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Demographie der Kirche


rorro

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vor 2 Stunden schrieb rorro:

Genau das propagiert Bischof Barron.

 

Tut er das? Und wenn ja, hält er sich auch daran? Ich habe das Gros des Videos gesehen, und zumindest da merke ich nichts davon. Es klingt für mich so, als würde in dem Interview nur die erste meiner von Dir zitierten Fragen gestellt ("Was tut die erfolgreiche afrikanische Kirche?"). Nimm etwa den Punkt mit der Orthodoxie:

 

Interviewer: "So the the second lesson we can learn from the African church is holding fast to theological and moral orthodoxy which we could colloquially describe as not deviating from church teachings. Bishop, why in a general sense is holding fast to all - and I emphasize: all - church teachings necessary for effective evangelization?"

 

Bischof Barron: "Yeah I mean I'm with Cardinal Dolan and we've used it as one of our principles called 'affirmative orthodoxy' ... you know ... the correct belief orthodoxy - but presented in a way that's affirmative. It's not here's what we're against it's here's what we are vibrantly for ... and orthodoxy is precisely that: in the intellectual order, the moral order, in the order of beauty. It's saying here's what the church is for. When we do that confidently, we are compelling ... we are compelling. So as long as you add affirmative to the orthodoxy ... I think in some circles there can be a sort of fussy or defensive orthodoxy, you know, it's over and against ... I would tend to say no it's bring it out in its integrity and its beauty and people will find that compelling."

 

(Der Bischof sagt dann noch, dass man sich zwar bei den Mitteln, keineswegs aber beim Inhalt an die Kultur anpassen dürfe.)

 

Hier, so scheint es, wird ohne Beleg einfach angenommen, dass das Bestehen auf Orthodoxie ein entscheidender Faktor für den Erfolg der afrikanischen Kirche ist. Schon das aber kann man durchaus bezweifeln. So heißt es beispielsweise in einem Artikel der Konrad-Adenauer-Stiftung:

 

"Die starke Ausbreitung des Christentums und des Islams im südlichen Afrika täuscht darüber hinweg, dass weiterhin Naturreligionen eine wichtige Rolle im Leben vieler Menschen spielen. Die relativ niedrigen statistischen Anteile der Anhänger von Naturreligionen sind der Tatsache geschuldet, dass traditionelle Religionen meist parallel zum Christentum oder Islam praktiziert werden. So gaben bei einer Umfrage des Pew Forum on Religion and Public Life in 19 afrikanischen Staaten rund 25 Prozent der Befragten an, neben dem christlichen oder muslimischen Glauben auch an die schützende Kraft der Geister zu glauben und an Zeremonien zur Ehrung der Ahnen teilzunehmen. Über die Hälfte der befragten Christen in Guinea-Bissau und Kamerun und über ein Drittel in Südafrika, Tschad, Botswana, Ghana, Äthiopien, Liberia und Tansania gaben ebenfalls an, regelmäßig traditionelle Heiler aufzusuchen.37 [...] Im Alltag vieler Menschen findet oft eine Vermischung der verschiedenen christlichen und muslimischen mit traditionellen Bräuchen statt. In einem Land wie Benin, in dem besonders der Voodoo-Glauben, aber auch andere animistische Bräuche weit verbreitet sind, geht man davon aus, dass nahezu hundert Prozent der Bevölkerung weiterhin naturreligiöse Traditionen praktiziert. So ist es dort nicht ungewöhnlich, am Morgen in die Kirche zu gehen und sich abends im Voodootempel mit Kolanüssen die Zukunft vorhersagen zu lassen. Vertreter der traditionellen Religionen genießen weiterhin hohes Ansehen und Autorität."

https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=8d1c47c5-9283-0526-fccc-6a0d8d44847d&groupId=252038

 

(Siehe auch: "South African bishop warns against mixing Catholicism and traditional faith")

 

