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Demographie der Kirche


rorro

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vor 19 Minuten schrieb Flo77:

Was unterscheidet denn jenseits der Mythik den historischen Jesus vom Christus?

 

Das was Du hier andauernd als "Mythik" oder "Mythologie" bezeichnest, sind doch gerade die Charakteristika, die Jesus Christus zu Jesus Christus machen (ich will hier nicht die ganze Christologie oder auch nur das Glaubensbekenntnis referieren, das ist ja alles bekannt). 

 

Um es so einfach wie möglich zu machen: Du redest vom Menschen Jesus, ich rede vom Menschen und vom Gott Jesus Christus. In Jesus Christus ist der geschichtliche Mensch Jesus von Nazareth enthalten, es gibt also keinen Bedarf für einen weiteren, losgelösten "historischen Jesus". Dem historischen Jesus geht hingegen die Gottheit ab (diese wird ihm, nach dieser Denkschule, teilweise erst Jahrhunderte später durch die Kirche nachgeworfen), deshalb ist dieses Konzept für mich eindeutig zu verwerfen. Menschheit und Gottheit Jesu Christi können, ja dürfen nicht gegeneinander in Stellung gebracht werden. Sie bilden eine Einheit, unvermischt und ungetrennt, wie das Chalcedonense sagt. 

 

 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Stunden schrieb rorro:
vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Gibt es gerade dafür nicht heute reichlich Beispiele? 

 

Nicht wirklich. Gewaltlos so wie damals bei den Christen? Welche denn?

 

Es ging darum, sein Leben für luftige Ideale zu opfern. Nach Begleiterscheinungen war nicht gefragt. An Gewalt war auch bei den Christen kein Mangel, erst gegen sich, dann gegen andere. Die Geringschätzung des Lebens war die gleiche.

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vor 15 Minuten schrieb Studiosus:

Menschheit und Gottheit Jesu Christi können, ja dürfen nicht gegeneinander in Stellung gebracht werden. Sie bilden eine Einheit, unvermischt und ungetrennt, wie das Chalcedonense sagt. 

 

Auf das sich die Christen auch erst nach Jahrhunderten und einem kaiserlichen Basta „geeinigt“ haben. Christologie ist ein Minenfeld. ;)

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vor einer Stunde schrieb Flo77:

Ob Christus der "Sohn" Gottes war oder nicht, ist - zumindest für mich - für die Frage nach den mythologischen Motiven, die um ihn herumgedichtet wurden übrigens völlig irrelevant.

 

Alles andere wäre auch inkonsequent. 

 

Nur ist das dann eben nicht mehr der christliche Glaube (das meine ich wertfrei). 

 

Der Sohn der Maria ist die zweite Person der Trinität. Das ist christlicher Glaube.

 

Kann man doof finden, sogar schwachsinnig - wird alles nicht dazu führen, daß Christen davon abrücken werden. Oder anders gesagt: die kirchliche Verkündigung wird nicht davon abrücken, selbstbeschriebene Christen glauben alles mögliche...

bearbeitet von rorro
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vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Auf das sich die Christen auch erst nach Jahrhunderten und einem kaiserlichen Basta „geeinigt“ haben. Christologie ist ein Minenfeld. ;)

 

Siehe meinen Satz in der Klammer. 

 

vor 19 Minuten schrieb Studiosus:

Dem historischen Jesus geht hingegen die Gottheit ab (diese wird ihm, nach dieser Denkschule, teilweise erst Jahrhunderte später durch die Kirche nachgeworfen)

 

Diese Denke ist mir natürlich nicht fremd. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 7 Minuten schrieb Marcellinus:

Es ging darum, sein Leben für luftige Ideale zu opfern. Nach Begleiterscheinungen war nicht gefragt. An Gewalt war auch bei den Christen kein Mangel, erst gegen sich, dann gegen andere. Die Geringschätzung des Lebens war die gleiche.

