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Grundlagen des Erkennens


iskander

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1 hour ago, iskander said:

Wird damit nicht deutlich, dass ich genau die Position einnehmen, die Du offenbar auch Du einnimmt: Dass Sinneserfahrung Voraussetzung (notwendige Bedingung) für empirische Erkenntnis ist?

Nein. Ich redete nur von Sinnen als solche (sehen, hören, denken) nicht von Sinneserfahrungen.

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On 12/14/2024 at 11:33 PM, iskander said:

Ich gehe davon aus, dass wir ein grundlegendes Verständnis der Phänomene Raum und Zeit haben, das noch vor jeder Physik liegt. Man könnte vielleicht sagen: Unser intuitives Alltagsverständnis.

 

Das Alltagsverständnis wäre das der newtonschen Physik.

 

On 12/14/2024 at 11:33 PM, iskander said:

Man könnte beispielsweise annehmen, dass die Zeit bis morgen Mittag 12 Uhr angemessen von der AR beschrieben wird, und dass dann ab diesem Punkt die Zeit anders zu beschreiben wäre. Wie gesagt glaube ich das nicht, sondern es ging mir um die Probleme, die sich aus der Verneinung der Induktion ergeben.

 

 

Wobei es ja keine absolute Zeit gibt: Die Koordinatenzeit ist physikalisch nicht real und die Eigenzeit ist abhängig vom Beobachter...
 
Aber so oder so, Du gehst also immer schon von einem bestimmten Verständnis von Raum, Zeit und Kausalität aus und damit schon von bestimmten Invarianzen. Diese wolltest Du doch aber begründen.
Ist damit Deine Argumentation nicht zirkulär?

bearbeitet von KevinF
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On 12/15/2024 at 1:11 AM, iskander said:

 

Nun, wenn der Empirismus und all die anderen von ihm vertretenen Positionen "Nicht-Philosophie" sind, dann mag er damit recht haben.

 

Nur stellt sich dann die Frage, was denn dann eigentlich überhaupt noch Philosophie - und nicht "Nicht-Philosophie" - ist. Die Themengebiete der philosophischen Logik/Metalogik, der Erkenntnistheorie, der Wissenschaftstheorie und der Ontologie - also mehr oder weniger die gesamte theoretische Philosophie - kann man dann jedenfalls streichen.

Oder alternativ muss man sagen, dass bestimmte inhaltliche Antworten auf philosophische Fragen keine Philosophie darstellen, auch wenn sie mit philosophischen Argumenten begründet werden und bisher stets als philosophisch galten. Fragt sich nur warum.

 

 

Nur explizit oder auch implizit? ;)

 

Zuerst einmal wird von Dir überhaupt das Induktionsproblem, also eine wesentliche philosophische Fragestellung thematisiert. Das beinhaltet natürlich die Reflexion, warum hier überhaupt ein Problem auftaucht und wie es aussieht. Dann der Punkt, dass man argumentiert, welche naheliegende Begründungsmöglichkeiten scheitern und warum. Alsdann beinhaltet Dein Lösungsansatz, wenn ich ihn richtig verstehe, dass man an irgendeiner Stelle einsehen muss, dass etwas wahrscheinlich der Fall ist (auch wenn ich selbst eine etwas andere Stelle wählen würde). Damit wäre dann implizit schon ein gewisser Rationalismus/Apriorimismus anerkannt, während der (radikale) Empirismus damit implizit verworfen würde. Ebenso scheinst Du, wenn ich Dich richtig verstehe, abduktiv zu argumentieren. Damit wäre auch explizit gemacht, dass abduktive Schlüsse überhaupt existieren; denn obwohl sie in den Naturwissenschaften ständig benutzt werden, meine ich, dass sie vielen Wissenschaftlern nicht explizit bekannt sind. (Dabei geht es mir natürlich nicht um das Wort "Abduktion" - Namen sind Schall und Rauch - sondern um das explizite Bewusstsein, dass diese Kategorie von Schlüssen überhaupt existiert; oft werden nämlich nur Deduktion und Induktion erwähnt.)

Auch scheinst Du zu akzeptieren, dass wir de facto in den Naturwissenschaften von der Induktion abhängen - oder zumindest hast Du mir diesbezüglich nicht widersprochen. Das wäre dann auch noch ein Punkt, der den meisten Naturwissenschaftlern - jedenfalls in der Theorie - nicht bewusst zu sein scheint. (Offenbar sind die meisten Naturwissenschaftler Popperianer.)

 

Folgende philosophische Aussagen würde ich hier also - falls ich Deine Position richtig verstehe - aufzählen:

 

- Das Nachdenken zeigt, dass es Schwierigkeiten gibt, induktive Schlüsse zu rechtfertigen, weil sie deduktiv ungültig sind und nicht zirkelfrei induktiv bewiesen werden können.

- Die Wissenschaft kann (gegen Popper) aber nicht auf induktive Schlüsse verzichten.

- Induktive Schlüsse können mithilfe apriorischer Einsichten in Kombination mit Erfahrungswissen begründet werden.

- Es gibt also grundsätzlich apriorische Einsichten und der radikale Empirismus ist falsch.

- Für das konkrete Verfahren Begründung ist ein abduktiver Schluss notwendig, und dieser ist gerechtfertigt.

- Es gibt abduktive Schlüsse.

- Zumindest manche von ihnen sind gerechtfertigt.

 

Wie viel oder wie wenig das ist, ist eine Sache der subjektiven Einschätzung. Es kommt allerdings immer auch darauf an, wie sehr man ins Detail geht. Beispielsweise wird man für eine wirklich gute Begründung höherstufiger induktiver Schlüsse neben "Erfahrung" eine Fülle deduktiver, abduktiver und niedrigstufiger induktiver Schlüsse brauchen (wobei natürlich eine Zirkularität vermieden werden muss).

