Marcellinus Geschrieben 7. Oktober Melden Share Geschrieben 7. Oktober @iskander Da du es offenbar nicht von selbst merkst, ich habe im Moment keine Zeit, auf deine Posts zu antworten, und das wird auch nicht dadurch besser, daß du immer neue und längere nachschiebst. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 7. Oktober Melden Share Geschrieben 7. Oktober (bearbeitet) vor 5 Stunden schrieb iskander: Ergänzend noch dies. Ich habe Norbert Elias Artikel "Credo eines Metaphysikers" gelesen, in welchem er sich sehr kritisch mit Popper auseinandersetzt, und in gewisser Weise auch mit der (Wissenschafts)philosophie überhaupt. (Ich hatte mehrere Tabs geöffnet und weiß nicht mehr, ob @Marcellinus den Text kürzlich verlinkt oder ich ihn selbst gefunden habe.) Nein, ich habe ihn nicht verlinkt. Er ist Teil einer Auseinandersetzung zwischen Hans Albert und Norbert Elias aus der Mitte der 80er Jahre. Ich zitiere hier mal die Antwort, die Elias als Erwiderung auf den Kommentar von Albert zu dem oben genannten Artikel geschrieben hat. Er steht in einer Fußnote zu dem Artikel von Elias: "Wissenschaft oder Wissenschaften. Beitrag zu einer Diskussion mit wirklichkeitsblinden Philosophen", erschienen in der Zeitschrift für Soziologie, 14.Jg. (Stuttgart: Enke Verlag, 1985), H. 4, S. 268-281) "Der Kommentar von Herrn Albert ("Missverständnisse eines Kommentators", in Zeitschrift für Soziologie, 14.Jg. H. 4, S. 265-267) kam leider zu spät in meine Hände, als daß ich in meinem eigenen Kommentar auf ihn hätte eingehen können. Aber ich respektiere natürlich seine Ansichten, und hoffe, daß er auch meine respektiert. Er glaubt, daß ich Popper mißverstehe, und drückt das in einer philosophischen Sprache aus, deren Bedeutung nicht immer ganz klar ist. Ich glaube, daß ich Popper recht gut verstehe, und drücke das in der mir wohlvertrauten Sprache eines Soziologen aus. So kann es wohl sein, daß wir etwas aneinander vorbeireden. Ich glaube, wir sollten uns darauf einigen, daß wir uns nicht einig sind." Ich halte es für sinnlos, diese damals abgebrochene Debatte heute fortsetzen zu wollen, indem wir uns gegenseitig Zitate an den Kopf werfen. Wenn dich die Position von Elias interessiert, gibt es reichlich Lesestoff. Ich habe mich vor Jahrzehnten mit Popper und Albert auseinandergesetzt, als ich ihnen im Zusammenhang mit Ideologiekritik und der Auseinandersetzung mit dem Marxismus begegnet bin. (Der damalige Bundeskanzler Schmidt schätzte Popper und den Kritischen Rationalismus sehr). Ich bin bei Popper und Albert an den gleichen Punkt gekommen, wie bei allen anderen Philosophen, mit denen ich mich beschäftigt habe. Sie sind sehr interessant und lehrreich, soweit sie andere Philosophen oder Theologen kritisieren. Das Buch von Hans Albert: Das Elend der Theologie. Kritische Auseinandersetzung mit Hans Küng, 1979, steht immer noch bei mir im Schrank. Dissens gab es immer dann, wenn diese Philosophen eigene, positive "Wahrheit" zu begründen suchten. Damit sind sie aus meiner Sicht jedesmal gescheitert. Der Grund erscheint mir ganz einfach: die schildern eine persönliche, subjektive Meinung, ohne dafür objektive Belege anführen zu können. Subjektive Gewissheit ersetzt nachprüfbares Wissen, die man teilen kann, aber nicht muß. Genau das war der Punkt, an dem ich mich von der Philosophie im allgemeinen, und Popper und dem Kritischen Rationalismus im besonderen abgewandt, und der Prozeßsoziologie von Norbert Elias zugewandt habe, mit großem Gewinn, meine ich sagen zu können, auch für mein damaliges Geschichtsstudium, das damals über weite Strecken von einer marxistischen Geschichtsphilosophie dominiert wurde. Hier jetzt allerdings in eine Metadiskussion über Popper und Elias einzusteigen, gern noch, ohne weder den einen noch den anderen gründlich gelesen zu haben, sondern nur zu zittern, was anderen darüber schreiben, die dazu noch keiner kennt, habe ich, wie schon gesagt, weder Zeit noch Lust. Dies habe ich auch nur geschrieben, weil mir die beteiligten Artikel, sowohl der von Albert, als auch die von Elias bekannt waren, und ich dachte, die Reaktion von Elias darauf könnte von Interesse sein. bearbeitet 7. Oktober von Marcellinus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
iskander Geschrieben 9. Oktober Melden Share Geschrieben 9. Oktober (bearbeitet) Am 4.10.2024 um 22:15 schrieb KevinF: So einen Blödsinn hat Dennett aber nie erzählt. Dennett wird zwar tatsächlich oft in diesem Sinne interpretiert, aber ich enthalte mich an dieser Stelle, weil ich mir an diesem Punkt nicht wirklich sicher bin, wie er sich verstanden wissen will; es ging mir aber auch nicht direkt um ihn. Mir geht es vielmehr darum, was denn die Konsequenz wäre, wenn man tatsächlich behaupten würde, dass die Existenz des Bewusstseins (im Sinne eines qualitativen Erlebens) eine irrige "Intuition" sei. Und einige Leute behaupten Derartiges übrigens tatsächlich oder spielen zumindest mit dem Gedanken. Egeter: "In reduktionsoptimistischen Argumentationssträngen fällt der Begriff ›Intuition‹ auffällig oft. So bringt Metzinger die Konzeption von Phänomenalem bzw. Qualia in Verbindung mit einer »essentialistischen Intuition«269 an anderer Stelle verweist er darauf, dass Theorien des Geistes, die das Phänomenale ernst nehmen, einer »cartesianischen Intuition«270 auf den Leim gingen.271 Mandik stützt sich in seiner Argumentation ebenfalls auf eine angeblich »pretheoretic intuition«,272 die dafür verantwortlich sei, dass wir noch nicht, wie die »Kinder der Zukunft«, ein funktionales, neurophysiologisches Verständnis des Phänomenalen so natürlich, wie die Theorie der Gravitation fänden.273 Auch Beckermann verweist auf Intuitionen: 1. Die Annahme, dass es Qualia gebe, sei einfach eine »starke Intuition«274 aber keine Intuition sei sakrosankt. 