 

Nenn Du es "Begleiterscheinung", für mich ist das ein Kern der Glaubwürdigkeit.

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vor 41 Minuten schrieb Studiosus:

Menschheit und Gottheit Jesu Christi können, ja dürfen nicht gegeneinander in Stellung gebracht werden.

Du wirst lachen, aber diesen Schritt beides gegeneinander in Stellung zu bringen, gehe nicht ich, sondern das Lehramt, das den Menschen zu einer irrelevanten Randexistenz heruntertheologisiert hat.

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vor 30 Minuten schrieb Flo77:

Du wirst lachen, aber diesen Schritt beides gegeneinander in Stellung zu bringen, gehe nicht ich, sondern das Lehramt, das den Menschen zu einer irrelevanten Randexistenz heruntertheologisiert hat.

 

Das ist Deine doch sehr eigene misanthrope Interpretation.

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vor einer Stunde schrieb Flo77:

Du wirst lachen, aber diesen Schritt beides gegeneinander in Stellung zu bringen, gehe nicht ich, sondern das Lehramt, das den Menschen zu einer irrelevanten Randexistenz heruntertheologisiert hat.

 

Nein, darüber lache ich nicht, weil ich diesen Vorwurf, den Du zwar gegenüber dem Lehramt der Kirche mit bewundernswerter Regelmäßigkeit vorbringst, nicht in den den Tatsachen widergespiegelt sehe. Oben habe ich nur als Beispiel das Konzil von Chalcedon erwähnt, man könnte etliche andere anfügen. Und noch mehr: Fast ein Drittel, geschätzt, der Kirchen- und Konziliengeschichte hat sich nur oder hauptsächlich mit der Frage beschäftigt: Wer ist dieser Jesus? Und ist dabei zu den bekannten Ergebnissen gekommen. Und hernach ging es gerade so weiter. Die Theologie des Mittelalters hat sich in erstaunlicher Kleinteiligkeit mit dem Verhältnis von menschlicher und göttlicher Natur Jesu Christi beschäftigt. Bis hin zu so menschlichen oder allzu menschlichen Fragen, ob er gelacht habe oder auf Klo musste. Soviel zu "in allem uns gleich, außer der Sünde". 

 

Man kann also meines Erachtens keinesfalls sagen, die Theologie und noch viel weniger das kirchliche Lehramt habe den Menschen Jesus ausgelöscht oder überdeckt. Über diese tendenziöse Deutung der Kirchengeschichte musste ich schon vor 20 Jahren lachen, als ich bei halbagnostischen, oft protestantischen Kirchenhistorikern las, die böse Amtskirche hätte den armen Jesus zum Gott nachgerade "hochdogmatisiert". Dass das wirklich noch Leute vertreten wundert mich nicht minder als Dich.

 

Diese These hat im deutschen Sprachraum von Harnack popularisiert und seitdem quakt das jeder Theologie-Zweitsemester, evangelisch und katholisch einerlei, nach als wäre es "Evangelium". Als Gegenmittel zu von Harnacks Dogmengeschichte empfehle ich Newmans Essay on the Development of Christian Doctrine. Sehr grundsätzlich und differenziert, gefälliger zu lesen und im Gegensatz zu Harnack auch katholisch. 

bearbeitet von Studiosus
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16 hours ago, iskander said:

Nehmen wir einmal an, dass es Gott wirklich gibt, und dass er einem bestimmten Menschen eine Erfahrung schenkt. Dann sollte er auch in der Lage sein, diesem Menschen eindeutig zu zeigen, dass die Erfahrung echt ist (also keine Gottes-Illusion, die sich naturalistisch erklären ließe).

Ein Außenstehender könnte das aber nicht erkennen, sondern nur der Betroffene selbst. Aus Sicht des Außenstehenden wäre die vernünftigste Erklärung vielleicht, dass derjenige, der meint, eine göttliche Erfahrung zu haben, sich täuscht, während aus der Innensicht die einzige vernünftige (und nach Annahme korrekte) Erklärung die eines echten Kontakts mit einer übernatürlichen Realität wäre. 

