed, this will be true from the point of view of most times. [...]

Contemporary discussion commonly focuses on Laudan’s (1981) argument to the effect that the history of science furnishes vast evidence of empirically successful theories that were later rejected; from subsequent perspectives, their unobservable terms were judged not to refer and thus, they cannot [...] be regarded as true or even approximately true. [...]

Responses to this argument generally take one of two forms [...] For example, one might contend that if only sufficiently mature and non-ad hoc theories are considered, the number whose central terms did not refer and/or that cannot be regarded as approximately true is dramatically reduced (see references, section 1.3). Or, the realist might grant that the history of science presents a record of significant referential discontinuity, but contend that, nevertheless, it also presents a record of impressive continuity regarding what is properly endorsed by realism, as recommended by explanationists, entity realists, or structural realists [...] In section 1.3, the notion of selectivity was introduced as a general strategy for maximizing the plausibility of realism, particularly with respect to scientific unobservables. This strategy is adopted in part to square realism with the widely accepted view that most if not all of even our best theories are false, strictly speaking. If, nevertheless, there are aspects of these theories that are true (or close to the truth) and one is able to identify these aspects, one might then plausibly cast one’s realism in terms of an epistemically positive attitude toward those aspects of theories that are most worthy of epistemic commitment."

https://plato.stanford.edu/entries/scientific-realism/

 

Die philosophische Diskussion zum Thema ist zwar umfassender und komplexer als unsere Debatte zu diesem Thema - es kommen dort beispielsweise auch Argumente vor, als wir sie hier gar nicht diskutieren. (Und ja, es werden dort, wo es sinnvoll ist, auch philosophische Begriffe benutzt.) Aber sowohl die Frage nach der Wahrheit in der Wissenschaft sowie auch die Antwort, die Marcellinus auf sie gibt, sind schon lange Teil der philosophischen Debatte. Und mir ist kein Argument bekannt, welches Marcellinus in diesem Zusammenhang anbringt, welches nicht auch in der Wissenschaftsphilosophie diskutiert würde.

 

Es ist aber auch beim besten Willen nicht ersichtlich, wieso es plötzlich keine Philosophie mehr sein soll, wenn Marcellinus im Prinzip genau dasselbe sagt wie Teile der Philosophie.

 

Natürlich könnte man behaupten, dass es in Wahrheit die Philosophen seien, die sich irren, weil sie nämlich Soziologie betrieben, ohne es auch nur zu merken. Nun, wenn irgendjemand erklären kann, wieso es bei der Frage, ob die Wissenschaft "Wahrheit" entdecken kann, um spezifisch soziale Aspekte des Wissenserwerbs geht; oder wenn jemand verständlich machen kann, wie man diese Frage mithilfe sozialwissenschaftlicher Methoden untersuchen und beantworten könnte: Dann will ich gerne in Erwägung ziehen, dass die Wissenschaftstheorie der empirischen Sozialforschung Platz machen sollte. Nur konnte das bisher eben noch niemand erklären bzw. verständlich machen.

 

Auch hier lässt Marcellinus philosophische Fragen also mitnichten hinter sich. Ganz im Gegenteil widmet er sich auch hier wieder einer prominenten philosophischen Fragestellung.

 

bearbeitet von iskander
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vor 12 Stunden schrieb iskander:

Marcellinus meint, dass die Wissenschaft nicht zur Wahrheit führe.

 

Richtig! Oder vollständiger: Nichts führt zur "Wahrheit". "Wahrheit" ist der Gott der Philosophen, und wie der eine Illusion. ;) 

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vor 12 Stunden schrieb iskander:

Auch hier lässt Marcellinus philosophische Fragen also mitnichten hinter sich. Ganz im Gegenteil widmet er sich auch hier wieder einer prominenten philosophischen Fragestellung.

 

Aber nicht in der Sprache und mit den Vorstellungen der Philosophen! :D

 

Übrigens, wenn du meinst, ich würde nicht merken, wenn du über mich sprichst, nur weil du das "@" vermeidest, irrst du auch da. ;)

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20 hours ago, iskander said:

Das liegt aber dann daran, dass Du den Begriff "Erledigen" in einer sehr ungewöhnlichen Bedeutung verwendest. Du weist ja beispielsweise die Frage, ob man die Induktion rechtfertigen könne, und wenn ja wie (bzw. wie nicht), nicht etwa einfach zurück. Das wäre aber das, was man normalerweise mit einer "erledigten" Frage tut. Sondern Du stellst Dir diese Frage und beantwortest sie - und zwar zumindest in Teilen so, wie auch bestimmte philosophische Strömungen sie beantworten.

 

Und auch dort, wo Deine Antwort vielleicht unkonventionell ist, beruht sie nicht etwa auf physikalischen Experimenten oder sozialwissenschaftlichen Studien, auf die Du verweist, sondern auf Reflexionen - oder, wie Marcellinus sagen würde, "reinem Denken". So wie übrigens ja auch praktisch die gesamte Diskussion hier, und zwar auf Seiten von uns allen. 

 

Um es mal etwas launig auszudrücken: Wenn das "Erledigen" philosophischer Fragen nicht darin besteht, dass man sie ignoriert, sondern darin, dass man sie sich durchaus stellt, um sie dann mit der gleichen Methode zu beantworten, mit der auch Philosophen an sie herangehen; und zumindest teilweise sogar mit den gleichen Ergebnissen, wie sie auch von Philosophen vertreten werden: Dann kann die Philosophie wohl gut mit diesem "Erledigtsein" leben. ;)

 

Damit wären wir wieder am Anfang der Diskussion um die Philosophie:

 

Meine Position war und ist, dass man zur Beantwortung der hier diskutierten erkenntnistheoretischen Fragen bestenfalls eine Minimalphilosophie braucht.

 

@Marcellinus würde es vielleicht als Nichtphilosophie bezeichnen.

 

Meine letzte Antwort ist hier

 

Wie viel Philosophie steckt da drin?

bearbeitet von KevinF
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vor 2 Stunden schrieb KevinF:

 

@Marcellinus würde es vielleicht als Nichtphilosophie bezeichnen.

 

Nun, wenn der Empirismus und all die anderen von ihm vertretenen Positionen "Nicht-Philosophie" sind, dann mag er damit recht haben.

 

Nur stellt sich dann die Frage, was denn dann eigentlich überhaupt noch Philosophie - und nicht "Nicht-Philosophie" - ist. Die Themengebiete der philosophischen Logik/Metalogik, der Erkenntnistheorie, der Wissenschaftstheorie und der Ontologie - also mehr oder weniger die gesamte theoretische Philosophie - kann man dann jedenfalls streichen.

