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Atheismus


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Geschrieben
vor 18 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Ich bin in der Zeit aufgewachsen, in der dieser Zwang der Kirchen nachließ, aber Reste noch spürbar waren. Ich weiß, wie es gemeint war, und wie es empfunden wurde. 

Wenn man gegen seinen Willen zum Gottesdienst mitgeschleppt wird, entwickelt sich natürlich eine nachvollziehbare Abneigung. Mir ging es mit dem Schulsport ähnlich. So entwickeln sich Ressentiments.

Geschrieben
vor 9 Minuten schrieb Merkur:
vor 31 Minuten schrieb Marcellinus:

Ich bin in der Zeit aufgewachsen, in der dieser Zwang der Kirchen nachließ, aber Reste noch spürbar waren. Ich weiß, wie es gemeint war, und wie es empfunden wurde. 

Wenn man gegen seinen Willen zum Gottesdienst mitgeschleppt wird, entwickelt sich natürlich eine nachvollziehbare Abneigung. Mir ging es mit dem Schulsport ähnlich. So entwickeln sich Ressentiments.

 

Nein, mit ging es nicht um Gefühle, schon gar keine persönlichen. Es ging um die Beobachtung auch, aber nicht nur, unserer kath. Nachbarn. An ihnen konnte man beobachten, wie erst der sonntägliche Kirchgang noch ganz normal war, einfach, weil die soziale Kontrolle der kath. Gemeinde noch intakt war. Dann verlagerte sich das zunehmend auf den Samstag Abend, einfach, weil zunehmend das Bedürfnis bestand, am Sonntag Morgen auszuschlafen. Da war der Kirchgang an sich noch Tradition, aber nicht mehr persönliches Bedürfnis. Damals nahm man das natürlich nur ungenau wahr. Für mich als Angehöriger einer lutherischen Familie war das alles fremd. Umgekehrt übrigens auch. So sagte mir Namenstag gar nichts, und die Tochter der Nachbarn war verblüfft, daß ich einen Vornamen hatte, für den sie keinen kath. Heiligen kannte.

 

So bekam ich auch mit, wie die kath. Traditionen langsam an Bedeutung verloren, weil die soziale Kontrolle nachließ. In meiner Familie war man da schon weiter. Kirchgang gab es praktisch nicht, nur zu Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen, und ja, während der Konfirmandenzeit. Da gab es dann auch Versuche der luth. Kirche, noch etwas Druck auf die Eltern auszuüben. Ein Pastor erschien daher bei den Eltern einer Bekannten mit dem Spruch: "Die Kinder sind in der Kirche, und die Eltern suhlen sich in den Betten!", und das war keineswegs humorvoll gemeint. Er hat sich prompt einen Platzverweis eingehandelt. 

 

So habe ich so nebenbei in den Jahrzehnten meines Lebens den Prozeß der nachlassenden Macht der Kirchen hautnah mitbekommen, besonders, als ich meinen Eltern mitteilte, ich sei aus der Kirchen ausgetreten. Meine Eltern waren, wie gesagt, nicht gläubig, aber die Kirche (in diesem Fall die lutherische) war für sie in bürgerliche Tradition. Sie gehörte irgendwie dazu, auch wenn man sie nur von außen sah. Ihre Reaktion auf meinen Kirchenaustritt war entsprechend entsetzt: "Junge, was sollen denn die Leute denken?" Mein Eltern waren Kaufleute, und entsprechende war die vorgetragene Befürchtung, "die Leute" würden nun nicht mehr bei uns kaufen. Aber die Zeit war längst vorbei, und das Geschäft hat unter meinem zur Schau getragenen Unglauben nicht gelitten. 

 

Der langen Rede kurzer Sinn. Der Machtverlust der Kirchen war und ist ein sozialer Prozeß, der vor allem darin seine Ursachen hat, daß die jeweilige Elterngeneration eine bestimmte Tradition noch bis zu einem gewissen Grade praktiziert, aber nicht mehr an ihre Kinder weitergibt, und entsprechend auch immer weniger darauf reagiert, wenn andere es nicht tun. Da hilft dann auch die persönliche Intervention des örtlichen Pastors nicht mehr, wenn die Menschen sich längst innerlich von der Kirche entfernt haben.