Das klingt nun so gar nicht orthodox katholisch. Und es lässt ganz erhebliche Zweifel aufkommen, ob sich am Beispiel von Afrika tatsächlich erweist, dass das strikte Festhalten an der Orthodoxie ("all - and I emphasize: all - church teachings") für die effektive Evangelisierung wichtig oder sogar "notwendig" ist. Es drängt sich hier doch vielmehr der Verdacht auf, dass es vor allem die beiden Herren selbst sind, welche die strenge Observanz der kirchliche Orthodoxie "unwiderstehlich" ("compelling") finden. Dass sie es sind, denen diese strikte Observanz sehr viel bedeutet - viel mehr vermutlich als den meisten afrikanische Christen (einschließlich Katholiken). Und dass sie die Realität daher so interpretieren, dass diese ihre eigenen theologischen Überzeugungen scheinbar bestätigt.

 

Selbst wenn es aber so wäre, dass in Afrika katholische Orthodoxie wesentlich ist, um die Kirchenbänke zu füllen, hieße das noch lange nicht, dass Entsprechendes auch für die westliche Welt gelten muss. Zumindest in moralischen Fragen wäre eine solche Behauptung - siehe den in meinem letzten Beitrag verlinkten Artikel der NYT - höchst zweifelhaft. (Und mal ehrlich: Wenn die kath. "Orthodoxie" ein Streitpunkt ist, dann geht es doch oft um Moraltheologie, päpstliche Macht und ähnliches - und nicht um christologische Dogmen.)

 

Dass der Bischof oder sein Interviewer vergleichbare Überlegungen anstellen würden, geht weder aus den von mir zitierten Interview-Passagen noch aus dem Rest der Videos hervor, soweit ich es gesehen habe.

Und wenn es beim Punkt "Hold fast to theological orthodoxy" auch besonders ausgeprägt und auffällig sein mag, trifft diese Kritik zumindest teilweise auch auf die anderen "Lektionen" zu, die man laut den beiden Herren von der Kirche in Afrika lernen könne. Oft, wenn nicht stets, scheint das folgende kurzschlüssige Schema zur Anwendung zu kommen:

 

"Die Kirche in Afrika hat die Eigenschaft X. Ich mag die Eigenschaft X. Also ist die Eigenschaft X wesentlich mitverantwortlich für den Erfolg der Kirche in Afrika. Also sollte auch bei uns die Kirche das so machen, und sie wird auch erfolgreich sein."

 

Wenn Du irgendeine Passage findest, die auf eine differenziertere Sichtweise hindeutet, so teile mir das bitte mit.

 

Das Fehlen einer differenzierten Haltung zeigt sich im Übrigen auch darin, was nicht zur Sprache kommt: Nämlich alles, was die Kirche in Afrika in einem weniger rosigen Licht erscheinen lässt, was aber dennoch wesentlich wäre, wenn man sich ein realistisches Bild von ihr machen möchte. Wer das Video-Interview sieht, könnte meinen, dass die Kirche in Afrika ein leuchtendes Vorbild sei, und dass in allen wirklich bedeutenden Punkten beispielsweise der deutschen Kirche als Muster dienen könne.

 

Was fällt dabei unter den Tisch?

 

Zum Beispiel die (nicht nur von der Konrad-Adenauer-Stiftung erwähnte) Tatsache, dass offenbar viele (auch kath.) Christen in Afrika einen mit der kath. Lehre unvereinbaren Synkretismus praktizieren. Das wird nicht einmal erwähnt, und vielleicht ist sie den beiden Herren auch schlichtweg unbekannt.

 

Auch der Umstand, dass Priester und Bischöfe nach vielen unterschiedlichen Quellen den Zölibat sehr "kreativ" interpretieren, und dass somit gerade bei den Hirten eine ganz besonders große Kluft zwischen der hochgelobten "Orthodoxie" und der Lebenspraxis besteht, bleibt unerwähnt. (Die Tageszeitung von Yaoundé, Le Messager, bemerkt anlässlich eines Papstbesuchs in Afrika: "Es ist ein offenes Geheimnis, dass in der katholischen Kirche Afrikas die Mehrheit der Priester und viele Prälaten in offenem Konkubinat leben und Kinder haben. Aids ist die Haupttodesursache bei Priestern.")