2. Wenn wir an dieser »Intuition« festhalten wollen, ergäben sich dabei »erhebliche theoretische Probleme«,275 deshalb sollen wir uns fragen, ob es nicht gute Gründe gebe, unsere »Intuition« über die »Existenz«276 von Qualia zu bezweifeln." Und da käme eben dann das raus, wie ich beschrieben habe (bzw. was ich satirisch, aber in der Sache durchaus angemessen, persifliert habe): Das bewusste Erleben würde nicht als eine grundlegende Realität und Erfahrungstatsache gelten, sondern als eine falsche "Hypothese" oder ein missglücktes begriffliches Konzept, welches wir vor dem Hintergrund einer irreführenden "Intuition" (oder etwas ähnlichem) bilden. Am 4.10.2024 um 22:15 schrieb KevinF: Nicht zwangsläufig. Es müsste zum Beispiel nur ein Fehler in Chalmers Verwendung der zweidimensionalen Semantik gefunden werden und schon wäre der Materialismus wieder im Spiel. Ich bin der Meinung, dass man es sich in der Philosophie da mitunter zu kompliziert macht, und dass manche komplexe Argumente oder Gedankenexperimente letztlich doch an Einsichten hängen, die grundlegend sind und sich auch recht schlicht formulieren lassen. Die Sache scheint mir im konkreten Fall in der Tat eigentlich einfach zu sein: Entweder das Bewusste existiert, und zwar "als Bewusstes" - also in dem uns vertrauten Sinne. Dann ist es etwas anderes als ein rein physikalischer Prozess im Sinne des üblichen Verständnisses. Zumindest wäre das Bewusste dann ein neuer, zusätzlicher Aspekt. Oder alles ist reine Physik und rein physikalisch beschreibbar: Dann gibt es eben auch das bewusste Erleben nicht mehr - jedenfalls nicht mehr im uns vertrauten Sinne. Das wäre dann der Eliminativismus in seiner Unhaltbarkeit. Oder anders formuliert: Entweder der Materialismus lässt vom Bewusstsein "als Bewusstsein" etwas übrig - dann ist er kein Materialismus im strengen Sinne mehr. Oder er lässt vom Bewusstsein "als Bewusstsein" nichts mehr übrig - dann ist er eliminativ. Daran ändert auch der Einwand nichts, dass wir uns fundamental über die Natur des Bewusstseins täuschen könnten, denn dieser Einwand ist hier schon eingepreist: Eine Täuschung würde bedeuten, dass Bewusstes nicht "als Bewusstes" existiert - also nicht als das, was wir normalerweise darunter verstehen -, sondern als etwas grundlegend anderes. (Was aber wie gesagt eh nur eine andere Formulierung dafür ist, dass Bewusstsein nicht existiert, und dass stattdessen nur Physikalisches existiert.) Oder man könnte umgekehrt natürlich behaupten, dass wir uns fundamental über das Physikalische täuschen und dass dieses in Wahrheit ganz anders aussieht und beispielsweise auch Bewusstes (im uns vertrauten Sinne) beinhaltet - aber das wäre dann ebenfalls kein Materialismus im gewöhnlichen Sinne mehr. Wie gesagt stehen hinter dem obigen Argument sehr einfache "Annahmen" (ich würde sagen: Einsichten): 1) Physisches und Psychisches sind so, wie sie uns erscheinen, (sehr) unterschiedlich. 2) Wenn zwei Dinge uns (sehr) unterschiedlich erscheinen und wenn beide Dinge tatsächlich so sind, wie sie uns erscheinen, dann müssen sie auch unterschiedlich sein - mindestens im Sinne zweier unterschiedlicher Aspekte. 3) Wenn zwei Dinge uns (sehr) unterschiedlich erscheinen, aber in Wahrheit absolut identisch sind - also auch nicht etwa zwei unterschiedliche Aspekte derselben Sache darstellen - dann entspricht die Erscheinung zumindest in einem der beiden Fälle nicht der Sache. (3 folgt aus 2) Für diese Argumentation braucht man weder eine elaborierte Semantik noch "mögliche Welten" noch Gedankenexperimente - und dennoch scheint sie mir völlig schlüssig zu sein. Sie beruht zum einen auf unserer "Erfahrung", und zwar in einem besonders grundlegenden Sinne - nämlich dass und Psychisches und Physisches als unterschiedlich erscheinen. Und zum anderen auf der fundamentalen Einsicht, dass dann, wenn zwischen A und B sowie zwischen A und C eine Verhältnis der Übereinstimmung besteht, auch zwischen B und C ein Verhältnis der Übereinstimmung bestehen muss, auch was das Erkennen angeht. In Analogie zum letzten Punkt: Wenn zwei Fotos ein und dasselbe Objekt (etwa einen Grashalm) aus ein und derselben Perspektive"wirklichkeitsgetreu" abbilden, dann muss auch eine gewisse Übereinstimmung zwischen den beiden Fotos bestehen. Wenn hingegen auf zwei Fotos völlig unterschiedliche Dinge zu sehen sind - beispielsweise ein Grashalm und ein Auto -, dann bleiben nur diese Möglichkeiten: a) Entweder es wurden unterschiedliche Dinge fotografiert (oder zumindest zwei verschiedene Seiten eines Dinges). b) Wenigstens eines der Fotos bildet das fotografierte Objekt nicht "wirklichkeitsgetreu" ab. (Der Begriff "wirklichkeitsgetreu" sei hier einfach im Sinne der Alltagssprache verstanden; eine lange Erörterung, was die "Wirklichkeitstreue" eines Fotos ausmacht, kann hier wohl unterbleiben.) (Der Vollständigkeit und um Einwänden wie denen von @Marcellinus zu begegnen: Anstatt davon zu sprechen, dass im Sinne des Physikalismus alle Tatsachen physikalisch sind, mag man sagen, dass manche Tatsachen nur logisch auf physikalischen Tatsachen supervenieren. Das macht m.E. aber keinen für unsere Diskussion relevanten Unterschied, weil die supervenierenden Tatsachen auch hier doch völlig auf physikalische rückführbar und aus ihnen ableitbar wären - so wie auch die Eigenschaft eine Staubsaugers, Räume effektiv von Staub befreien zu können, vielleicht nicht im vollen Sinne physikalisch ist, aber restlos auf die physikalischen Eigenschaften des Staubsaugers, des Staubs und der fraglichen Räume zurückgeht und aus ihnen heraus auch verständlich ist.) Am 5.10.2024 um 01:57 schrieb KevinF: Das heißt dann aber eben auch, dass diese philosophischen Fragen bei der empirischen Erforschung des Bewusstseins keine Rolle spielen. Ich weiß nicht, ob ich dem zu 100% zustimmen würde. Zumindest braucht man als empirischer Forscher ja auch einen Ansatz, der dem Bewusstsein Existenz zuspricht. Das muss keine Philosophie in einem elaborierten Sinne sein, aber doch zumindest eine Art "vorphilosophische" Überzeugung. Andernfalls kann man vielleicht noch "Sprachverhalten" und ähnliches erforschen, aber wohl schwerlich "Bewusstsein". Man denke etwa an den Behaviorismus, der zwar das Bewusstsein nicht verneint hat, aber sich aber weitgehend auf die Erforschung von "beobachtbarem" Verhalten beschränkt hat. Hier scheinen schon auch "philosophische" Überzeugungen eine Rolle zu spielen (wenn vielleicht auch mehr solche, die in die Epistemologie als in die Philosophie des Geistes gehören?). Am 5.10.2024 um 01:57 schrieb KevinF: Privat kann ein Forscher Materialist oder Eigenschaftsdualist sein, seine Arbeit sollte dies nicht beeinflussen. In einem gewissen Sinne ja. Allerdings auch hier meine Zustimmung unter einem zumindest theoretischen Vorbehalt: Es gibt auch Materialisten (wie die Churchlands), die die ganze "Volkspsychologie" für eine schlechte "Theorie" halten und meinen, dass man sie - und unser Sprechen in psychologischen Begriffen - hoffentlich irgendwann völlig durch neurophysiologische Theorien ersetzen kann. Dass eine derartige "sehr spezielle" Einstellung einem Bewusstseinsforscher das Arbeiten erschweren könnte, will ich zumindest nicht ausschließen. Am 5.10.2024 um 01:57 schrieb KevinF: Es gibt in der subjektunabhängigen Realität schlicht nichts, was mit dem Unterschied zwischen diesen metaphysischen Positionen begriffen werden könnte. Und darum ist imo auch die neutrale Formulierung richtig, dass es aus der Perspektive der ersten Person so scheint, als seien Qualia nicht-physikalisch. Warum der zweite Satz aus dem ersten folgt, ist mir nicht ganz klar. Am 5.10.2024 um 01:57 schrieb