 

Die Macht der Kirchen bestand lange Zeit aus der unmittelbaren Verbindung mit der weltlichen Macht. Das ging mit dem 18. Jh. weitgehend zu Ende. Danach bestand diese Macht aus dem Einfluß, den die Menschen gegenseitig aufeinander ausübten, die soziale Kontrolle vom Kindergarten über die Schule bis in die Gemeinde. Spätestens mit den Umbrüchen im Zuge von Industrialisierung und Landflucht im 19. Jh, und die Flüchtlingsströme nach dem 2. Weltkrieg löste sich diese Kontrolle auf und die Menschen merkten, daß ihr Leben auch funktionieren konnte, wenn sie die Vorgaben der Kirchen ignorierten. Dazu gehört auch eine zunehmende Zahl von sogenannten "Mischehen", nicht Ehen zwischen Schwarz und Weiß, sondern zwischen Ev. und Kath. 

 

In meiner Jugend kamen dann noch die Auswirkungen der "Pillen-Enzyklika" dazu, die der Autorität besonders der kath. Kirche einen irreparablen Schaden zugefügt haben, lernten die Menschen doch, daß sie die direkten Anweisungen ihrer Kirche ignorieren konnten, ohne daß der Himmel einstürzte. Dann kann eines nach dem anderen. War es noch in meiner Jugend verbreitet, daß Paare heiraten mußten, wenn ein Kind unterwegs war (ein guter Freund von mir wurde sogar dafür vorzeitig für volljährig erklärt), so gingen nun immer mehr Eltern dazu über, ihren Kindern Empfängnisverhütung zu empfehlen, und ihnen zu raten, doch bitte nicht vor Ende der Ausbildung zu heiraten. 

 

Entschuldige, daß ich etwas ausführlicher geworden bin, aber diese Geschichte ist auch meine Geschichte, und ich habe so viele dieser Veränderung persönlich erlebt. Daher denke ich schon, daß ich weiß, wovon ich rede. 

Geschrieben
vor 16 Stunden schrieb Marcellinus:

Entschuldige, daß ich etwas ausführlicher geworden bin, aber diese Geschichte ist auch meine Geschichte, und ich habe so viele dieser Veränderung persönlich erlebt. Daher denke ich schon, daß ich weiß, wovon ich rede. 

Das ist alles richtig. Es belegt aber nicht die Behauptung, dass der Kirchenbesuch stets eingestellt wird, sobald er nicht mehr erzwungen wird. Es gibt ja immer noch gut besuchte Gottesdienste, inbesondere in Wallfahrtsorten und an Weihnachten/Ostern. Viele Gottesdienste werden auch einfach deswegen nicht angenommen, weil es keinen plausiblen Grund gibt, an ihnen teilzunehmen.

Geschrieben
vor 14 Minuten schrieb Merkur:

Es belegt aber nicht die Behauptung, dass der Kirchenbesuch stets eingestellt wird, sobald er nicht mehr erzwungen wird.


Das habe ich aber auch nicht behauptet.

Geschrieben
vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Wenn also so etwas wie Volksreligionen zu bestimmten Zeiten einfach der Normalfall sind, wurden sie mit zunehmender Säkularisierung wesentlich mit sozialem Druck zusammengehalten, wie bei uns bis in die Nachkriegszeit hinein oder bei muslimsichen oder freikirchlichen Gemeinschaften heute noch. Wo dieser Druck wegfällt, schrumpfen diese Gemeinschaften zwar, und oft auch drastisch, aber es gibt aus meiner Sicht einen „harten Kern“, dem Religion (oder andere metaphysische Weltanschauungen) ein elementares Bedürfnis sind, und die deshalb auch bei ungünstigeren Bedingungen daran festhalten werden.

Geschrieben

Dass die Disziplin ohne extrinisische Motivation nachläßt ist aber nichts spezifisch religiöses.

Geschrieben

Professor Rupert SHELDRAKE schreibt in der Einleitung zu seinem Buch DER WISSENSCHAFTSWAHN, dass Naturwissenschaften sehr wohl mit Glauben zu tun haben. Naturwissenschaft basiert auf Glauben und zwar auf atheistischem Glauben.