Und wenn man von dem, was hier gesagt wurde, ausgeht, wäre die nächste Frage wäre beispielsweise, welche Arten apriorischer Erkenntnisse es gibt und es diesbezüglich Unterschiede der Gewissheit gibt, und ob man eine solche Art der Begründung mit apriorischem Element nur hier oder auch anderswo oder sogar überall benötigt wird. Oder ob abduktive Schlüsse nur zur Begründung der Induktion relevant sind, oder ob sie für alle empirischen Wissenschaften eine entscheidende Rolle spielen. (Solche Fragestellungen "muss" man dann zwar nicht thematisieren, aber sie wären naheliegend.)

 

Hier geht es allerdings ja auch nur um einen speziellen Fall, nämlich das Induktionsproblem. Es gibt aber noch anderes - beispielsweise würde ich argumentieren, dass formale logische Systeme natürlich als konventionell aufgefasst werden können, dass Logik aber grundsätzlich mehr ist, und dass alles davon abhängt, dass jede Wissenschaft davon abhängt, dass sie mehr ist.

 

@iskander

 

 

Ich muss sagen, ich verstehe Dich nicht ganz:
 
 
Wenn ich sage, es gibt keine Begründung, dann ist das für Dich eine willkürliche Setzung, die vermieden werden sollte.
 
 
Sage ich "es ist plausibel", dann habe ich Deiner Ansicht nach einen "abduktiven Schluss" und somit, so verstehe ich Dich, eine synthetische Erkenntnis a priori produziert.
 
Das verstehe ich erstens nicht ganz und zweitens: Selbst wenn Du recht hättest:  "a priori" würde hier ja nur bedeuten "ist für unser Erkenntnisvermögen konstitutiv". Das wäre dann jene Disposition, die Du weiter oben als Begründung abgelehnt hast.
 
Und "Induktion" ist für mich wie schon mehrmals gesagt einfach eine Verallgemeinerung in Form von falsifizierbaren Hypothesen auf Basis von empirischen Daten. In unserer Diskussion war dies die Beständigkeit der Invarianzen, die die Entwicklung des Universums ermöglicht haben.
 
Ich bleibe dabei, dass diese Invarianzen so fundamental sind, dass ich keine weitere Begründung für die Annahme brauche, dass sie auch noch morgen noch Bestand haben werden. Überraschend und begründungsbedürftig wäre nur das Gegenteil.
 
Auch sonst kann ich mit Deiner Kategorisierung wenig anfangen.
 
Naturwissenschaft besteht für mich im Wechselspiel von Theoriebildung und Beobachtung/Experiment, wie @Marcellinus es beschrieben hat

bearbeitet von KevinF
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7 hours ago, Marcellinus said:

Oder wie es eine Astrophysikerin am James-Weg-Teleskop formulierte: „Wenn die Daten nicht den Modellen entsprechen, stimmen die Modelle nicht.“ (Das ist übrigens der Unterschied zu Ideologen; die sehen das genau anders herum).

 

Wobei mich diese Aussage von einer Astrophysikerin etwas wundert:

 

Gerade in der Astrophysik kann doch auch die Datenerhebung durchaus fehlerhaft sein.

 

Und dann müsste man eigentlich noch unterscheiden zwischen "Modell" (wie Lambda-CDM) und fundamentalerer Theorie (wie Allgemeine Relativitätstheorie).

 

Und weil es so schwierig ist, festzustellen, wo der Fehler liegt, haben wir aktuell ja auch die "hubble tension" bzw. die "crisis in cosmology"...

bearbeitet von KevinF
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vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Empirische Prüfung ist die Prüfung anhand von beobachtbaren Tatsachen, wobei Beobachtung eine mehrfache Messung oder ein kontrolliertes Experiment sein kann. Sinneseindrücke sind nicht der Kern der Empirie [...]

 

Sie sind Conditio sine qua non - eine unverzichtbare, notwendige Bedingung, ohne die es Empirie nicht geben kann. Du kennst doch diese Redeweise: "X ist nicht alles, aber ohne X ist alles nichts."

Nochmals: Ich muss meinen Gesichtssinn (oder einen anderen Sinn) benutzen, um zu wissen, dass da ein Gerät ist, das Ultraschallwellen aussendet, und um zu wissen, was es anzeigt.

 

vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Hast du schon mal was von Sinnestäuschungen gehört?

 

Genau das ist das Problem: Eine Sinnestäuschung kann prinzipiell alles betreffen, auch  jeden Versuchsaufbau, jedes Messprotokoll und jedes Experiment. Ohne zu wissen, dass die Sinneserfahrung Dir prinzipiell einigermaßen korrekt sagt, was Sache ist, weißt Du auch nichts über den "Rest" der Empirie. 

 

Zitat

Wissen entsteht vielmehr in einer Abfolge von Empirie und Theorie.

 

Um zu wissen, dass Deine Beobachtung eine bestimmte Theorie falsifiziert, musst Du aber jedenfalls wissen, dass Deine Beobachtung Dir Informationen vermittelt, die zumindest wahrscheinlich korrekt sind. Wenn Du nicht weißt, ob Du Deinen Augen trauen kannst oder nicht, wenn Du einen schwarzen Schwan zu sehen meinst, dann weißt Du eben auch nicht, ob die Theorie, dass alle Schwäne weiß sind, nun falsifiziert ist oder nicht. Und so mit allem.