Oder alternativ muss man sagen, dass bestimmte inhaltliche Antworten auf philosophische Fragen keine Philosophie darstellen, auch wenn sie mit philosophischen Argumenten begründet werden und bisher stets als philosophisch galten. Fragt sich nur warum.

 

vor 2 Stunden schrieb KevinF:

Meine letzte Antwort ist hier

 

Wie viel Philosophie steckt da drin?

 

Nur explizit oder auch implizit? ;)

 

Zuerst einmal wird von Dir überhaupt das Induktionsproblem, also eine wesentliche philosophische Fragestellung thematisiert. Das beinhaltet natürlich die Reflexion, warum hier überhaupt ein Problem auftaucht und wie es aussieht. Dann der Punkt, dass man argumentiert, welche naheliegende Begründungsmöglichkeiten scheitern und warum. Alsdann beinhaltet Dein Lösungsansatz, wenn ich ihn richtig verstehe, dass man an irgendeiner Stelle einsehen muss, dass etwas wahrscheinlich der Fall ist (auch wenn ich selbst eine etwas andere Stelle wählen würde). Damit wäre dann implizit schon ein gewisser Rationalismus/Apriorimismus anerkannt, während der (radikale) Empirismus damit implizit verworfen würde. Ebenso scheinst Du, wenn ich Dich richtig verstehe, abduktiv zu argumentieren. Damit wäre auch explizit gemacht, dass abduktive Schlüsse überhaupt existieren; denn obwohl sie in den Naturwissenschaften ständig benutzt werden, meine ich, dass sie vielen Wissenschaftlern nicht explizit bekannt sind. (Dabei geht es mir natürlich nicht um das Wort "Abduktion" - Namen sind Schall und Rauch - sondern um das explizite Bewusstsein, dass diese Kategorie von Schlüssen überhaupt existiert; oft werden nämlich nur Deduktion und Induktion erwähnt.)

Auch scheinst Du zu akzeptieren, dass wir de facto in den Naturwissenschaften von der Induktion abhängen - oder zumindest hast Du mir diesbezüglich nicht widersprochen. Das wäre dann auch noch ein Punkt, der den meisten Naturwissenschaftlern - jedenfalls in der Theorie - nicht bewusst zu sein scheint. (Offenbar sind die meisten Naturwissenschaftler Popperianer.)

 

Folgende philosophische Aussagen würde ich hier also - falls ich Deine Position richtig verstehe - aufzählen:

 

- Das Nachdenken zeigt, dass es Schwierigkeiten gibt, induktive Schlüsse zu rechtfertigen, weil sie deduktiv ungültig sind und nicht zirkelfrei induktiv bewiesen werden können.

- Die Wissenschaft kann (gegen Popper) aber nicht auf induktive Schlüsse verzichten.

- Induktive Schlüsse können mithilfe apriorischer Einsichten in Kombination mit Erfahrungswissen begründet werden.

- Es gibt also grundsätzlich apriorische Einsichten und der radikale Empirismus ist falsch.

- Für das konkrete Verfahren Begründung ist ein abduktiver Schluss notwendig, und dieser ist gerechtfertigt.

- Es gibt abduktive Schlüsse.

- Zumindest manche von ihnen sind gerechtfertigt.

 

Wie viel oder wie wenig das ist, ist eine Sache der subjektiven Einschätzung. Es kommt allerdings immer auch darauf an, wie sehr man ins Detail geht. Beispielsweise wird man für eine wirklich gute Begründung höherstufiger induktiver Schlüsse neben "Erfahrung" eine Fülle deduktiver, abduktiver und niedrigstufiger induktiver Schlüsse brauchen (wobei natürlich eine Zirkularität vermieden werden muss).

Und wenn man von dem, was hier gesagt wurde, ausgeht, wäre die nächste Frage wäre beispielsweise, welche Arten apriorischer Erkenntnisse es gibt und es diesbezüglich Unterschiede der Gewissheit gibt, und ob man eine solche Art der Begründung mit apriorischem Element nur hier oder auch anderswo oder sogar überall benötigt wird. Oder ob abduktive Schlüsse nur zur Begründung der Induktion relevant sind, oder ob sie für alle empirischen Wissenschaften eine entscheidende Rolle spielen. (Solche Fragestellungen "muss" man dann zwar nicht thematisieren, aber sie wären naheliegend.)

 

Hier geht es allerdings ja auch nur um einen speziellen Fall, nämlich das Induktionsproblem. Es gibt aber noch anderes - beispielsweise würde ich argumentieren, dass formale logische Systeme natürlich als konventionell aufgefasst werden können, dass Logik aber grundsätzlich mehr ist, und dass alles davon abhängt, dass jede Wissenschaft davon abhängt, dass sie mehr ist.

bearbeitet von iskander
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vor 23 Stunden schrieb Marcellinus:

Übrigens, wenn du meinst, ich würde nicht merken, wenn du über mich sprichst, nur weil du das "@" vermeidest, irrst du auch da. ;)

 

Erstens: Zumindest auf meinem Bildschirm erscheint in beiden fraglichen Beiträgen ein @Marcellinus  mit @, und es würde mich überraschen, wenn es bei Dir anders wäre. So viel zum Thema Irrtum. ;)

Nach meiner eigenen Erfahrung macht es für die Benachrichtigung auch keinen Unterschied aus, ob man einmal oder mehrfach innerhalb eines Beitrags mit @ erwähnt wird. Deshalb dachte ich, dass einmal pro Beitrag genügt.

 

Abgesehen einmal davon, dass ich das @ jeweils mit Absicht eingefügt habe: Wieso sollte ich denn überhaupt auf die Idee kommen, dass Du es nicht merkst, wenn ich in gut sichtbaren Forenbeiträgen über Dich spreche?

 

Zum Rest später. ;)

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Jakobgutbewohner
Am 28.7.2024 um 08:54 schrieb KevinF:

Das Christentum und ähnliche Religionen erheben zwei Ansprüche:

 

1. Sie wollen existentielle Bedeutung für die Menschen haben. Im Christentum soll man sein Herz an Gott hängen.

Dies wirkt auf mich so formuliert etwas merkwürdig. Es geht eher darum, daß dem Menschen spirituell etwas nahegelegt werden soll, damit etwas dadurch bewirkt wird?

Zitat

2. Für die Zugehörigkeit (bzw. den "Glauben") ist das Fürwahrhalten zweifelhafter Aussagen erforderlich. Wie zum Beispiel "Existenz Gottes" und "Leben nach dem Tod".

Du denkst da z.B. an formalisierte "Bekenntnisse"?

Zitat

Meine Frage:

 

Wie soll denn bitte beides zusammen funktionieren?

 

Das Fürwahrhalten zweifelhafter Aussagen kann jederzeit durch berechtigten Zweifel zerstört werden.

