Dies ist ein beliebter Beitrag. Marcellinus Geschrieben 21. Oktober Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 21. Oktober Soziologische Gedanken zu Afrika Ich halte das Ganze weniger für eine theologische, als für eine soziologische Frage. Ich behaupte einfach mal, daß es mit dem, was die jeweiligen Kirchenführungen dort und hier tun, äußerst wenig zu tun hat, sondern mehr mit den gesellschaftlichen Strukturen. Es sollte doch zu denken geben, daß die Probleme der deutschen kath. Kirche die gleichen sind wie die der deutschen Protestanten, und die der deutschen Kirchen sich auch in allen europäischen Ländern wiederfinden. Und das, obwohl die kirchlichen Strukturen wie die weltanschaulichen Traditionen von Land zu Land unterschiedlich sind. Das spricht doch sehr stark dafür, daß es sich weniger um ein Versagen der Kirchenleitungen handelt, sondern um langfristige gesellschaftliche Prozesse. Wenn es dann, fast im Gegensatz zu dieser Entwicklung, in anderen Weltgegenden anders läuft, vielleicht sogar besser für die jeweiligen Kirchen, dann würde ich auch da erst einmal fragen, ob es gesellschaftliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen dort und hier gibt, und nein, damit meine ich nicht die Hautfarbe. Was als erstes in Auge fällt, sind die Familienstrukturen, einmal die Bedeutung der Familie für die Einzelnen, zum zweiten das, was man die Ich-Wir-Balance nennen könnte, die dort eindeutig mehr in Richtung auf das Wir geht, und vor allem das, was man dort unter Familie versteht. Die Interdependenzketten innerhalb der Verwandtschaft reichen dort viel weiter, als wir uns das auch nur vorstellen können. Das korrespondiert mit den dort weitgehend nicht vorhandenen administrativen und staatlichen Strukturen, bzw. deren Ineffizienz. Die Menschen sind zum Überleben existenziell auf die Unterstützung durch ihre Familie angewiesen. Das bedeutet im Umkehrschluß, daß die einzelnen Familienmitglieder über weit weniger Autonomie verfügen, als das bei uns üblich ist, und das bezieht sich nicht nur auf ihre soziale Situation, sondern auch und vor allem auf ihren psychischen Habitus. Alle Europäer haben in den letzten 500 Jahren die Auflösung ihrer Familienstrukturen erlebt, gleichzeitig die Entwicklung von staatlichen Strukturen, die weitgehend die Aufgaben der alten Sippen übernommen haben, damit verbunden eine Entwicklung hin zu Individualisierung. Die Bindungen zwischen den Menschen sind nicht mehr so fest wie früher in der Sippe, dafür aber sehr viel länger, differenzierter und weit über die ehemaligen Grenzen der Sippen hinaus. Zusammen mit der Industrialisierung, der Entwicklung von Technik und Wissenschaften führte das zu einer Säkularisierung und zu einer Ausbreitung naturalistischer Vorstellungen. In Afrika hat es zwar auch Industrialisierung und Verstädterung gegeben, aber zum einen erst seit sehr viel kürzerer Zeit, und auch sehr viel überstürzter, sodaß den Einzelnen weit weniger Zeit blieb, sich an die veränderten Verhältnisse anzupassen. So blieben die Sippen weitgehend intakt, und daher auch die damit verbundenen Vorstellungen. Die Interdependenzketten reichen bei den meisten kaum über ihre Sippe oder ihren Stamm hinaus, sind dafür aber sehr viel stärker, was übrigens einer der Gründe dafür ist, daß es immer wieder entlang dieser Stammesgrenzen zu Bürgerkriegen kommt, und demokratische Strukturen es so schwer haben, sich gegen gewachsenen Loyalitäten durchzusetzen. Afrikaner sind nicht dümmer als Europäer oder andere Menschen, sie setzen aufgrund ihrer Entwicklung nur anderen Prioritäten. Der Glaube an Übernatürliches gehört dazu, einfach, weil er ihnen noch sehr viel näher ist als den seit Generationen säkularisierten Europäern. Aber ohne Wunderglaube keine Religion. Und wann erwirbt man diesen Wunderglauben? In der Kindheit, und zwar meistens nicht von den Eltern, denn die haben auch in Afrika vermutlich anderes um die Ohren, sondern von den Großeltern. Hier kommt die Sippe ins Spiel, die dort eine solche Rolle spielt, und hier kaum noch existiert. Aus religiöser bzw. kirchlicher Sicht mögen die dortigen Verhältnisse faszinieren (aus säkularer Sicht eher weniger), übertragbar sind sie jedenfalls nicht. 