Studiosus Geschrieben 8. April Melden Geschrieben 8. April (bearbeitet) vor 3 Stunden schrieb Domingo: Neugier: Halten die Leute, die hier gegen die Bibelwissenschaft wettern, @Studiosus, @Jakobgutbewohner usw., daran fest, dass Moses der Autor des Pentateuch ist? Ich will nur für mich sprechen: Ich würde nicht sagen, dass ich gegen die Bibelwissenschaft wettere, wohl aber gegen die Art und Weise, wie diese seit ca. Mitte des 19. Jhds., zuerst unter protestantischen Gelehrten, dann auch unter katholischen, betrieben wird. Es ist ja nicht so, dass sich vor der "historisch-kritischen" Wende Theologen nicht auch akademisch mit der Heiligen Schrift beschäftigt hätten. Man kann natürlich sagen, deren Zugriff auf das Thema erfülle nicht die Standards des eigenen Wissenschaftsbefriffs, aber Bibelwissenschaft ist nicht auf die historisch-kritische Methode begrenzt. Übrigens auch heute nicht. Das nur als Vorrede. Ich denke, und das ist wiederum nur meine Ansicht, dass es mir überhaupt nicht auf die Einzelergebnisse der modernen Exegese (Moses Autor des Pentateuch Ja oder Nein) ankommt, sondern meine Kritik ins Grundsätzliche geht, also einen Schritt früher einsetzt: Ich lehne bereits die Vorstellung ab, dass eine wissenschaftliche Disziplin und ihre Vertreter die Kompetenz hätten, gegen die Autorität der Kirche Aussagen über die Heilige Schrift zu machen, die dann irgendwie verbindlich sein sollten. Diese Kritik beschränkt sich übrigens nicht allein auf das Feld der Exegese, sondern schließt prinzipiell alle theologischen Disziplinen mit ein. Die wissenschaftliche Theologie ist gerade kein Parallel- oder Gegenlehramt, das gleichberechtigt neben dem kirchlichen Lehramt stünde. Und auch dabei würde ich weiter differenzieren: Die moderne Exegese bringt ja Ergebnisse von ganz unterschiedlicher Relevanz und Gravitas hervor. So ist beispielsweise eine Arbeit, die den wissenschaftlichen Nachweis erbringen will, dass ein Buch des Alten Testamentes in seiner Ursprungsgestalt anders ausgehen habe als die letztlich kodifizierte Version des hebräischen Kanons, in meinen Augen harmlos. Solche Dinge sind allenfalls für den innerdisziplinären Fachdiskurs interessant. Es gibt Studien, die sich sehr kleinteilig und mit textkritischer Sisyphusarbeit nur damit beschäftigen, ob ein Vers eigentlich noch ins vorherige Kapitel zu ziehen ist oder an seine traditionelle, kanonische Stelle gehört. Alles in Ordnung. Problematisch wird es hingegen da, wo Exegeten ausgehend von ihren tatsächlichen oder nur behaupteten Ergebnissen, anfangen zu "theologisieren" und ihre Interpretation des Textes gegen die Auslegung der Kirche setzen (z. B. im Zusammenhang mit der Christologie, der katholischen Ehelehre/Wiederverheiratung, der moralischen Bewertung der Homosexualität etc. pp.) oder zumindest anderen die Vorlage dazu bieten. bearbeitet 8. April von Studiosus 1 Zitieren
Flo77 Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April vor 6 Stunden schrieb Studiosus: Ich lehne bereits die Vorstellung ab, dass eine wissenschaftliche Disziplin und ihre Vertreter die Kompetenz hätten, gegen die Autorität der Kirche Aussagen über die Heilige Schrift zu machen, die dann irgendwie verbindlich sein sollten. Pflegst Du diese Ablehnung auch in Bezug auf den Koran oder die Vedas oder ist das nur ein Akt katholischer Selbstimmunisierung? Zitieren