KevinF: Diese ganze metaphysische Diskussion kann man sich somit komplett sparen. Diese und ähnliche Anmerkungen würde ich nicht unterschreiben wollen. Zum einen gibt es sehr viele Fragen bzw. Erkenntnisse, die nur für sich selbst stehen und nur in Bezug auf sich selbst - oder noch wenig anderes - Relevanz besitzen. Das gilt beispielsweise für sehr vieles, was in jenen Wissenschaften auftaucht, die nicht (wie etwa die Physik) "fundamental" sind; es gilt aber selbst für einiges, was in fundamentalen Wissenschaften auftaucht. Welche Relevanz hat es beispielsweise - außer für die Astronomie selbst - ob sich in der Mitte unserer Galaxie ein Schwarzes Loch befindet? Wen außer Geophysiker und Geologen muss es interessieren, wie der Erdkern vor einer Milliarde Jahre aussah? Und welche Bedeutung hat es außerhalb der Archäologie und der Geschichtswissenschaften, ob die Kelten Häuser aus Stein gebaut haben oder nicht? Welche Relevanz - außer für das eigene Fach - hat es, welche Dinosaurier wann gelebt haben oder wann die Ilias geschrieben wurde oder warum das weströmische Reich untergegangen ist? (Ich will nicht ausschließen, dass die eine oder andere Erkenntnis weitergehende Implikationen hat, aber im allgemeinen dürften diese überschaubar sein.) Man könnte endlos so weitermachen. Viele Fragestellungen sind einfach nur in sich selbst interessant (jedenfalls aus der Sicht Interessierter Leute). Dazu gehört aus meiner persönlichen Perspektive eben auch die Frage, was das Bewusstsein in sich selbst ist und was sein "grundsätzliches" Verhältnis zur physikalischen Wirklichkeit ist. Egal, ob Antworten auf diese Frage nun die empirische Forschung weiterbringen oder nicht. Zudem: Die empirische Bewusstseins-Forschung wird immer nur entweder psychologische Zusammenhänge oder Korrelationen zwischen Gehirnvorgängen und psychischen Prozessen entdecken können. Das ist in sich interessant - aber viele Erkenntnisse darüber hinaus werden dadurch kaum gewonnen werden können. Sollte man nun sagen: Es spielt eigentlich keine Rolle, wie viele tausend Lichtjahre der Exoplanet X von uns entfernt ist, wer die ominösen Seevölker waren, die ganze antike Kulturen in ein dunkles Zeitalter trieben, oder ob die Goldbachsche Vermutung wahr ist - weil das außer für zuständige Fachleute und interessierte Laien (höchstwahrscheinlich) eh keine Bedeutung hat? Kann man sich die gesamte Diskussion darum "komplett sparen"? Die Antwort lautet wahrscheinlich: Ja, falls einen solche Themen nicht interessieren. Sonst allerdings kann eine Auseinandersetzung mit ihnen oder eine Diskussion über sie durchaus spannend sein. Die Antwort ist im Falle philosophischer Fragen m.E. die gleiche. Am 7.10.2024 um 09:57 schrieb KevinF: Der Streit Inkompatibilismus versus Kompatibilismus (Thema: "freier Wille" und Determinismus) zum Beispiel scheint mir nichts als Semantik zu sein. In einem gewissen Sinne ist das sicher so. Aber natürlich gibt es Fragen zum gleichen Themenkomplex, die durchaus mehr sind als ein Streit um Worte. Etwa schon die, ob es den freien Willen (im Sinne des alltäglichen, also inkompatibilistischen Verständnisses) gibt. Oder was das Verhältnis von moralischer Verantwortlichkeit und freiem Willen ist. Am 7.10.2024 um 09:57 schrieb KevinF: Und da der Unterschied zwischen diesen Feinheiten in der Realität nicht feststellbar ist, könnte man auch sagen: Abgesehen von empirischen Fragestellungen reine Semantik. Dem allerdings kann ich nicht zustimmen: Eine Frage wie die, ob Bewusstsein auf die Physik reduzierbar ist oder nicht (und falls ja in welchem Sinne) ist aus meiner Sicht eine sehr grundlegende. Was sollte hier "reine Semantik" sein? Zudem kann man da zumindest in manchen Fragen nach meinem Dafürhalten durchaus zu einer Antwort gelangen - siehe meine obige Argumentation. Am 7.10.2024 um 09:57 schrieb KevinF: Besinnt man sich im Sinne Wittgensteins auf das, was sich sagen lässt, dann verschwinden die philosophischen Probleme. Wieso sollte man denn nicht sinnvollerweise sagen können, dass wir nach unserem normalen, durchaus vor-philosophischen, Verständnis sowohl mentale wie auch körperliche Eigenschaften, Zustände und Prozesse haben - und diese durchaus auch voneinander unterscheiden? Und wieso sollte sich dann die Frage, wie diese beiden "Phänomenbereiche" zusammenhängen, nicht sinnvoll stellen lassen? bearbeitet 9. Oktober von iskander Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
iskander Geschrieben 9. Oktober Melden Share Geschrieben 9. Oktober (bearbeitet) Am 7.10.2024 um 17:47 schrieb Marcellinus: @iskander Da du es offenbar nicht von selbst merkst, ich habe im Moment keine Zeit, auf deine Posts zu antworten, und das wird auch nicht dadurch besser, daß du immer neue und längere nachschiebst. Ich möchte natürlich keineswegs, dass Du Dich von mir in irgendeiner Form unter Druck gesetzt fühlst. Abgesehen davon allerdings sehe ich die Sache sehr locker. Ich bin ja einige Zeit hier selbst kaum zum antworten gekommen und habe das dann später nachgeholt, und zwar auch über einen gewissen Zeitraum hinweg. Jeder wie er kann - und möchte! Wenn es da mal zu "Ungleichzeitigkeiten" kommt, ist das aus meiner Sicht erst mal ja kein Problem - soweit es nicht Dir oder Dritten unangenehm ist. Ich "erwarte" nicht, dass jeder möglichst schnell im vollen Umfang oder immer ausführlich reagiert. Eine Debatte wie diese soll ja nicht in Stress ausarten. Zum Rest antworte ich - ganz im Sinne des gerade Ausgeführten - später. bearbeitet 9. Oktober von iskander 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
iskander Geschrieben 9. Oktober Melden Share Geschrieben 9. Oktober Am 7.10.2024 um 20:50 schrieb Marcellinus: Nein, ich habe ihn nicht verlinkt. Er ist Teil einer Auseinandersetzung zwischen Hans Albert und Norbert Elias aus der Mitte der 80er Jahre. Mit Elias Werk habe ich mich nicht auseinandergesetzt, aber sein ursprünglicher Artikel ist ausführlich und recht verständlich geschrieben, und er scheint mir für sich selbst zu sprechen. Zudem scheinen Esser und Albert, die sich mit Elias Schriften offenbar durchaus auseinandergesetzt haben, ihn ähnlich zu verstehen wie ich und seine Replik in Richtung Esser (hier habe ich sie nun gefunden) scheint mir zumindest beim Überfliegen nicht nahezulegen, dass Elias sich - bei allen Meinungsdifferenzen mit Esser - grob missverstanden fühlen würde. Zudem ähnelt Elias' Position - so, wie ich sie verstehe - doch sehr der Deinen, und mitunter berufst Du Dich direkt auf Elias. All das legt für mich nahe, dass ich Elias' Haltung doch einigermaßen authentisch verstehe. Was meinen Beitrag angeht, so habe ich zuerst das, was mir selbst auffiel, niedergeschrieben - tatsächlich hatte ich viele dieser Punkte