 

All das zusammen erweckt Zweifel daran, dass es dem Bischof und dem Interviewer um eine ehrliche, differenzierte Analyse ging, bei der Stärken und Schwächen der Kirche in Afrika beleuchtet werden - oder darum, was man bei einer nüchternen Betrachtung wirklich von der afrikanischen Kirche lernen könnte. Allem Anschein dient die afrikanische Kirche hier schlicht dazu, die eigenen vorgefassten theologischen und kirchenpolitischen Überzeugungen zu bestätigen.

 

Dass die afrikanischen Bischöfe sich weigern, homosexuellen Paaren den Segen zu spenden und von "Schockwellen" sprechen, die die vatikanische Erklärung ausgelöst habe, ist zwar kein direkter Akt des Ungehorsams - mit einer Haltung des strikten Gehorsams gegenüber dem Papst, welche von "orthodoxen" Katholiken ansonsten gerne eingefordert wird, ist das aber auch nicht gut in Einklang zu bringen. Die Äußerung der afrikanischen Bischöfe wird im Interview zwar angesprochen, aber nicht kritisiert. Im Gegenteil, man hat sogar das Gefühl, dass sie positiv gesehen wird:

 

Bischof Barron: "Look at the reaction to the the statement on gay blessings - you know the the great resistance came from Africa. It came from the Bishops of Africa who just said: You know Holy Father, I think I know what you want to do with this, but it's not going to fly here and it's so antithetic to our culture that that we're going to say no to it - and I think that the pope acknowledged that ... and the pope acknowledged yeah, you're right this is not workable, so they certainly were ... you know ... that was a very interesting form of cultural engagement."

 

Eine inhaltliche Anpassung der Kirche an die Kultur ist also wohl doch mitunter in Ordnung, und ebenso ein "nein", welches dem Papst vor Augen führt, welche seiner Ansinnen "praktikabel" sind und welche nicht - sofern es nur dem Schutze des "richtigen" kath. Glauben dient.

 

Selbst wenn man die ganze Sache aus einer "innerkatholischen", "papsttreuen" Perspektive betrachtet und dabei offen auch für solche Wahrheiten ist, die einem vielleicht nicht gefallen mögen, sollte doch eines offenkundig sein: Vieles ist weniger schwarz und weiß, als dieses Interview es vermittelt. 

bearbeitet von iskander
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1 hour ago, SteRo said:

ad Statistik: eine interessante Beobachtung Mehr Mitglieder und weniger Taufen in der katholischen Weltkirche


Ich finde v.a. interessant, was die Kirche in Asien und Afrika so attraktiv macht, dass sie eine deutliche Zunahme an Priestern zeigt, während diese Zahl in Europa enorm stark abnimmt (aber auch in Ozeanien und Amerika).

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vor 12 Stunden schrieb iskander:

“Almost half of the decline in mass attendance can be accounted for by the changing attitude toward birth control,” according to the study presented by Dr. William C. McCready of the research center.

“About a quarter of the decrease in church‐going is accounted for by attitudes toward divorce and another quarter toward the Pope as head of the church.”

 

https://www.nytimes.com/1975/10/15/archives/catholic-churchgoing-off-birth-control-stand-cited.html

Mit Verlaub, aber das halte nich nun doch für einen viel zu einfachen Erklärungsversuch.

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Ist eigentlich schonmal jemand "wegen dem Papst" (absichtlich falscher Kasus) aus der Kirche ausgetreten/hat seine kirchliche Praxis aufgegeben? Also mal von historischen Kirchenspaltungen abgesehen. 

 

Ich will es zuspitzen: Wenn ich die Messe mitfeiern und Gott in den Sakramenten begegnen will, hält mich dann tatsächlich der Papst (die bloße Existenz dieses Amtes oder auch die jeweilige Person des Amtsinhabers) davon ab? Gut, er wird im Kanon zusammen mit dem Ortsbischof erwähnt, aber sonst? Ich bin ja bekanntlich auch nicht mit allem zufrieden, was Päpste so tun und getan haben, aber vom Messbesuch hält mich das z. B. nicht ab. 