 

Zitat:

 

"...Das naturwissenschaftliche Glaubensbekenntnis Hier nun die zehn zentralen Glaubenssätze, die sich die meisten Wissenschaftler ungeprüft zu eigen machen:

Alles ist mechanischer Natur. Hunde zum Beispiel sind nicht etwa lebende Organismen mit ihren ganz eigenen Zielsetzungen, sondern komplexe Mechanismen. Auch Menschen sind Maschinen, in Richard Dawkins’ lebendiger Ausdrucksweise sogar »schwerfällige Roboter«. Ihre Gehirne sind wie genetisch programmierte Computer. Materie besitzt grundsätzlich kein Bewusstsein. Sie hat keine Innerlichkeit, keine Subjektivität, keine »Ansichten«. Auch menschliches Bewusstsein ist pure Täuschung, vorgespiegelt vom stofflichen Geschehen im Gehirn. Die Gesamtheit von Materie und Energie ist immer gleich (der Urknall, mit dem alle Materie und Energie urplötzlich erschien, ist die einzige Ausnahme). Die Naturgesetze stehen ein für alle Mal fest. Sie sind heute so, wie sie von Anfang an waren und für immer sein werden. Die Natur kennt keine Absichten, Evolution ist ohne Richtung oder Ziel. Biologische Vererbung ist ausschließlich materieller Natur, vermittelt über das genetische Material, die DNA, und andere materielle Strukturen. Der Geist, unser Denken und Fühlen, sitzt im Kopf und ist nichts als Gehirnaktivität. Wenn wir einen Baum betrachten, ist das Bild, das wir sehen, nicht da draußen, wo es zu sein scheint, sondern innen, im Gehirn. Erinnerungen sind als materielle Spuren im Gehirn gespeichert und werden beim Tod gelöscht. Unerklärliche Phänomene wie Telepathie sind reine Einbildung. Mechanistische Medizin ist die einzig wirksame Medizin. Zusammen bilden diese Glaubenssätze die Philosophie oder besser Ideologie des Materialismus, dessen Kerngedanke ja besagt, dass alles seiner Natur nach materieller oder physischer Art ist, auch der Geist. Dieses Glaubenssystem setzte sich gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts in der Naturwissenschaft durch und gilt jetzt als gesicherte Erkenntnis. Vielen Wissenschaftlern ist nicht bewusst, dass der Materialismus eine bloße Annahme darstellt – sie setzen ihn mit Naturwissenschaft gleich, mit dem wissenschaftlichen Bild der Realität oder eben dem naturwissenschaftlichen Weltbild. In ihrer Ausbildung taucht dieser Gedanke nicht auf, sie bekommen nie Gelegenheit, auch nur darüber zu sprechen, er geht durch so etwas wie intellektuelle Osmose auf sie über...."

Geschrieben

"Rupert Sheldrake ist ein britischer Autor und Biologe. 1981 stellte er eine Hypothese auf, nach der sogenannte morphische Felder existieren, die die Entwicklung von Strukturen beeinflussen sollen. Seine Hypothesen werden in den Naturwissenschaften weithin ignoriert."

Quelle: Wiki

Geschrieben (bearbeitet)
vor 9 Stunden schrieb Werner Hoffmann:

Professor Rupert SHELDRAKE schreibt in der Einleitung zu seinem Buch DER WISSENSCHAFTSWAHN, dass Naturwissenschaften sehr wohl mit Glauben zu tun haben. Naturwissenschaft basiert auf Glauben und zwar auf atheistischem Glauben.

Zitat:

"...Das naturwissenschaftliche Glaubensbekenntnis Hier nun die zehn zentralen Glaubenssätze, die sich die meisten Wissenschaftler ungeprüft zu eigen machen:

