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Sozialethische Zwischenrufe zur Bundestagswahl – Wir haben die Wahl – Überlegungen zu Freiheit und Verantwortung (UM)


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Geschrieben (bearbeitet)
vor 9 Stunden schrieb nannyogg57:

Du gehst immer noch naiverweise davon aus, dass Menschen ohne Not migrieren

Dazu trotzdem noch ein Einwurf. In meinen Augen bist tatsächlich du die Naive in diesem Spiel. Die, die wirklich Not leiden, haben gar nicht die Mittel zur Migration.

 

Der Bruder meiner Freundin ist einer von den ach so angeblich Notleidenden, die illegal in die USA gekommen sind. Inklusive Entführung auf dem Weg und Lösegeldzahlung durch die Familie. Nein, er hat in der DomRep weder Hunger gelitten noch wurde er verfolgt. Er hat sich in den USA einfach mehr erhofft in Punkto Geld. Ein Pull-Faktor (solche gibt es ja angeblich in Deutschland gar nicht). Aber er hat zuhause nicht zu den elendigen Armen gehört. Seiner Mutter und dem anderen Bruder und dem Rest der Familie geht es dort nicht schlecht. Niemand droht zu verhungern. Jetzt hat er endlich ne Scheinehe, um an Papiere zu kommen. Auch dafür hat er gezahlt. Aus gewisser Sicht mag er einfach Ehrgeiz gezeigt haben. Aber das ist was anderes als Not.

 

Wie gesagt, wer hier ein naives Weltbild hat, das bist leider du @nannyogg57

bearbeitet von rince
Geschrieben
vor 8 Stunden schrieb nannyogg57:

Themaverfehlung.

 

Ich würde eher sagen Glaubwürdigkeitsproblem.

Geschrieben
2 minutes ago, rorro said:

Ich würde eher sagen Glaubwürdigkeitsproblem


Ich denke, dass gerade hier eigentlich eine Chance für Kirche wäre, nämlich Glaubwürdigkeit und Vertrauen in der Gesellschaft dadurch wieder aufzubauen, dass die Menschen insgesamt ihre jeweiligen Perspektiven in den Diskurs einbringen können.

Wenn ich z.B. so eine Geschichte wie von @rince nehme, stellt sie einen Blickwinkel von Migration, genau wie es Geschichten wirklicher Not oder Verfolgung gibt. Weitere Blickwinkel gibt es dann hier, in dem wir Geschichten von Migranten hören, die schlicht eine ideale Integrationsbiographie durchlaufen, während andere zu Schwerverbrechern oder Terroristen werden. Eine weitere Ebene kommt durch das Handeln von Gemeinden, Bürgern, Schulen oder Freiwilligen dazu, die die ganze Spannbreite von Scheitern, Chaos und Bedrohung bis hin zu einem idealtypischen Miteinander umfassen können.

In einem gelingenden gesellschaftlichen Dialog käme all das zur Sprache, und es könnte sich daraus eben ein politischer Kompromiss ergeben, mit dem die Mehrheit der Gesellschaft leben könnte.

Parteipolitik ist idR einfach das Gegenteil davon - sich die Geschichten herauszusuchen, mit der sich die eigenen Wahlkampfziele am besten untermauern lassen. Und davon sollte die Kirche definitiv die Finger lassen. 
@nannyogg57 Ich kann Deine Position eigentlich nur deswegen nicht nachvollziehen, weil sie für mich parteipolitisch zementiert wirkt. Solche Blickwinkel, die eben z.B. brutale islamistische Gewalt reflektieren oder das Leid von Familien, die aus der unkontrollierten Anwesenheit durchgeknallter Krimineller herrühren, werden einfach komplett ausgeblendet. 
Kirche kann irgendwann den Spagat nicht mehr bewältigen, regelmäßig Trauergottesdienste für Anschlagsopfer u.a. auszurichten und gleichzeitig zu erklären, die Leute hätten theologisch-moralisch eine Politik hinzunehmen, die zu so einer Gewalt erheblich beiträgt.