ja bereits in Diskussionen zuvor artikuliert, wo Du Dich sehr ähnliche Auffassungen wie er artikulierst. Dass Elias der Philosophie und auch Popper zumindest in manchen Fragen nicht gerecht wird, schien mir offenkundig zu sein, und ich habe in etlichen Fällen meine Kritik auch zu begründen versucht, wenn auch in Kürze. Die von mir angeführten Zitate haben zweierlei Motive: Zum größten Teil halte ich sie in der Sache für richtig, und sie veranschaulichen, was ich selbst stichwortartig gesagt hatte - etwa die Relevanz der Differenz von Genese und Geltung, oder dass Popper schwer so zu lesen ist, dass es ihm um ewige und unveränderliche Wahrheiten gegangen sei. In einer Minderheit von Fällen kann ich mir selbst ein Urteil zu der Kritik erlauben: Da ich Elias' Werk nicht kenne und auch nicht mehr präsent habe, was Popper zur Methodologie in den Sozialwissenschaften alles gesagt hat, fehlt mir hier die Möglichkeit, mir selbst ein Bild zu machen. Mit dem Zitieren von solchem Widerspruch wollte ich darauf aufmerksam machen, dass die Position von Elias an dieser Stelle kontrovers. Zwar hatte ich mit Absicht geschrieben, dass ein "Großteil" der Kritik m.E. berechtigt ist, aber ich hätte diesen Punkt wohl dennoch deutlicher machen sollen. Natürlich ist offensichtlich - und Du schreibst das ja wiederholt selbst - dass Elias Dich erheblich beeinflusst hat. Ebenfalls ist mir natürlich eine Reaktion Deinerseits willkommen. Dennoch war es von meiner Seite eine bewusste Entscheidung, den entsprechenden Beitrag nicht direkt an Dich zu adressieren - ich wollte nicht das Signal aussenden, dass ich gewissermaßen "erwarten" würde, dass Du nun "stellvertretend" für Elias schreibst. Dass man von Elias vieles lernen kann - auch zum Thema Wissenschaft - möchte ich nicht bezweifeln. Trotz aller drückt ja selbst Albert seinen Respekt vor Elias aus. Ich würde allerdings noch etwas zur Replik von Elias sagen, weil ich den starken Eindruck habe, dass nahezu unsere gesamte Kontroverse eng mit den von ihm vertretenen Positionen, wie sie auch dort zum Ausdruck gebracht werden, zusammenhängt. So offen ich für eine (gerne kritische) Kommentierung von Deiner Seite bin, so wenig "erwarte" ich sie allerdings! Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 10. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 10. Oktober (bearbeitet) @iskander Ich stimme Dir zu, dass der eliminative Materialismus eine unhaltbare Position ist (wobei mir diese Position auch unter Materialisten selten zu sein scheint). Was ich nicht ganz nachvollziehen kann, ist, welche Rolle die Philosophie des Geistes Deiner Ansicht nach spielen soll. Ich starte noch einmal mit meinen vier Grundaussagen, leicht anders formuliert: 1. Bewusstsein ist evolutionär entstanden. 2. Die Physik ist kausal geschlossen (nur Physikalisches wirkt auf Physikalisches ein). 3. Psychische Eigenschaften supervenieren über physikalischen Eigenschaften. 4. Es gibt Wissen über Bewusstsein, das nur durch bewusstes Erleben zugänglich ist. (Zum Beispiel Schmerzen: Die empirischen Wissenschaften können uns potentiell alles über das Verhalten sagen, das mit Schmerzen einhergeht, alles über die neurologischen Korrelate des Schmerzes und alles über Berichte über Schmerzempfinden. Und doch wissen wir nur deshalb wirklich, was Schmerzen sind, wissen nur deshalb, wie es sich anfühlt, Schmerzen zu empfinden, weil wir selbst Schmerzen erlebt haben.) Die ersten drei Aussagen sind aus den empirischen Wissenschaften abgeleitet. Es handelt sich, wenn man die Aussagen bestreiten möchte, also um empirische Fragestellungen, nicht um Philosopie. Aussage 4 ist aus unserem bewussten Erleben abgeleitet. Außer ein paar exotischen Philosophen, die explizit einen eliminativen Materialismus vertreten, würde die Aussage wohl niemand bestreiten. Wenn man sie durch ein "scheint" entsprechend neutral formuliert, kann man diese Philosophen auch noch mit ins Boot holen. Worum genau streitet man sich nun in der Philosophie des Geistes eigentlich? Um nicht falsifizierbare, spekulative Metaphysik ("intrinsische Eigenschaften physikalischer Objekte")? Das kann man sich sparen, da eben nicht falsifizierbar. Um Semantik? Kann man sich auch sparen. Um empirische Fragestellungen? Dazu braucht man keine Philosophie. Die Philosophie kann verschiedene Möglichkeiten des Denkens aufzeigen. Zur Beschreibung und Erklärung der Realität inklusive Bewusstsein benötigen wir sie nicht. Zugestanden, ich selbst vertrete einen Naturalismus, das ist strenggenommen auch eine philosophische Position. Aber es ist eine minimale Form von Philosophie. bearbeitet 10. Oktober von KevinF Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 10. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 10. Oktober On 10/9/2024 at 2:07 AM, iskander said: Welche Relevanz hat es beispielsweise - außer für die Astronomie selbst - ob sich in der Mitte unserer Galaxie ein Schwarzes Loch befindet? Als ob sich irgendjemand der Faszination von Sagittarius A* entziehen könnte 😉 On 10/9/2024 at 2:07 AM, iskander said: Es gibt auch Materialisten (wie die Churchlands), die die ganze "Volkspsychologie" für eine schlechte "Theorie" halten und meinen, dass man sie - und unser Sprechen in psychologischen Begriffen - hoffentlich irgendwann völlig durch neurophysiologische Theorien ersetzen kann. Dass eine derartige "sehr spezielle" Einstellung einem Bewusstseinsforscher das Arbeiten erschweren könnte, will ich zumindest nicht ausschließen. Das ist allerdings ein Argument gegen, nicht für die Philosophie. Jemand, der keine Philosophie betreibt, kommt auf solche Ideen gar nicht. On 10/9/2024 at 2:07 AM, iskander said: In einem gewissen Sinne ist das sicher so. Aber natürlich gibt es Fragen zum gleichen Themenkomplex, die durchaus mehr sind als ein Streit um Worte. Etwa schon die, ob es den freien Willen (im Sinne des alltäglichen, also inkompatibilistischen Verständnisses) gibt. Oder was das Verhältnis von moralischer Verantwortlichkeit und freiem Willen ist. Ja, aber die Antworten scheinen mir trivial zu sein. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
iskander Geschrieben 15. Oktober Melden Share Geschrieben 15. Oktober @KevinF Ich antworte Dir auf jeden Fall noch. Ich hoffe es ist okay, wenn es manchmal etwas dauert - dafür sind meine Antworten dann ja meistens auch recht gründlich! 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 21. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 21. Oktober Vielleicht noch als "Versöhnungsangebot" an @Weihrauch : Ein Interview mit Thomas Metzinger im Deutschlandfunk: Interview Daraus, bezüglich der Möglichkeit von starker KI: "und im Prinzip – also das sind jetzt wirklich Science-Fiction-Szenarien – könnte es natürlich sein, dass da etwas entsteht, was wir nicht verstehen. Wir behandeln ja viele andere Lebewesen auf dem Planeten einfach wie Dinge oder wie Maschinen, und dasselbe Problem könnte da auftauchen. Es könnte sein, dass wir nicht genau hingeguckt haben und etwas ist schon längst entstanden. Es könnte auch sein, dass wir großes Leiden verursachen, ohne es zuerst zu verstehen, dass wir das tun." Wie schon weiter oben sinngemäß gesagt, ist dies ein sehr guter Grund, die Möglichkeit starker KI nicht a priori auszuschließen @iskander Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