 

Nicht falsifizierbare Hypothesen dieser Art kann man sich unendlich viele ausdenken.
 
Für die Beschreibung und Erklärung der Welt (inklusive religiösem Erleben) sind sie alle überflüssig.
Für Moral selbstverständlich auch.

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vor 2 Stunden schrieb Studiosus:

Justice for Hypatia! 

 

Man kann sich auch ewig jeden einzelnen Gewaltexzess vorrechnen. Dann sitzen wir in 10 Jahren noch hier... 

 

Wie wahr! Aber darum ging es mir gar nicht. Es ging mir darum, daß die Bereitschaft, das eigene Leben für eine Sache zu riskieren, zum einen nicht Besonderes ist, und zum anderen nichts über den "Wert" dieser Sache aussagt. Wenn etwas für den Homo Sapiens charakteristisch ist, dann die Bereitschaft. höchste Risiken einzugehen zur Erreichung unwahrscheinlicher Ziele. 

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vor 17 Stunden schrieb iskander:

Hinzukommt, dass letztlich nur derjenige eine Erfahrung kennt, der sie macht. Es kann schwierig sein, ein definitives und endgültiges Urteil über Erlebnisse zu fällen, zu denen man selbst keinen Zugang hat.

 

Auf deutsch: Es gibt keine "Offenbarungen" aus zweiter Hand! :D

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vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Auf deutsch: Es gibt keine "Offenbarungen" aus zweiter Hand! :D

 

Oder so. Da muss man dann tatsächlich den anderen vertrauen oder die Sache insgesamt für glaubwürdig halten - oder einfach aus Tradition folgen. Oder eben auch nicht.

 

vor 4 Stunden schrieb KevinF:

Nicht falsifizierbare Hypothesen dieser Art kann man sich unendlich viele ausdenken.
 
Für die Beschreibung und Erklärung der Welt (inklusive religiösem Erleben) sind sie alle überflüssig.
Für Moral selbstverständlich auch.

 

Der Ausgangspunkt war ja, dass (heutige) Christen ihren Glauben eher mit ihrer Erfahrung (im weitesten Sinne) als mit naturwissenschaftlichen Lücken begründen würden.

 

Ich versuche, mit einem Vergleich zu illustrieren, bei welchem alles im Natürlichen bleibt. Es kann sein, dass jemand eine Erfahrung gemacht hat, die (obwohl natürlich) ausgesprochen unglaubwürdig ist. Im Sinne von: So was kann man sich gar nicht ausdenken, das nimmt einem kein Mensch ab. Für den Außenstehenden kann es die naheliegendste und rationalste Erklärung ist, dass der Betroffene lügt - vor allem dann, wenn seine Schilderung auch noch wie eine billige Schutz-Behauptung klingt. Der Betroffene weiß aber, dass er die Wahrheit sagt; für ihn und vielleicht auch für Menschen, die ihn sehr gut kennen, kann es das Vernünftigste sein, seinen Bericht für richtig zu halten.

 

Persönliche Erfahrungen können spiritueller Art können normalerweise sicherlich kein Maßstab für für die Wissenschaft oder generell für eine neutrale Weltbeschreibung sein. Ob man aber zu den Leuten mit solchen Erfahrungen als Außenstehender sagen kann, dass es wissenschaftlich erwiesen sei, dass ihre Erfahrungen als Illusionen einzuschätzen seien, würde ich anzweifeln. Eben weil es schwierig sein kann, fremde Erfahrungen mit Sicherheit zu beurteilen. Und auch, weil man mit der Frage, wie gut man bestimmte Erfahrungen rein natürlich erklären kann, in einen Bereich hineinkommt, in dem man das Gebiet der strengen Wissenschaft mit glasklaren Beweisen womöglich verlässt.