Geschrieben

@Shubashi: Natürlich müsste man das ausdifferenzieren.

 

Aber das ist nicht meine Aufgabe allein.

Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb rorro:

 

Ich würde eher sagen Glaubwürdigkeitsproblem.

Es geht hier nicht ums Lehramt und das individuelle Verhältnis dazu.

 

Deshalb Themaverfehlung.

 

Ist das so schwer zu verstehen?

Geschrieben
14 minutes ago, nannyogg57 said:

@Shubashi: Natürlich müsste man das ausdifferenzieren.

 

Aber das ist nicht meine Aufgabe allein.


Selbstverständlich nicht. Du hast nur leider jetzt das „Pech“ zumindest hier für einen Teil des Meinungsspektrums zu stehen, der leider im letzten Jahr hier ziemlich weggebrochen ist. 
Deswegen bin ich einerseits sehr erfreut, dass Du hier Stellung beziehst, sehe aber auch, dass es eigentlich als „letzte Mohikanerin“ kaum zu leisten ist.

Auf gesellschaftlicher Ebene ist dieser Bedarf in meinen Augen um so größer, weshalb es mir fatal erscheint, dass die Kirchen nicht mal den Versuch unternehmen, den gesellschaftlichen Diskurs in der ganzen Bandbreite aufzugreifen, sondern eher parteipolitisch eine Seite ergreifen.

Wenn nach der Wahl die Regierung wechselt, wollen sie dann wirklich auf Jahre in die „Opposition“ wechseln, und quasi noch weniger gesellschaftlich aktiv sein, weil sie einseitig auf das falsche Pferd gesetzt haben?

Geschrieben (bearbeitet)
vor 2 Stunden schrieb nannyogg57:

Es geht hier nicht ums Lehramt und das individuelle Verhältnis dazu.

 

Deshalb Themaverfehlung.

 

Ist das so schwer zu verstehen?

 

Nun, Du hast erklärt, die Meinung von Studiosus entspräche nicht dem Lehramt.

 

Und offenbar schien Dir dies ein wichtiges Argument zu sein (warum sonst bringen).

 

Daraufhin habe ich meine Verwunderung zum Ausdruck gebracht, daß urplötzlich die Meinung des Lehramtes für Dich relevant ist. So bist Du gelinde gesagt bislang nicht aufgefallen.

 

Wenn es also nicht um das Lehramt geht, warum bringst Du es dann?

bearbeitet von rorro
Geschrieben

Übrigens äußert sich das päpstliche Lehramt bislang gar nicht zur illegalen Migration.

 

Oder sind jemandem entsprechende Dokumente bekannt?

Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb rorro:

Übrigens äußert sich das päpstliche Lehramt bislang gar nicht zur illegalen Migration.

 

Oder sind jemandem entsprechende Dokumente bekannt?

Der Aufhänger war, ob das bisherige Lehramt sich mal zu der Frage der Souveränität der Völker und der Nationalstaaten geäußert hat. Ich vermute mal stark, daß es da was von Piux IX, X oder Leo gibt, aber ad hoc hab ich da nix zu gefunden (und das Kompendium zur Soziallehre der Kirche leider auch nicht freiverfügbar).

Geschrieben

Wenn das Lehramt was gegen Staaten hat, kann es ja die Auflösung des Kirchenstaates vorschlagen...

Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb rorro:

Übrigens äußert sich das päpstliche Lehramt bislang gar nicht zur illegalen Migration.

 

Oder sind jemandem entsprechende Dokumente bekannt?

Evtl. Nr. 2241 des KKK. Allerdings wird da ausdrücklich eine Pflicht, den Gesetzen des Gastlandes zu gehorchen aufgeführt. 

Geschrieben
vor 6 Minuten schrieb Merkur:

Evtl. Nr. 2241 des KKK. Allerdings wird da ausdrücklich eine Pflicht, den Gesetzen des Gastlandes zu gehorchen aufgeführt. 