Jakobgutbewohner Geschrieben 9. April Autor Melden Geschrieben 9. April vor 9 Stunden schrieb nannyogg57: Du stehst in der 4. Klasse und wir lesen die Markuspassion, exakt so, wie sie in der Bibel steht. Frage einer Schülerin: Ist das genau so passiert? Nein, ist es nicht, weil Markus Theologie betreibt und keinen Splatterbericht schreiben wollte. Und weil er Theologie betreibt, deswegen lesen wir seine Passion heute noch. Du bist der Ansicht, seit Generationen würden die Evangelien gelesen, weil die Autoren "Theologie betrieben hätten", statt wie ein Zeuge oder Chronist zu berichten, was geschehen sei? Was verstehst du unter diesem Unterschied? Meinst du, es sei nicht "genauso passiert", weil Beschreibungen von Zeugen eben kaum komplett darstellen können, was insgeamt so alles geschehen war? Meinst du alles ist "metaphorisch" und diese dargestellten Menschen habe es nie wirklich gegeben? vor 9 Stunden schrieb nannyogg57: Wäre dem so, dann hätten sich die anderen Evangelisten ihre abweichenden Darstellungen schenken können. Zeugenaussagen können sich ergänzen. vor 9 Stunden schrieb nannyogg57: Man kann gerne glauben, dass die Sachen so passiert sind, wie sie in der Bibel stehen, besonders, wenn man es dann auch besser nicht liest. Was will der letzte Teilsatz mitteilen? Zitieren
Flo77 Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April (bearbeitet) vor 35 Minuten schrieb Jakobgutbewohner: Du bist der Ansicht, seit Generationen würden die Evangelien gelesen, weil die Autoren "Theologie betrieben hätten", statt wie ein Zeuge oder Chronist zu berichten, was geschehen sei? Was verstehst du unter diesem Unterschied? Meinst du, es sei nicht "genauso passiert", weil Beschreibungen von Zeugen eben kaum komplett darstellen können, was insgeamt so alles geschehen war? Meinst du alles ist "metaphorisch" und diese dargestellten Menschen habe es nie wirklich gegeben? Alle Evangelien enthalten sowohl historische Elemente als auch theologische Deutungen, Ausschmückungen und auch "Korrekturen der Wirklichkeit". Das ist für theologische Literatur völlig normal zumal die theologische Aussage ja der eigentliche Sinn und Zweck ist. Was die Kreuzigung angeht, ist weitgehend unstrittig, daß sie stattgefunden hat. Die Dialoge zwischen Jesus und Pilatus, die Freilassung des Jesus Bar-Abbas, das Erdbeben und der zerissene Tempelvorhang, das Gebet Jesu im Garten, usw. sind aber mit größter Wahrscheinlichkeit keine Tatsachenberichte sondern theologische bzw. kirchenpolitische Aussagen (je jünger das Evangelium umso besser kommen die Römer bei der Geschichte weg...) Auf die Frage "Ist das genau SO passiert?" kann die Antwort nur sein "Nein. Dieser Text ist kein dpa-Artikel." Wie man die Brücke zwischen Mythos und Glauben schlägt, wenn die Historizität die Grundlage des Glaubens sein soll, kann ich nicht beantworten. In diese Falle hat uns Matthäus (bzw. sein Redakteur) geführt als er die Jungfrau nach der Septuaginta gebären ließ und damit die Geburt des königlichen Messias einer Bedingung unterwarf, mit der heute seine gesamte Argumentation steht und fällt. Seine gesamte Geburtsgeschichte - genau wie bei Lukas - soll beweisen, daß der Messias bereits von seiner Geburt her vorherbestimmt war. Der Haken an der Sache ist halt, ob der Messias noch der Messias sein kann, wenn eine der diversen Prophezeihungen NICHT historisch erfüllt wurde. bearbeitet 9. April von Flo77 3 Zitieren
Jakobgutbewohner Geschrieben 9. April Autor Melden Geschrieben 9. April vor 13 Stunden schrieb Werner001: Der letzte Typus dürfte unter den „praktizierenden“ Katholiken meiner Erfahrung nach deutlich über 90% ausmachen Soweit ich verstehe, wäre damit der Punkt "Kinderglaube" gemeint, nicht "Hyper-Evangelium". @Kara Diese Schätzung würde dann auch darauf hinauslaufen, daß die angesprochenen Häretiker nur eine kleinere Minderheit der Mitglieder ausmachen? vor 12 Stunden schrieb Kara: Bei kirchlichen Veranstaltungen (die immer irgendwas mit Geselligkeit, Essen und Trinken zu tun haben), spricht man nicht über den Glauben. Ich mache das dort auch nicht, ich habe dafür andere Formate. In der Gemeinde hätte ich gar keinen Aufhänger dafür. Da geht's um Kuchenrezepte, Urlaubspläne und die Familie. Gänzlich unbekannt ist mir soetwas nicht. Ich würde aber schon vermuten, daß es dort einige Leute geben dürfte, die