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vor 18 Stunden schrieb rorro:

Und es ist auch nicht so: gerade die unverheirateten Mönche und auch Nonnen werden als spirituelle Führer hoch geachtet - u.a. weil sie unbelastet von familiären Verpflichtungen sind. Das solltest du aus Rumänien kennen.

Das ist ein anderes Thema. Man geht auch zur Zigeunerin, um sich aus der Hand lesen zu lassen. Was nicht bedeutet, dass man die Zigeunerin als Autoritätsperson akzeptiert. Das sind "Spezialisten", die, gerade wegen ihrer Spezialisierung, am Rande der Gesellschaft stehen. 

 

Der Gemeindepfarrer aber hat ein soziales Zentrum zu sein. Dafür ist ein "echter Mann" erforderlich.

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vor 14 Minuten schrieb Moriz:

Mit Verlaub, aber das halte nich nun doch für einen viel zu einfachen Erklärungsversuch.

Bitte den Kontext nicht übersehen. Der Artikel ist von 1975(!) und steht im direkten Zusammenhang mit "Humanae vitae".

Ohne die Studie zu kennen, dürfte es schwierig werden, dieses simple Tri-Kausale Ergebnis einzuordnen.

 

Eine Zahl, die ich für sehr viel interessanter halte steht allerdings am Ende des Artikels:

Zitat

“The sole reversal of the declining trend has been the reception of the eucharist,” increasing by 12 percentage points from 13 to 25 per cent.

Leider erwähnt der Artikel bzw. die Studie nicht, von wann die Vergleichswerte gewesen sein sollen, aber selbst, wenn es sich nur um einen Abstand von 10 Jahren (nach Vat2) gehandelt haben soll, finde ich eine Kommunikantenquote von 13% und selbst von 25% EXTREM niedrig. Vorallem mit Blick auf die Bemühungen von Pius X. der ja nun sehr dafür geworben hat, die Kommunion öfter zu empfangen (gut - Pius hatte wohl auch noch die Idee der wöchentliche Beichte dabei, aber dieses Drama ist ein eigenes Thema...).

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vor 3 Minuten schrieb Studiosus:

Ist eigentlich schonmal jemand "wegen dem Papst" (absichtlich falscher Kasus) aus der Kirche ausgetreten/hat seine kirchliche Praxis aufgegeben?

Ich meine das hätte es in Umfragen schon durchaus gegeben (und wenn ich mich richtig erinnere paradoxerweise sogar von Protestanten).

 

vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

Wenn ich die Messe mitfeiern und Gott in den Sakramenten begegnen will, hält mich dann tatsächlich der Papst (die bloße Existenz dieses Amtes oder auch die jeweilige Person des Amtsinhabers) davon ab? Gut, er wird im Kanon zusammen mit dem Ortsbischof erwähnt, aber sonst? Ich bin ja bekanntlich auch nicht mit allem zufrieden, was Päpste so tun und getan haben, aber vom Messbesuch hält mich das z. B. nicht ab.

Naja. Ich habe schon Predigten verlassen, weil der Sermon unerträglich war (nicht vom Vortrag, sondern vom Inhalt her), ich habe auch schon Messen abgebrochen, wenn ich wusste, daß ich nicht mehr mit gutem Herzen mitfeiern könnte. Und ich habe mehr als einmal an meinem Amen nach dem Hochgebet ob der angenommenen Gemeinschaft mit Meisner bzw. Woelki gezweifelt. Wenn man die Dinge glaubt (was ich ja tue) und ernstnimmt, sind die Haken halt überall.

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Das sind die Kuriositäten unserer ganzen kirchlichen Situation: Einerseits brechen der Messbesuch und überhaupt "kirchliche Praxis" auch in unseren Breiten ein, andererseits empfangen die Gläubigen in der Messe viel häufiger die Kommunion. Ich würde aus eigenem Erfahren die Tendenz sogar viel höher absetzen als in diesem alten Artikel. In Eucharistiefeiern, die ich besuche, empfangen gefühlt 99% aller Anwesenden die Kommunion. Gleichzeitig wird man nicht sagen können, dass die Nachfrage nach der Beichte im gleichen Maße gestiegen wäre. Das pure Gegenteil ist der Fall. 