Alles ist mechanischer Natur. Hunde zum Beispiel sind nicht etwa lebende Organismen mit ihren ganz eigenen Zielsetzungen, sondern komplexe Mechanismen. Auch Menschen sind Maschinen, in Richard Dawkins’ lebendiger Ausdrucksweise sogar »schwerfällige Roboter«. Ihre Gehirne sind wie genetisch programmierte Computer. Materie besitzt grundsätzlich kein Bewusstsein. Sie hat keine Innerlichkeit, keine Subjektivität, keine »Ansichten«. Auch menschliches Bewusstsein ist pure Täuschung, vorgespiegelt vom stofflichen Geschehen im Gehirn. Die Gesamtheit von Materie und Energie ist immer gleich (der Urknall, mit dem alle Materie und Energie urplötzlich erschien, ist die einzige Ausnahme). Die Naturgesetze stehen ein für alle Mal fest. Sie sind heute so, wie sie von Anfang an waren und für immer sein werden. Die Natur kennt keine Absichten, Evolution ist ohne Richtung oder Ziel. Biologische Vererbung ist ausschließlich materieller Natur, vermittelt über das genetische Material, die DNA, und andere materielle Strukturen. Der Geist, unser Denken und Fühlen, sitzt im Kopf und ist nichts als Gehirnaktivität. Wenn wir einen Baum betrachten, ist das Bild, das wir sehen, nicht da draußen, wo es zu sein scheint, sondern innen, im Gehirn. Erinnerungen sind als materielle Spuren im Gehirn gespeichert und werden beim Tod gelöscht. Unerklärliche Phänomene wie Telepathie sind reine Einbildung. Mechanistische Medizin ist die einzig wirksame Medizin. Zusammen bilden diese Glaubenssätze die Philosophie oder besser Ideologie des Materialismus, dessen Kerngedanke ja besagt, dass alles seiner Natur nach materieller oder physischer Art ist, auch der Geist. Dieses Glaubenssystem setzte sich gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts in der Naturwissenschaft durch und gilt jetzt als gesicherte Erkenntnis. Vielen Wissenschaftlern ist nicht bewusst, dass der Materialismus eine bloße Annahme darstellt – sie setzen ihn mit Naturwissenschaft gleich, mit dem wissenschaftlichen Bild der Realität oder eben dem naturwissenschaftlichen Weltbild. In ihrer Ausbildung taucht dieser Gedanke nicht auf, sie bekommen nie Gelegenheit, auch nur darüber zu sprechen, er geht durch so etwas wie intellektuelle Osmose auf sie über...."

 

Mir scheint, dass - wenn Herr Shaldrake tatsächlich glauben würde, dass Naturwissenschaft und der Glaube, den er (als das "naturwissenschaftliche Glaubensbekenntnis") beschreibt notwendigerweise zusammengehören, er selbst einem Wahn unterliegen würde.  Tatsächlich unterliegt er aber keiner solchen Wahnvorstellung, denn  1. schreibt er ja "die zehn zentralen Glaubenssätze, die sich die meisten Wissenschaftler ungeprüft zu eigen machen" und sagt damit aus, dass es auch andere Wissenschaftler gibt, dass Wissenschaft also auch ohne diesen Glauben möglich ist und 2. ist er ja selbst ein Wissenschaftler, der diesem beschriebenen Glauben nicht anhängt.

 

Um die (Natur-)Wissenschaft müssen wir uns also keine Sorgen machen, denn sie scheint demnach glaubensunabhängig praktizierbar zu sein und das würde man doch von Wissenschaft auch erwarten, oder? Dementsprechend ist es im realen Leben auch möglich, dass Christen, Muslime, Buddhisten und Atheisten (oder welchen Glaubenden auch immer) in wissenschaftlichen Teams zusammenarbeiten ohne dass die Qualität ihrer wissenschaftlichen Arbeit unter den jeweiligen individuellen Glaubensbekanntnissen leiden würde. Glaubensunabhängigkeit ist also das Wesensmerkmal von (Natur-)Wissenschaft.

 

Du solltest hier also nicht den Eindruck erwecken, dass Naturwissenschaft auf atheistischem Glauben beruht, denn damit würdest du alle Gläubigen beleidigen, die naturwissenschaftlich tätig sind.

bearbeitet von SteRo
Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb SteRo:

Du solltest hier also nicht den Eindruck erwecken, dass Naturwissenschaft auf atheistischem Glauben beruht, denn damit würdest du alle Gläubigen beleidigen, die naturwissenschaftlich tätig sind.

 

Das ist richtig, und wird auch in der Praxis bestätigt. Allerdings brauchen die Naturwissenschaften einen methodischen Naturalismus („als wenn es keine Götter gäbe“), aber das ist kein Glaube, sondern eben nur eine Methode, die nichts anderes sagt als daß in den Naturwissenschaften Übernatürliches kein Argument ist. 