Ein wenig widersprüchlich, der Anschnitt. Was hat das Gastrecht mit Einwanderung zu tun? 
 

Werner

Geschrieben (bearbeitet)
vor 23 Minuten schrieb Flo77:

Der Aufhänger war, ob das bisherige Lehramt sich mal zu der Frage der Souveränität der Völker und der Nationalstaaten geäußert hat. Ich vermute mal stark, daß es da was von Piux IX, X oder Leo gibt, aber ad hoc hab ich da nix zu gefunden (und das Kompendium zur Soziallehre der Kirche leider auch nicht freiverfügbar).

 

Im Kompendium habe ich nachgeschaut, auch da steht nichts dazu.

 

 Bei der immer interessanten Seite thesocialagenda.org, die es schon vor dem Kompendium gab, wird bzgl. illegaler Einwanderung nur betont, daß die Menschenwürde zu achten sei.

 

bearbeitet von rorro
Geschrieben
vor 3 Minuten schrieb rorro:

Im Kompendium habe ich nachgeschaut, auch da steht nichts dazu.

Sowas hatte ich mir auch fast schon gedacht. Ich denke wenn überhaupt, dann wird höchstens in den Enzykliken von 1870 bis 1970 was dazu stehen. 

 

vor 3 Minuten schrieb rorro:

 Bei der immer interessanten Seite thesocialagenda.org, die es schon vor dem Kompendium gab, wird bzgl. illegaler Einwanderung nur betont, daß die Menschenwürde zu achten sei.

Das heißt ja jetzt erstmal nur, daß die Unterbringung der illegalen Einwanderer nicht menschenunwürdig sein darf, den Einwanderer ein rechtsstaatliches Verfahren erwartet und er nicht gefoltert und misshandelt werden darf.

Geschrieben (bearbeitet)

Vielleicht ein paar Unterscheidungen: Ich sprach von der katholischen Soziallehre. Nun wird man wissen (oder auch nicht), dass es diesen Genus der kirchenamtlichen Lehrverkündigung als eigenständiges Format im engeren Sinne erst ab dem 19. Jahrhundert gibt. Leo XIII. gilt mit seiner Enzyklika Rerum novarum als Vater der modernen katholischen Soziallehre. 

 

Gab es vorher keine kirchliche Soziallehre? Das würde ich verneinen. Allerdings wird man dann an anderer Stelle suchen müssen. Und wie für Vieles ist hier das Corpus Thomisticum, also die gesammelten Werke des Thomas von Aquin, einschlägig (der selbst, was ich gerne zugebe, nicht das kirchliche Lehramt ist, aber dessen Theologie on demselben kirchlichen Lehramt, nämlich vom bereits erwähnten Leo XIII., zur Leittheologie in der katholischen Kirche erhoben wurde). Und tatsächlich ist es so, dass sich bei Thomas zu (fast) allem, was auch die gegenwärtige Debatte prägt, etwas finden lässt.

 

Als Beispiel sei nur der von Augustinus entlehnte ordo caritatis bzw. ordo amoris bei Thomas genannt, der jüngst an unerwarteter Stelle eine breitere öffentliche Beachtung gefunden hat (nämlich in einem Interview mit dem Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten). Dieses Ordnungsprinzip im Hinblick auf den Nächsten und den Fernsten ist eigentlich auch jenseits theologischer Prämissen nachvollziehbar, da er einfach eine vernunftgemäße Herangehensweise darstellt. In Deutschland und in anderen politisch links orientierten Ländern der Welt ist dieser ordo sozusagen auf den Kopf gestellt: Da ist der Fernste im Fokus des staatlichen Wohltätigkeitshandelns, während der Nächste schauen darf, wo er bleibt. Man könnte dieses Prinzip auf den einfachen Nenner bringen: Ordne erst dein eigenes Haus (kümmere dich als Staat um deine eigenen Leute) und dann kannst Du Dich in nach außen hin in breiter werdenden Kreisen um die ganze Welt kümmern. 

bearbeitet von Studiosus
Geschrieben

So, vorab:

ich wäre auch dankbar, wenn ihr endlich aufhören würdet, darüber zu sinnieren, ob das rk Lehramt nun etwas Konkretes zu Asyl- und Migrationspolitik sagt oder nicht. Das geht mir hier in diesem Thread einfach zu weit.