 

Deshalb glaube ich auch nicht, dass die Empfehlung des häufigen Kommunionempfangs durch Pius X. hier maßgeblich ist (denn hier gehört ganz selbstverständlich zur Kommunionpraxis noch die stetige Beichtpraxis dazu).

 

Paradoxerweise wird nach meinem Dafürhalten die Steigerung der Kommunionfrequenz in direktem Zusammenhang mit dem Schwinden des Glaubens an die Transsubstantiation und der mangelhaften Katechese diesbezüglich zusammenhängen. Beides bricht im Nachgang des letzten Konzils ein, wie überhaupt das Konzil und seine "kreative" Rezeptionsphase eine Zäsur darstellt.

 

Das ist ein schleichender Prozess. Die Überbetonung des Mahl- und Gemeinschaftscharakters der Eucharistiefeier bei paralleler Zurückdrängung des Opfercharakters korrespondiert ebenfalls mit der Wahrnehmung, dass der Empfang der Kommunion - gleich ob die immer noch gültigen Kriterien, die rechte Disposition juristisch gesprochen, erfüllt sind oder nicht - in der heutigen Wahrnehmung einfach zum "Gesamterlebnis" Messe dazugehört und in meiner Wahrnehmung auch entsprechend unreflektiert mitgenommen wird.

 

Das nicht als Kritik, sondern als eine Wahrnehmung aus dem kirchlichen Alltag. Den Gläubigen ist hier sowieso am wenigsten ein Vorwurf zu machen. Woher soll denn die Sensibilität für diese Themen kommen, wenn nicht von den Pfarrer und auf höherer Ebene natürlich von den Bischöfen. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

Das sind die Kuriositäten unserer ganzen kirchlichen Situation: Einerseits brechen der Messbesuch und überhaupt "kirchliche Praxis" auch in unseren Breiten ein, andererseits empfangen die Gläubigen in der Messe viel häufiger die Kommunion. Ich würde aus eigenem Erfahren die Tendenz sogar viel höher absetzen als in diesen alten Artikel. In Eucharistiefeiern, die ich besuche, empfangen gefühlt 99% aller Anwesenden die Kommunion. Gleichzeitig wird man nicht sagen können, dass die Nachfrage nach der Beichte im gleichen Maße gestiegen wäre. Das pure Gegenteil ist der Fall. 

Zwischen 1975 und heute liegen nochmal 50 Jahre. Ich gehe übrigens davon aus, daß die Anzahl der Kommunikaten im Summe niedriger ist als 1975 oder 1965.

 

Der "Kinderpsychologe" Pius hat ja noch Jahre später geklagt, daß seine Anregung nicht umgesetzt wurde. Ich bin heute noch der Meinung, daß die verpflichtende Erstbeichte vor der Kommunion der Hauptgrund für ihren Niedergang ist. Ich hätte meine Kinder gerne schon mit 7 zur Kommunion geführt, aber das Beichtproblem war ein massiver Hemmschuh. Ich hatte eben einen Artikel gefunden indem ein Pater ganz begeistert von einer Beichte von einer 3 1/2jährigen berichtet - ich finde keinen forumstauglichen Begriff, mit dem ich mich zu dieser Aktion positionieren könnte.

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vor 4 Minuten schrieb Flo77:

Ich gehe übrigens davon aus, daß die Anzahl der Kommunikaten im Summe niedriger ist als 1975 oder 1965

 

Das ist ja zwingend so. In den letzten 50 Jahren hat sich die Gesamtzahl der (praktizierenden) Katholiken empfindlich reduziert. 

 

Aber von den verbliebenen noch praktizierenden Katholiken dürften deutlich mehr als früher häufig (=eigentlich immer) die Kommunion empfangenen. Wie gesagt: Aus der "Praxis", die ich erlebe, empfangenen im Prinzip alle, die auch eine Eucharistiefeier aufsuchen, auch die Kommunion. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 3 Minuten schrieb Studiosus:

 

Das ist ja zwingend so. In den letzten 50 Jahren hat sich die Gesamtzahl der (praktizierenden) Katholiken empfindlich reduziert. 