iskander Geschrieben 31. Oktober Melden Share Geschrieben 31. Oktober @KevinF Entschuldige bitte die lange Wartezeit; sie ist mehreren unabhängigen Faktoren geschuldet. Am 11.10.2024 um 00:32 schrieb KevinF: @iskanderIch stimme Dir zu, dass der eliminative Materialismus eine unhaltbare Position ist (wobei mir diese Position auch unter Materialisten selten zu sein scheint). Letzteres ist zwar richtig, aber es gibt durchaus eine Reihe von Positionen, die im Effekt einem solchen Eliminativismus nahekommen. Egeter beschreibt diese treffend wie folgt: "Positionen in der Philosophie des Geistes, die Phänomenales zwar erstens nicht explizit leugnen, es zweitens aber auch nicht hinreichend als Explanandum berücksichtigen, subsumiere ich unter die Kategorie der phänomenalen Indifferenz. Theorien des Geistes dieser Kategorie gehen von der Reduzierbarkeit von subjektiven Phänomenen der Erste-Person-Perspektive auf physikalische Prozesse bzw. Funktionen aus, wie sie von ReduktionsskeptikerInnen nur beim easy problem eingestanden werden. Durch solche Herangehensweisen verschiebt sich jedoch der theoretische Fokus, weg vom Phänomen des Erlebens, auf leichter zu beantwortende Explananda: »The most common factor in such theories [materialistische Theorien des Geistes] is the attempt to explicate the nature of mind and consciousness in terms of their ability to directly or indirectly modify behaviour […]«.63 Die »Natur des Geistes«64 mit dessen Fähigkeit, unser Verhalten beeinflussen zu können, zu erklären, kann als typisches Beispiel für die Transformation phänomenaler in nicht-phänomenale Explananda gesehen werden.65 [...]" Wenn dieser Ansatz im reduktionistischen Sinne konsequent durchgehalten wird, hat man es mit einer "stillen" Elimination zu tun. Denn ob gesagt wird, dass es Bewusstsein nicht gebe, oder ob man sagt, dass es Bewusstsein schob gebe, aber Bewusstsein im Sinne von Erleben dann völlig ignoriert und nur die funktionalen Aspekte gelten lässt, läuft auf das gleiche hinaus; die Differenz ist semantisch. Zitat 1. Bewusstsein ist evolutionär entstanden. Die entscheidende Frage muss hier vielleicht eher lauten, ob Bewusstsein hinreichend durch eine rein "materialistisch" gedachten Evolution erklärbar ist. Die These, dass dem so sei, ist naturgemäß nicht empirisch prüfbar und auch nicht einfach aus physikalischen, chemischen, geologischen oder ähnlichen Befunden ableitbar. Sie folgt vielmehr aus der Überzeugung, dass ein materialistisch verstandener Naturalismus grundsätzlich eine vollständige Beschreibung der Erklärung der Wirklichkeit biete. Das heißt dann aber auch, dass die These, dass Bewusstsein vollständig durch eine rein materielle Evolution erklärbar sei, ihrerseits nicht als Argument für den materialistischen Naturalismus verwendet werden kann, denn sonst hätten wir an dieser Stelle einen Zirkel. Zitat 2. Die Physik ist kausal geschlossen (nur Physikalisches wirkt auf Physikalisches ein). Diese These kann vermutlich allein induktiv begründet werden: So weit unsere Beobachtung reicht, ist es so; also nehmen wir an, dass es generell so ist. Allerdings ist dann letztlich eben tatsächlich nur ein Postulat. Ein induktiver Schluss dieser Art unterliegt unter anderem der folgenden Limitation: Er ist nur dann einigermaßen plausibel, wenn die Dinge, die man beobachtet hat und die Dinge, auf die man schließt, einander hinreichend ähneln. Und hier nun könnte man folgenden Einwand erheben: Hat man es mit "toter" Materie zu tun, besteht gar kein Anlass, etwas anderes als rein physikalische Kräfte anzunehmen, die am Werke sind. Wenn wir also an einer "Sache" beobachten, dass in ihr (so weit unsere Analyse genügt) rein physikalische Prozesse ablaufen, so ist es sinnvoll anzunehmen, dass das auch für andere "Sachen" gilt. Beim Menschen, so könnte man argumentieren, haben wir es aber mit einer grundsätzlich anderen Situation zu tun: Da kommt mit dem Bewusstsein ein Faktor hinzu, der über die reine Physik hinausgeht. Zudem ist es unsere natürliche Erfahrung, dass unser Bewusstsein unseren Körper und damit ein physikalisches System beeinflusst. Also können wir womöglich nicht einfach von den Prozessen, die in einer Gewitterwolke stattfinden und wo wir es allem Anschein nur mit reiner Physik zu tun haben, auf den Menschen schließen, bei dem es ganz anders auszusehen scheint. Anders gesagt: Die Positionen 1 und 2 sind nur dann überzeugend, wenn man bereits einen (materialistischen) Naturalismus, annimmt. Lehnt man diese Position ab, wird man auch 1 und 2 nicht überzeugend finden. Wissenschaftliche Beweise, die die Positionen 1 und 2 völlig unabhängig von "philosophischen" Annahmen beweisen würden, scheinen nicht zu existieren. Zitat 3. Psychische Eigenschaften supervenieren über physikalischen Eigenschaften. Dies (zusammen mit 2.) scheint allerdings unserer spontanen Erfahrung zu widersprechen, nach welcher bewusstes Erleben anderes bewusstes Erleben und sogar die physikalische Welt beeinflusst. Natürlich kann man die Auffassung vertreten, dass eine Einwirkung des Bewusstseins auf die physische Welt illusionär sein; wir erleben es vielleicht nur so, aber es ist nicht so. Aber damit steht man dann vor einem großen Rätsel: Wenn das Bewusstsein kausal völlig überflüssig ist, wieso gibt es dieses dann überhaupt? Einen biologischen Vorteil kann es ja nicht mit sich bringen, wenn es keine Wirkungen auf die physische Welt hat. Und mehr noch: Wieso korrespondiert das menschliche Verhalten nahezu perfekt mit den Inhalten des Bewusstseins, mit seinen Wünschen und Absichten? Warum gehe ich etwas essen, wenn ich mich entschließe, etwas essen zu gehen, wo mein Entschluss doch gar nichts mit meinem Verhalten zu tun haben soll? Dass eine solche Illusion einen glücklich macht und es dem Organismus gut tut, glücklich zu sein, fällt jedenfalls als Erklärung weg, wenn das Erleben von Glück kausal irrelevant ist und in der Tat sogar schon ein Bewusstsein, das Glück erleben kann, keinerlei Funktion erfüllt. Dass es gewissermaßen "zufällig" ein völlig nutzloses Bewusstsein gibt, das zudem auch noch in höchst verlässlicher Weise mit dem Verhalten