7 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Moriz Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor einer Stunde schrieb Kara: Ich meine... hier "lernt" man (unser Pfarrer ist auch so einer!): Aaaach, die Leute waren gar nicht von Dämonen besessen, sie waren nur psychisch krank und Handauflegen von Jesus und Placeboeffekt und Gesundwerden und so... Und das Buch Jesaja kann gar nicht in seiner Gänze von Jesaja stammen, weil das, was er beschreibt, ist ja noch gar nicht passiert, als er gelebt hat (🤦♀️🤦♀️🤦♀️)... Und die Fische und das Brot... das hat Jesus nicht vermehrt, da haben alle geteilt und waren nett zueinander... Jo. Sorry, an so einen Gott glaube ich auch nicht. Ich schon. Dazu bin ich einfach zu rational gestrickt (und zwar als Geschöpf Gottes!) Für mich war es eine Befreiung, die mich im Glauben weiter gebracht hat, zu merken, daß ich 'Sonntags' nichts anderes glauben muß als 'Werktags'. Daß ich nicht glaube, daß die Wunder Jesu genau so stattgefunden haben, wie sie in der Bibel überliefert werden heißt übrigens nicht, daß ich nicht glaube, daß er Wunderbares getan hat. Nur muß ich die Bilder von damals heute anders lesen um sie wirklich zu verstehen. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober 21 hours ago, Studiosus said: Die katholische Kirche hat die (bisweilen von den Theologen als sehr wahrscheinlich eingeschätzte) Möglichkeit des Scheiterns, ja auch des endgültigen Scheiterns immer mit "eingepreist". Es ist vor allem unsere Generation (will sagen die Generation der Gläubigen und Theologen seit spätestens den 1970er Jahren), die daran Anstoß nehmen und gegen die Tradition und die Verurteilungen durch die Kirche eine implizite oder oft auch explizite Allerlösung praktisch vertreten. Die mildere Form dieses Wunsches, der menschlich mehr als verständlich ist, sind die berühmten Spekulationen von Balthasars oder auch Johannes Paul II. und in jüngerer Zeit auch von Franziskus. Eine Erlösung, die mit einer dicht bevölkerten Hölle nicht zusammenzudenken ist und die selbst einen Judas Iskariot auf den Schulter Christi ins ewigen Vaterhaus einziehen lässt, ist ein verlockender Gedanke. Ob er zutrifft bleibt offen. Um es kurz zu sagen: Die Befürchtung (bei gegenteiliger Hoffnung), dass nicht wenige Menschen auf ewig verloren gehen werden, ist eine zulässige im Spektrum des katholischen Glaubens. Die Lehre - insgesamt, nicht nur auf dem Gebiet des Sextum - abzuschwächen erscheint mir vor diesem Hintergrund allerdings geradezu kontraproduktiv. Sicher mag die authentische Lehre der Kirche, die ja selbst unter praktizierenden Gläubigen immer weniger verfängt, nicht jeden retten, aber man darf hoffen, dass sie doch zumindest einige dem Heil näher bringt. Ich star was pathetisch: Der Menschheit diese Lehre vorzuenthalten, indem man sie bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, ist ein Verbrechen. Bezüglich des Judentums erzählt man sich folgende Anekdote (ich kann nicht beurteilen, inwieweit sie bezüglich der dortige Lehre zutreffend ist): Schüler: "Wie komme ich in den Himmel?" Rabbi: "Hast Du keine anderen Sorgen?" Viel sympathischer. Und glaubwürdiger. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober (bearbeitet) vor 14 Minuten schrieb KevinF: Bezüglich des Judentums erzählt man sich folgende Anekdote (ich kann nicht beurteilen, inwieweit sie bezüglich der dortige Lehre zutreffend ist): Schüler: "Wie komme ich in den Himmel?" Rabbi: "Hast Du keine anderen Sorgen?" Viel sympathischer. Und glaubwürdiger. Sympathisch vielleicht. Viele schätzen ja durchaus diese wie ich wertfrei sage "Weltfokussierung" des Judentums. Das ist recht und billig. Bis man dümmstenfalls mit langem Gesicht vor seinem ewigen Richter steht. Dann hilft solcher kecker Umgang mit Himmel und Hölle auch nicht mehr weiter. Man möchte mich bitte nicht falsch verstehen. Der Blick auf die kommende Welt sollte unsere Aktion in dieser Welt nicht lähmen, ganz im Gegenteil. Aber um den obigen Gedanken