 

Na ja, und dann, ich habe in den letzten Tagen viel nachgedacht, Ein wenig möchte ich euch daran jetzt teilhaben lassen, auch wenn es da teilweise sehr persönlich wird.

Ich habe es schon mal hier im Forum geschrieben: 2015 war ich noch ganz mit Angela Merkel davon überzeugt, dass wir das schaffen. Dennoch habe ich den Begriff Willkommenskultur von Anfang an als nicht das beschreibend empfunden, wie man in D mit der Flüchtlingssituation, mit den geflüchteten Menschen umgehen sollte. Vielmehr war ich überzeugt, dass das nun halt mal so ist und man etwas tun muss, um die damit einhergehenden Probleme und Schwierigkeiten zu meistern. Diese hatte ich allerdings massiv unterschätzt. Das wurde mir in den folgenden Jahren in meiner auch beruflichen Arbeit mit Flüchtlingen bewusst. 

Deshalb hat sich auch meine politische Einstellung verändert. Ich sehe D an einem Punkt angekommen, wo wir uns selbst verbrennen, wenn wir so weitermachen. Wir stehen aus meiner Sicht gewissermaßen vor einer Art nationalem politischen Burn-Out. Da ist auch eine Form von Not entstanden, die man mMn nicht einfach wegwischen darf mit dem Verweis darauf, dass es uns doch allemal viel besser geht als den Menschen, die hier in D als Asylbewerber sind.

Manchmal komme ich mir schon fast persönlichkeitsgespalten vor, wenn ich hier in Diskussionen meine Position darzulegen versuche.

Denn nach wie vor bin ich Mitglied im Flüchtlingspaten Syrien e.V,, nach wie vor halte ich auch die Seenotrettung im Mittelmeer trotz aller berechtigten Bedenken für richtig und wichtig. Das war übrigens 2019 bei meiner Konversion in die evangelische Kirche ein, wenn auch nicht der entscheidende Grund. Während meine Mutterkirche für mein Empfinden nur salbungsvolle hehre Stellungnahmen anbot, tat die evangelische Kirche etwas, und zwar, obwohl es innerhalb der EKD ein ziemlich umstrittenes Thema war.

Aber ich halte mittlerweile einen Kurswechsel in der bisherigen Asyl- und Migrationspolitik für dringend geboten. Da läuft mMn zu viel schlichtweg aus dem Ruder. D kann nicht immer weiter fördern und fördern und fördern, ohne an die Geförderten auch klare Forderungen zu stellen. Aber leider stelle ich fest, dass ich selbst jetzt schon auf Unverständnis treffe, wenn ich allein schon in der Maßnahme, in der ich tätig bin, klare Forderungen an die Geförderten stelle. Und dieses Unverständnis hat seinen Grund nicht in einer vorhandenen Sprachbarriere. Viele Migranten kamen und kommen hier nach D mit ihnen vermittelten Vorstellungen, was ihnen hier alles zustünde, worauf sie einen Anspruch hätten, was es hier alles gebe, ohne auch nur ansatzweise einen Gedanken darauf verschwendet zu haben, dass das alles erstmal von irgendjemandem hart erarbeitet werden muss. Dafür tragen teilweise wir hier in D selbst die Verantwortung, weil dies nicht von Anfang an unmissverständlich klar gemacht wurde, sondern gut meinende deutsche Ehrenamtler und Hauptamtler sich darauf beschränkten, sich um das zu kümmern, was so alles beansprucht werden könne, ihnen zustehe. 