auch Interesse hätten sich zumindest in gewissem Maß über christliche Themen, das eigene Leben als Christ auszutauschen? vor 10 Stunden schrieb Weihrauch: Was soll an diesem Schritt der historisch-kritischen Methode atheistisch sein, alle historischen handschriftlichen Glaubenszeugnisse zu sammeln, zu lesen, Das halte ich nicht für atheistisch. vor 10 Stunden schrieb Weihrauch: ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede wahrzunehmen, was an dem Prinzip lectio difficilior? Da wird es nach meinen Begriffen schoneinmal spekulativ und was dabei herauskommt, hängt eben davon ab, ob ein Akteur atheistische Ansichten bevorzugt. An diesen Stellen aber vermutlich nocht nicht derart massiv wie an anderen. vor 10 Stunden schrieb Weihrauch: Du hast recht, dass dieser Methodenschritt nicht theologisch bewertet, denn es geht darum sich einen Überblick darüber zu verschaffen, was das ist Bei "was das ist" kann es nach meiner Einschätzung dann massiv kritisch werden mit atheistisch geprägten Grundannahmen der Herangehensweise. Solche kommen dann z.B. im übertragenen Sinne zur Erkenntnis, daß ein Buch über Pferdeaufzucht kultisch metaphorisch zu verstehen ist und es Pferde nicht wirklich gebe, weil er von keinen Pferden weiß. vor 10 Stunden schrieb Weihrauch: Irgendwo muss man schließlich beginnen. Wenn nicht damit, womit? Vorzugsweise beim direkten Kontakt mit Gott beziehungsweise Jesus Christus? Zitieren
Flo77 Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April vor 2 Minuten schrieb Jakobgutbewohner: Gänzlich unbekannt ist mir soetwas nicht. Ich würde aber schon vermuten, daß es dort einige Leute geben dürfte, die auch Interesse hätten sich zumindest in gewissem Maß über christliche Themen, das eigene Leben als Christ auszutauschen? Das halte ich in der Katholika für abwegig. Es ist nicht vorgesehen, daß öffentlich privater Glaube besprochen wird. Der könnte ja von der Doktrin abweichen. Das bespricht man in streng privatem Rahmen oder hinter vorgehaltener Hand, aber sicher nicht vor einem größeren Publikum. Zitieren
Alfons Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April (bearbeitet) vor 21 Stunden schrieb Jakobgutbewohner: Lehren wie in ihren systematischen Grundlagen atheistisch geprägte "historisch-kritische Theologie" [...] Vielleicht solltest du deine Urteile noch einmal im Licht der katholischen Lehre überdenken. Die Historisch-kritische Methode gehört zu den anerkannten Werkzeugen der Bibel-Exegese. Die Dogmatische Konstitution "Dei verbum", beim 2. Vatikanischen Konzil beschlossen, ist da - ohne den Begriff beim Namen zu nennen - recht eindeutig. Ich zitiere nur drei Sätze, den gesamten Text findest du im Internet: "Um die Aussageabsicht der Hagiographen zu ermitteln, ist neben anderem auf die literarischen Gattungen zu achten. [...] Weiterhin hat der Erklärer nach dem Sinn zu forschen, wie ihn aus einer gegebenen Situation heraus der Hagiograph den Bedingungen seiner Zeit und Kultur entsprechend - mit Hilfe der damals üblichen literarischen Gattungen - hat ausdrücken wollen und wirklich zum Ausdruck gebracht hat. Will man richtig verstehen, was der heilige Verfasser in seiner Schrift aussagen wollte, so muß man schließlich genau auf die vorgegebenen umweltbedingten Denk-, Sprach- und Erzählformen achten, die zur Zeit des Verfassers herrschten, wie auf die Formen, die damals im menschlichen Alltagsverkehr üblich waren." Das ist im Grunde genau das, was die Historisch-kritische Methode leistet. Wichtig ist dabei aus katholischer Sicht, zweierlei zu beachten: 1. Die maßgebende Beurteilung der Schriftauslegung bleibt immer dem kirchlichen Lehramt vorbehalten (das steht auch in "Dei verbum"). 2. Jede katholische Exegese muss das Ziel haben, den Glauben zu vertiefen. Insofern kommt mir deine Auffassung, die Historisch-kritische Methode sei "in ihren systematischen Grundlagen atheistisch geprägt" irgendwie - wie soll ich sagen - häretisch vor. bearbeitet 9. April von Alfons Zitieren