 

Das heißt natürlich nicht, dass man diese Falsifizierung als isoliertes oder gar "geistloses" Ereignis betrachten sollte. Es bedeutet nur, dass wir am Ende eines Prozesses zu der folgenden begründeten Erkenntnis gelangen müssen: "Dies hier ist ein Schwan; und er ist schwarz". Zumindest diese Form von "positivem", affirmativen Wissen benötigen wir.

 

Zitat


P.S.: Weißt du überhaupt, was Realitätsgehalt einer Theorie meint? Oder sind wir dann wieder bei der Frage, ob der nächste Rabe, der vorbeikommt, vielleicht doch orange ist? :D

 

 

Nochmals: Die Behauptung, dass der nächste Rabe sehr wahrscheinlich schwarz sein wird, ist doch auch nach Deiner Meinung keine völlig aus der Luft gegriffene Behauptung, sondern eine gut begründete Vermutung. Oder nicht? Die Begründung kann aber nicht in der Beobachtung des Sachverhalts selbst liegen, denn der liegt ja wie gesagt zum Zeitpunkt, um den es hier geht, in der Zukunft. Was also ist Deiner Meinung nach dann die Begründung - wenn es kein induktiver Schluss sein soll?

 

Oder meinst Du, dass, wenn Du die übliche Begründung für etwas ablehnst, es keinen "Sinn ergibt", Dich danach zu fragen, was denn Deine alternative Begründung ist?

 

Wie wäre es also, wenn Du zuerst einmal Deine eigene Begründung nennst und von mir aus dann polemisch wirst?

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vor 15 Minuten schrieb KevinF:
vor 8 Stunden schrieb Marcellinus:

Oder wie es eine Astrophysikerin am James-Weg-Teleskop formulierte: „Wenn die Daten nicht den Modellen entsprechen, stimmen die Modelle nicht.“ (Das ist übrigens der Unterschied zu Ideologen; die sehen das genau anders herum).

 

Wobei mich diese Aussage von einer Astrophysikerin etwas wundert:

 

Gerade in der Astrophysik kann doch auch die Datenerhebung durchaus fehlerhaft sein.

 

Ja, das sind die zwei Seiten. Der Fehler kann auf einer von beiden liegen oder sogar auch auf beiden. Aber hier ging es wohl um Modelle, wo zB. bestimmte Objekte sei sollten, aber nicht waren. Da ist dann meist das Modell fehlerhaft.

 

Aber wie auch immer, es ist ein wechselseitiger Prozeß, zwischen Theorie und Empirie. Wenn die Messungen nicht genau genug sind, muß man sie verbessern, aber man muß aufpassen, daß man sie nicht an die Erwartung des Modells anpaßt. Dann wird das Modell zur Ideologie.

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vor 3 Stunden schrieb phyllis:

Nein. Ich redete nur von Sinnen als solche (sehen, hören, denken) nicht von Sinneserfahrungen.

 

Dann müsstest Du nochmals neu formulieren, worin Du nun den genauen Unterschied unserer Positionen siehst, wenn Du meinst, dass einen gibt.

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vor 25 Minuten schrieb KevinF:

Und weil es so schwierig ist, festzustellen, wo der Fehler liegt, haben wir aktuell ja auch die "hubble tension" bzw. die "crisis in cosmology"...

 

Deshalb ist es ja so wichtig, daß Wissenschaft eine Gemeinschaftsleistung ist, bei der gegenseitige Kontrolle und Kritik eine zentrale Rolle spielen.

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vor 3 Stunden schrieb KevinF:

Das Alltagsverständnis wäre das der newtonschen Physik.

 

Gewiss. Und Kant meinte ja, dass das eben das Maß aller Dinge sei.

 

vor 3 Stunden schrieb KevinF:

Aber so oder so, Du gehst also immer schon von einem bestimmten Verständnis von Raum, Zeit und Kausalität aus und damit schon von bestimmten Invarianzen. Diese wolltest Du doch aber begründen.
Ist damit Deine Argumentation nicht zirkulär?

 

Ich gehe zuerst einmal davon aus, dass wir einen grundlegenden Begriff bzw. eine grundlegende Vorstellung davon haben, was Raum und Zeit sind, wobei diese Vorstellung dann die Basis letztlich selbst für die die abweichenden Begriffe der Allgemeinen Relativitätstheorie (AR) ist. Ich behaupte aber nicht, dass wir von vornherein wissen, dass dieses unser Verständnis (einigermaßen) angemessen ist.

 

Dass dieser unser intuitiver Zeit- und Raumbegriff tatsächlich einigermaßen angemessen ist (oder zumindest angemessen genug, damit wir uns mit seiner Hilfe in der Welt orientieren können, Wissenschaft betreiben können und letztlich dann auch zur AR gelangen können), ist hingegen womöglich etwas, was wir erst ("a posteriori") mithilfe der Erfahrung erkennen. Es wäre also nichts, was ich einfach so noch vor einer gewissen Erfahrung in der Welt annehmen und somit voraussetzen wollen würde.

 

Brauchen wir an dieser Stelle auch die Annahme von Invarianzen? Wenn damit per definitionem gemeint ist, das etwas immer und überall der Fall sein soll, dann würde ich sagen: Nein. Meine Denken mag mich zwar dazu animieren, Raum und Zeit als etwas "Unendliches" zu betrachten, aber ich kann mir zumindest im abstrakten Denken Zeit und Raum doch als etwas irgendwie Begrenztes "vorstellen". Und dann kann ich beispielsweise sage: "Seit Milliarden Jahren verhält es sich offenbar so und so; dass es aber immer so war und sein wird, das weiß ich nicht." [Und mit meiner Begründung für die Gleichförmigkeit der Natur, wenn sie trägt: "Ich habe aber einen guten Grund zur Annahme, dass es zumindest einige Zeit noch so bleiben wird."]