 

Warum soll ich an so etwas mein Herz hängen? Wie sollte es mich in existentiellen Krisen tragen? Wie sollte es die Möglichkeit haben, mich in den Tiefen der Verzweiflung zu erreichen?

"So verstockt eure Herzen nicht, wie es geschah bei der Erbitterung am Tage der Versuchung in der Wüste; da eure Väter Mich versuchten, Mich auf die Probe stellten und doch vierzig Jahre Meine Werke sahen. [...] Seht zu, meine Brüder, daß nicht bei einem unter euch ein arges Herz des Unglaubens sich finde, das da abtrünnig würde von dem lebendigen Gott;" Heb 3,8+9+12

 

Demnach wäre "Glauben" eher etwas, das einem Erfahrenhaben folgt. Aber manches wird unter Menschen trotzdem tabusísiert, wird oft verdrängt. Das wäre dann eigentlich "Unglaube", würde ich sagen.

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vor 3 Minuten schrieb Jakobgutbewohner:

"So verstockt eure Herzen nicht, wie es geschah bei der Erbitterung am Tage der Versuchung in der Wüste; da eure Väter Mich versuchten, Mich auf die Probe stellten und doch vierzig Jahre Meine Werke sahen. [...] Seht zu, meine Brüder, daß nicht bei einem unter euch ein arges Herz des Unglaubens sich finde, das da abtrünnig würde von dem lebendigen Gott;" Heb 3,8+9+12

 

Demnach wäre "Glauben" eher etwas, das einem Erfahrenhaben folgt. Aber manches wird unter Menschen trotzdem tabusísiert, wird oft verdrängt. Das wäre dann eigentlich "Unglaube", würde ich sagen.

 

Weil es in einem Buch steht, das ja gerade der Werbung für diesen Glauben dienen soll? Das finde ich eine gewagte These! 

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14 hours ago, Marcellinus said:

 

Weil es in einem Buch steht, das ja gerade der Werbung für diesen Glauben dienen soll? Das finde ich eine gewagte These! 

 

Das ist im Rahmen dieses Threads völlig in Ordnung, es geht ja gerade darum, was "Glaube" aus christlicher Sicht ist 🙂

 

Insofern danke für die Antwort @Jakobgutbewohner , ich antworte sobald ich die Zeit dazu finde.

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vor 23 Minuten schrieb KevinF:
vor 14 Stunden schrieb Marcellinus:

Weil es in einem Buch steht, das ja gerade der Werbung für diesen Glauben dienen soll? Das finde ich eine gewagte These! 

 

Das ist im Rahmen dieses Threads völlig in Ordnung, es geht ja gerade darum, was "Glaube" aus christlicher Sicht ist 🙂

 

Es ist alles in Ordnung, was hier geschrieben wird, und jeder mag glauben, was er will. Ich wollte nur auf Widersprüche hinweisen, aber du hast Recht: am Ende geht es mich nichts an. 

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Jakobgutbewohner
vor 40 Minuten schrieb Marcellinus:

Ich wollte nur auf Widersprüche hinweisen,

Auch mir ging es um dieses Verständnis von Glauben. Es bedeutet nicht, daß das, was in einem Buch steht, deswegen etwas sei, das du persönlich erfahren hättest.

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Am 14.12.2024 um 18:39 schrieb Marcellinus:
Am 14.12.2024 um 06:10 schrieb iskander:

Auch hier lässt Marcellinus philosophische Fragen also mitnichten hinter sich. Ganz im Gegenteil widmet er sich auch hier wieder einer prominenten philosophischen Fragestellung.

 

Aber nicht in der Sprache und mit den Vorstellungen der Philosophen! :D

 

Sprachliche Differenzen können auf unterschiedliche Vorstellungen hindeuten, nämlich wenn unterschiedliche Ausdrucksweisen tatsächlich mit unterschiedlichen gedanklichen Inhalten verbunden sind; es kann aber auch sein, dass der gleiche oder ein ähnlichen Inhalt nur unterschiedlich formuliert wird.

So kommt es beispielsweise auch vor, dass zwei Leute etwas ähnliches meinen, aber der eine sich besser oder präziser ausdrückt, weil er sich näher mit einem Thema befasst hat. Beispielsweise wird man annehmen dürfen, dass sowohl der Durchschnittsbürger wie auch der Linguist zumindest grob die gleiche grundsätzliche Vorstellung davon haben, was "Grammatik" ist - dass sie sich aber dennoch unterschiedlich ausdrücken würden, wenn sie definieren und beschreiben sollten, was Grammatik ist. Es wäre nun aber unvernünftig, wenn der linguistische Laie allein schon wegen solcher Unterschiede mit Stolz behaupten würde, dass er etwas grundsätzlich anderes als der Linguist unter "Grammatik" versteht. Dazu müsste er sich tatsächlich erst einmal genügend Kenntnisse aneignen, um die Aussagen des Linguisten mit seinen eigenen Gedanken vergleichen zu können. 

 

Falls Du der Meinung bist, dass eine Differenzen zwischen Dir und der Philosophie besteht, die über das gerade beschriebene Phänomen hinausgeht, wäre meine Frage diese:

Kannst Du das belegen? Kannst Du also beispielsweise plausibel machen, dass die Empiristen etwas wesentlich anderes meinen als Du, wenn sie etwas sehr ähnliches wie Du sagen? Dass die Philosophen, die von Emergenz sprechen, damit etwas grundsätzlich anderes im Sinn haben als Du? Oder dass Philosophen, die behaupten, dass unsere wissenschaftlichen Theorien vermutlich falsch oder zumindest unsicher sind, mit solchen Aussagen ganz andere Vorstellungen verbinden als Du? Usw?

 

Oder könnte es sein, dass Du solches einfach nur annimmst, weil Du Dir sicher bist, dass die Gedanken der Philosophen so ganz anders sein müssen als die Deinen? Weil Du Du ja schließlich "weißt", dass die Philosophie der keine konstruktive Erkenntnisse liefern kann - während Deine eigenen Überlegungen natürlich konstruktive Erkenntnisse darstellen? ;)

 

Wenn man aus vergangenen Erfahrungen Schlüsse ziehen darf, ist zu befürchten, dass die Sache wie folgt ausgehen wird: Du wirst zwar keinerlei Belege dafür anbringen, dass die Philosophen, die sich zu den gleichen Themen äußern wie Du, grundsätzlich andere Vorstellungen haben als Du. Du wirst aber dennoch fest bei dieser Überzeugung bleiben; und bei nächster Gelegenheit wirst Du sie erneut bekräftigen. Wem die Prüfung seiner eigenen Theorien an der Empirie jedoch tatsächlich am Herzen liegt, sollte anders vorgehen. Insofern hoffe ich, dass mein Zweck-Pessimismus sich als unbegründet erweisen wird. ;)

 

Ich möchte die Gelegenheit für ein paar grundsätzliche Anmerkungen nutzen. Da Du ziemlich direkt bist, wirst Du es mir sicher auch nicht verübeln, wenn ich in nder Sache eine gewisse Offenheit walten lasse.
 