Studiosus Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April (bearbeitet) Rosinenpickerei aller erster Güte. Da hat jemand doch tatsächlich die zwei Sätze gefunden, die in Dei Verbum der historisch-kritischen Exegese wie sie heute angewendet wird, das Wort zu reden scheinen. Und schweigt sich zugleich natürlich über die Myriaden an anderen Sätzen aus, die im Grunde die gelebte Praxis der akademischen Bibelwissenschaft in der Gegenwart verurteilen, wenn man sie als Bewertungskriterium anlegte. Ich habe ja selten ein Geheimnis darum gemacht, dass ich bei manchen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils Bauchschmerzen habe. Beim Großteil der Offenbarungskonstitution Dei Verbum habe ich diese nicht. Da müssten eher den Modernisten die Ohren schlackern, wenn sie sie denn, was ja nicht der Fall ist wie oben gezeigt, in Gänze zur Kenntnis nähmen. Aber auch hier ist eine gewisse Selektivität zu beobachten. Oder gehört unterdessen zum neuesten Stand der modernen Bibelwissenschaft beispielsweise auch die bedenkenlose Bejahung der Historizität der vier Evangelien, die zuverlässig überliefern, was Christus wirklich getan und gelehrt habe (DV 19) oder die Anerkenntnis, dass es das lebendige Lehramt der Kirche ist, dem die Auslegung der Heiligen Schrift zusteht (DV 10), wie überhaupt alles, was mit der ihrer Interpretation in Zusammenhang steht, dem Urteil der Kirche unterliegt (DV 12). Nein, hier muss ich das Konzil ausdrücklich in Schutz nehmen. Das Problem liegt nicht bei ihm. Würde man es in diesem und in anderen Punkten beherzigen und anwenden, die universitäre Theologie sähe - vor allem in Deutschland - anders aus. Das Problem ist viel eher, dass in den einzelnen Ländern und neuerdings auch in den vatikanischen Dikasterien die notwendige Vigilanz über die Lehre der Ordinarien besonders in den biblischen Wissenschaften nicht streng genug gepflegt wird. Und das leider nicht erst seit gestern. So ist der Anspruch der Orthodoxie der theologischen Hochschullehre seit Langem schon nicht mehr dadurch abgegolten, dass jemand auf einem Fresszettel die Lehrerlaubnis für ein theologisches Fach bescheinigt bekommt. Die Vergabepraxis ist so lasch, dass niemandem - ich polemisiere - diese Erlaubnis verwehrt wird, wenn er nicht gerade öffentlich die Bibel verbrennt und den Papst einen Antichristen schimpft. Alle heiligen Zeiten trifft einmal jemanden der Bannstrahl Roms, mittlerweile eher ein Strählchen, aber das ist zu vernachlässigen. Und die Bischöfe, die ja von Rechts wegen auch über die Lehre an den Fakultäten innerhalb ihrer Territorien zu wachen haben, kommen dieser Aufgabe nicht im erforderlichen Maße nach. Man will ja keinen Skandal provozieren. Also herrscht Burgfrieden. bearbeitet 9. April von Studiosus Zitieren
Jakobgutbewohner Geschrieben 9. April Autor Melden Geschrieben 9. April vor einer Stunde schrieb Alfons: - ohne den Begriff beim Namen zu nennen - recht eindeutig. Ich zitiere nur drei Sätze, den gesamten Text findest du im Internet: "Um die Aussageabsicht der Hagiographen zu ermitteln, ist neben anderem auf die literarischen Gattungen zu achten. [...] Weiterhin hat der Erklärer nach dem Sinn zu forschen, wie ihn aus einer gegebenen Situation heraus der Hagiograph den Bedingungen seiner Zeit und Kultur entsprechend - mit Hilfe der damals üblichen literarischen Gattungen - hat ausdrücken wollen und wirklich zum Ausdruck gebracht hat. Will man richtig verstehen, was der heilige Verfasser in seiner Schrift aussagen wollte, so muß man schließlich genau auf die vorgegebenen umweltbedingten Denk-, Sprach- und Erzählformen achten, die zur Zeit des Verfassers herrschten, wie auf die Formen, die damals im menschlichen Alltagsverkehr