Die Frage ist halt, was die Kirche am Leben erhält.

 

Für das Judentum war es - nach dem der Tempel zerstört und die Souveränität weg war - der Schabbat (den jeder zu Hause begehen konnte). Die junge Kirche überlebte im Brechen des Brotes. Was sie heute noch aufrechthalten soll, wenn die Hürden für die Eucharistieteilnahme immer höher gelegt werden, weiß ich nicht.

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vor 3 Minuten schrieb Flo77:

Was sie heute noch aufrechthalten soll, wenn die Hürden für die Eucharistieteilnahme immer höher gelegt werden, weiß ich nicht.

Ich komm nicht ganz mit... welche Hürden? Quasi jeder Gottesdienstbesucher geht zur Kommunion, so wie @Studiosus sagt.

 

Dass die meisten mangels Beichtpraxis gar nicht dürften, wissen sie selber gar nicht. Es sagt ihnen nämlich keiner.

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vor 1 Minute schrieb Flo77:

Für das Judentum war es - nach dem der Tempel zerstört und die Souveränität weg war - der Schabbat (den jeder zu Hause begehen konnte).

 

Das funktioniert in meinen Augen für Katholiken nur sehr eingeschränkt. Es ist zwar richtig, dass das letzte Konzil das Bild der Hauskirche propagiert hat, aber damit ist nicht gemeint, dass sozusagen der Kern der kirchlichen Praxis komplett ins Private/Familiäre verlegt werden kann (damit sind eher ganz grundlegende Aussagen verbunden, wie Familie ein Abbild von Kirche im Kleinen sein soll).

 

Die öffentliche Liturgie, insbesondere die Eucharistiefeier, als Quelle und Höhepunkt des christlichen Lebens wird aus verschiedenen Gründen (u. a. deshalb, da für bestimmte Handlungen das amtlichen Priestertum vorausgesetzt wird) immer außerhalb der Verfügbarkeit des Einzelnen bleiben. Sie ist ein Akt der ganzen Kirche. 

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Und um nochmal auf eine große Inkongruenz hinzuweisen: Es gibt in Amerika - wo allein aufgrund der Bevölkerungszahl religiöses Leben nochmal eine größere Sache darstellt - die pew reseaches, breit angelegte Erhebungen unter praktizierenden (!) Katholiken. 

 

Und da kommt, zumindest habe ich das entsprechenden Berichten entnommen, regelmäßig heraus, dass auch unter praktizierenden Katholiken der Glaube an Realpräsenz/Transsubstantiation abnimmt und in einem nicht unerheblichen Teil der Gläubigen nicht mehr vorhanden ist. 

 

Das steht doch in einem auffälligen Missverhältnis zu der wahrnehmbar gesteigerten Frequenz des (individuellen) Kommunionempfangs. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 13 Minuten schrieb Kara:

Ich komm nicht ganz mit... welche Hürden? Quasi jeder Gottesdienstbesucher geht zur Kommunion, so wie @Studiosus sagt.

 

Dass die meisten mangels Beichtpraxis gar nicht dürften, wissen sie selber gar nicht. Es sagt ihnen nämlich keiner.

 

Ich vermute Flo meint mit den Hürden der Eucharistiefeierteilnahme das allgemeine Phänomen, dass es - natürlich je nach Lage vor Ort - gar nicht mehr so leicht ist, immer und überall eine Messe besuchen zu können. Priestermangel, riesige pastorale Räume, Kirchenschließungen usw. 

 

Hier im ländlichen Raum merke ich das auch schon, obwohl wir noch privilegiert sind. Ich werde am Sonntag morgens auch erstmal in der Straßenbahn sitzen, um im Nachbarort zur Messe zu gehen. 

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vor 14 Minuten schrieb Studiosus:

Das steht doch in einem auffälligen Missverhältnis zu der wahrnehmbar gesteigerten Frequenz des (individuellen) Kommunionempfangs. 