eines Organismus korrespondiert, wäre so seltsam und wunderbar, dass es wahres Mysterium wäre. Die einzige Erklärung, die mir hierzu einfiele, wäre Leibniz' Prästabilisierte Harmonie - und die ist nun sehr weit weg von jedem Naturalismus. Zitat Die ersten drei Aussagen sind aus den empirischen Wissenschaften abgeleitet. Es handelt sich, wenn man die Aussagen bestreiten möchte, also um empirische Fragestellungen, nicht um Philosopie. Man kann diese drei Aussagen allerdings nicht innerhalb der Naturwissenschaft allein rechtfertigen. Vielleicht ist es "prinzipiell" möglich, einmal ein Gehirn so genau zu untersuchen, dass man beispielsweise feststellen kann, dass jeder einzelne Prozess in ihm rein physikalisch aus anderen Prozessen ableitbar ist. Allerdings ist wohl eher zweifelhaft ob es je so weit kommen wird, und selbst im günstigsten Fall wäre das weit entfernte Zukunftsmusik. Was sonst bleibt sind induktive Schlüsse, die aber hypothetisch bleiben müssen und hinterfragbar sind (s.o.). Zitat 4. Es gibt Wissen über Bewusstsein, das nur durch bewusstes Erleben zugänglich ist. (Zum Beispiel Schmerzen: Die empirischen Wissenschaften können uns potentiell alles über das Verhalten sagen, das mit Schmerzen einhergeht, alles über die neurologischen Korrelate des Schmerzes und alles über Berichte über Schmerzempfinden. Und doch wissen wir nur deshalb wirklich, was Schmerzen sind, wissen nur deshalb, wie es sich anfühlt, Schmerzen zu empfinden, weil wir selbst Schmerzen erlebt haben.) Dem stimme ich natürlich zu. Zitat Worum genau streitet man sich nun in der Philosophie des Geistes eigentlich? Um nicht falsifizierbare, spekulative Metaphysik ("intrinsische Eigenschaften physikalischer Objekte")? Das kann man sich sparen, da eben nicht falsifizierbar. Empirisch falsifizierbar nicht. Aber nicht jede Falsifikation muss empirisch sein. Zudem gibt es eben beispielsweise den Streit zwischen Positionen, die zwar nicht die Existenz von Bewusstsein und Qualia explizit bestreiten, aber das Explanandum "Bewusstsein" dann doch unter der Hand eliminieren und denen, die darauf bestehen, dass es sich hier um eine Wirklichkeit "sui generis" handelt. (Um die Positionen, die das Bewusstsein explizit leugnen, einmal zu ignorieren.) Zitat Zur Beschreibung und Erklärung der Realität inklusive Bewusstsein benötigen wir sie [die Philosophie] nicht. Wenn es um eine basale Beschreibung geht, im Sinne von "Was macht Psychisches zu Psychischem und was unterscheidet es (phänomenologisch) vom Physischen?", so scheint das allerdings eine Fragestellung zu sein, die weder Naturwissenschaften noch die Psychologie beantworten. Was "Erklären" angeht, so ist das natürlich ein weites Feld, aber die Frage, was eine "Erklärung" überhaupt ausmacht, allgemein und auch im Fall des Bewusstseins, ist selbst nicht empirisch, sondern gehört zumindest zum Teil in die Philosophie. Wenn beispielsweise eine Korrelation zwischen einem physikalischen Prozess und einem psychischen Prozess festgestellt wird, stellt sich die Frage, was damit "erklärt" wird und was nicht. Und auch wenn jemand (wie ich hier) argumentiert, dass die Möglichkeiten, Bewusstsein naturwissenschaftlich zu erklären (mit einem "anspruchsvolleren" Erklärungsbegriff), an eine grundsätzliche Grenze stoßen, sind die Überlegungen dahinter philosophischer Art Zitat Zugestanden, ich selbst vertrete einen Naturalismus, das ist strenggenommen auch eine philosophische Position. Aber es ist eine minimale Form von Philosophie. Zumindest dem Anschein nach. Wenn man allerdings alles, was für die Begründung und das Eingehen auf Einwände notwendig sein könnte, mitberücksichtigt, sieht es womöglich doch schon etwas anders aus. Am 11.10.2024 um 00:38 schrieb KevinF: Als ob sich irgendjemand der Faszination von Sagittarius A* entziehen könnte 😉 Kann man ja auch nicht. Am 11.10.2024 um 00:38 schrieb KevinF: Das ist allerdings ein Argument gegen, nicht für die Philosophie. Jemand, der keine Philosophie betreibt, kommt auf solche Ideen gar nicht. Das ist leider nicht ganz von der Hand zu weisen. Philosophie kann m.E. durchaus das Denken trainieren - aber manche Leute scheinen sich völlig im Irrgarten ihrer eigenen komplexen Gedankengänge zu verlaufen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 1. November Autor Melden Share Geschrieben 1. November On 10/31/2024 at 8:34 PM, iskander said: Die entscheidende Frage muss hier vielleicht eher lauten, ob Bewusstsein hinreichend durch eine rein "materialistisch" gedachten Evolution erklärbar ist. Die Frage nach dem Reduktionismus stellt sich erst im Anschluss an Punkt 4. Der erste Punkt besagt nur, dass Bewusstsein durch einen natürlichen Prozess entstanden ist. Was schon sehr viel ist. On 10/31/2024 at 8:34 PM, iskander said: Wissenschaftliche Beweise, die die Positionen 1 und 2 völlig unabhängig von "philosophischen" Annahmen beweisen würden, scheinen nicht zu existieren. Es handelt sich um falsifizierbare Hypothesen, die direkt aus den empirischen Wissenschaften abgeleitet sind: Die Evolutionstheorie ist Teil der Biologie. Und zumindest zu Beginn der Entwicklung der Quantenmechanik haben sich Physiker explizit mit der Frage befasst, ob das Bewusstsein die Wellenfunktion kollabiert. Dieser Ansatz war und ist aber nicht fruchtbringend. On 10/31/2024 at 8:34 PM, iskander said: Dies (zusammen mit 2.) scheint allerdings unserer spontanen Erfahrung zu widersprechen, nach welcher bewusstes Erleben anderes bewusstes Erleben und sogar die physikalische Welt beeinflusst. Darüber hatten wir ja schon gesprochen: Nicht nur der Epiphänomenalismus, sondern auch der Eigenschaftsdualismus und der Materialismus sind mit den vier Punkten kompatibel. Beim Eigenschaftsdualismus wären die psychischen Eigenschaften die intrinsische Basis für die kausale Rolle des korrelierenden neurologischen Prozesses. Spekulativ, aber möglich. Beim Materialismus sind Bewusstsein und korrelierender neurologischer Prozess identisch, ohne dass eine intrinsische Natur der psychischen Eigenschaften postuliert wird. Hier wäre eben, wie Du anmerktest, die Frage, ob dies nicht auf einen Eliminativismus hinausläuft. Empirisch falsifizierbar ist dies alles nicht. Man kann sich auf konzeptioneller Ebene auf die Aussagen 1 bis 4 beschränken und den Rest den empirischen Wissenschaften überlassen. On 10/31/2024 at 8:34 PM, iskander said: Zumindest dem Anschein nach. Wenn man allerdings alles, was für die Begründung und das Eingehen auf Einwände notwendig sein könnte, mitberücksichtigt, sieht es womöglich doch schon etwas anders aus. Der Naturalismus muss nicht bewiesen werden, damit er, vorläufige, Geltung beanspruchen kann. Er ist einfach eine falsifizierbare Hypothese, die sich durch den Erfolg der Naturwissenschaften bislang überall bewährt hat. In Bezug auf die Philosophie des Geistes kann man sie so formulieren, dass alles entweder physikalisch ist oder zumindest über dem Physikalischen superveniert. Die Annahme der Existenz von Übernatürlichem ist hingegen zur Beschreibung und Erklärung der Wirklichkeit überflüssig. Das muss man nicht glauben, es ist einfach das vorläufige Ergebnis des Erkenntnisfortschrittes der letzten paar hundert Jahre. Gefällt Dir nicht? Kein Problem! Falsifiziere es und gewinne einen Nobelpreis 🙂 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