 

Oder sollte ich missverstehen, was Du mit "Invarianzen" meinst? Ich hoffe zwar, eine ungefähre Ahnung zu haben, wie man den Begriff in der Physik verwendet - aber bevor wir aneinander vorbeireden, lass uns lieber für begriffliche Klarheit sorgen.

 

vor 2 Stunden schrieb KevinF:

Wenn ich sage, es gibt keine Begründung, dann ist das für Dich eine willkürliche Setzung, die vermieden werden sollte.

 

Das würde ich so nicht ausdrücken. Eine willkürliche Setzung wäre es m.E. dann, wenn man von etwas, für dessen Annahme man überhaupt keinen Grund hat, behauptet, es sei (wahrscheinlich) der Fall. Oder wenn man zwei Optionen A und B hat, die gleich wahrscheinlich sind (und mit denen man gleich gut zurechtkommt), und behauptet, dass die bessere Wahl A ist.

 

Zitat

Sage ich "es ist plausibel", dann habe ich Deiner Ansicht nach einen "abduktiven Schluss" und somit, so verstehe ich Dich, eine synthetische Erkenntnis a priori produziert.

 

Nein, so würde ich dies auch nicht  sagen (und falls ich das zu unklar formuliert bzw. da Deine Position missverstanden habe, tut es mir leid).

 

Ein abduktiver Schluss wäre einer, der (in diesem Fall) besagt: Dass unsere Erfahrung so ist, wie sie ist, wäre nahezu unmöglich, wenn die Welt nicht auf eine bestimmte Weise strukturiert wäre. Etwa so: Dass (fast) alle Raben, die wir sehen, schwarz sind, wäre unerklärlich bzw. nahezu unmöglich, wenn eigentlich ein Großteil der Raben in den uns bekannten Gefilden weiß wäre.

Oder so: Dass jeder beobachtete Stein, den man nach oben wirft, wieder nach unten fällt, wäre ein Wunder, wenn es nicht in der Natur von Steinen und Erde liegt, dass zumindest im Normalfall ein Stein zur Erde fällt. Dass wir aus irgendeinem Grund immer nur gerade solche Steine nach oben werfen, die wieder nach unten fallen, obwohl es in Wahrheit auch ganz viele andere geben soll, die in Richtung Weltall entschwinden würden, wenn man sie nur hochwerfen würde, wäre ein schier unglaublicher Zufall, den man vernünftigerweise ausschließen kann.

 

Ein solcher abduktiver Schluss ist aus meiner Sicht aber wie gesagt nur der erste Schritt; denn selbst, wenn ich weiß, dass es bisher eine "Gesetzmäßigkeit" gegeben haben muss, die besagt, dass (fast) alle Raben schwarz sind und dass (fast) alle Steine zur Erde fallen, heißt das für sich genommen ja noch nicht, dass diese Gesetzmäßigkeit auch noch (wahrscheinlich) morgen gelten wird. Daher der zweite Schritt.  Hier nochmals meine Gesamt-Argumentation.
 

Zitat

Selbst wenn Du recht hättest:  "a priori" würde hier ja nur bedeuten "ist für unser Erkenntnisvermögen konstitutiv". Das wäre dann jene Disposition, die Du weiter oben als Begründung abgelehnt hast.

 

Das wäre wohl der kantische Begriff; aber ein weit verbreiteter alternativer Begriff (und den meine ich) definiert eine apriorisch Erkenntnis als eine, die in einem gewissen Sinne direkt einsichtig ist (im Gegensatz zu einer, die etwa einem "factum brutum" gilt). Ein simples Beispiel wäre etwa, dass ein überwiegend schwarzer Schwan nicht (zum selben Zeitpunkt und in derselben Hinsicht) überwiegend weiß sein kann. Das ist keine Tautologie (eine solche wäre ja die Aussage, dass kein weißer Schwan nicht-weiß ist). Es ist aber auch kein factum brutum wie das, dass es (soweit wird wissen) zwar weiße Schwäne gibt, aber keine rosafarbenen.

(Warum "apriorisch"? Wir müssen vielleicht irgendwann einmal etwas Weißes und etwas Schwarzes gesehen haben (wobei theoretisch ein Traum genügen würde), um mit den Farben schwarz und weiß überhaupt "bekannt" zu sein. Haben wir aber diese "Bekanntschaft" einmal gemischt, so müssen wir dann nicht erst empirisch prüfen, ob ein bestimmter weißer Schwanz schwarz ist oder nicht, sondern wissen es in diesem Sinne "vor aller Erfahrung".)

 

Es sind gewiss nicht alle Einsichten gleich sicher; aber die These etwa, dass die einzige sinnvolle Erklärung dafür, dass (fast) alle beobachteten Raben schwarz sind, darin besteht, dass (fast) alle Raben (beobachtet oder nicht) tatsächlich schwarz sind (jedenfalls in den erforschten Teilen der Welt), scheint mir einsichtig genug, damit wir sie vernünftigerweise akzeptieren können. Womit dann wie gesagt ein erster Schritt getan wäre.

 

Zitat

Und "Induktion" ist für mich wie schon mehrmals gesagt einfach eine Verallgemeinerung in Form von falsifizierbaren Hypothesen auf Basis von empirischen Daten. In unserer Diskussion war dies die Beständigkeit der Invarianzen, die die Entwicklung des Universums ermöglicht haben.