Da spreche ich jetzt einfach mal aus (meiner früheren) Erfahrung. Es gehört dazu wie das Vater Unser, man macht es, weil es alle machen, tiefergehende Gedanken dazu macht man sich nicht.

 

vor 8 Minuten schrieb Studiosus:

Ich vermute Flo meint mit den Hürden der Eucharistiefeierteilnahme das allgemeine Phänomen, dass es - natürlich je nach Lage vor Ort - gar nicht mehr so leicht ist, immer und überall eine Messe besuchen zu können. Priestermangel, riesige pastorale Räume, Kirchenschließungen usw. 

Ach so. Ja, das macht Sinn.

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vor 16 Minuten schrieb Kara:

Ich komm nicht ganz mit... welche Hürden? Quasi jeder Gottesdienstbesucher geht zur Kommunion, so wie @Studiosus sagt.

Äh - ich rede hier nicht über die "Volksbildung" (wobei aufgrund des Altersschnitts anzunehmen ist, daß die allermeisten die klassischen Regeln sogar noch kennen dürften...).

 

Die Kirche hat den Eucharistieempfang ja nun an drei Fesseln gebunden: 1. den Gnadenstand (bzw. die Beichte), 2. den Priester und 3. den Glauben

 

Wenn man diese Parameter ernst nimmt, dürfte im Grunde niemand mehr zur Kommunion, der nicht direkt vor der Messe gebeichtet hat. Und da ich ein regelaffiner , gläubiger Nordeuropäer bin, habe ich das auch lange Zeit so gehalten und habe nicht kommuniziert. Keine Beichte hat mir je wirklich geholfen insofern ist das mit dem Gnadenstand für mich nachwievor eine unumgängliche Hürde.

 

vor 16 Minuten schrieb Kara:

Dass die meisten mangels Beichtpraxis gar nicht dürften, wissen sie selber gar nicht. Es sagt ihnen nämlich keiner.

Oh, ich denke schon, daß die Sache mit Gnadenstand bei den meisten noch bekannt ist. Der Haken ist wohl eher das Sündenverständnis der Kirche.

 

Um es mit einem Bild aus dem Alltag zu umschreiben:

Seit der Erfindung des Staubsaugers suchen wir täglich nach dem Dreck, den unsere Urgroßmütter dem Frühjahrsputz überlassen haben.

 

 

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vor 21 Minuten schrieb Studiosus:

Und um nochmal auf eine große Inkongruenz hinzuweisen: Es gibt in Amerika - wo allein aufgrund der Bevölkerungszahl religiöses Leben nochmal eine größere Sache darstellt - die pew reseaches, breit angelegte Erhebungen unter praktizierenden (!) Katholiken. 

 

Und da kommt, zumindest habe ich das entsprechenden Berichten entnommen, regelmäßig heraus, dass auch unter praktizierenden Katholiken der Glaube an Realpräsenz/Transsubstantiation abnimmt und in einem nicht unerheblichen Teil der Gläubigen nicht mehr vorhanden ist. 

 

Das steht doch in einem auffälligen Missverhältnis zu der wahrnehmbar gesteigerten Frequenz des (individuellen) Kommunionempfangs. 

Weil die Eucharistie für die meisten Menschen eben doch eine andere Funktion hat, als Du (und die Kirche) ihr theoretisch beilegen.

 

Das kann man bejammern, das kann man aber auch einfach zur Kenntnis nehmen und sich entspannen.

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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Ist eigentlich schonmal jemand "wegen dem Papst" (absichtlich falscher Kasus) aus der Kirche ausgetreten/hat seine kirchliche Praxis aufgegeben? Also mal von historischen Kirchenspaltungen abgesehen.

Vermutlich ja, so wie es auch einen aktuellen Fall gibt, bei dem sich "wegen dem Papst" Menschen "enttaufen" lassen wollen (weil sie - anders wie in Deutschland - nicht einfach formell den Austritt erklären können):

Mehr als 500 Belgier fordern nach Besuch von Papst Franziskus Austragung aus Taufregister

 

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vor 9 Minuten schrieb Flo77:

Weil die Eucharistie für die meisten Menschen eben doch eine andere Funktion hat, als Du (und die Kirche) ihr theoretisch beilegen.