Nun ja, und dann gibt es da so Geschichten, die ich erlebt habe, die mich sehr am Ist-Zustand zweifeln lassen.

Beispiel Familiennachzug:

Ja nun, freilich denkt man erstmal, dass es doch schrecklich ist, wenn der Minderjährige ohne Eltern, der Ehemann ohne seine Frau über Jahre hier in D ist, weil er geflüchtet ist. Und klar, grundsätzlich ist Familienzusammenführung wünschenswert. Aber zu welchem Preis eigentlich?

Und wieso wird ignoriert, dass die Eltern sich selbst entschieden haben, ihren Minderjährigen loszuschicken, dass sich das Ehepaar bzw der Ehemann selbst entschieden hat, allein nach D zu gehen? Es war also über einen langen Zeitraum hinweg kein Problem, getrennt zu leben, aber in D sollen dann fremde Menschen (Deutsche) dafür sorgen, dass die Familie vereint wird, am besten auch noch dafür sorgen, dass hier dann Umstände finanziert werden, die das Leben als Familie komfortabel machen. 

Und wenn man sich dann solch zusammengeführte Familien ansieht, dann wird einem bei mancher Geschichte von Familiennachzug ganz anders. Konkretes Beispiel:

afghanische Familie, Vater seit mittlerweile 10 Jahren in D, spricht bis heute noch kein vernünftiges D, Frau mit Kindern kam über Familiennachzug vor 2018 nach D. Der älteste Sohn lernt blitzschnell Deutsch, ist jetzt das 1. Jahr in Ausbildung. Die Frau hat mittlerweile hier in D einen Hauptschulabschluss abgelegt, trotz Kindern, hat 2023 noch ein Kind hier in D geboren, will eine Ausbildung machen, sobald das Kleine einen Platz im Kindergarten hat, der Vater spricht immer noch kein vernünftiges Deutsch, ist weiterhin ohne Arbeit, aber traditionell natürlich das Familienoberhaupt, das den Ton angibt. Nun ja, und nun fällt ihm ein, dass er nicht mehr hier wohnen, sondern nach Hamburg ziehen möchte, weil es da Verwandtschaft gibt. Na fein! Konkret bedeutet das, dass der Sohn, sofern eine Wohnung gefunden wird, seine Ausbildung in die Tonne kloppen kann. Außerdem darf davon ausgegangen werden, dass diese Aktion auch gegen die Vorhaben der Frau gerichtet ist, weil sie dann sich irgendwo wieder erneut um einen Kindergartenplatz kümmern und neu orientieren muss und außerdem aber mit den erweiterten verwandtschaftlichen Kontrollinstanzen zu kämpfen haben wird. Diese Interpretation stammt übrigens nicht von mir, sondern vom mit betroffenen Sohn, der offen sagt, dass er seinen Sohn wegen seiner Haltung verachtet und seine Mutter bewundert. Kurz: hier liegt ordentlich sozialer Sprengstoff rum. So viel zum sozialen Aspekt eines Familiennachzugs. Und nun sage mir bitte keiner, dass wir Deutschen dann eben Geld in die Hand und die Familie besser mit Sozialarbeitern betreuen müssten. 

Solche Geschichten sind dafür verantwortlich, dass ich es verstehe, wenn die Regeln für Familiennachzug verschärft bzw dieser evtl auch erstmal komplett ausgesetzt werden soll.

 

 

Geschrieben (bearbeitet)

@Die Angelika

 

Ich bin ehrlich gesagt ziemlich zwiegespalten ob deines letzten Beitrags. 

 

Einerseits finde ich es gut, dass Du so offen über deinen Weg mit dem Thema Migration schreibst und auch gut darstellst wie sich bestimmte Ansichten bei Dir mit der Zeit geändert haben. Das honoriere ich natürlich. 