aufzunehmen: Im Prinzip gibt es keine andere, wichtigere Sorge für den Katholiken als in den Himmel zu kommen. Darauf sollte - zumindest nach meinen Begriffen - alles zustreben. Die "alte" Generation, die noch klassisch katechetisiert wurde, wusste das noch. Das ist nicht umsonst die erste Frage in den herkömmlichen Katechismen gewesen: Warum sind wir auf Erden? Antwort: Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, nach seinem Willen das Gute zu tun und einst in den Himmel zu kommen. Das ist natürlich nicht so keck, sondern straight to the point, aber so sieht es aus. Besser kann man die Essenz des christlichen Glaubens kaum zusammenfassen. Und kaum knapper. bearbeitet 21. Oktober von Studiosus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 21. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor einer Stunde schrieb Flo77: Als ob er das je gesagt hätte. Ach nee, werden wir ja nie erfahren, nachdem die Kirche an den Texten herumgedoktert und sie nach ihrem Gusto verändert hat. Was Du so alles weißt. Beeindruckend. Mit „ich suche mir aus der Bibel die Teile aus, die mir gefallen“ lockt man jedenfalls keinen hinter dem Busch hervor. Womit wir auch schon bei einem Kernproblem wären. Nicht nur bzgl. der Hl. Schrift. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 21. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor einer Stunde schrieb Marcellinus: Soziologische Gedanken zu Afrika Ich halte das Ganze weniger für eine theologische, als für eine soziologische Frage. Ich behaupte einfach mal, daß es mit dem, was die jeweiligen Kirchenführungen dort und hier tun, äußerst wenig zu tun hat, sondern mehr mit den gesellschaftlichen Strukturen. Es sollte doch zu denken geben, daß die Probleme der deutschen kath. Kirche die gleichen sind wie die der deutschen Protestanten, und die der deutschen Kirchen sich auch in allen europäischen Ländern wiederfinden. Und das, obwohl die kirchlichen Strukturen wie die weltanschaulichen Traditionen von Land zu Land unterschiedlich sind. Das spricht doch sehr stark dafür, daß es sich weniger um ein Versagen der Kirchenleitungen handelt, sondern um langfristige gesellschaftliche Prozesse. Wenn es dann, fast im Gegensatz zu dieser Entwicklung, in anderen Weltgegenden anders läuft, vielleicht sogar besser für die jeweiligen Kirchen, dann würde ich auch da erst einmal fragen, ob es gesellschaftliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen dort und hier gibt, und nein, damit meine ich nicht die Hautfarbe. Was als erstes in Auge fällt, sind die Familienstrukturen, einmal die Bedeutung der Familie für die Einzelnen, zum zweiten das, was man die Ich-Wir-Balance nennen könnte, die dort eindeutig mehr in Richtung auf das Wir geht, und vor allem das, was man dort unter Familie versteht. Die Interdependenzketten innerhalb der Verwandtschaft reichen dort viel weiter, als wir uns das auch nur vorstellen können. Das korrespondiert mit den dort weitgehend nicht vorhandenen administrativen und staatlichen Strukturen, bzw. deren Ineffizienz. Die Menschen sind zum Überleben existenziell auf die Unterstützung durch ihre Familie angewiesen. Das bedeutet im Umkehrschluß, daß die einzelnen Familienmitglieder über weit weniger Autonomie verfügen, als das bei uns üblich ist, und das bezieht sich nicht nur auf ihre soziale Situation, sondern auch und vor allem auf ihren psychischen Habitus. Alle Europäer haben in den letzten 500 Jahren die Auflösung ihrer Familienstrukturen erlebt, gleichzeitig die Entwicklung von staatlichen Strukturen, die weitgehend die Aufgaben der alten Sippen übernommen haben, damit verbunden eine Entwicklung hin zu Individualisierung. Die Bindungen zwischen den Menschen sind nicht mehr so fest wie früher in der Sippe, dafür aber sehr viel länger, differenzierter und weit über die ehemaligen Grenzen der Sippen hinaus. Zusammen mit der Industrialisierung, der Entwicklung von Technik und Wissenschaften führte das zu einer Säkularisierung und zu einer Ausbreitung naturalistischer Vorstellungen. In Afrika hat es zwar auch Industrialisierung und Verstädterung gegeben, aber