iskander Geschrieben 6. November Melden Share Geschrieben 6. November Am 1.11.2024 um 21:49 schrieb KevinF: Die Frage nach dem Reduktionismus stellt sich erst im Anschluss an Punkt 4. Der erste Punkt besagt nur, dass Bewusstsein durch einen natürlichen Prozess entstanden ist. Was schon sehr viel ist. Hier müssten wir vielleicht eine semantische Unterscheidung vornehmen. Falls das Psychische nicht materiell und dennoch kausal wirksam ist, würde es doch zur uns bekannten Natur (und nicht etwa zu einer Transzendenz) gehört. Es gibt ja dann auch Leute, die eine Spielart des Naturalismus vertreten, aber den Materialismus ablehnen. Ein Beispiel wäre Thomas Nagel, der selbst Atheist ist, aber aus verschiedenen Gründen (nicht allein wegen des Bewusstsein-Problems) der Ansicht ist, dass der Materialismus/Physikalismus die Wirklichkeit - einschließlich der Evolution von Bewusstsein - nicht hinreichend erklärt. (Nagel scheint der Auffassung zu sein, dass etwas Protopsychisches in der Evolution dabei sein muss, das sich dann aber erst im Bewusstsein zeigt.) Am 1.11.2024 um 21:49 schrieb KevinF: Es handelt sich um falsifizierbare Hypothesen, die direkt aus den empirischen Wissenschaften abgeleitet sind: Die Evolutionstheorie ist Teil der Biologie. Das schon. Aber dort, wo es um die Frage des Bewusstseins geht, kann man nichts unmittelbar aus Physik und Biologie ableiten, weil das Bewusstsein selbst kein physikalischer/biologischer Gegenstand ist. Man bräuchte eine Erkenntnis im Sinne von "Wenn die biologischen Grundlagen so und so da sind, dann erklärt das ausreichend das Bewusstsein". Und diese Art der Erkenntnis ist nun aus der bekannten Physik und Biologie nicht ableitbar. Zitat Beim Materialismus sind Bewusstsein und korrelierender neurologischer Prozess identisch, ohne dass eine intrinsische Natur der psychischen Eigenschaften postuliert wird. Hier wäre eben, wie Du anmerktest, die Frage, ob dies nicht auf einen Eliminativismus hinausläuft. Wenn wir einen Materialismus betrachten, der zumindest kein Eliminativismus sein möchte (selbst wenn er im Effekt dann doch darauf oder auf einen verkappten Dualismus hinausläuft), dann wird dieser Materialismus zumindest zugeben müssen, dass wenigstens dem Anschein nach das materielle und das physische Phänomen sich unterscheiden, auch wenn sie in Wahrheit "identisch" sind. (Gäbe es nicht einmal in unserer "Wahrnehmung" eine Differenz von Physischen und Psychischen, dann gäbe es gar kein Rätsel des Bewusstseins - und der Materialismus als theoretische Position wäre zur Erklärung des Psychischen so überflüssig wie zur Erklärung eines Haufens Steine.) Dann stellt sich aber zuerst die Frage, wieso es überhaupt dieses Psychische gibt, das zumindest dem Anschein nach vom Physischen verschieden ist. Es gibt schließlich doch offenbar eine riesige Anzahl physischer Prozesse, die einfach genau das sind: Physische Prozesse und sonst nichts. Sie sind, so würde man doch meinen, mit keinerlei psychischen Prozessen "identisch". Wieso ist das bei manchen neuronalen Prozessen anders? Warum sind das nicht einfach ganz gewöhnliche physikalische Abläufe? Warum diese Identität mit etwas Psychischem? Da entsprechende Prozesse nur insofern kausal wirksam sind, als sie physikalisch sind, nicht aber insofern, als sie mit psychischen Prozessen identisch sind, wäre ein biologische Nutzen auszuschließen. Warum steuern und also nicht einfach komplexe physikalische Prozesse, denen die Eigenschaft, mit Psychischem "identisch" zu sein, fehlt? Mehr noch: Es gibt ja dann auch noch diese nahezu perfekte Entsprechung zwischen physischem Prozess und psychischem Anschein. Aber warum? Warum ist gerade mein Wunsch, zu trinken, mit solchen neuronalen Prozessen identisch, die mich ein Glas an den Mund führen lassen? Warum sind diese neuronalen Prozesse, die mein Trinkverhalten auslösen, nicht mit meinem Wunsch identisch, etwas zu essen? Oder mit einem ganz anderen psychischen Vorgang, der gar nichts mit irgendwelchen Wünschen zu tun haben? Wenn all das bewusste Erleben in seiner Eigenschaft als bewusstes Erleben kausal irrelevant sein soll, ist das ein wahres Mysterium, das so unwahrscheinlich ist, dass es das eigentlich nicht geben kann. Wenn man das Psychische nicht komplett eliminiert, sehe ich nicht, wie man dieses Problem der nahezu perfekten Entsprechung losbekommt. Erklärbar scheint diese Entsprechung nur zu sein, wenn man dem Psychischen "als Psychischem" eine eigene kausale Wirksamkeit auf die physikalische Welt einräumt. Am 1.11.2024 um 21:49 schrieb KevinF: Beim Eigenschaftsdualismus wären die psychischen Eigenschaften die intrinsische Basis für die kausale Rolle des korrelierenden neurologischen Prozesses. Spekulativ, aber möglich. Das wäre dann allerdings wohl mehr als bloßer Eigenschaftsdualismus und mindestens eine Art Monismus, oder? Denn das Psychische wäre dann ja nicht nur eine Eigenschaft von etwas Materiellem, sondern hier ziemlich "basal" und relevant. Hier wäre das Psychische ja das, was die Sache "intrinsisch", also in sich selbst ist. Allerdings stellt sich dann erneut auch die Frage, wieso es eine solch nahezu perfekte Harmonie von Psyche und Physik gibt. Oder anders formuliert: Warum ist gerade mein bewusster Wunsch zu trinken die Basis für die entsprechenden neuronalen Prozesse, die dazu führen, dass ich dann wirklich etwas trinke? Warum nicht mein Gedanke an Musik? Es scheint hier doch eine Entsprechung zu geben, die nur erklärbar wäre, wenn die Inhalte des Bewusstseins die kausalen Rollen der neuronalen Prozesse bestimmen - aber das ist dann wieder mit der Eigengesetzlichkeit und Unabhängigkeit physikalischer Prozesse kaum vereinbar. Deshalb eben mein Gedanke, dass das nach einer "prästabilisierten Harmonie" verlangt. Zitat Der Naturalismus muss nicht bewiesen werden, damit er, vorläufige, Geltung beanspruchen kann. Er ist einfach eine falsifizierbare Hypothese, die sich durch den Erfolg der Naturwissenschaften bislang überall bewährt hat. Ich versuche meine Kritik speziell in Bezug auf Aussage 2 zu formulieren: "2. Die Physik ist kausal geschlossen (nur Physikalisches wirkt auf Physikalisches