üblich waren." Das ist im Grunde genau das, was die Historisch-kritische Methode leistet. Das ist soweit ich sehe nichts, was hier kritisiert wird und es wirkt auf mich interessant, daß du auch soweit nicht auf diese Äußerung von mir inhaltlich eingingst. vor 18 Stunden schrieb Jakobgutbewohner: Dieser atheistisch geprägte Ansatz bewertet im Grunde religionswissenschaftlich, nicht wirklich theologisch. Er geht an religiöse Quellen tendenziell heran wie Geschichtswissenschaftler an alte Legendenüberlieferungen, die dabei alles was heute allgemein für nicht "real" gehalten wird dann auch als Märchen, Lüge oder metaphorisch deutet. Oder, wenn du zum Thema lieber zu Darstellungen einer anderen Person aussagekräftig eingehen wolltest: Zitat Die historisch-kritische Methode ist eine relativ junge Disziplin in der Geschichte der Bibelauslegung . Ihre Wurzeln reichen zurück ins 18. Jahrhundert, als ein grundlegendes Umdenken in der Wissenschaft und Philosophie stattfand. Die Aufklärung, mit ihrem Fokus auf Vernunft und Empirie, hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Art und Weise, wie Menschen die Welt und auch religiöse Texte betrachteten. [...] Zu den wichtigsten Protagonisten der historisch-kritischen Methode zählen: Johann Salomo Semler Oft als „Vater“ der historisch-kritischen Methode bezeichnet, betonte Semler die Notwendigkeit, die Bibel als historisches Produkt zu verstehen und nicht als unfehlbare Offenbarung. Hermann Samuel Reimarus Reimarus war einer der ersten, der die biblischen Wundergeschichten einer rationalen Kritik unterzog und sie als mythische Überlieferungen entlarvte. David Friedrich Strauß Strauß‘ Leben-Jesu-Forschung, in der er die historische Jesusfigur von den späteren mythologischen Überlagerungen zu trennen suchte, war ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der historisch-kritischen Methode. Rudolf Bultmann Bultmann entwickelte die Existenzphilosophie in die biblische Exegese ein und betonte die Bedeutung der existenzphilosophischen Fragen für das Verständnis der neutestamentlichen Texte. [...] Die historisch-kritische Methode betrachtet die Bibel nicht als Sammlung göttlicher Offenbarungen, sondern als eine Sammlung von Schriften, die von Menschen in einer bestimmten Zeit und unter bestimmten kulturellen Bedingungen verfasst wurden. [...] Die historisch-kritische Methode hat aus atheistischer oder agnostischer Perspektive eine besonders hohe Bedeutung. Sie bietet eine wertvolle Möglichkeit, religiöse Texte, insbesondere die Bibel, aus einer säkularen Perspektive zu analysieren und zu dekonstruieren. Hier einige zentrale Punkte, warum die historisch-kritische Methode für Atheisten und Agnostiker so relevant ist: Entmythologisierung Die Methode ermöglicht es, mythische Elemente in religiösen Texten zu identifizieren und von historischen Fakten zu trennen. [...] Durch die genaue Analyse der Entstehung und Entwicklung religiöser Texte können Dogmen und Glaubensüberzeugungen als menschliche Konstrukte entlarvt werden, die nicht zwingend einer objektiven Wahrheit entsprechen. Die Methode ermöglicht es damit auch, sich von den Fesseln religiöser Dogmen zu befreien und ein unabhängiges, kritisches Denken zu entwickeln. Die historisch-kritische Methode ist eng mit dem wissenschaftlichen Weltbild verbunden und fördert eine rationale und evidenzbasierte Betrachtung der Welt. [...] Die historisch-kritische Methode lenkt den Fokus auf überprüfbare historische Fakten und Ereignisse. Dies steht im Gegensatz zu religiösen Interpretationen, die oft auf Glauben und Überlieferung beruhen. https://konfessionen.org/historisch-kritische-methode Zitieren
nannyogg57 Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April Zu sagen, dass Zeugenaussagen sich nun mal widersprechen, ist auch schon historisch-kritisch. 1 Zitieren