zum einen erst seit sehr viel kürzerer Zeit, und auch sehr viel überstürzter, sodaß den Einzelnen weit weniger Zeit blieb, sich an die veränderten Verhältnisse anzupassen. So blieben die Sippen weitgehend intakt, und daher auch die damit verbundenen Vorstellungen. Die Interdependenzketten reichen bei den meisten kaum über ihre Sippe oder ihren Stamm hinaus, sind dafür aber sehr viel stärker, was übrigens einer der Gründe dafür ist, daß es immer wieder entlang dieser Stammesgrenzen zu Bürgerkriegen kommt, und demokratische Strukturen es so schwer haben, sich gegen gewachsenen Loyalitäten durchzusetzen. Afrikaner sind nicht dümmer als Europäer oder andere Menschen, sie setzen aufgrund ihrer Entwicklung nur anderen Prioritäten. Der Glaube an Übernatürliches gehört dazu, einfach, weil er ihnen noch sehr viel näher ist als den seit Generationen säkularisierten Europäern. Aber ohne Wunderglaube keine Religion. Und wann erwirbt man diesen Wunderglauben? In der Kindheit, und zwar meistens nicht von den Eltern, denn die haben auch in Afrika vermutlich anderes um die Ohren, sondern von den Großeltern. Hier kommt die Sippe ins Spiel, die dort eine solche Rolle spielt, und hier kaum noch existiert. Aus religiöser bzw. kirchlicher Sicht mögen die dortigen Verhältnisse faszinieren (aus säkularer Sicht eher weniger), übertragbar sind sie jedenfalls nicht. Eine andere Antwort habe ich von Marcellinus auch nicht erwartet. Bleibt komplett im Rahmen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober 1 hour ago, Kara said: Ein wichtiger Punkt bei Barron ist die "Demystifizierung" hierzulande. Das Negieren des Übernatürlichen. Das Ausradieren der Wunder und Prophezeiungen. Ich meine... hier "lernt" man (unser Pfarrer ist auch so einer!): Aaaach, die Leute waren gar nicht von Dämonen besessen, sie waren nur psychisch krank und Handauflegen von Jesus und Placeboeffekt und Gesundwerden und so... Und das Buch Jesaja kann gar nicht in seiner Gänze von Jesaja stammen, weil das, was er beschreibt, ist ja noch gar nicht passiert, als er gelebt hat (🤦♀️🤦♀️🤦♀️)... Und die Fische und das Brot... das hat Jesus nicht vermehrt, da haben alle geteilt und waren nett zueinander... Jo. Sorry, an so einen Gott glaube ich auch nicht. Nette und charismatische Menschen gab es viele, da brauche ich keinen Jesus dazu. Da bricht Religion einfach völlig in sich zusammen. Wunder und das Erfüllen von Prophezeiungen sind ein ganz starkes Zeichen für die Existenz Gottes. Wo das verloren geht, da verliert sich auch der Glaube. Ich identifiziere das als Riesenproblem bei uns. Und das hat mit konservativ oder progressiv nicht mal irgendwas zu tun! Man kann an Wunder glauben und trotzdem für die Frauenweihe sein. In Afrika scheint das laut Barron anders zu laufen, die Verkündigung ist dort eine ganz andere. Deswegen hört er auch lieber einem afrikanischen Theologen zu als einem deutschen. Und ich kann das absolut nachvollziehen. Ich höre auch lieber (einer breiten Palette an) amerikanischen Theologen zu als deutschen. Sorry, falls bisschen wirr, bin grad unter Zeitdruck. "Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben 16. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht." Rudolf Bultmann in "Neues Testament und Mythologie" (Die "16" ist ein Verweis auf eine Fußnote (Formatierung bei Copy-Paste verunglückt), die ich nur auf Nachfrage poste) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober Just now, rorro said: Eine andere Antwort habe ich von Marcellinus auch nicht erwartet. Bleibt komplett im Rahmen. Gegenargumente? Ich weiß ja, die Theologie sagt, Gott schenkt den Glauben. Aber tut er das in der Regel unabhängig von allen sozialen Voraussetzungen? Dass das anscheinend nicht so ist, sollte doch auch für Gläubige nachvollziehbar sein? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