Fehlende Kenntnis

 

Beginnen wir mit einer simplen Frage, indem wir nochmals auf den Punkt von gerade eben zurückkommen. Wie willst Du denn überhaupt beurteilen, ob es Unterschiede zwischen Deinen Vorstellungen und denen der Philosophen gibt, wenn Du keine Kenntnisse der Philosophie besitzt? Wie soll ein Vergleich zweier Gegenstände möglich sein, wenn man den einen Gegenstand gar nicht kennt?

 

Denn – bitte nimm es mir nicht übel – dass Du kein Wissen über die Philosophie besitzt, ist völlig offenkundig. Und falls Du protestierst und sagst, Du habest durchaus gewisse Kenntnisse der Philosophie, weil Du das eine oder andere philosophische Buch gelesen hast, sei dies angemerkt: Erstens sind drei oder vier Bücher doch sehr wenig, um einen Einblick in die Philosophie zu bekommen; zweitens setzen viele philosophische Schriften auch schon ein gewisses Grundverständnis voraus; und drittens muss man auch gewillt sein, die Informationen, die man bekommt, auch zur Kenntnis zu nehmen. (Zum letzten Punkt gleich mehr.)

 

Gerade hast Du beispielsweise wieder einmal wieder insinuiert, dass die Philosophen sich [man füge im Geist hinzu: in ihrer maßlosen Arroganz] für alles und jedes kompetent halten würden ("...oder kennst du etwas, für das sich Philosophen nicht für zuständig halten?"). Immer wieder insinuierst Du auch, dass die Philosophie Fragen der empirischen Wissenschaften zu beantworten versuchen würde, gleichzeitig irrationalerweise aber deren Methoden ablehnen würde.

 

Dies sind übrigens auch einige der Gründe (keineswegs alle), wieso ich redlicherweise nicht sagen kann, dass Du nur oberflächliche Kenntnisse der Philosophie besitzt, sondern gezwungen bin zu konstatieren, dass Du tatsächlich überhaupt keine (nennenswerten) Kenntnisse von ihr hast; und dass (nahezu) alles, was Du zu wissen meinst, eine einziges großes Missverständnis ist.

 

Ich meine das nicht böse, aber so ist es. Du widersprichst? Du meinst, dass ich Unrecht habe? Du ärgerst Dich gar über solche "Unterstellungen"?

 

Nun, dann gib mir doch bitte ein einziges Beispiel eines auch nur ansatzweise namhaften Philosophen aus halbwegs moderneren Zeiten, auf den Deine Vorstellungen zutreffen! Nenne mir einen Philosophen, der beispielsweise meint, die Philosophie sei für Probleme zuständig, die nach allgemeiner naturwissenschaftlicher (nicht philosophischer!) Meinung klarerweise naturwissenschaftlich sind. Oder der gar versucht, solche Probleme philosophisch zu lösen. Ich wage folgende Prognose: Für solch ein Verhalten, welches nach Deiner Meinung ja absolut typisch für die Philosophen ist, wirst Du nicht einmal ein singuläres Beleg-Beispiel nennen können. Nicht ein einziges. Nichts. Null.

 

All die ganzen lange Beiträge, in denen Du genau "erklärst", was die Philosophie ist und tut, und in denen Du Dich geradezu in Rage schreibst über die angebliche unermessliche Inkompetenz, Ignoranz und Überheblichkeit der Philosophie, beziehen sich auf ein Phänomen, das nirgendwo existiert – außer in Deiner Fantasie.

 

Und ich hoffe doch sehr, dass es nicht wie folgt laufen wird: Du kannst zwar nicht einen einzigen Beleg für Dein Bild der Philosophie finden, bleibst aber beim ihm und verkündest es bei nächster Gelegenheit erneut, weil Du ja "weißt", dass Du recht hast. ;)

 

Fehlende Bereitschaft, Informationen zur Kenntnis zu nehmen

 

Was immer Du an mir kritisieren magst: Dass ich einfach wichtige Informationen und klare Belege, die meine Position herausfordern könnten, komplett ignoriere: Das zumindest wirst Du mir schwerlich vorhalten können.

Nachdem Du Dich beispielsweise immer wieder auf Elias und die Wissenssoziologie berufen hast, habe ich selbstständig recherchiert und zwei sehr ausführliche Artikel von Elias gelesen. Ich bin auch mehrfach auf sie eingegangen. Selbst wenn ich sie missverstanden hätte, hätte ich mir immerhin die Mühe gemacht, mich mit seinen Auffassungen zu befassen. (Und ich gehe davon aus, Elias gut zu verstehen verstehe. Von konkreter Sozialforschung ist in den beiden Texten nämlich wenig zu finden, dafür aber sehr viel von sehr allgemeinen methodischen und ähnlichen Reflexionen.)

 

Aber wie ist es mir Dir? Bist Du bereit, Dich mir Argumenten und Informationen der "Gegenseite" auseinanderzusetzen?

 

Ich hatte Dir nicht nur beispielsweise erklärt, was für Fragen Philosophen etwa im Hinblick auf die Wissenschaft stellen, sondern Dir auch seriöse Texte verlinkt (etwa von der respektierten "Internet Encyclopedia of Philosophy"), die zeigen, dass Du ein völliges Zerrbild der Philosophie hast. Diesen Texten wäre sehr leicht zu entnehmen, dass die Philosophie den empirischen Wissenschaften gerade nicht ins Gehege kommt, sondern grundlegend andere Fragen stellt. Mit anderen Worten: Du hättest selbst einem einzigen Text leicht entnehmen können, dass Dein gesamtes Bild der Philosophie, mindestens aber ein Großteil von ihm, eine Chimäre ist, die sich selbst schon bei der Lektüre eines ausführlicheren Enzyklopädie-Beitrags ins Nichts auflöst. ;)

 

Du hast nie reagiert. Auch nicht mit Kritik an den Texten. Du hast nicht gesagt, dass diese Texte einen völlig falschen Eindruck von der Philosophie gäben, und dass die Philosophie in Wahrheit ganz anders sei, nämlich so wie Du es sie beschreibst. Stattdessen hast Du solche Texte einfach komplett ignoriert - um dann bei der nächsten Gelegenheit erneut zu insinuieren, dass die Philosophen zwar die wissenschaftliche Methode ablehnen, sich aber dennoch Kompetenz für entsprechende wissenschaftliche Fragen anmaßen und sich kompetent für alles halten.