 

 

bearbeitet von iskander
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vor 16 Stunden schrieb Studiosus:

Am Beginn des Glaubens der Christen steht kein Mythos, sondern der Glaube an Jesus, den Christus, den Sohn Gottes, der sich nicht in quasi schizophrener Anwandlung in verschiedene Aggregatszustände fragmentieren lässt, je nachdem wie man ihn gerade braucht. In diesem Sinne hoffe ich, nicht anders und nichts anderes zu glauben als die Apostel Petrus und Paulus. 

 

vor 15 Stunden schrieb Kara:

Anders ausgedrückt: Es gibt nur einen Jesus.

 

Euer Irrlichtern mutet komisch an. Als ob nicht bereits alles Nötige dazu vom Lehramt gesagt worden wäre. Glaubt ihr wirklich, dass die sprachlichen Ausdrücke, die eurer Bauchgefühl hervorbringt, irgendwas zur "weiteren"/"besseren" Klärung von Glaubensmysterien beitragen kann? Das einzige, was so subjektive Äußerungen auslösen können, sind Verwirrungen, wenn sie nicht sogar bereits selbst Ausdruck von Verwirrung sind.

 

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vor 17 Stunden schrieb Studiosus:

Am Beginn des Glaubens der Christen steht kein Mythos, sondern der Glaube an Jesus, den Christus, den Sohn Gottes, ...

 

vor 16 Stunden schrieb rorro:

Ich weiß nicht, wie man die Briefe des Ignatius von Antiochien lesen kann, Schüler eines Schülers des Apostels Johannes, den biographischen Hintergrund und sein Ende im äußerst brutalen Martyrium kennt (wie er es auch vorab wußte) und dennoch diesen Mythosquatsch glauben kann.

 

Wer läßt sich denn für eine Mythos im wahrsten Sinn des Wortes freiwillig zerfleischen?

 

Schlechtes Argument. Das Beispiel eines vorbildhaften Glaubens ist kein Beweis für die Wahrheit des Geglaubten, sondern kann lediglich dem sich selbst als "gläubig" Wahrnehmenden zur kritischen Bewertung seiner Selbstwahrnehmung dienen.

 

 

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16 hours ago, Studiosus said:

Justice for Hypatia! 

 

Man kann sich auch ewig jeden einzelnen Gewaltexzess vorrechnen. Dann sitzen wir in 10 Jahren noch hier... 

 

Es geht, zumindestens mir, weniger um‘s aufrechnen, sondern um das Lernen aus Fehlern. Die ganze Missbrauchsdebatte hat ja gezeigt, dass es darum geht, institutionelle und persönliche Macht nicht zu missbrauchen. Sich hinter Amt und Kirche zu verstecken, um ganz eigennützige Dinge zu verfolgen, ist zwar sehr menschlich, sollte aber eben durch ständiges glaubwürdiges Bemühen vermieden werden.

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vor 17 Stunden schrieb KevinF:

Bei Dir klingt es so, als wollte ich als Ungläubiger die Christen missionieren.
Die Richtung ist aber umgekehrt: Christen hier fragen, wie sie den Glauben an Übernatürliches verbreiten können.

 

Da reden wir womöglich aneinander vorbei. Mir ging es tatsächlich nur darum, dass die meisten Christen nicht deshalb Christen sind, weil sie nach einem "Lückenbüßergott" suchen.

 

Zitat

Und ich sage tatsächlich, von einem solchen inneren Erleben auf die objektive Existenz Gottes zu schließen, ist ein Fehlschluss. Weil es sich einfach um ein natürliches Phänomen handelt.

 

Dass es sich um ein natürliches Phänomen handelt, mag die einfachste Erklärung "von außen" sein, und daher diejenige, von der man als "Außenstehender" bis zum Beweis des Gegenteils ausgehen sollte. Dass es sich aber tatsächlich so verhält, dürfte nicht eindeutig beweisbar sein. Man müsste dazu eindeutig zeigen können, dass es eine übernatürliche Wirklichkeit entweder nicht gibt, oder, falls es sie gibt, dass sie nicht in der Lage wäre, sich so zu offenbaren, dass derjenige, der mit ihr in Kontakt kommt, weiß, dass sein Erleben tatsächlich übernatürlichen Ursprungs ist.