 

Ich warte an dieser Stelle vorsichtshalber, bis wir den Begriff der Invarianz geklärt haben. Nur der kleine Hinweis, dass wir ja auch davon ausgehen, dass der nächste Rabe schwarz sein wird - und nicht nur, dass auch morgen noch die Naturgesetze gelten. ;)
 

Zitat

Ich bleibe dabei, dass diese Invarianzen so fundamental sind, dass ich keine weitere Begründung für die Annahme brauche, dass sie auch noch morgen noch Bestand haben werden. Überraschend und begründungsbedürftig wäre nur das Gegenteil.

 

Gut, dann wäre das an dieser Stelle wohl doch auch kein abduktiver Schluss, sondern eben so etwas wie eine unmittelbare Einsicht im obigen Sinne; man "sieht" unmittelbar, dass es sehr plausibel ist, dass es der Fall ist.
 

Zitat


Naturwissenschaft besteht für mich im Wechselspiel von Theoriebildung und Beobachtung/Experiment, wie @Marcellinus es beschrieben hat

 

Das stimmt natürlich, aber bei @Marcellinus kommt mir die Tatsache zu kurz, dass wir gewisse Fundamente brauchen, weil sonst ein unendlicher Begründungsregress droht. Natürlich kann man keinen zeitlichen Anfangspunkt des Erkenntnisprozesses angeben. Aber es muss dennoch zumindest prinzipiell möglich sein, Gründe anzugeben, die fundamental sind. Sonst hat man eben eine Folgerungskette (mit unzähligen Beobachtungssätzen und Sätzen, welche getestete Hypothesen beschrieben), deren Anfänge irgendwann im Neben verschwinden - und eine solche Kette begründet dann ja nichts.

 

Wie ich ihm vorhin geantwortet habe, muss ich auch für eine Falsifizierung mindestens etwas sagen können wie: "Dies hier ist (wahrscheinlich) ein Schwan, und er ist (wahrscheinlich) schwarz."

Und das heißt: Ich muss letztlich Gründe dafür haben, dass das tatsächlich der Fall ist. Einer der Gründe von mehreren, die alle notwendig sind, wäre natürlich die Sinneserfahrung selbst, die wiederum eine gewisse Vertrauenswürdigkeit besitzen muss.

bearbeitet von iskander
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vor 11 Stunden schrieb iskander:
Zitat

Naturwissenschaft besteht für mich im Wechselspiel von Theoriebildung und Beobachtung/Experiment, wie @Marcellinus es beschrieben hat

 

Das stimmt natürlich, aber bei @Marcellinus kommt mir die Tatsache zu kurz, dass wir gewisse Fundamente brauchen, weil sonst ein unendlicher Begründungsregress droht. Natürlich kann man keinen zeitlichen Anfangspunkt des Erkenntnisprozesses angeben. Aber es muss dennoch zumindest prinzipiell möglich sein, Gründe anzugeben, die fundamental sind. Sonst hat man eben eine Folgerungskette (mit unzähligen Beobachtungssätzen und Sätzen, welche getestete Hypothesen beschrieben), deren Anfänge irgendwann im Neben verschwinden - und eine solche Kette begründet dann ja nichts.

 

Für die Philosophie mag das stimmen; in den theoretisch-empirischen Wissenschaften (aka Naturwissenschaften) nicht. Da reicht es, daß man Tatsachenbeobachtungen hat, und ein Modell, das diese nicht mehr nicht mehr korrekt wiedergibt, zB. weil ein Planet nach bisheriger Lehre an Position x,y sein sollte, aber nicht ist. Dann muß man nach einem neuen Modell suchen. Was man nicht muß, ist all die alten, längst widerlegten Lehren durchgehen. Das mag in der Philosophie anders sein, aber das kümmert mich nicht. ;)

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vor 11 Stunden schrieb iskander:

Aber es muss dennoch zumindest prinzipiell möglich sein, Gründe anzugeben, die fundamental sind. Sonst hat man eben eine Folgerungskette (mit unzähligen Beobachtungssätzen und Sätzen, welche getestete Hypothesen beschrieben), deren Anfänge irgendwann im Neben verschwinden - und eine solche Kette begründet dann ja nichts.

 

Vielleicht ist das dein eigentliches Problem: die Suche nach "Begründung", die über die beobachtbaren Zusammenhänge hinausgeht. Eigentlich suchst du nach einer Gewißheit, die alle Zweifel erstickt. Aber das hat in den Wissenschaften nichts zu suchen. Die sind einfach eine ständige Abfolge von Versuch und Irrtum. Wer damit nicht zurecht kommt, ist vielleicht bei der Religion besser aufgehoben. 

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14 hours ago, iskander said:
18 hours ago, phyllis said:

Nein. Ich redete nur von Sinnen als solche (sehen, hören, denken) nicht von Sinneserfahrungen.

 

Dann müsstest Du nochmals neu formulieren, worin Du nun den genauen Unterschied unserer Positionen siehst, wenn Du meinst, dass einen gibt.

ich versteh je länger je weniger worauf du überhaupt hinauswillst. Ausser dass du anscheinend Sinneserfahrungen für wesentlich hältst beim Erkenntnis-Gewinn. Das bestreite ich. Beispiele stehen oben.

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vor 3 Minuten schrieb phyllis:

ich versteh je länger je weniger worauf du überhaupt hinauswillst.

 

Es steht eigentlich schon im Titel dieses Threads, worauf @iskander hinauswill: Er sucht nach einer „Grundlage des Erkennens“, einer unhintergehbaren „Begründung“ unseres Wissen, nach Gewißheit jenseits aller praktische Bewährung. 