 

Oder nimm folgendes aktuelles Beispiel. Ich hatte einen Text aus einer reputablen Quelle zitiert, in dem es heißt, dass es (unter Philosophen) die"widely accepted view" ist, "that most if not all of even our best theories are false, strictly speaking". Du schreibst direkt darunter:

 

Zitat

"Wahrheit" ist der Gott der Philosophen, und wie der eine Illusion. ;)  

 

Die Philosophen verehren dann also offenbar einen Gott, den sie - jedenfalls in Bezug auf die Wissenschaft – für nicht existent bzw. für unerreichbar halten. ;)

 

Apropos "Wahrheit": Was verstehen Philosophen eigentlich unter "Wahrheit", ihrem "Gott"? Betrachten wir dazu den Wahrheitsbegriff von Aristoteles. Die meisten späteren philosophischen Wahrheitsbegriffe bauen auf ihm auf bzw. sind ihm ähnlich. Aristoteles sagt:

 

"Zu sagen nämlich, das Seiende sei nicht oder das Nicht-Seiende sei, ist falsch, dagegen zu sagen, das Seiende sei und das Nichtseiende sei nicht, ist wahr. Wer also ein Sein oder Nicht-Sein prädiziert, muss Wahres oder Falsches aussprechen."

 

Das "Seiende" und das "Nicht-Seiende" mögen etwas pompös klingen, zumindest in deutscher Übersetzung. Aber Aristoteles meint im Grunde einfach das, was der Fall ist bzw. nicht der Fall ist:

 

"Nicht darum nämlich, weil unsere Meinung, du seiest weiß, wahr ist, bist du weiß, sondern darum, weil du weiß bist, sagen wir die Wahrheit, indem wir dies behaupten."

 

Das folgende ist etwas überspitzt und vereinfacht, aber genau das ist im Prinzip der vermeintliche "Gott der Philosophen": Die simple Übereinstimmung des Denkens oder Sprechens mit einem Sachverhalt – und sei dieser auch noch so banal. Also vom Grundsatz her nichts anderes als das, was wir im Alltag unter "Wahrheit" verstehen.

 

Und ja, natürlich behaupten Philosophen auch Sachen, die weniger banal sind als dass ein offensichtlich weißer Mensch weiß ist. Das hat aber erst einmal nichts mit einem besonderen "Wahrheits-Begriff" zu tun. Denn dieser ist grundsätzlich für alle Aussagen der gleiche: Ob es jetzt um Unbedeutendes oder um Bedeutendes geht.

 

Ein Gutteil dessen, was Du am Verhältnis der Philosophie zur "Wahrheit" sagst, dürfte also nicht nur falsch sein, sondern an der Sache vorbeigehen, weil Du zwar dasselbe Wort (Lexem) benutzt wie die Philosophen, Dich mit ihm jedoch auf einen anderen "Gegenstand" beziehst. Wenn man aber über zwei verschiedene Dinge redet, so widerspricht man einander nicht, sondern redet aneinander vorbei.

 

Offenbar rühren Deine Missverständnisse zum Teil von Elias her, der der Philosophie (und seltsamerweise insbesondere Popper) vorhält, dem Ideal der "absoluter Wahrheit" anzuhängen (während er aber andererseits weite Teile der Philosophie für ihre übertriebene Skepsis tadelt). Tatsächlich dürften nahezu alle zeitgenössischen Philosophen der Auffassung sein, dass wir "absolute Wahrheiten", so wie Elias sie explizit definiert - also "vollständige" und "endgültige" Wahrheiten - bestenfalls in speziellen Fällen erreichen können, wenn überhaupt. Und jedenfalls gewiss nicht in Bezug auf die von den Wissenschaften untersuchte physische Welt.

 

Auch all das hatte ich ja schon wiederholt dargelegt. Leider umsonst - denn Du bist nun einmal zu der Überzeugung gelangt, dass die Philosophie eine Quasi-Religion und ihre ominöse "Wahrheit" ein Quasi-Gott sei. Und bei dieser Meinung bleibst Du augenscheinlich. Schließlich "weißt" Du ja, wie die Philosophen drauf sind und was von ihnen zu halten ist. ;)

 

Ein weiteres und letztes Beispiel: Descartes ist einer der Väter der modernen Naturwissenschaft, der die Mathematisierung der Wissenschaften wie kaum sonst jemand vorangetrieben und selbst naturwissenschaftliche Experimente durchgeführt hat. Seine diesbezügliche Bedeutung ist erheblich.

Du hingegen stellst ihn als Irrationalsten dar, der für die Wissenschaft nichts geleistet habe und ihre Methoden mutwillig abgelehnt habe, und der stattdessen in absurder Weise versucht habe, Wissenschaft durch Philosophie zu ersetzen. Ich habe unter Aufbietung zahlreicher Quellen Deine Missverständnisse widerlegt. Reagiert darauf hast Du nicht - auch nicht im Sinne einer Gegenrede. Stattdessen hast Du dann praktisch erneut das gleiche behauptet wie zuvor. Daraufhin habe ich nochmals all diese Belege gebracht, zum damaligen Beitrag von mir verlinkt und geschrieben:

 

"Mich wundern Deine von mir zitierten philosophie-historischen Behauptungen, weil ich sie in der Vergangenheit ja schon längst widerlegt hatte. Natürlich magst Du meine Belege, die ich für meine Kritik anführe, gerne kritisieren und sagen, dass diese aus diesem und jenem Grund falsch seien; und ich bin gerne bereit, mich einer fundierten Kritik zu beugen. Aber genau das tust Du nicht. Du schreibst einfach in diesem Thread das gleiche wie zuvor in einem anderen, so als sei meine Kritik an Deinen historischen Ausführungen einfach nicht existent oder derart absurd, dass sich jedes Wort dazu erübrigen würde. Das verstehe ich nicht."

 

Auch darauf hast Du nicht geantwortet - und ja, auch das ist typisch. Und es würde mich offen gesagt auch nicht überraschen, wenn Du die völlig verzerrte Darstellung von Descartes bei passender Gelegenheit erneut auf den Tisch bringst.