 

Andererseits geht meine Begeisterung jetzt auch nicht so weit, dass ich mir nachfolgende Bemerkung verkneifen kann: Dein Beispiel zeigt gut, dass nicht allein die politischen Bestimmer, meinetwegen verkörpert in der Person der damaligen Kanzlerin, schuld an der Misere seit 2015 sind. An diesen Zuständen mitgebaut hat auch eine vielleicht naive, vielleicht ideologisierte "Zivilgesellschaft", die diese Entscheidung nicht nur hingenommen, sondern aktiv unterstützt hat. Denn geben wir uns bitte keinerlei Phantasien hin: Die staatlichen Stellen allein wären mit der schieren Masse der Menschen heillos überfordert gewesen. Irgendwann wäre das System kollabiert und es hätte sich ganz natürlich eine Begrenzung der Migration eingestellt. Das haben Ehrenamtler, Interessengruppen und NGOs auf allen Ebenen, die Flüchtlingshilfe leisteten, Sprachkurse anboten, juristisch berieten, private Unterbringung organisierten usw. verhindert, indem sie diese Lücke geschlossen haben. Sie haben dafür gesorgt, dass anstatt an eine Begrenzung zu denken, man immer mehr und mehr Leute hereingelassen hat, denn: "Wir schaffen das". Dadurch wurden u. a. die Diskussionen, die jetzt maximal polarisiert geführt werden, unterbunden. Diese nichtstaatliche Flüchtlingshilfe, die mitunter auch gut an dem Phänomen Migration verdient, hat es unterlassen an irgendeinem Punkt - vielleicht nicht 2015 oder 2016, aber vielleicht 2017, 2018 oder 2019 - zu sagen: Das Maß ist voll. Jetzt brauchen wir tragfähige politische Lösungen. Sie haben ein System gestützt, das im Rückblick schlecht für uns und unser Land gewesen ist. 

 

Diesen Vorwurf würde ich auch Dir machen. 

 

Natürlich kann man die jüngere Geschichte auch verklären - wie das in den Memoiren gewisser Spitzenpolitiker üblich ist - und behaupten: 2015 ff. habe die Menschlichkeit obsiegt. Nur wird man irgendwann fragen müssen: Zu welchem Preis? 

 

 

Das nur als meinerseits ehrliche Rückmeldung an Dich. Du musst Dich in deinem eigenen Thread natürlich nicht scharf kritisieren lassen, sodass ich es nachvollziehen kann, wenn Du diesen Beitrag löschen lässt. 

bearbeitet von Studiosus
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Geschrieben

Deine Einlassungen @Studiosus haben wenig bis gar nichts mit der Thematik des Familiennachzugs zu tun. Das nur fürs Protokoll. Die Schuld bei den ehrenamtlich Tätigen zu suchen und an der "naiven" Zivilgesellschaft klingt so, als würdest du dir Probleme mit Migranten und Migrantinnen wünschen.

 

Die Frage ist: Sind diese an sich das Problem auf Grund ihrer Existenz nach deiner Meinung? Ist es das, was du sagen willst?

 

Denn wenn die Leute, die sich um Migranten und Migrantinnen kümmern und die Probleme reduzieren helfen, nichts zur Lösung des Problems beitragen, es vielmehr vergrößern, deiner Meinung nach, dann ist meine Frage berechtigt.

 

Ich befürchte, dass die Bejahung der Frage definitiv als ausländerfeindlich bewertet werden kann.

 

Im Übrigen: Private Unternehmen führen Teile der Flüchtlingsunterkünfte und die verdienen daran gut. Ihre Betreuungsarbeit ist in der Regel schlecht, also deiner Meinung nach gut, weil sie schlecht ist.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 23 Minuten schrieb nannyogg57:

Deine Einlassungen @Studiosus haben wenig bis gar nichts mit der Thematik des Familiennachzugs zu tun. Das nur fürs Protokoll.

 

Ich habe auch auf Angelikas persönlichen Beitrag, der sehr generell zur Thematik spricht, geantwortet und nicht auf Familiennachzug. 