Geschrieben

Atheismus entsteht meines Erachtens auch dadurch, dass man Gott die Schuld gibt und diesen schuldig spricht für das Leid und Elend in dieser Welt für das die Menschen die volle Verantwortung und Schuld tragen. Z.b. fragen Atheisten: Wo war Gott in Auschwitz ? Die Frage ist aber falsch gestellt, denn Auschwitz war ein Produkt des Menschen und nicht Gottes Wille. Die Frage dazu lautet: Wo war der Mensch, warum hat der Mensch dieses unfassbar Leid und Elend zugelassen ? Atheisten schieben immer Schuld und Verantwortung ab und "zeigen mit dem Finger auf Gott".

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb Werner Hoffmann:

Atheismus entsteht meines Erachtens auch dadurch, dass man Gott die Schuld gib ...

 

Der Widerspruch müßte sogar dir auffallen! :D

Geschrieben
vor 30 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Der Widerspruch müßte sogar dir auffallen! :D

Werner H kommt aus der falschen Richtung, aber grundsätzlich finde ich den Satz nicht falsch.

 

Ich kenne kaum Leute, die Gott die Schuld zuschieben im Sinne von er habe das Unglück verursacht.

Was ich aber aus meiner eigenen Familie kenne (und nicht zuletzt von mir, auch wenn ich nicht bis zum Atheismus gekommen bin) ist die Frage, warum Gott etwas nicht verhindert oder geändert hat. Und aus dieser Frage heraus kommt dann die Ablehnung und schließlich die Negierung.

Geschrieben
vor 18 Minuten schrieb Flo77:

Was ich aber aus meiner eigenen Familie kenne (und nicht zuletzt von mir, auch wenn ich nicht bis zum Atheismus gekommen bin) ist die Frage, warum Gott etwas nicht verhindert oder geändert hat. Und aus dieser Frage heraus kommt dann die Ablehnung und schließlich die Negierung.


Ja, aber nicht andersherum! Atheist zu sein, bedeutet, nicht an Götter zu glauben. Ich kann nicht etwas die Schuld geben, an das ich nicht glaube.

Geschrieben
vor 23 Minuten schrieb Marcellinus:

 Ich kann nicht etwas die Schuld geben, an das ich nicht glaube.

Die Schuld geben bedeutet in diesem Fall festzustellen, dass der Lauf der Ereignisse mit keinem für möglich gehaltenem Gottesbild kompatibel ist.

Geschrieben
vor 1 Minute schrieb Merkur:
vor 25 Minuten schrieb Marcellinus:

Ich kann nicht etwas die Schuld geben, an das ich nicht glaube.

Die Schuld geben bedeutet in diesem Fall festzustellen, dass der Lauf der Ereignisse mit keinem für möglich gehaltenem Gottesbild kompatibel ist.

 

Das unterstellt aber den meisten Nichtreligösen mehr Nachdenken über solche Themen, als in der Praxis stattfindet. Ich habe im Laufe meines Lebens festgestellt, daß die Idee, man müsse nach übernatürlichen Schuldigen suchen, offenbar etwas ist, mit dem man aufgewachsen sein muß. Mir war das immer fremd. 

Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb Merkur:

Die Schuld geben bedeutet in diesem Fall festzustellen, dass der Lauf der Ereignisse mit keinem für möglich gehaltenem Gottesbild kompatibel ist.

Da muss man aber dann demjenigen die Schuld geben, der ein unangemessenes Gottesbild (bei einem anderen) annimmt oder selbst vertritt, vielleicht in der irrigen Annahme, dass ein anderes nicht möglich sei.

Geschrieben (bearbeitet)

Thema:

 

Marxismus -Leninismus versus Römisch-katholische Kirche.

 

Der Marxismus -Leninismus beruht meines Erachtens auf der nicht beweisbaren und geglaubten Weltanschauung des Atheismus. Man geht davon aus, dass Religion der Menschheit schadet und Religion vom Kapitalismus benutzt wird um die Bevölkerung mit "Opium für das Volk" gefügig zu halten.

 

 

bearbeitet von Werner Hoffmann
Geschrieben (bearbeitet)
vor einer Stunde schrieb Werner Hoffmann:

Der Marxismus -Leninismus beruht meines Erachtens auf der nicht beweisbaren und geglaubten Weltanschauung des Atheismus.