 

Die „Sinneserfahrung“ ist dafür nur der vorletzte Schritt vor der letzten Instanz, dem eigenen Ich. Wie dieses eigene Ich dann allerdings die letzte unzweifelhafte Begründung liefern soll, nach all den Zweifeln an der Welt vorher, das hat er uns noch nicht verraten. ;) 

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vor 3 Stunden schrieb phyllis:

ich versteh je länger je weniger worauf du überhaupt hinauswillst. Ausser dass du anscheinend Sinneserfahrungen für wesentlich hältst beim Erkenntnis-Gewinn. Das bestreite ich. Beispiele stehen oben.

 

Und ich verstehe nicht, worauf Du hinauswillst. ;) Wie definierst Du "Sinneserfahrungen"? Der Duden definiert sie so:

 

"Erfahrung, die durch die Sinne vermittelt wird."

 

Wenn man von dieser Definition ausgeht, wüsste ich nicht, wie man empirische Erfahrung ohne die Komponente der Sinneserfahrung möglich sein soll. Wie soll man ohne Vermittlung der Sinne beispielsweise von den Ergebnissen eines Experiments Kenntnis erlangen? Oder definierst Du "Sinneserfahrung" anders? 

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vor 5 Stunden schrieb Marcellinus:

Vielleicht ist das dein eigentliches Problem: die Suche nach "Begründung", die über die beobachtbaren Zusammenhänge hinausgeht. Eigentlich suchst du nach einer Gewißheit, die alle Zweifel erstickt.

 

Darf ich Dich fragen, woher Du das weißt angesichts der Tatsache, dass ich so etwas nie gesagt habe, sondern immer betont habe, dass die empirische Erfahrung  und unser Wissen von der Welt nie "absolut gewiss" sind?

 

vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Die „Sinneserfahrung“ ist dafür nur der vorletzte Schritt vor der letzten Instanz, dem eigenen Ich. Wie dieses eigene Ich dann allerdings die letzte unzweifelhafte Begründung liefern soll, nach all den Zweifeln an der Welt vorher, das hat er uns noch nicht verraten. ;) 

 

Kann ich auch nicht, weil ich das nicht für möglich halte. Nimm mich doch mal so, wie ich bin, und nicht so, wie ein Philosoph nach Deiner Vorstellung sein müsste. ;)

 

vor 5 Stunden schrieb Marcellinus:

Für die Philosophie mag das stimmen; in den theoretisch-empirischen Wissenschaften (aka Naturwissenschaften) nicht. Da reicht es, daß man Tatsachenbeobachtungen hat, und ein Modell, das diese nicht mehr nicht mehr korrekt wiedergibt, zB. weil ein Planet nach bisheriger Lehre an Position x,y sein sollte, aber nicht ist.

 

Du brauchst in der Naturwissenschaft das Wissen, dass Du eine Beobachtung machst und sie auch richtig interpretierst. Sonst kannst Du auch nichts widerlegen.

Wenn die Interpretation Deiner Beobachtung beispielsweise von einer Theorie abhängt, von der Du nicht weiß, ob sie korrekt ist, dann weißt eben auch nicht, ob Deine Interpretation der Beobachtung korrekt ist. Und wenn Du nicht weißt, ob die Interpretation Deiner Beobachtung korrekt ist, dann weißt Du auch nicht, ob Deine Beobachtung wirklich der zu falsifizierenden Hypothese widerspricht (oder ob das nur Deine unbegründete Interpretation ist). Und wenn Du nicht weißt, ob Deine Beobachtung wirklich der zu falsifizierenden Hypothese widerspricht, dann weißt Du auch nicht, ob Du die Hypothese falsifiziert hast oder nicht.

 

Wenn ein Wissenschaftler beispielsweise eine Messung mit einem Radioteleskop vornimmt und aus den Messergebnisse schließt, dass sich an einer Stelle des Weltraums kein Stern befindet, dann muss er erst einmal wissen, dass er die Ergebnisse der Messung (wahrscheinlich) richtig interpretiert. Falls jedoch allein eine Theorie, von der man nicht weiß, ob sie richtig ist (oder zumindest zu richtigen Ergebnissen führt), behauptet, dass unser Forscher die Ergebnisse der Messung richtig interpretiert, dann weiß derselbe auch nicht, ob er seine Messung tatsächlich richtig interpretiert. Und wenn er das nicht weiß, ob er seine Messung tatsächlich richtig interpretiert, dann weiß er eben auch nicht, ob er die Existenz eines Sterns wirklich falsifiziert hat oder ob nur eine womöglich falsche Theorie das behauptet.

 

Oder anders formuliert: Wenn die Behauptung, dass die Hypothese X widerlegt wurde, nicht begründet werden kann, dann handelt es sich eben um die bloße Behauptung dass die Hypothese X widerlegt wurde.

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vor 10 Minuten schrieb Marcellinus:

@iskander

Mit Verlaub: ich halte das für Geschwafel.

 

 

Gut, dann nenn mir bitte die Alternative. Wie kann im obigen Beispiel ein Wissenschaftler Deiner Meinung nach aus den Ergebnissen einer Messung ableiten, dass eine Theorie falsch ist, wenn er nicht weiß, ob seine Interpretation dieser Messergebnisse überhaupt korrekt ist (zumindest wahrscheinlich korrekt)?

 

bearbeitet von iskander
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vor 3 Minuten schrieb iskander:
vor 5 Minuten schrieb Marcellinus:

Mit Verlaub: ich halte das für Geschwafel.