 

Auf deine übrige Wortmeldung, die gar nicht auf meinen Beitrag Bezug nimmt (in deiner Welt womöglich schon), erlaube ich mir nicht einzugehen. Was ich mir wünsche oder nicht ist immer noch meine Angelegenheit und ich bedarf in dieser Sache ganz sicher keiner unerbetenen Nachhilfe deinerseits. 

bearbeitet von Studiosus
Geschrieben
Gerade eben schrieb Studiosus:

Auf deine übrige Wortmeldung, die gar nicht auf meinen Beitrag Bezug nimmt (in deiner Welt womöglich schon), erlaube ich mir nicht einzugehen. 

Ist vielleicht besser so.

Geschrieben

@nannyogg57

ich denke es ist auch dir nicht entgangen dass für jede geglückte Einreise nach Deutschland oder in die EU allgemein sich dutzende weitere auf den Weg machen. Etliche verdursten dann in der Wüste oder ertrinken im Mittelmeer. Andere werden von Banditen ausgeraubt, oft auch gefoltert oder versklavt. Frauen sowieso. Nur so ganz locker utilitaristisch gefragt - was ist von so einer Flüchtlings"politik" zu halten?

 

Ich war 2015 nur kurz in DE aber hab auch in diesem Forum die Stimmung in etwa mitgekommen. In einem Wort - übergeschnappt. Was ich hier zu hören kriegte weil ich als einzige - oder eine der ganz wenigen - die Masseneinwanderung nicht so toll fand, von Nazi über Rassist bis Ausländerfeindlichkeit (ausgerechnet ich 🤣 ) war alles dabei.

 

Den freiwilligen Helfern würde ich aber keine Mitschuld geben. Sie haben die Leute ja nicht gerufen. Sie stürzten sich mit Enthusiasmus in die Sache darum lief es ja eine Weile auch recht gut. Die Politiker allerdings sind dafür bezahlt um zwei Ecken denken zu können und abschätzen zu können wohin ein "weiter so" schliesslich führt. Aber nö. Als die Ungarn begannen Zäune zu bauen entblödeten sich etliche Politiker*innen (absichtitlich gegendert), ua grüne nicht, denen in die Leviten zu lesen. Menschenwürde und so. Ihr Auftritt, ihr Benehmen und ihre Arroganz erinnerte an eine bestmmte dunkle deutsche Vergangenheit. Heute sind die Weihnachtsmärkte dort aber recht sicher. Wer versagt hat sind die deutschen Politiker. Allesamt. Alle Parteien die an der Macht beteiligt waren.

Geschrieben

In der Suchtmedizin bezeichnet man systemstabilisierende Unterstützer eines Kranken als Co-Abhängige.

 

Wenn hier das Staatsversagen der Kranke ist, dann sind die Ehrenamtler und NGOs die Co-Abhängigen.

 

Und es ist in der Tat so: das alte Europa, wo auch eine junge Frau nachts um 02 Uhr allein noch sorglos durch die Großstadt schlendern konnte, findet man heute eher in Budapest und Warschau denn in Berlin oder Paris.

Geschrieben
vor 4 Stunden schrieb Studiosus:

@Die Angelika

 

Ich bin ehrlich gesagt ziemlich zwiegespalten ob deines letzten Beitrags. 

 

Einerseits finde ich es gut, dass Du so offen über deinen Weg mit dem Thema Migration schreibst und auch gut darstellst wie sich bestimmte Ansichten bei Dir mit der Zeit geändert haben. Das honoriere ich natürlich. 


Andererseits geht meine Begeisterung jetzt auch nicht so weit, dass ich mir nachfolgende Bemerkung verkneifen kann: Dein Beispiel zeigt gut, dass nicht allein die politischen Bestimmer, meinetwegen verkörpert in der Person der damaligen Kanzlerin, schuld an der Misere seit 2015 sind. An diesen Zuständen mitgebaut hat auch eine vielleicht naive, vielleicht ideologisierte "Zivilgesellschaft", die diese Entscheidung nicht nur hingenommen, sondern aktiv unterstützt hat.

