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Dilexit nos


Merkur

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Hat jemand schon die neue Enzyklika gelesen? Das Thema war anscheinend seit "Haurietis aquas" nicht mehr Gegenstand einer päpstlichen Verlautbarung. Endlich mal wieder ein wirklich genuin katholisches Thema.

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Ich bin gerade bei der Lektüre, der Text ist verhältnismäßig lang (um die 40 Seiten). Die Enzyklika hat natürlich stellenweise den typischen "Sound" von Franziskus, etwa wenn er vom Schmalzgebäck seiner Kindheit schreibt, aber das muss nicht weiter stören. 

 

Als Zwischenfazit, etwa abstellend auf Nr. 51, kann ich sagen, dass ich es sehr begrüße, dass der Papst diese so wichtige Verehrung des Heiligen Herzens Jesu Christi wieder thematisiert und gegen Kritik verteidigt. 

 

Diese Andachtsform gilt ja einigen als verstaubt oder gar kitschig. Dieses Vorurteil baut der Papst bisher gekonnt ab, indem er auf die theologischen Grundlagen dieser Anbetung verweist und unterstreicht, dass die Verehrung des Herzens Jesu kein Kult um ein Organ ist, sondern immer den ganzen, lebendigen Christus vor Augen stellt und den Betrachter seine liebevolle Zuwendung vermitteln will. 

 

Die Enzyklika hat, wie ihr Titel bereits angedeutet hat, ja eine doppelte Aussageabsicht: die menschliche und göttliche Liebe Christi darzustellen. Das ist auch für unsere Diskussion neulich, in der es um die Menschheit Christi ging, die machen zu kurz kommt, wertvoll. So geht der Papst z. B. in den Nummern 59-63 auf die menschliche Dimension der Person Jesu ein. 

bearbeitet von Studiosus
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Ich lese Enzykliken immer erst Jahre später (falls überhaupt).

 

Was mich immer erstaunt ist, wie schnell Journalisten und Bischöfe (und alle, die öffentlich eine Meinung dazu haben) so ein Ding nicht nur gelesen, sondern auch direkt verstanden zu haben meinen.

bearbeitet von rorro
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vor 4 Stunden schrieb rorro:

Was mich immer erstaunt ist, wie schnell Journalisten und Bischöfe (und alle, die öffentlich eine Meinung dazu haben) so ein Ding nicht nur gelesen, sondern auch direkt verstanden zu haben meinen.

Na, zumindest kann man, anders als bei der heiligen Schrift, den Verfasser noch fragen, was er mit seinen Worten sagen wollte

 

Werner

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vor 4 Stunden schrieb Studiosus:

diese so wichtige Verehrung des Heiligen Herzens Jesu

Ich könnte mir da einige Adjektive vorstellen, aber „wichtig“? Magst du das vielleicht erläutern?

In meiner katholischen Sozialisation waren diese Herzen (Jesu und Mariae) nie ein Thema, in meiner sehr katholischen Familie kam das schlicht nicht vor, mir ist das vollkommen fremd

 

Werner

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vor 3 Stunden schrieb Werner001:

Ich könnte mir da einige Adjektive vorstellen, aber „wichtig“? Magst du das vielleicht erläutern?

In meiner katholischen Sozialisation waren diese Herzen (Jesu und Mariae) nie ein Thema, in meiner sehr katholischen Familie kam das schlicht nicht vor, mir ist das vollkommen fremd

 

Werner

 

Gut, ich gebe zu, dass die Beurteilung, ob etwas wichtig ist, natürlich eine subjektive Ebene hat. Sagen wir, in meinen Augen ist sie wichtig und auch der Papst hält sie für wichtig. Natürlich ist der katholische Glaube auch dann komplett, wenn diese besondere Verehrungsform im Alltag (sei es der Pfarrei oder der Familie) keine Rolle spielt.

 

Dass sie ganz fehlt finde ich jedoch recht ungewöhnlich. Du bist ja wahrscheinlich um einiges älter als ich, und gerade früher war diese Frömmigkeit (im Zimmer fast jeder Oma hingen doch die Herzen Jesu und Mariens an der Wand, viele Leute hatten/haben neben einer Marienfigur eine Herz Jesu-Figur; zumindest fluten diese Devotionalien den Antikenmarkt, also muss sie ja mal jemand gekauft und besessen haben) doch weit verbreitet. Sie ist vor allem in der Volnsfrönmigkeit verankert. Selbst bei "uns" hier, normale Pfarrei am Dorf, nicht sonderlich konservativ, gab es über Jahrzehnte immer an den ersten Freitagen im Monat eine Herz Jesu-Messe, ich saß selbst oft drin. Unter den neuen Pfarrern - also seit knapp 10 Jahren - ist das in meiner Wahrnehmung etwas eingerissen; demnächst soll aber wieder mal eine sein (vielleicht hat unser Pfarrer die Ankündigung der Enzyklika mitbekommen). 