 

Beruht diese "Erachten" auf irgendwelchem Wissen? Der Marxismus-Leninismus beruht auf den Schriften von Marx und der politischen Praxis der Bolschewiki in der UdSSR. Der unbestreitbare Atheismus dieser Ideologie ist aber nur Folge, nicht Ursache. 

 

vor einer Stunde schrieb Werner Hoffmann:

Man geht davon aus, dass Religion der Menschheit schadet und Religion vom Kapitalismus benutzt wird um die Bevölkerung mit "Opium für das Volk" gefügig zu halten.

 

Marx nannte Religion "Opium des Volkes". Das ist etwas anderes. Vollständiger zitiert und kleine Hilfestellung an dich: 

 

„Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. [...] Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Societät. Dieser Staat, diese Societät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Compendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur (Ehrgefühl), ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.

 

Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.

 

Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist. “

 

(Karl Marx: Einleitung zur Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie)

 

Man kann Marx alles mögliche vorwerfen, aber er war sicherlich kein Dummkopf. Im Unterschied zu vielen seiner Kritiker - und Apologeten. 

 

bearbeitet von Marcellinus
Geschrieben
vor 11 Stunden schrieb Werner Hoffmann:

Thema:

 

Marxismus -Leninismus versus Römisch-katholische Kirche.

 

Der Marxismus -Leninismus beruht meines Erachtens auf der nicht beweisbaren und geglaubten Weltanschauung des Atheismus. Man geht davon aus, dass Religion der Menschheit schadet und Religion vom Kapitalismus benutzt wird um die Bevölkerung mit "Opium für das Volk" gefügig zu halten.

 

Platt gesprochen: Wenn ich das "Paradies auf Erden" will, muss ich den Glauben an das "Paradies im Jenseits" bekämpfen. Deshalb sind alle Ideologien, die vorgeben das "Paradies auf Erden" oder - etwas nüchterner - das Optimum menschlichen Lebens in Gemeinschaft auf der Erde erreichen zu wollen, verpflichtet eine atheistische Haltung einzunehmen. Denn wer auch nur einen Spaltbreit Hoffnung auf die Erfülluung im Jenseits zulässt, unterminiert damit die Motivation zur Erreichung des Optimums im Diesseits.

 

Dies gesagt habend, gibt es einen kleinen aber durchaus bedeutsamen Unterschied zwischen Marxismus und [Marxismus-]Leninismus: Während Marx von der Religion als Optium des Volkes spricht, spricht Lenin von der Religion als Option fürs Volk. Marx' Formulierung lässt also durchaus die Interpretation der Religion als Produkt der Imagination des Volkes selbst zu, während Lenin eine eindeutig verschwörungstheoretische Position einnimmt: die Religion wurde von Unterdrückern ersonnen, um das Volk ihrer Herrschaft zu unterwerfen.

 

 

Geschrieben
vor 12 Minuten schrieb SteRo:

Wenn ich das "Paradies auf Erden" will, muss ich den Glauben an das "Paradies im Jenseits" bekämpfen.

Oder vielleicht ist die eigentliche Frage, wo ein Paradies auf Erden herkommen könnte, aus weltlich-politischen Strukturen oder doch eher einem entsprechenden seelischen Zustand vieler Menschen?

Geschrieben

Ich unterhielt mich kürzlich mit einem älteren Herrn, der evangelische Theologie studiert hat und im Alter so viele Zweifel hat und dabei ist, seinen Glauben zu verlieren (so wie der Philosoph Kurt Flasch - Warum ich kein Christ bin). Eines seiner Argumente ist die Tatsache, dass die Evangelien erst vier Jahrzehnte allmählich schriftlich niedergelegt wurden und die mündliche Überlieferung in der Bibel eine wichtige Rolle spielt. Sein Argument: Wenn das Geschehen um Jesus Christus ein halbes Jahrhundert mündlich weitergegeben wurde, hat man "dazugedichtet und gelogen" als seien die Berichte von der Auferstehung und den Wundern des Jesus Christus "Phantastereien".

Dazu kann ich nur sagen, dass Überlieferungen und Augenzeugenberichte über 40 oder 50 Jahren sehr zuverlässig sind, weil es ein kurzer Zeitraum ist. Ich beispielsweise bin 65 Jahre alt und ich kann mich sehr genau daran erinnern, was ich z.B. vor 56 Jahren als Kind erlebt habe. Meine Erinnerungen sind zuverlässig und korrekt auch nach über einem halben Jahrhundert. Und genau so ist es mit den Evangelien im Neuen Testament auch gewesen: Zuverlässige und korrekte Erinnerungen. Es hat alles gestimmt.