 

Mir scheint es wichtig, zwischen zwei Fragen zu unterscheiden:

 

1) Gibt es intersubjektiv zugängliche Beweise dafür, dass manche nur im Bewusstsein erlebten spirituellen Erfahrungen nicht natürlich erklärbar sind - so dass also beispielsweise auch die Wissenschaft von einer solchen Übernatürlichkeit ausgehen sollte?

 

2) Ist es möglich, dass es spirituelle Erfahrungen gibt, die denjenigen, der sie macht, dazu berechtigen, vernünftigerweise davon auszugehen, dass er tatsächlich mit einer höheren Wirklichkeit in Berührung gekommen ist- auch wenn er es einem Dritten nicht beweisen kann?

 

Meine Antwort auf 1) wäre nein, aber bei 2) glaube ich nicht, dass man diese Option a priori und "von außen" ausschließen kann. Wenn man 2) aber nicht ausschließen kann, kann sich die Situation aber wie folgt darstellen:

a) Für die allermeisten Menschen ist es die plausibelste Annahme davon auszugehen, dass die Erlebnisse von Lieschen Müller rein natürlich erklärbar sind.

b) Für Lieschen Müller selbst ist es die plausibelste Annahme, davon auszugehen, dass ihre Erfahrung nicht rein natürlich erklärbar ist.

 

Ich behaupte damit nicht, dass es sich so verhält, dass dieser Fall tatsächlich gegeben ist. Aber solange man das nicht ausschließen kann, ist eine Diskussion zwischen jemandem, der bestimmte Erfahrungen gemacht hat und von ihrer Übernatürlichkeit ausgeht und jemandem Dritten schwierig: Derjenige, der die spirituelle Erfahrung gemacht hat, könnte selbst dann, wenn es sich tatsächlich um eine übernatürliche Erfahrung handeln sollte und er das auch wüsste, dem anderen nicht die Richtigkeit seiner Überzeugung beweisen. Und der Dritte kann zwar zum Schluss kommen, dass der andere wahrscheinlich nur etwas Natürliches erlebt hat und dafür auch Plausibilitäts-Argumente anführen (allerdings keine zwingenden Beweise); aber er kann nicht ausschließen, dass er Unrecht hat und der andere sogar weiß, dass er, der Dritte, Unrecht hat.

 

Der folgende Fall ist etwas anders gelagert, veranschaulicht aber vielleicht dennoch einen Teil der Schwierigkeiten, die ich meine.

 

Ich habe mal eine Person sehr gut gekannt, die mir einmal folgende Gegebenheit berichtet hat: Sie sah plötzlich ihren Onkel bei sich im Zimmer, ganz real und für einige Sekunden. Kurz darauf erfuhr sie durch einen Anruf, dass dieser Onkel, zu dem sie eine sehr gute Beziehung gehabt hatte (er was fast so etwas wie ein Ersatz-Vater), um diese Zeit verstorben war.

Wie gesagt kannte ich die Person, die mir das erzählt hat, wirklich sehr gut. Sie war sehr ehrlich und hatte nicht die geringste Neigung zu Lügengeschichten, nicht einmal eine zum Ausschmücken von Geschichten. Sie litt auch nicht unter Einbildungen oder Pseudo-Erinnerung. Ihr Bericht wirkte, so wie sie ihn erzählte und die Details beschrieb, authentisch. Sie hatte mir das auch nur einmal ganz nebenbei erzählt.

 

Nun mag es für einen Wissenschaftler das Vernünftigste sein, das natürlich erklären zu wollen - als Einbildung oder Lüge. Mir, der ich diese Person sehr gut kannte, fällt das schon schwerer. Und verhält es sich auch für diese Person selbst unzweideutig so, dass sie ihre Erfahrung als "Hirngespinst" abtun sollte? Vielleicht. Aber ich fühle mich nicht in einer Position, mit Bestimmtheit zu sagen: Ja, das ist ganz eindeutig so!