 

 

Welche Funktion das für die "meisten Menschen" ist, dahinter bin ich ehrlicherweise bisher noch nicht gekommen. Ich teile da eher Karas Vermutung der eher unreflektierten, eingeschliffenen Gewohnheit. Es gehen eben alle nach vorne und empfangen "das Brot", also mache ich das auch.

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vor 43 Minuten schrieb Studiosus:

Und um nochmal auf eine große Inkongruenz hinzuweisen: Es gibt in Amerika - wo allein aufgrund der Bevölkerungszahl religiöses Leben nochmal eine größere Sache darstellt - die pew reseaches, breit angelegte Erhebungen unter praktizierenden (!) Katholiken. 

 

Und da kommt, zumindest habe ich das entsprechenden Berichten entnommen, regelmäßig heraus, dass auch unter praktizierenden Katholiken der Glaube an Realpräsenz/Transsubstantiation abnimmt und in einem nicht unerheblichen Teil der Gläubigen nicht mehr vorhanden ist. 

 

Das steht doch in einem auffälligen Missverhältnis zu der wahrnehmbar gesteigerten Frequenz des (individuellen) Kommunionempfangs. 

 

Da immer weniger - mangels Glauben - die Kommunion empfangen, die geringe Anzahl der Gläubigen, die die Kommunion häufiger empfangen aber fast konstant bleibt, nimmt natürlich die statistisch ermittelte Frequenz des (individuellen) Kommunionempfangs zu.

 

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Gerade eben schrieb Studiosus:

 

Welche Funktion das für die "meisten Menschen" ist, dahinter bin ich ehrlicherweise bisher noch nicht gekommen. Ich teile da eher Karas Vermutung der eher unreflektierten, eingeschliffenen Gewohnheit. Es gehen eben alle nach vorne und empfangen "das Brot", also mache ich das auch.

Natürlich ist das eine Art "Gewohnheit". Es gehört zum Ritual und die Teilnahme am Ritual ist der Ausdruck zu dieser Gemeinschaft dazuzugehören. Jetzt wird wieder das große Thema "wir sind aber doch eine Glaubensgemeinschaft" kommen, aber auch darüber kann man jammern oder es etwas entspannter angehen.

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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Das sind die Kuriositäten unserer ganzen kirchlichen Situation: Einerseits brechen der Messbesuch und überhaupt "kirchliche Praxis" auch in unseren Breiten ein, andererseits empfangen die Gläubigen in der Messe viel häufiger die Kommunion.

Das ist eine ganz natürlich statistische Folgeerscheinung: denn die wenigen, die (immer) noch teilnehmen, sind zunehmend weniger "verdünnt" durch die Gleichgültigen, die - dem Zeitgeist folgend - ganz wegbleiben. Also nimmt der Kommunisionsempfang in der Messe Dank des "harten Kerns" zu.

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vor 35 Minuten schrieb Flo77:

Oh, ich denke schon, daß die Sache mit Gnadenstand bei den meisten noch bekannt ist.

"Den meisten" glaube ich nicht. Die Alten haben es sicher noch gehört, aber über die Jahrzehnte hinweg vergessen. Meine sehr gläubige Mutter (80) hat mich auch letztens gefragt, wid das denn wäre mit der Beichte und der Kommunion...

 

Und meine Generation hat es schon nicht mehr gehört. Von der meiner Kinder mal ganz abgesehen, die Beichte vor der Erstkommunion ist ja nicht mehr verpflichtend (bei uns zumindest, weiß nicht, wie das in anderen Bistümern ist).

 

Letztlich spielt es aber auch keine Rolle, wie hoch der Anteil derer ist, die es nicht wissen und derer, denen es egal ist. Die große Bedeutung des Sakraments der Eucharistie ist den meisten nicht klar. So oder so.

 

 

bearbeitet von Kara
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