 

Hast Du ein wirkliches Interesse an Informationen, die Deine Bild der Philosophie über den Haufen werfen könnten? Willst Du beispielsweise wirklich hören, welche Fragen Philosophen zu den Naturwissenschaften tatsächlich stellen? Oder was sie wirklich im Hinblick auf Wissenschaft und Wahrheit sagen? ;)
 

Unbeantwortete Fragen

 

Ich wüsste nicht, dass ich je eine relevante Frage oder eine Kritik von Dir einfach ignoriert hätte – und wenn doch, war es ein Versehen, auf das Du mich hinweisen magst, und das ich gerne bereinigen werde. Leider hast Du hingegen, wenn ich dies anmerken darf, unzählige entscheidende Fragen unbeantwortet gelesen; einige Beispiele kann man den letzten Beiträgen in diesem Thread oder auch diesem Beitrag selbst entnehmen. Ich möchte mich hier nicht groß wiederholen, daher nur einige wenige Punkte:
 

Du behauptest ja, dass man in der Wissenschaft keine Logik benötigt, sondern dass man dort einfach Theorie und Empirie vergleiche. Darauf habe ich Dich gefragt, wie man Deiner Meinung nach denn Theorie und Beobachtung ohne Logik zueinander in Beziehung setzen kann. In einem ganz einfachen Fall mag man beispielsweise versuchen, einen Stromkreis mit einem zu untersuchenden Material kurzzuschließen; wenn die zwischengeschaltete Lampe dann dunkel bleibt (nicht aufleuchtet), geht man davon aus, dass dieses Material auch keinen Strom leitet (und dass somit die These, dass das fragliche Material leitfähig ist, falsifiziert wurde).

Woher aber weiß man, dass kein Strom fließt, da dieses Nicht-Fließen ja nicht selbst beobachtet wird? Die übliche Antwort wäre, dass man dies aus dem Nicht-Aufleuchten der Lampe zusammen mit dem Wissen über den Versuch und anderen Informationen logisch schließt. Ich habe Dich mehrfach gefragt, wie man Deiner Meinung nach denn zu dem Wissen gelangt, dass kein Strom fließt, wenn man es nicht logisch schließt. Und ich habe zu ähnlichen Beispielen entsprechende Fragen gestellt. Eine Antwort habe ich nie erhalten.

 

Oder möchtest Du behaupten, dass es "keinen Sinn ergibt", Dich zu fragen, was denn Deine Erklärung für das Zustandekommen eines bestimmten Wissen ist, wenn Du die allgemein akzeptierte Standard-Erklärung verneinst?

 

Und ein zweites Beispiel: Häufig habe ich Dich gefragt, wie denn viele Deiner eigenen Äußerungen empirisch geprüft sein sollen – denn das müssen sie ja sein, wenn sie laut Deiner eigenen Meinung "Erkenntnisse" darstellen und nicht einfach "Fantasien" sein sollen. Inwiefern stellt beispielsweise eben Deine These, dass die Wissenschaft keine Logik benötige, eine empirisch geprüfte Behauptung dar? Dieselbe Frage stellt sich natürlich auch im Hinblick auf unzählig andere Deiner Thesen.

 

Oder ergibt es keinen Sinn, Dich danach zu fragen, ob Deine eigenen Behauptungen Deinen eigenen Maßstäben gerecht werden?

 

Jedenfalls wäre die Behauptung, dass Du alle Fragen beantwortet hättest, welche "Sinn ergeben", angesichts der Fülle legitimer unbeantworteter Fragen doch reichlich gewagt. ;)
 

Ein grundlegendes Missverständnis

 

Dein Verständnis der Philosophie geht offenbar in etwa so:

 

Philosophen haben sich alle in eine absurde Fantasiewelt verrannt. Sie glauben, dass nur sie selbst existieren, oder sie meinen zumindest, dass sie, soweit es um den Erkenntnisprozess geht, isolierte Inseln ohne sozialen Bezug seien. Sie verkennen eine so offensichtliche und selbstverständliche Tatsache wie die, dass es auch noch andere Menschen gib, denen sie ihr Wissen zum Gutteil verdanken. Sie ignorieren gegen alle Vernunft, dass sie in einem sozialen Prozess stehen. Philosophische Probleme (soweit sie überhaupt Sinn ergeben), ließen sie sich eigentlich ganz einfach aus der Welt schaffen, indem man die offensichtliche Tatsache, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, zur Kenntnis nimmt.

Das ist jedenfalls etwas zugespitzt formuliert das das Verständnis von Elias, und bei Dir kommt es eher noch extremer rüber.

 

In Wahrheit wissen natürlich auch Philosophen, dass wir Menschen soziale Wesen sind – nur spielt das für viele philosophische Fragestellungen eben keine direkte und prominente Rolle. Nur wenige Beispiele:

 

- Es ist irrelevant für das Induktionsproblem, ob ich daraus, dass ich tausend schwarze Raben gesehen habe, schließe, dass vermutlich auch der nächste schwarz sein wird, den ich sehe, oder ob ich daraus, dass die Menschheit zehn Milliarden schwarze Raben gesehen hat, folgere, dass auch der nächste Rabe, den irgendein ein Mensch sehen wird, vermutlich schwarz sein wird. Die Frage, wie Schlussfolgerungen dieser Art zu begründen sind, ist in beiden Fällen die gleiche.


- Ob die Widerlegung einer wissenschaftlichen Theorie durch Experiment und Beobachtung logisches Schließen erfordert, kann gewiss nicht dadurch nicht geklärt werden, dass man geltend macht, dass die Wissenschaften ein soziales Projekt sind.


- Und auch wenn es um die Frage geht, ob alle unsere wissenschaftlichen Theorie falsch sind, oder ob es Gründe gibt, zumindest manche Theorien oder Aspekte von Theorien für wahr zu halten, ist nicht ersichtlich, wie uns hier der Verweis auf die soziale Natur des Menschen und der Wissenschaft weiterbringen sollte. Relevant ist hier höchstens die chronologische Abfolge von widerlegten Theorien.

 

Die Tatsache, dass viele philosophische Fragestellungen keinen unmittelbaren sozialen Bezug haben, hat also nichts zu tun mit einem mutwilligen Ignorieren oder gar einem Negieren des sozialen Charakters der Wissenschaft zu tun; es geht einfach um andere Aspekte. Philosophie ist nun mal keine Soziologie, und die wenigsten Fragen, mit denen Philosophen sich befassen – und das sind ja teilweise die gleichen Fragen, zu denen Du etwas schreibst! – lassen sich soziologisch beantworten. Wäre es anders, dann hätte sich die Sozialwissenschaft schon längst solcher Themen angenommen.

Und insofern solltest Du auch nicht meinen, dass Du eine "soziologische Sprache" sprichst, wenn Du über philosophische Themen redest. Das tust Du nicht, was schon daraus erhellt, dass soziologische Begriffe in Deinen entsprechenden Aussagen gar nicht auftauchen. (Beispielsweise wenn Du sagst, wie das Verhältnis von Theorie und Empirie aussehe oder in welchem Verhältnis Wahrheit und Wirklichkeit zueinander stehen würden.)