 

 

Gut, dann nenn mir bitte die Alternative. Wie kann im obigen Beispiel ein Wissenschaftler Deiner Meinung nach aus den Ergebnissen einer Messung auf etwas schließen, wenn er nicht weiß, dass seine Interpretation dieser Messergebnisse (wahrscheinlich) korrekt ist?

 

Mann! Woher weiß ich, daß Frühling ist, wenn die Apfelbäume blühen? Das gehört zu seinem Geschäft! Das ist Teil seiner täglichen Diskussion mit Kollegen. Das ist Teil der Methoden, die sie sich im Laufe ihres Berufslebens angeeignet haben. Es ist notwendiger Teil des wissenschaftlichen Prozesses. Ohne dieses Wissen würde man ihn überhaupt nicht an die teuren Instrumente lassen. Genauso gut könntest du fragen, warum man aus dem Fund bestimmter römischer Katapultspitzen auf eine militärische Auseinandersetzung im 3. Jh. unserer Zeitrechnung schließen kann. Das ist theoretisch-empirische Wissenschaft, sonst nichts!

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@Marcellinus

 

Es geht mir nicht darum, wie man etwas gelernt hat, sondern woher man etwas weiß, wenn man angeblich keine Begründung dafür hat und auch keine Begründung braucht.

 

Es geht mir also nicht darum, wie unser Astronom sich sein Wissen dazu, wie das die Ergebnisse eines Radioteleskops zu interpretieren ist, aneignet hat, sondern darum, wie er wissen kann, dass diese Interpretation vermutlich korrekt ist, falls eine Begründung für die Korrektheit dieser Interpretation angeblich weder möglich noch notwendig ist.

 

Denn das ist doch Deine These, wenn ich Dich richtig verstehe: Begründungen brauchen nur Philosophen. In der Naturwissenschaft reichen Modelle und Beobachtung.

 

(Zum Kontrast: Nach meiner Überzeugung gibt es sehrwohl eine Begründung für die Annahme des Astronomen, dass er die Messergebnisse korrekt interpretiert, auch wenn die natürlich viel zu lange ist, um sie hier darzulegen.)

 

Zitat

Genauso gut könntest du fragen, warum man aus dem Fund bestimmter römischer Katapultspitzen auf eine militärische Auseinandersetzung im 3. Jh. unserer Zeitrechnung schließen kann.

 

(Hervorgehpben von mir)

 

Oho, trügen mich meine Augen oder lese ich hier tatsächlich das Wörtchen "schließen" - so wie in "logisch schließen"? ;)

bearbeitet von iskander
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@KevinF

 

Um die Gefahr von Missverständnissen zu minimieren, frage ich vorsichtshalber vielleicht lieber nochmals nach, wie Du Deine Position verstanden wissen willst. Meine ursprüngliche Interpretation ging so:

 

Interpretation A:

 

- Es gibt keinerlei Grund zur Annahme, dass die Naturgesetze auch noch morgen gelten werden; und es gibt auch keinen Grund, der dafür spräche, dass es wahrscheinlicher ist, dass sie morgen noch gelten werden als dass sie sich in der Weise X verändern werden. Es gibt also auch keine Einsicht, die einen solchen Grund darstellen könnte.

- Es ist in der Praxis die vernünftigste oder sogar einzige Wahl, die wir haben, dass wir davon ausgehen, dass die Naturgesetze auch noch morgen gelten werden.

 

Das kam mir wie dargelegt widersprüchlich vor, denn wenn wir absolut keinen Grund zur Annahme haben, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass morgen noch die Naturgesetze gelten werden als die Wahrscheinlichkeit, dass sich in der Weise X ändern: Wieso sollte die Annahme, dass alles gleich bleibt, dann die bessere Wahl sein als die Annahme, dass X gelten wird? (Oder gar die einzige Wahl?)

 

Später habe ich Dich dann so verstanden:

 

Interpretation B:

 

- Wir sehen unmittelbar ein, dass die Naturgesetze morgen wahrscheinlich noch gelten werden.

- Also ist diese Annahme, dass die Naturgesetze morgen wahrscheinlich noch gelten werden, in diesem Sinne begründet.

- Also ist es auch in der Praxis die beste Wahl, wenn wir davon ausgehen, dass die Naturgesetze morgen wahrscheinlich noch gelten werden.

 

Als ich geäußert habe, dass ich Dich im Sinne von Interpretation B verstehe, hattest Du dieser Interpretation allerdings (scheinbar) widersprochen:

 

Am 12.12.2024 um 00:30 schrieb KevinF:

 

Die Einsicht besteht in der Notwendigkeit dieser Hypothese.

 

Wenn wir uns auf irgendetwas verlassen können, dann darauf, denn etwas Fundamentaleres als die Invarianzen in der Natur, die die Entwicklung des Universums ermöglichten, kennen wir nicht.

 

Und auf irgendetwas müssen wir uns eben verlassen, sonst können wir nicht leben.

 

Die Frage, ob eine weitergehende Begründung (Du würdest vielleicht sagen: Eine Begründung im eigentlichen Sinne) sinnvoll und möglich ist, ist davon unabhängig.

 

So war ich zwischenzeitlich dann wieder zur Auffassung gekommen, dass Interpretation A die korrekte sei, während ich nach Deinen letzten Beiträgen aktuell von B ausgehen. Deshalb für alle Fälle die Frage, welche die richtige Interpretation ist: A, B - oder eine Dritte?

 

Dass Wissenschaft ein Wechselspiel von Theorie und Empirie ist, ist natürlich korrekt - aber was möchtest Du damit im Zusammenhang speziell mit der Diskussion um die Induktion implizieren?