 

 

Aus meiner Sicht geht es nicht um Schuld, sondern darum, dass eine Situation unterschätzt wurde. Das kann vorkommen, es ist menschlich. Wir sind nun mal nicht perfekt. 

Ob die "Zivilgesellschaft" ideologisiert war, weiß ich nicht. Ich würde mich selbst (was ein Wunder! ;-)) eher nicht als damals  ideologisiert bezeichnen. Denn ich sitze eigentlich gefühlt, seit ich begann mich für Politik zu interessieren (und das war relativ früh) schon immer zwischen sämtlichen Stühlen (=politisch möglichen Positionen). Ich war nie Mitglied einer Partei, einfach weil ich immer irgendwo etwas gefunden habe, was ich einfach so nicht mittragen wollte. Meine Wahlentscheidungen waren folglich immer Entscheidungen für das mir am geringsten erscheinende Übel, konkret ich bin der klassische Wechselwähler. 

Ich würde eher meinen, dass ich aufgrund meines Christseins überzeugt war, dass denen, die da halt nun mal da sind, geholfen werden müsse als meinen Nächsten, die eben da grad sind. Eine wie auch immer getroffene politische Entscheidung habe ich ganz sicher nicht aktiv. Dass dieser Zustrom an Geflüchteten/Migranten überhaupt kein Ende mehr nehmen würde, hatte ich nicht im Blick. 

 

Zitat

Denn geben wir uns bitte keinerlei Phantasien hin: Die staatlichen Stellen allein wären mit der schieren Masse der Menschen heillos überfordert gewesen. Irgendwann wäre das System kollabiert und es hätte sich ganz natürlich eine Begrenzung der Migration eingestellt. Das haben Ehrenamtler, Interessengruppen und NGOs auf allen Ebenen, die Flüchtlingshilfe leisteten, Sprachkurse anboten, juristisch berieten, private Unterbringung organisierten usw. verhindert, indem sie diese Lücke geschlossen haben.

 

Diesen Vorwurf kannst du sämtlichen caritativ tätigen Organisationen machen. Wer aus Nächstenliebe irgendwo hilft, sorgt immer dafür, dass eine Lücke geschlossen wird, wo staatliche Institutionen keine Hilfe leisten. Da könntest du auch hergehen und eine Mitarbeit bei den Tafeln für falsch halten oder aber auch tätige Nachbarschaftshilfe. 

Ich halte das bis zu einem gewissen Grad für vollkommen in Ordnung.

Dass sonst "das System kollabiert" wäre und sich "ganz natürlich eine Begrenzung der Migration eingestellt" hätt, halte ich wiederum für naiv gedacht. 

Ich denke eher, dass das Problem ist, dass seitens der Politik viel zu wenig auf Hinweise auf Probleme sowie Kritik von der "Front" gehört wurde. Allein ich hatte z.B. bereits Ende 2016 an mehreren Stellen ( Bürgermeister, Schulleiter der BS, in der die BIK-Klassen stattfanden,  Arbeitgeber, Pfarrei) offen gesagt, dass das so nicht funktionieren kann. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht die einzige war. Und ich sage und schreibe nicht erst seit diesem Jahr, sondern sicher seit 2018/2019, dass sich in der Asyl- und Migrationspolitik etwas ändern muss. 

 

 

Geschrieben
vor 19 Minuten schrieb rorro:

In der Suchtmedizin bezeichnet man systemstabilisierende Unterstützer eines Kranken als Co-Abhängige.

 

Wenn hier das Staatsversagen der Kranke ist, dann sind die Ehrenamtler und NGOs die Co-Abhängigen.

 

Und es ist in der Tat so: das alte Europa, wo auch eine junge Frau nachts um 02 Uhr allein noch sorglos durch die Großstadt schlendern konnte, findet man heute eher in Budapest und Warschau denn in Berlin oder Paris.

Diese Großstadt gab es leider auch nicht in Deutschland, als ich jung war.

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