 

Geschrieben
vor 1 Minute schrieb Werner Hoffmann:

Ich unterhielt mich kürzlich mit einem älteren Herrn, der evangelische Theologie studiert hat und im Alter so viele Zweifel hat und dabei ist, seinen Glauben zu verlieren (so wie der Philosoph Kurt Flasch - Warum ich kein Christ bin). Eines seiner Argumente ist die Tatsache, dass die Evangelien erst vier Jahrzehnte allmählich schriftlich niedergelegt wurden und die mündliche Überlieferung in der Bibel eine wichtige Rolle spielt. Sein Argument: Wenn das Geschehen um Jesus Christus ein halbes Jahrhundert mündlich weitergegeben wurde, hat man "dazugedichtet und gelogen" als seien die Berichte von der Auferstehung und den Wundern des Jesus Christus "Phantastereien".

Dazu kann ich nur sagen, dass Überlieferungen und Augenzeugenberichte über 40 oder 50 Jahren sehr zuverlässig sind, weil es ein kurzer Zeitraum ist. Ich beispielsweise bin 65 Jahre alt und ich kann mich sehr genau daran erinnern, was ich z.B. vor 56 Jahren als Kind erlebt habe. Meine Erinnerungen sind zuverlässig und korrekt auch nach über einem halben Jahrhundert. Und genau so ist es mit den Evangelien im Neuen Testament auch gewesen: Zuverlässige und korrekte Erinnerungen. Es hat alles gestimmt.

 

Dein Bekannter erliegt einem beliebten Irrtum: Die Evangelien sind nämlich keine Biographien. Jedes für sich ist eine Darstellung wie der jeweilige Autor den Jesus-"Nachlass" interpretiert hat und entsprechend stellen sie Jesus dar. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Darstellungen haben nur teilweise mit dem realen Menschen und seiner ursprünglichen Botschaft zu tun. Es geht um die theologische Nachbereitung/Kondensation in der die vorhandene Überlieferung (insbesondere die des Paulus) aus der Rückschau. Die Wahrheit, die die Evangelien verkünden ist keine über historische Fakten.

 

Jedes Element der Evangelien (Prophetien, Wundererzählungen, Stammbäume, etliche Namen und Orte, etc.) hat eine erzählerische Funktion um eine theologische Aussage zu treffen bzw. zu untermauern. Bei einigen Orten, Situationen und Personen kann mam davon ausgehen, daß sie real passiert sind, weil sie schlicht zu auffällig nicht in das Gesamtkonzept passen aber zu bekannt waren um ignoriert zu werden.

 

Die Frage, die man sich als Gläubiger stellen müsste ist, ob man sich diesen Darstellungen anschließen möchte/kann oder ob man z.B. der visionären Christuserfahrung Pauli (die die Grundlage für alle Evangelien war) grundsätzlich kritisch gegenübersteht. Natürlich ist an den Texten immer wieder was verändert worden. Der Text ist nicht die Basis der Theologie, sondern die Folge.

Dieses Verhältnis ist erst später umgedreht worden.

 

Von der Unmenge an "Fanfiction" (aka apokryphe Evangelien) mal ganz abgesehen.

 

Und nein: Deine Erinnerungen an die Zeit vor 56 Jahren sind Deine Erinnerungen - sie sind zwangsläufig subjektiv und fehleranfällig. Wir haben die Autobiographie einer Großmutter - als eines ihrer Kinder den Text gelesen hat, kam er aus der Empörung über die "Fehler" kaum raus...

Geschrieben
vor 26 Minuten schrieb Flo77:

Und nein: Deine Erinnerungen an die Zeit vor 56 Jahren sind Deine Erinnerungen - sie sind zwangsläufig subjektiv und fehleranfällig. Wir haben die Autobiographie einer Großmutter - als eines ihrer Kinder den Text gelesen hat, kam er aus der Empörung über die "Fehler" kaum raus...