 

Da Du in diesem Kontext zudem @Marcellinus nennst, wäre meine Frage, wie Du das Wechselspiel von Empirie und Theorie verstehst. Ein wesentlicher Bestandteil würde für mich wie folgt aussehen, wenn ich das vereinfachend am Beispiel einer ganz simplen Falsifikation verdeutlichen darf:

 

Aus einer Theorie T und anderen Voraussetzungen leitet man eine Aussage P darüber, was zu beobachten sein sollte, ab. Nun stellt man fest, dass die Beobachtung jedoch der Aussage P widerspricht, und mit Modus Tollens schließt man, dass T falsch ist (annehmend, dass die anderen Voraussetzungen korrekt sind).

 

Oder in der Praxis: Aus der Theorie T*, dass Holz Strom leitet und anderen Voraussetzungen leitet man ab, dass eine Lampe leuchten muss, sobald man einen Stromkreis mit einem Stück Holz kurzzuschließen versucht. Aus der Beobachtung, dass die Lampe dunkel bleibt, schließt man, dass die Theorie T*, dass Holz Strom lautet, falsch sein muss. (Und dann würde man vielleicht eine bessere Theorie entwickeln, was Strom leitet und diese dann wiederum testen.)

 

(Die Wikipedia stellt es ähnlich dar: "Nach dem Kritischen Rationalismus entspricht dem Modus (tollendo) tollens eine grundlegende Schlussweise der wissenschaftlichen Forschung, nämlich die Falsifikation einer Annahme unter bestimmten Bedingungen. Dabei sei A eine hypothetisch angenommene Theorie, und B ein Beobachtungssatz, der zwingend aus der Theorie zu folgern wäre. Wissenschaftliche Experimente haben Bedeutung für die Aufgabe, durch Beobachtungen festzustellen, ob die Voraussage eines Beobachtungssatzes erfüllt wird beziehungsweise ob dessen Aussage wahr oder falsch ist. Ist B falsch, dann auch die zugrundeliegende Theorie, die damit als falsifiziert gilt.")

 

Alles sehr heruntergebrochen, aber würdest Du prinzipiell zustimmen, dass in simplen Fällen eine Falsifikation prinzipiell so funktioniert - oder siehst Du die Sache grundlegend anders?

 

bearbeitet von iskander
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vor 36 Minuten schrieb iskander:

Oho, trügen mich meine Augen oder lese ich hier tatsächlich das Wörtchen "schließen" - so wie in "logisch schließen"? ;)

 

Nein, jedenfalls nicht das, was du darunter verstehst. Ich weiß nicht, ob man den Grabungsbericht irgendwo einsehen kann, aber die Argumentation, worum es sich bei dem Ereignis vermutlich handelt, wo man es zeitlich einsortiert, und wie man den Ablauf dieses Ereignisses rekonstruiert, ist mit formaler Logik nicht darstellbar, und selbst wenn, macht das kein vernünftiger Mensch. Es hat also mit deinem Steckenpferd nichts zu tun. 

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vor 22 Minuten schrieb Marcellinus:

Nein, jedenfalls nicht das, was du darunter verstehst. Ich weiß nicht, ob man den Grabungsbericht irgendwo einsehen kann, aber die Argumentation, worum es sich bei dem Ereignis vermutlich handelt, wo man es zeitlich einsortiert, und wie man den Ablauf dieses Ereignisses rekonstruiert, ist mit formaler Logik nicht darstellbar, und selbst wenn, macht das kein vernünftiger Mensch. Es hat also mit deinem Steckenpferd nichts zu tun. 

 

Wie darf ich Deine Aussage verstehen?

 

a) In diesem Zusammenhang spielt logisches Schließen zwar eine absolut unverzichtbare Rolle, aber es ist so kompliziert, dass es (mit vertretbarem Aufwand) nicht in allen Details darstellbar ist.

 

b) Logisches Schließen wird in diesem Zusammenhang nicht gebraucht; man setzt nur Beobachtungen und Theorien zueinander in ein Verhältnis, und dazu braucht man keine Logik.

 

Standpunkt a) wäre mit meinen eignen Auffassungen natürlich grundsätzlich völlig kompatibel; dass wir logisches Schließen überall und insbesondere auch in den Wissenschaften ständig brauchen, heißt nicht, dass wir alle unsere Schlüsse auf die Schnelle explizit angeben können müssen.

 

Zudem würde ich Dich bitten, mir auch noch die Frage zu beantworten, wie ein es sein kann, dass ein Wissenschaftler beispielsweise wissen kann, dass er Messergebnisse korrekt interpretiert, falls eine Begründung für die Korrektheit dieser Interpretation angeblich weder möglich noch notwendig ist, weil die Wissenschaft vermeintlich ja nur Theorien und Beobachtungen braucht, nicht aber "Begründungen". ;)

bearbeitet von iskander
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vor 49 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Offenbar verstehst du sie überhaupt nicht!

 

Dann hilf mir. Es fallen mir wie gesagt zwei Interpretationsmöglichkeiten ein, a) und b). Ist eine davon die korrekte? Wenn ja, welche? Wenn nein, wie würde die korrekte Interpretation dann aussehen?

 

Zudem würde ich Dich erneut bitten, mir die Frage zu beantworten, wie ein Forscher wissen kann, dass er Messergebnisse korrekt interpretiert, falls eine Begründung für die Korrektheit dieser Interpretation angeblich weder möglich noch notwendig ist.

 

Oder bist Du (inzwischen) der Meinung, dass Begründungen doch nicht allein in der Philosophie, sondern auch in den Naturwissenschaften möglich und notwendig sind?

 

bearbeitet von iskander
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