 

Und zur theologischen Wichtigkeit sagt Papst Franziskus, wie ich bisher finde, ich habe noch nicht alles gelesen, auf 40 Seiten sehr viel Gutes und Richtiges. Wenn ich von mir spreche, der die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu auch persönlich sehr wichtig findet, dann ist das für mich eine sehr unmittelbare Form, mich mit dem ganzen Christus zu verbinden, unter dem hervorragenden Aspekt der göttlichen Liebe, die sein brennendes Herz, das durch so viele Sünden und Schmähungen gemartert ist, für uns empfindet. Das Herz Jesu zu betrachten heißt für mich, direkt in das Wesen Christi vorzudringen und in den Glutofen der göttlichen Liebe zu blicken. Auch als Fachmann, oder gerade als solcher, ist man oft versucht, über Gott, über Christus auf sehr nüchterne, versachlichende Weise zu sprechen und vielleicht auch zu denken. Die Betrachtung des Herzens, die so "natürlich" und unakademisch daherkommt, ist für mich ein wichtiges Gegenmittel gegen diese Versuchung der Sterilität des Glaubens. 

 

Papst Franziskus beschreibt das - in Anlehnung an ältere Vorbilder - sehr schön: Die Verehrung des Herzens Jesu ist nichts anderes, als wie der Apostel Johannes das Haupt an die Brust Jesu zu legen und dem Schlag seines Herzens zu lauschen. Diesen Herzschlag der Liebe Gottes, der heute in einer lauten Welt fast unterzugehen droht, wiederzuhören und wiederzuentdecken, dazu will der Papst in seinem Rundschreiben animieren. 

 

Oder kurz gesagt: Die Botschaft der Herz Jesus-Verehrung ist Liebe, göttliche Liebe, die verzehrende Liebe Jesu für uns. Und darüber kann man eigentlich gar nicht genug reden und vor allem meditieren. 

 

bearbeitet von Studiosus
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Ich habe die Enzyklika jetzt ganz gelesen und finde die zweite Hälfte etwas langatmig, den Text im ganzen aber sehr gelungen. Das Thema wird seit den fünfziger Jahren praktisch nicht mehr angesprochen und ist daher in der breiten Öffentlichkeit kaum noch bekannt, obwohl es seit Jahrhunderten zu den großen Leitlinien der katholischen Frömmigkeit gehört.

 

Es geht natürlich nicht um ein Organ, sondern um den Ort, wo Religion stattfindet, die affektive Mitte der Persönlichkeit. Dafür steht das Herz als Bild.   

 

Zitat

53. Es gibt eine weltweite menschliche Erfahrung, die dieses Bild einzigartig macht. Es besteht nämlich kein Zweifel daran, dass das Herz im Laufe der Geschichte und in verschiedenen Teilen der Welt zu einem Symbol der innigsten Vertrautheit und auch der Zuneigung, der Gefühle und der Fähigkeit zu lieben geworden ist.

 

Hier im Forum wird oft die Meinung vertreten, Religion sei Welterklärung und stehe in einer Art Konkurrenz zu den Naturwissenschaften. Die in einem anderen Thread erörterte Frage, ob es Übernatürliches gibt und was darunter zu verstehen sei, geht ja anscheinend in auch diese Richtung. Hierzu stellt die Herz-Jesu-Verehrung einen klaren Gegensatz dar. Religion erklärt nicht die äußere Welt (zumindest ist das nicht ihr Hauptinhalt). Ich finde es gut, wenn der Fokus durch eine solche Veröffentlichung auf das eigentliche Metier der Religion gelenkt wird: Die Innerlichkeit, das Verhältnis des Gläubigen zu Gott.

 

Ein Seitenhieb auf die Forderungen synodaler Räte usw. ist möglicherweise Nr. 88, ich kann mich aber auch irren:

 

Zitat

88. Ich möchte hinzufügen, dass das Herz Christi uns gleichzeitig von einem anderen Dualismus befreit: dem der Gemeinschaften und Hirten, die sich nur auf äußere Aktivitäten konzentrieren, auf strukturelle Reformen, die nichts mit dem Evangelium zu tun haben, auf zwanghaftes Organisieren, auf weltliche Projekte, auf säkularisiertes Denken, auf verschiedene Vorschläge, die als Erfordernisse dargestellt werden und die man bisweilen allen aufdrängen will. Das Ergebnis ist oft ein Christentum, das die Zartheit des Glaubens, die Freude hingebungsvollen Dienstes, den Eifer für die Mission von Mensch zu Mensch, das Überwältigtsein von der Schönheit Christi, die emotionale Dankbarkeit für die Freundschaft, die er anbietet, und den letzten Sinn, den er dem persönlichen Leben gibt, vergessen hat. Kurzum, dies ist eine andere, nicht weniger entkörperlichte Form des trügerischen Transzendentalismus.

 

bearbeitet von Merkur
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