iskander Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor einer Stunde schrieb Flo77: vor einer Stunde schrieb iskander: Mir geht es darum, dass das alles so klingt wie: "Na ja, wenn Du am Ideal scheiterst, ist das jetzt auch keine Katastrophe. Dann helfen wir Dir halt auf die Beine und Du versuchst es erneut, und im Lauf der Zeit machst Du sicher auch Fortschritte." Das ist mit dem Todsündenkonzept der Kirche nicht vereinbar. Aber klar ist das vereinbar. Darum doch die ständige Betonung von Beichte und Erlösung. Wichtig ist nur im Moment des Todes im Gnadenstand zu sein. Wie soll ein "Wenn Du stirbst, bevor Du zur Beichte kommst oder 'vollkommene Reue' erweckt hast, dann gelangst Du für alle Ewigkeit in die Hölle (wenn nicht besondere Umstände vorliegen)" mit einem "alles halb so wild, wenn es heute nicht klappt, klappt's vielleicht morgen" mit dem Vermeiden der Sünde vereinbar sein? Eine solch legere Attitüde wäre höchstens bei 'lässlichen" Sünden denkbar. Da bleibt der Mensch immerhin im Stand der Gnade, und wenn er vor der Beichte stirbt, bleibt er vielleicht etwas länger im Fegefeuer, aber das war's dann auch. Der "Gnadenstand" ist dann eben immer noch gegeben. Und Gott ist da auch nicht zutiefst in seiner Heiligkeit beleidigt. Die kath. Lehre ist hart. Man mag das von mir aus für eine "notwendige Härte" halten. Aber die Versuche selbst von konservativer Seite, die Sache in mildes Licht zu rücken und alles ein wenig sanfter und menschenfreundlicher aussehen lassen zu wollen, gehen an der Lehre vorbei. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor 6 Minuten schrieb Studiosus: Sympathisch vielleicht. Viele schätzen ja durchaus diese wie ich wertfrei sage "Weltfokussierung" des Judentums. Das ist recht und billig. Bis man dümmstenfalls mit langem Gesicht vor seinem ewigen Richter steht. Dann hilft solcher kecker Umgang mit Himmel und Hölle auch nicht mehr weiter. Der Punkt ist, daß sich im Judentum alles um die Gerechtigkeit auf Erden dreht und nicht um irgendetwas zukünftiges. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober Gerade eben schrieb Flo77: Der Punkt ist, daß sich im Judentum alles um die Gerechtigkeit auf Erden dreht und nicht um irgendetwas zukünftiges. Ja, exakt. Und im Christentum geht es darum (zumindest in dieser Ausschließlichkeit) nicht. Wo ist hier das Problem? Wen das Judentum anspricht, dem ist es ja nicht verboten, sich ihm anzuschließen. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 21. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 21. Oktober (bearbeitet) vor 7 Minuten schrieb KevinF: Gegenargumente? Ich weiß ja, die Theologie sagt, Gott schenkt den Glauben. Aber tut er das in der Regel unabhängig von allen sozialen Voraussetzungen? Dass das anscheinend nicht so ist, sollte doch auch für Gläubige nachvollziehbar sein? Wenn man Gottes Wirken a priori ausschließt, erübrigt sich das Argumentieren. bearbeitet 21. Oktober von rorro Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 21. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor 4 Minuten schrieb Flo77: Der Punkt ist, daß sich im Judentum alles um die Gerechtigkeit auf Erden dreht und nicht um irgendetwas zukünftiges. Es gab da ein paar Juden zu Jesu‘ Zeit, die wussten, daß daraus auf Erden nichts wird. Der Mensch ist wie er ist. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor 2 Minuten schrieb Studiosus: Ja, exakt. Und im Christentum geht es darum (zumindest in dieser Ausschließlichkeit) nicht. Wo ist hier das Problem? Das Christentum in unseren Breiten hat sich weitgehend theoretisiert. Du wolltest wissen, was man von Afrika lernen kann... vor 2 Minuten schrieb Studiosus: Wen das Judentum anspricht, dem ist es ja nicht verboten, sich ihm anzuschließen. Das Christentum ist das Judentum der Heiden. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 21. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 21. Oktober Gerade eben schrieb Flo77: Das Christentum ist das Judentum der Heiden. Nein. 1 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor 9 Minuten schrieb KevinF: vor 12 Minuten schrieb rorro: Eine andere Antwort habe ich von Marcellinus auch nicht erwartet. Bleibt komplett im Rahmen. Gegenargumente? Keine! @rorro setzt sich nicht mit dem Inhalt des Posts auseinander, sondern mit der Weltanschauung des Posters. Kann man machen. Ist vielleicht auch gut für die eigene Weltanschauung, aber schlecht für den Blick auf die Wirklichkeit. Aber um die geht es ja bei Religionen als allerletztes. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor 7 Minuten schrieb Flo77: Das Christentum ist das Judentum der Heiden. Die Heiden im allgemeinen konnten nichts dafür, und wären sicherlich froh gewesen, wenn es ihnen erspart geblieben wäre. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