 

Ebenfalls hast Du wenig Grund darauf hinzuweisen, dass in der Philosophie sehr viel kontrovers ist, um so die Glaubwürdigkeit philosophischer Bemühungen anzugreifen. Denn auch die meisten Deiner eigenen Thesen zu typischen philosophischen Fragestellungen sind durchaus kontrovers. Falls Du meinst, dass dies für Deine Auffassungen kein Problem sei, weil Du Deine Ansichten mit viel besseren (sozialwissenschaftlichen?) Argumenten zu belegen vermagst als jene Philosophen, die ähnliches sagen wie Du, es können, und falls Du glaubst, dass daher Deine eigenen Überzeugungen gewissermaßen "oberhalb" philosophischer Streitigkeiten stehen: so würde ich mich über einen Beleg dieser These freuen. Mit anderen Worten: Du sitzt hier selbst im Glashaus. ;)

Und auch die Tatsache, dass Du Deine Überzeugungen und Argumente nicht als "Philosophie" zu bezeichnen pflegst, oder dass Du sie in einer weniger "fachlichen" Sprache vorträgst als Philosophen es üblicherweise halten mögen, verschafft Deiner Position diesbezüglich keinen Vorteil. Dass Deine eigenen Auffassungen Dir augenscheinlich als offenkundige und unzweifelhafte – man möchte fast sagen: "Wahrheiten" vorkommen, dürfte in vielen Fällen vor allem damit zu tun haben, dass Du Dich mit den zugehörigen Gegenargumenten und Debatten noch nie befasst hast. ;)

 

Die vermeintliche "Anmaßung" der Philosophen

 

Noch einmal zu Deinem an die Philosophie (bzw. mich im besonderen gerichteten) Vorwurf, dass die Philosophie sich für alles zuständig halten würde, und dass es sozusagen anmaßend sei, wenn man Deine eigenen Gedankengänge als "philosophisch" bezeichnet.

 

Während es tatsächlich schwierig ist, Philosophie in einer theoretischen Weise exakt zu definieren, stellt die Abgrenzung von philosophischen und nicht-philosophischen Fragen bzw. Herangehensweisen in der Praxis gewöhnlich kaum ein Problem dar. Die Philosophie befasst sich mit Fragestellungen, die außerhalb des Gegenstandsbereichs der Einzelwissenschaften liegen und mit deren Methoden nicht sinnvoll untersucht werden können. Auch wenn es mitunter (insbesondere zur Methodenlehre der Einzelwissenschaften) Überschneidungen geben kann, gibt es im allgemeinen doch eineziemlich  klare Unterscheidung und keine "Revierstreitigkeiten". Philosophen befassen sich nicht mit wissenschaftlichen Problemen, und Wissenschaftler nicht mit philosophischen.

(Genau genommen gibt es natürlich viele Wissenschaftler, die sich auch zu philosophischen Themen geäußert oder zumindest mit der Philosophie befasst haben - z.B. Heisenberg, Bohr, Planck, Einstein, Schrödinger, Bohm, Born, Pauli, Helmholtz, Du Bois-Reymond, Poincaré, Duhem, Mach, Pascual Jordan und C.F. v. Weizäcker; siehe etwa dies hier zu Einstein. Die allermeisten Wissenschaftler mit ernsthaftem philosophischen Interesse sind jedoch informiert genug, um sich darüber im Klaren zu sein, wann sie als Wissenschaftler und wann als Philosophen sprechen.)

 

Wenn Philosophen sich anschicken wollten, durch philosophische Überlegungen zu klären, was das spezifische Gewicht von Thorium ist, oder auch, welche sozialen Prozesse irgendwo stattgefunden haben, so wäre dies allerdings in der Tat eine Anmaßung – nur kommt das eben praktisch nicht vor. Wenn Philosophen hingegen Fragen thematisieren wie die, was was das Verhältnis von Theorie und Empirie ist, welche Rolle Emergenz spielt, ob und ggf. in welchem Maße sich die Wissenschaft der Wahrheit oder Wirklichkeit annähern kann: dann bleibt die Philosophie bei ihrem ureigenen Gegenstandsbereich. Wer das anders sieht, mag dann bitte erklären, wieso Fragestellungen wie die gerade behandelten seiner Meinung nach anderswohin gehören.

 

Dein Vorwurf scheint insbesondere auch zu lauten, dass die Philosophen die Logik, welche von den Wissenschaften doch eigentlich gar nicht benötigt werde, dazu nutzen, um sich in die Wissenschaften einzumischen. Auch scheinst Du zu glauben, dass es die Philosophie als ihre Aufgabe ansehen würde, die Logik in wissenschaftlichen Theorien zu überprüfen und insofern über die Wissenschaften zu richten.

 

Diese merkwürdigen Missverständnisse scheinen daher zu rühren, dass Elias Popper und seine Anhänger dafür kritisiert, angeblich unter dem Stichwort "Logik" apriorische Grundsätze für die Wissenschaft aufstellen zu wollen, die nicht zu rechtfertigen seien. Zudem kritisiert er Popper auch dafür, dass es diesem gar nicht so sehr um die Vereinbarkeit von wissenschaftlichen Theorien und Empirie gehe, sondern vor allem um die interne Kohärenz von solchen Theorien, ganz nach dem Vorbild der Mathematik. Du scheinst das so zu interpretieren, dass die Philosophen die (formale) Logik nutzen, um der Wissenschaft quasi Vorschriften machen zu wollen, und um in sie hineinzuregieren - und dass sie es für ihre Aufgabe halten, wissenschaftliche Theorien auf ihre logische Konsistenz zu überprüfen.

 

Tatsächlich könnte man als fachlich unbedarfter Leser Elias an manchen Stellen so missverstehen, dass er Popper und anderen Philosophen vorwirft, auf Basis der (formalen) Logik weitreichende inhaltlich-methodische Vorgaben begründen zu wollen, die den Anspruch erheben, dass alle Wissenschaften sich an ihnen orientieren sollten.

Schaut man aber genauer hin, so sieht man, dass Elias ausdrücklich nicht behauptet, dass Popper oder andere Philosophen die Logik im Sinne der formale Logik meinen, wenn sie sagen, wie ihrer Meinung nach Wissenschaft aussehen solle. Elias wörtlich: "Wenn man ein wenig mit der Philosophiegeschichte vertraut ist, wird man vielleicht erkennen, daß die Logik, auf die man sich derart im Popperschen Kreise beruft, nicht etwa der in seiner Art höchst fruchtbare Wissenschaftszweig der formalen Logik ist."