ein)." Hier ist das Problem wie schon angedeutet, dass wir eben immer nur durch Induktion von Einzelfall zu Einzelfall voranschreiten, und dass unsere Befunde nicht nur mit der These "Die physikalische Wirklichkeit ist kausal geschlossen", sondern auch mit der Auffassung "Die physikalische Wirklichkeit ist nahezu kausal geschlossen" vereinbar ist. Die erstere These ist etwas einfacher und daher ceteris paribus vorzuziehen, aber das heißt nicht, dass sie wahr ist oder der zweiten These im Hinblick auf ihre Plausibilität weit überlegen wäre - auch ein Argument von moderater Überzeugungskraft könnte dazu führen, dass die zweite These plausibler wäre. Zur Verdeutlichung: Wenn jemand in unseren Breitengraden hundert Vögel verschiedener Arten beobachten würde, würden diese wohl alle zu flugfähigen Arten gehören. Dies könnte zur Arbeitshypothese führen, dass alle Vögel flugfähig sind - aber diese These ist nicht zwingend. Es ist immer noch möglich, dass die Exemplare einiger weniger Vogelarten flugunfähig sind, oder dass man flugunfähige Vögel vermehrt an anderen Orten findet. Beide Möglichkeiten wären mit den empirischen Befunden vereinbar. Selbst wenn man ceteris paribus erst einmal davon ausgehen mag, dass alle Vögel flugfähig sind, wäre diese These gegenüber der alternativen Überzeugung nicht als gesichert anzusehen. Ähnlich verhält es such mit den empirischen Befunden der Physik; es lässt sich aus ihnen mit großer Zuversicht nur ableiten, dass die Physik im Normalfall kausal geschlossen ist, nicht aber, dass sie generell kausal geschlossen sein muss. Im Fall des Bewusstsein bestehen konkrete Argumente, die an einer allgemeinen und ausnahmslosen Geschlossenheit Zweifel aufwerfen - und wenn ich mich nicht irre, sogar erhebliche Zweifel. (Dass allerdings das Bewusstsein bei quantenmechanischen Experimenten eine Rolle spielt, und nicht etwa der "objektive" Messvorgang mit seinen physikalischen Auswirkungen, halte ich auch für etwas weit hergeholt. Wenn das Bewusstsein eine kausale Rolle spielt, dann sicher primär im Organismus bzw. Gehirn.) Zitat Die Annahme der Existenz von Übernatürlichem ist hingegen zur Beschreibung und Erklärung der Wirklichkeit überflüssig. Wie gesagt habe ich da gewisse "semantische" Bauchschmerzen weil niemand, der an die Eigenständigkeit des Psychischen oder auch an eine eigenständige kausale Rolle des Psychischen glaubt, dies als "übernatürlich" bezeichnen würde. In der Sache allerdings stellt sich für mich die Frage, wie genau diese Argumentation zu verstehen ist. Falls man an das Bewusstseinsproblem oder auch - man denke an den anderen Thread - an spirituelle Erfahrungen aller Art bereits mit der These herangeht, dass "Übernatürliches" zur Erklärung der gesamten Wirklichkeit unnötig ist und daraus dann folgert, dass es auch in diesen konkreten Fällen unnötig ist, dann wäre dies wohl ein zirkuläres Argument. Höchstens könnte man argumentieren, dass bei allem anderen eine physikalische Erklärung ausreichend sei, und also wohl auch hier - aber das wäre kein sehr starkes Argument, weil hier eben Disanalogien existieren. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 9. November Autor Melden Share Geschrieben 9. November (bearbeitet) @iskander Wenn ich Dich richtig verstehe, sagst Du, es sei Aufgabe der Philosophie, das "schwierige Problem des Bewusstseins" zu lösen? Ich hingegen sehe hier kein sinnvoll bearbeitbares Problem. Es ist Aufgabe der empirischen Wissenschaften herauszufinden, welche Eigenschaften informationsverarbeitende Systeme haben müssen, damit sie welchen Grad an Bewusstsein haben. Du kannst dann immer noch fragen "aber warum gibt es diese Korrelation überhaupt", nur ist das ab einem gewissen Punkt einfach nicht mehr beantwortbar. On 11/6/2024 at 3:09 PM, iskander said: Hier müssten wir vielleicht eine semantische Unterscheidung vornehmen. Falls das Psychische nicht materiell und dennoch kausal wirksam ist, würde es doch zur uns bekannten Natur (und nicht etwa zu einer Transzendenz) gehört. Ja. On 11/6/2024 at 3:09 PM, iskander said: Das wäre dann allerdings wohl mehr als bloßer Eigenschaftsdualismus und mindestens eine Art Monismus, oder? In der weiter oben verlinkten Klassifikation von Chalmers läuft das alles unter der Klasse "F-Monismus". Er bespricht in dem Artikel auch die Probleme, die Du nennst, sowohl die des F-Monismus ("combination problem", wobei er eine Quelle für diesen Ausdruck nennt, er also nicht von ihm selbst stammt), als auch die des Epiphänomenalismus. Er schließt trotzdem beides nicht aus. Ich zitiere mal bezüglich des Verhältnisses von F-Monismus und Epiphänomenalismus: "Some type-F monists appear to hold that they can avoid the combination problem by holding that phenomenal properties are the intrinsic properties of high-level physical dispositions (e.g., those involved in neural states), and need not be constituted by the intrinsic properties of microphysical states (hence they may also deny panprotopsychism). But this seems to be untenable: if the low-level network is causally closed and the high-level intrinsic properties are not constituted by low-level intrinsic properties, the high-level intrinsic properties will be epiphenomenal all over again, for familiar reasons." (aus dem Artikel "Consciousness and its Place in Nature") On 11/6/2024 at 3:09 PM, iskander said: Allerdings stellt sich dann erneut auch die Frage, wieso es eine solch nahezu perfekte Harmonie von Psyche und Physik gibt. Oder anders formuliert: Warum ist gerade mein bewusster Wunsch zu trinken die Basis für die entsprechenden neuronalen Prozesse, die dazu führen, dass ich dann wirklich etwas trinke? Warum nicht mein Gedanke an Musik? Weil Bewusstsein die entsprechenden Hirnprozesse repräsentiert. Ich verstehe, was Du meinst, aber das läuft wieder auf das hinaus, was ich eingangs geschrieben habe. On 11/6/2024 at 3:09 PM, iskander said: Dass allerdings das Bewusstsein bei quantenmechanischen Experimenten eine Rolle spielt, und nicht etwa der "objektive" Messvorgang mit seinen physikalischen Auswirkungen, halte ich auch für etwas weit hergeholt. Wenn das Bewusstsein eine kausale Rolle spielt, dann sicher primär im Organismus bzw. Gehirn. Die Behauptung einer solchen kausalen Rolle ist allerdings eine naturwissenschaftliche Frage und scheint dort nicht auf Beachtung zu stoßen. Warum wohl? Oder anders und nochmals gesagt: Falsifiziere, dass die Physik kausal geschlossen ist und gewinne einen Nobelpreis 🙂 Solange das nicht passiert ist oder es zumindest starke Hinweise darauf gibt, gehe ich von kausaler Geschlossenheit aus. bearbeitet 9. November von KevinF Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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