 

bearbeitet von iskander
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vor 25 Minuten schrieb iskander:

2) Ist es möglich, dass es spirituelle Erfahrungen gibt, die denjenigen, der sie macht, dazu berechtigen, vernünftigerweise davon auszugehen, dass er tatsächlich mit einer höheren Wirklichkeit in Berührung gekommen ist- auch wenn er es einem Dritten nicht beweisen kann?

 

Mir ist nicht klar, wozu man dafür eine Berechtigung benötigt. Es steht doch jedem frei, mit Bestimmtheit daran zu glauben, sein Leben danach auszurichten und sich mit Gleichgesinnten zu einer Gemeinschaft zusammenzuschließen.

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vor 1 Minute schrieb Merkur:

Mir ist nicht klar, wozu man dafür eine Berechtigung benötigt. Es steht doch jedem frei, mit Bestimmtheit daran zu glauben, sein Leben danach auszurichten und sich mit Gleichgesinnten zu einer Gemeinschaft zusammenzuschließen.

 

Ich meine damit, dass nicht ein Außenstehender in jedem Fall mit Recht und Gewissheit sagen kann: "Wenn Du vernünftig wärst, dürftest Du Deine Erfahrung nur so und so, aber nicht so und so interpretieren."

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vor 26 Minuten schrieb Merkur:
vor 56 Minuten schrieb iskander:

2) Ist es möglich, dass es spirituelle Erfahrungen gibt, die denjenigen, der sie macht, dazu berechtigen, vernünftigerweise davon auszugehen, dass er tatsächlich mit einer höheren Wirklichkeit in Berührung gekommen ist- auch wenn er es einem Dritten nicht beweisen kann?

 

Mir ist nicht klar, wozu man dafür eine Berechtigung benötigt. Es steht doch jedem frei, mit Bestimmtheit daran zu glauben, sein Leben danach auszurichten und sich mit Gleichgesinnten zu einer Gemeinschaft zusammenzuschließen.

 

Jedermann darf seine spirituelle Erfahrungen als von einer „höheren Wirklichkeit“ verursacht glauben, und ich darf das als Spökenkiekerei empfinden. Was und wie wir uns das erzählen, ist eher eine Frage der Höflichkeit. ;)

 

bearbeitet von Marcellinus
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vor 24 Minuten schrieb iskander:

 

Ich meine damit, dass nicht ein Außenstehender in jedem Fall mit Recht und Gewissheit sagen kann: "Wenn Du vernünftig wärst, dürftest Du Deine Erfahrung nur so und so, aber nicht so und so interpretieren."

Für sich privat darf natürlich jeder glauben was er will. Im Austausch mit anderen kommt es auf die Regeln an, auf die man sich geeinigt hat. Im religiös-fundamentatischen Milieu würde die Antwort sicherlich anders ausfallen als im öffentlich-rechtlichen Wissenschaftsbetrieb.

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vor 2 Stunden schrieb iskander:

Mir scheint es wichtig, zwischen zwei Fragen zu unterscheiden:

 

1) Gibt es intersubjektiv zugängliche Beweise dafür, dass manche nur im Bewusstsein erlebten spirituellen Erfahrungen nicht natürlich erklärbar sind - so dass also beispielsweise auch die Wissenschaft von einer solchen Übernatürlichkeit ausgehen sollte?

 

2) Ist es möglich, dass es spirituelle Erfahrungen gibt, die denjenigen, der sie macht, dazu berechtigen, vernünftigerweise davon auszugehen, dass er tatsächlich mit einer höheren Wirklichkeit in Berührung gekommen ist- auch wenn er es einem Dritten nicht beweisen kann?