 

Vielmehr wirft Elias Popper und seinen Anhängern einen Apriorimsus im Kantischen Sinne vor: "Die Bedeutung des Ausdrucks „Logik“ im Popperschen Gebrauch dieses Wortes, also etwa indem Titel „Logik der Forschung“, der ja den Kern der Lehre ankündigt, wird nur dann verständlich, wenn man gewahr wird, daß es sich hier um einen späten Nachfahren des Kantschen Apriori handelt.")

 

Gleichzeitig hält Elias Popper nicht vor, dass dieser es für die Aufgabe von Philosophen halte, die logische Konsistenz von Theorien zu prüfen, sondern nur, dass Popper die Bedeutung der empirischen Prüfung vernachlässige, weil es ihm angeblich vor allem um die Konsistenz gehe. Auch Elias würde gewiss nicht bezweifeln, dass auch nach Poppers Meinung die entsprechenden Wissenschaftler selber eine Konsistenzprüfung ihrer Theorien vornehmen können.

 

Deine gesamten Vorbehalte zur Logik – einschließlich des Vorurteils, dass ein Explizit-Machen von Prämissen "philosophisch" und also verdächtig sei - beruhen somit offensichtlich auf einem großen Missverständnis von dem, was Elias hier meint. Um Elias an dieser Stelle zu verstehen, hilft einem soziologisches Wissen eben kaum - dafür wäre jedoch ein Wissen über die philosophische Logik, über den (Kantischen) Apriorismus und über die Geschichte der Philosophie äußerst hilfreich. Denn mit solchen Kenntnissen ausgestattet weiß man nicht nur, dass es extrem unplausibel ist, dass Elias sich bei seiner Popper-Kritik sich auf die formale Logik bezieht, sondern es fällt einem auch die Unterscheidung von formaler Logik und Logik im Sinne eine Kantischen Apriori auf, die man sonst vielleicht überliest - oder die einem sonst vielleicht nicht viel sagt.

 

Und hier ist nun das Problem: Da Du kein entsprechendes Wissen besitzt, kannst Du zum einen nicht die Stichhaltigkeit von Elias Kritik beurteilen, sondern ihm höchstens das glauben, was er sagt oder zu sagen scheint; und das Ergebnis ist dann eben, dass Du vollkommen realitätsferne Vorstellungen von der Philosophie und den Philosophen hast, die Du aber selbst für eine stattliche Summe nicht mit einem einzigen Fallbeispiel würdest belegen können, von deren Richtigkeit Du aber offenbar felsenfest überzeugt bist. Zum anderen missverstehst Du aufgrund dieser fehlenden Wissens-Basis Elias auch einfach teilweise – was dann zu äußerst eigenwilligen und meines Wissens weltweit völlig einzigartigen Auffassungen über die (formale) Logik und ihre Rolle führt, so wie ich sie zuvor noch gar nie gelesen oder gehört habe.

 

Auch das habe ich Dir übrigens schon detailliert erklärt (und bezüglich Elias Haltung mit Zitaten belegt) – aber auch hier hast Du es so gehalten, dass Du einerseits meine Richtigstellung nicht annimmst, mir andererseits aber auch nicht sagst, was an ihr angeblich falsch ist.

 

In einem Punkt hat Elias übrigens ganz eindeutig recht: Popper hält die Induktion aus apriorischen Erwägungen heraus für unnötig und für nicht zu rechtfertigen. Und ebendiese Haltung Poppers und seiner Mitstreiter zur Induktion kritisiert Elias nachdrücklich und hält sie für dezidiert philosophisch. Nur hast Du Dich zur Induktion eben genauso geäußert wie Popper, so dass also auch Du selbst nach Meinung von Elias an dieser Stelle Philosophie und nicht etwa Sozialforschung betreibst. Auch darauf habe ich Dich aufmerksam gemacht - und auch darauf gab es keine Antwort. ;)
 

Fazit
 

Ich konnte hier natürlich nur auf das Gröbste eingehen, und eigentlich wäre noch viel mehr zu sagen. Deine Beiträge zeigen aber überdeutlich, dass Du nicht nur keine relevanten Kenntnisse der Philosophie hast, sondern die Philosophie radikal und in vielerlei Hinsicht missverstehst.

Du verachtest die Philosophie zutiefst, weil Dein Bild von ihr ein komplettes Zerrbild ist; Du philosophierst aber selbst andauernd, ohne das zu merken. Du äußerst Dich sehr viel zu philosophischen Fragestellungen, ohne dass es einen grundsätzlichen inhaltlichen oder methodischen Unterschied zwischen Dir und der Herangehensweise der Philosophen gäbe.

 

Du siehst das anders? Nun, erneut:

 

Du bist herzlich Du eingeladen, zu belegen, dass das Bild, das Du von der Philosophie zeichnest, Berührungspunkte mit der Realität hat. Dass also beispielsweise nicht allein die Philosophen in Deiner Fantasie, sondern auch die Philosophen in der realen Welt sich anmaßen, für alles und jedes zuständig zu sein. Oder dass reale Philosophen gewissermaßen versuchen, Fragestellungen, die man sinnvollerweise nur empirisch klären kann, unter Ablehnung der empirischen Methode zu beantworten.

 

Ebenso eingeladen bist Du natürlich, ganz konkret zu belegen, dass Du etwas wesentlich anderes meinst als die entsprechenden Philosophen, wenn Du von Emergenz sprichst; oder von der Unmöglichkeit, Wahrheit in der Wissenschaft zu erreichen; oder von der Unmöglichkeit, mit "reinem Denken" zu Erkenntnissen zu gelangen. Oder Du magst alternativ zumindest belegen, dass Du, wenn Du vielleicht doch etwas ähnliches meinst, zumindest ganz anders argumentierst als die Philosophen (etwa sozialwissenschaftlich).


Und selbstredend bist Du auch eingeladen, auf viele andere berechtigte Fragen und Argumente, die ich Dir stelle bzw. vorlege, einzugehen.

 

Falls Du solches aber in keiner wie auch immer gearteten Weise zu tun vermagst, gleichzeitig aber darauf bestehst, weiterhin weitreichende und nachdrückliche Überzeugungen über die Philosophie zu äußern, wäre es vielleicht sinnvoll, dass Du Dich wenigstens so weit über selbige informierst, dass Du zumindest ein Grund-Verständnis bekommst. Das wäre doch nur vernünftig. Und ich verspreche Dir, dass Dein Feindbild dann verschwinden wird. Und als Bonus wirst Du neue Erkenntnisse zu vielen der Fragen, für die Du Dich ja offenkundig interessierst, gewinnen. ;)
 

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@iskander

Wenn du weniger ausufernde Texte schreiben würdest, wäre die Wahrscheinlichkeit einer Antwort, die uns beiden weiter hilft, größer.


Manchmal denke ich, du willst gar keine Antwort. 

bearbeitet von Marcellinus
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