iskander Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober (bearbeitet) vor 37 Minuten schrieb rorro: Eine andere Antwort habe ich von Marcellinus auch nicht erwartet. Bleibt komplett im Rahmen. Das sind doch zumindest wichtige Gesichtspunkte und potentielle Teilerklärungen, die man ernsthaft bedenken sollte. Auch ein religiöser Mensch sollte doch in Erwägung ziehen, dass Religion zumindest auch etwas mit den sozialen Gegebenheiten vor Ort zu tun haben könnte. vor 37 Minuten schrieb KevinF: "Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben 16. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht." Rudolf Bultmann in "Neues Testament und Mythologie" Das scheint nun allerdings nicht richtig zu sein, denn wenn man an einen allmächtigen Gott glaubt, warum sollte dieser nicht auch durch die Natur eingreifen können? "Weil es gegen die Naturgesetze ist!" Ist es das? Methodisch können Naturgesetze (jedenfalls auf der basalsten Ebene) durch Beobachtung und Induktion begründet werden: "Wir haben bisher festgestellt, dass immer dann, wenn A auftritt, auch B auftritt - also gehen wir davon aus, dass es einen entsprechenden allgemeinen Zusammenhang gibt." Nun bin ich kein Popperianer, der induktive Schlüsse komplett ablehnt. Aber klar ist dennoch, dass ein solcher Schluss seine Grenzen hat. Dazu gehört beispielsweise, dass es auch Überraschungen geben kann, bei denen A plötzlich doch ohne B auftritt. Insbesondere auch, weil der Zusammenhang von A und B womöglich von bestimmten Bedingungen abhängt und unter anderen Bedingungen womöglich nicht auftritt. Dabei kann es sein, dass wir diese Bedingungen gar nicht kennen. Ob eine Bedingung dafür, dass die Natur so abläuft, wie wir sie kennen, lauten könnte, dass Gott normalerweise nicht in die Natur eingreift, ist keine naturwissenschaftlich klärbare Frage. Es ist aber auch nicht a priori auszuschließen, dass dem so sein könnte. Wir können aufgrund unserer Beobachtung von A und B und ihres Zusammenhangs sagen: "Wir haben bisher immer beobachtet, dass B auf A folgt, und wir nehmen an, dass das generell so ist, jedenfalls unter den Bedingungen, die normalerweise vorliegen." Aber keine Beobachtung von A und B erlaubt uns Aussagen wie diese: "Es kann keinen Gott geben; und wenn es ihn doch gibt, kann er nicht auf A oder B oder ihren Zusammenhang einwirken." Oder: "Gott hat ein Gesetz erlassen, mit dem er sich selbst verbietet, auf A oder B oder ihren Zusammenhang einzuwirken." bearbeitet 21. Oktober von iskander 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
SteRo Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor 42 Minuten schrieb Moriz: Ich schon. Dazu bin ich einfach zu rational gestrickt (und zwar als Geschöpf Gottes!) Für mich war es eine Befreiung, die mich im Glauben weiter gebracht hat, zu merken, daß ich 'Sonntags' nichts anderes glauben muß als 'Werktags'. Daß ich nicht glaube, daß die Wunder Jesu genau so stattgefunden haben, wie sie in der Bibel überliefert werden heißt übrigens nicht, daß ich nicht glaube, daß er Wunderbares getan hat. Nur muß ich die Bilder von damals heute anders lesen um sie wirklich zu verstehen. Protestant. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober 41 minutes ago, Studiosus said: Sympathisch vielleicht. Viele schätzen ja durchaus diese wie ich wertfrei sage "Weltfokussierung" des Judentums. Das ist recht und billig. Bis man dümmstenfalls mit langem Gesicht vor seinem ewigen Richter steht. Dann hilft solcher kecker Umgang mit Himmel und Hölle auch nicht mehr weiter. Selbst wenn Du mit Deinem Glauben recht hast: Das ändert für mein Leben hier und jetzt genau gar nichts. Warum sollte es? Für Moral braucht man keinen Gott und Drohungen bezüglich Jenseits kann man sich potentiell unendlich viele ausdenken. Warum irgendeine davon erst nehmen? Und warum sollten solche Drohungen meine Moral beeinflussen? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober (bearbeitet) Ich denke, hier kommen wir an die Grenze des gegenseitigen Verständnisses, und ich sage das ausdrücklich sine ira et studio. Das Christentum, so wie @rorro es vertritt, hat eine starke, heilsgeschichtliche Komponente. Entwicklung, Verbreitung und evtl. Niedergang des Glaubens können daher nicht einfach historische Tatsachen sein, beruhend auf soziologischen Prozessen. Sie sind immer auch, und vielleicht sogar vorrangig, Ausdruck göttlichen Willens und menschlichen Glaubens. Das kollidiert mal mehr, mal weniger, aber immer notwendig mit einem naturalistischen Weltbild. bearbeitet 21. Oktober von Marcellinus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
SteRo Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober (bearbeitet) vor 19 Minuten schrieb Marcellinus: Das Christentum, so wie @rorro es vertritt, hat eine starke, heilsgeschichtliche Komponente. Da sprichst du was an. Denn was @rorro vertritt erscheint mir dubios. Einerseits ist er scheinbar bemüht, die Lehre der RK-Amtskirche zu vertreten und explizit nur diese (d.h. alles andere ablehnend). Andererseits erscheint er dabei so affektiv involviert, dass es ihm mehr um sein kreatürliches Ego/Selbst zu gehen scheint als um Gott. Einen unglaubwürdigeren Dienst aber kann man Gott überhaupt nicht machen als den Dienst an IHM mit dem Dienst am eigenen Selbst zu vermischen. bearbeitet 21. Oktober von SteRo Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
KevinF Geschrieben 21. Oktober Melden Share Geschrieben 21. Oktober 42 minutes ago, iskander said: 1 hour ago, KevinF said: "Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben 16. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht." Rudolf Bultmann in "Neues Testament und Mythologie" Expand Das scheint nun allerdings nicht richtig zu sein, denn wenn man an einen allmächtigen Gott glaubt, warum sollte dieser nicht auch durch die Natur eingreifen können? Die Hypothese der Existenz eines allmächtigen Gottes gehört bereits zur christlichen Metaphysik, die in unserer Zeit überflüssig geworden ist (vom Theodizeeproblem mal ganz zu schweigen). Ich weiß nicht, was Bultmann konkret zum Thema "Allmacht" geschrieben hat (bei Paul Tillich zum Beispiel ist sie Symbol), aber natürlich ist er den Weg seiner "Entmythologisierung" (verstanden als Erklärung, nicht Eliminierung des Mythos) nicht konsequent zu Ende gegangen, sondern bei ihm bleibt, wie er selbst schreibt, ein "mythologischer Rest". Das ist inkonsequent und an diesem Punkt ist die Argumentation dementsprechend angreifbar. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 21. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor 57 Minuten schrieb Marcellinus: Ist vielleicht auch gut für die eigene Weltanschauung, aber schlecht für den Blick auf die Wirklichkeit. Aber um die geht es ja bei Religionen als allerletztes. Q.e.d. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 21. Oktober Autor Melden Share Geschrieben 21. Oktober vor 22 Minuten schrieb Marcellinus: Ich denke, hier kommen wir an die Grenze des gegenseitigen Verständnisses, und ich sage das ausdrücklich sine ira et studio. Das sehe ich auch so. Zitat Das Christentum, so wie @rorro es vertritt, hat eine starke, heilsgeschichtliche Komponente. Entwicklung, Verbreitung und evtl. Niedergang des Glaubens können daher nicht einfach historische Tatsachen sein, beruhend auf soziologischen Prozessen. Du stellst einen Gegensatz auf, den es m.E. nach nicht gibt. Zitat Sie sind immer auch, und vielleicht sogar vorrangig, Ausdruck göttlichen Willens und menschlichen Glaubens. Das kollidiert mal mehr, mal weniger, aber immer notwendig mit einem naturalistischen Weltbild. Deswegen kollidiert da auch nichts. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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