 

Es gibt kaum etwas Unzuverlässigeres als unsere Erinnerung. Sie ist wie die Geschichte in "1984": sie wird von unserem Unterbewusstsein ständig umgeschrieben, man könnte auch sagen: passend gemacht. ;)

Geschrieben (bearbeitet)

Eine interessante Diskussion, in die ich mich tatsächlich auch früher schon eingebracht hätte, litte ich aktuell nicht an einer kleineren Magen-Darm-Geschichte, die mich das Zurückhalten meines Mageninhaltes bisher vor dem Schreiben priorisieren ließ. 

 

Da auch hier Flasch und sein Buch wieder erwähnt wurden, komme ich nicht umhin, anzumerken, dass auch er ein großes Kapitel der Heiligen Schrift, der Exegese und den lehramtlichen Aussagen zur Bibel widmet. 

 

Um mal die interessantesten Stücke rauszugreifen: Flasch stellt fest, dass für die protestantischen Kirchen bis ca. 1800 und für die katholische Kirche bis 1960 und darüber hinaus gesetzt gewesen sei, dass die Heilige Schrift in ihrer Gesamtheit historisch wahr, fehlerfrei und unter der Inspiration Gottes selbst (in verschiedenem Ausmaß je nach Modell) verfasst worden sei. Will sagen: Worüber wir hier gerade diskutieren sei für Christen bald 1800 oder nahezu 2000 Jahre lang irrelevant gewesen. 

 

Das ist aber freilich nur die halbe Wahrheit: Die Theologen der älteren Kirche waren ja nun nicht blöd und haben natürlich auch gesehen, wo sich in der Schrift - bleiben wir mal der Einfachheit halber bei den Evangelien - bestimmte Inkongruenzen oder scheinbare Widersprüche fanden. Nur gingen sie vollkommen anders damit um als die modernen Bibelwissenschaftler. 

 

Eine Strategie ist dabei die Harmonisierung: Wir stellen z. B. fest, dass die Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu (passend zur Jahreszeit) in zwei Evangelien mit jeweiligem Sondergut verstreut ist (die anderen beiden haben gar keine). Anstatt jetzt zu sagen: Das passt ja gar nicht zusammen!, geht der Evangelienharmonisierer hin und bringt die einzelnen Episoden in eine für ihn logische und stimmige Reinfolge. So kommen wir zu dem weihnachtlichen Panorama, das wir alle kennen. Problem gelöst. Augustinus versucht sich etwa schon früh an einer solchen Evangelienharmonie. 

 

Dann gibt es andere Probleme, z. B. dass nahezu identische Episoden bei unterschiedlichen Autoren im Detail abweichend geschildert werden. Vermehrte Jesus jetzt 5 Brote und 2 Fische oder doch 3 Brote und 1 Fisch? Speiste er nun 4000 oder 5000? Welche Version ist zutreffend? Für die Altvorderen einfach: beide. Es musste zwei Brotvermehrungen gegeben haben, die jeweils unabhängig von den Evangelisten korrekt überliefert wurden. Problem gelöst. 

 

Dann haben schon in der Antike kritische Heiden angemerkt, dass z. B. das Motiv der Geburt von Göttersöhnen aus Jungfrauen bei ihnen wohlbekannt gewesen sei. Man denke etwa an Leda und den Schwan oder Zeus, der in der Gestalt des Goldregens eine Königstochter schwängert. Warum sollte ausgerechnet die jungfräuliche Geburt Jesu aus Maria wahr sein? Auch darauf fanden die alten Apologeten eine Antwort. Justinus erklärte das so: Der Teufel habe vor Christi Geburt - natürlich unwahre - Geschichten über die Geburt von Göttersöhnen aus Jungfrauen in die Welt gesetzt, um diese Vorstellung unter den Gebildeten lächerlich zu machen, sodass sie, wenn Christus auf diese Weise geboren würde, nicht glaubten. Problem gelöst. 

 

Ich will diese apologetischen Argumente gar nicht näher bewerten, sondern nur zeigen, dass über lange, lange Zeit Christen ganz ohne die Instrumente und die daraus folgenden Verunsicherungen der modernen Bibelkritik ausgekommen waren. Ob sie schlechter glaubende Christen waren? Darüber fälle ich kein Urteil, auch nicht darüber, ob wir heute mit unserem exegetischen 

Werkzeugkasten die Creme der Bibelversteher sind. 

 

 

bearbeitet von Studiosus

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