 

Meine Antwort auf 1) wäre nein, aber bei 2) glaube ich nicht, dass man diese Option a priori und "von außen" ausschließen kann. Wenn man 2) aber nicht ausschließen kann, kann sich die Situation aber wie folgt darstellen:

a) Für die allermeisten Menschen ist es die plausibelste Annahme davon auszugehen, dass die Erlebnisse von Lieschen Müller rein natürlich erklärbar sind.

b) Für Lieschen Müller selbst ist es die plausibelste Annahme, davon auszugehen, dass ihre Erfahrung nicht rein natürlich erklärbar ist.

 

Ich behaupte damit nicht, dass es sich so verhält, dass dieser Fall tatsächlich gegeben ist. Aber solange man das nicht ausschließen kann, ist eine Diskussion zwischen jemandem, der bestimmte Erfahrungen gemacht hat und von ihrer Übernatürlichkeit ausgeht und jemandem Dritten schwierig: Derjenige, der die spirituelle Erfahrung gemacht hat, könnte selbst dann, wenn es sich tatsächlich um eine übernatürliche Erfahrung handeln sollte und er das auch wüsste, dem anderen nicht die Richtigkeit seiner Überzeugung beweisen. Und der Dritte kann zwar zum Schluss kommen, dass der andere wahrscheinlich nur etwas Natürliches erlebt hat und dafür auch Plausibilitäts-Argumente anführen (allerdings keine zwingenden Beweise); aber er kann nicht ausschließen, dass er Unrecht hat und der andere sogar weiß, dass er, der Dritte, Unrecht hat.

 

ad 1): nein.

 

ad 2): was heißt hier "vernünftigerweise"? Ist es vernünftig, davon auszugehen, dass eine Erfahrung, die wie jede auch immer geartete Erfahrung niemals intrinsisch übernatürlich sein kann (weil sie ja ganz offensichtlich intrinsisch natürlich ist, sonst könnte man sie ja gar nicht haben) intrinsisch übernatürlich sei? Nein, denn das wäre ignorant, weil etwas, das ganz offensichtlich intrinsisch natürlich ist, nicht intrinsisch übernatürlich sein kann.

Ist es dann vernünftig, davon auszugehen, dass eine natürliche Erfahrung modal übernatürlich ist (dass also nur die Ursache der natürlichen Erfahrung übernatürlich ist)? Nun, wenn man die Neurowissenschaft bemühen würde, dann könnte diese bestenfalls aufzeigen, welche Hirnareale aktiviert werden bei dieser oder jener Erfahrung, ggf. in Verbindung mit der Ausschüttung bestimmter Transmitterstoffe etc etc. und dass ggf. die Elektrostimulation von Hirnarealen eine solche Erfahrung hervorrufen kann ... aber warum diese Erfahrung bzw die neurowissenschaftlich beobachtbaren Phänomene in einer bestimmten Situation auftritt oder aufgetreten ist, kann auch die Neurowissenschaft nicht beantworten.

"Vernünftig" wäre also zunächst mal zu trennen zwischen uninterpretierter "Erfahrung" und der subjektiven begrifflichen Interpretation dieser Erfahrung, aber dies scheint für ein "vernunftbegabtes" Subjekt von Erfahrung unmöglich zu sein, denn es ist schwer bis unmöglich eine Erfahrung begrifflich auszudrücken ohne sie zu interpretieren (Interpretation fängt ja bereits mit der Benennung an).

Es erscheint also vernünftig einer Erfahrung keine "spirituelle" oder "übernatürliche" Bedeutung beizumessen und sie am besten gleich wieder zu vergessen.

 

Interessanterweise kommt der Heilige Johannes vom Kreuz, obgleich er die Sache nicht von der materialistischen Seite der Neurowissenschaft angeht (zu seiner Zeit auch nicht von dieser Seite angehen konnte), sondern ausschließlich aus der Perspektive der Bejahung von "Übernatürlichkeit" argumentiert, zum gleichen Schluss: keine Bedeutung beimessen und am besten gleich wieder vergessen.

 

 

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