Kara Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April vor 7 Stunden schrieb Jakobgutbewohner: @Kara Diese Schätzung würde dann auch darauf hinauslaufen, daß die angesprochenen Häretiker nur eine kleinere Minderheit der Mitglieder ausmachen? Hm... keine Ahnung. Die Unterscheidung von @Studiosus finde ich ganz interessant. Gruppe 1, 2 und 4 fänden alle bspw. Frauen am Altar ganz super, aber mit verschiedenen Gedanken (oder Nichtgedanken) und verschieden ausgeprägtem missionarischen Eifer. Wie sich diese 3 Gruppen zahlenmäßig aufteilen, keine Ahnung. Interessiert mich auch nicht besonders. Jedenfalls stellen sie zusammen deutlich die Mehrheit. Zitieren
Merkur Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April Das ist natürlich keine biblische Frage. Ich habe mir aber auch schon überlegt, ob diese Gruppen evtl. auch unterschiedliche Vorstellungen zur Dogmatik haben. Vermutlich ja. Zitieren
Domingo Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April vor 3 Stunden schrieb nannyogg57: Zu sagen, dass Zeugenaussagen sich nun mal widersprechen, ist auch schon historisch-kritisch. Apologeten (ob "atheistisch geprägt" oder nicht) mögen wissenschaftliche, historische und linguistische Argumente, wenn sie ihren Glauben zu stützen scheinen. Sobald sie aber mit irgendeinem Dogma in Konflikt geraten, muss man sie ablehnen... Zitieren
Jakobgutbewohner Geschrieben 9. April Autor Melden Geschrieben 9. April vor 3 Stunden schrieb nannyogg57: Zu sagen, dass Zeugenaussagen sich nun mal widersprechen, ist auch schon historisch-kritisch. Wenn im zweiten umfassenden Zitat in meinem Beitrag direkt über der Reaktion durch dich steht, es handele sich um eine junge Methode, dann bist du der Ansicht,daß Menschen bis vor einigen hundert Jahren nicht wußten, daß Zeugenaussagen nicht alle identisch sind und sich ergänzen können? vor 7 Minuten schrieb Domingo: Apologeten (ob "atheistisch geprägt" oder nicht) mögen wissenschaftliche, historische und linguistische Argumente, wenn sie ihren Glauben zu stützen scheinen. Sobald sie aber mit irgendeinem Dogma in Konflikt geraten, muss man sie ablehnen... Wie siehst du das Folgende? vor 9 Stunden schrieb Jakobgutbewohner: Bei "was das ist" kann es nach meiner Einschätzung dann massiv kritisch werden mit atheistisch geprägten Grundannahmen der Herangehensweise. Solche kommen dann z.B. im übertragenen Sinne zur Erkenntnis, daß ein Buch über Pferdeaufzucht kultisch metaphorisch zu verstehen ist und es Pferde nicht wirklich gebe, weil er von keinen Pferden weiß. Zitieren
atheist666 Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April vor 58 Minuten schrieb Jakobgutbewohner: Wenn im zweiten umfassenden Zitat in meinem Beitrag direkt über der Reaktion durch dich steht, es handele sich um eine junge Methode, dann bist du der Ansicht,daß Menschen bis vor einigen hundert Jahren nicht wußten, daß Zeugenaussagen nicht alle identisch sind und sich ergänzen können? Wie siehst du das Folgende? Das ganze läßt sich noch weiterspinnen. Jemand findet, in einem aufgelassenen Bunker der Postapokalypse, lauter eingeschweißte Batman und Superman Comics und denkt, daß dies die Zeugnisse der Lebensweise der Alten(hier im Sinne von Altvorderern) wäre. Zitieren
Domingo Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April vor 58 Minuten schrieb Jakobgutbewohner: Wie siehst du das Folgende? Keine Ahnung. Ich müsste wissen, was genau diese "atheistischen Grundannahmen" sein sollen. Zitat Solche kommen dann z.B. im übertragenen Sinne zur Erkenntnis, daß ein Buch über Pferdeaufzucht kultisch metaphorisch zu verstehen ist und es Pferde nicht wirklich gebe, weil er von keinen Pferden weiß. Also kommen "atheistisch geprägte Apologeten" zu dem Schluss, dass es in der Bibel nicht um irgendeinen Gott gehe, weil sie von keinen Göttern wissen? Oder wie soll ich Deine Metapher verstehen? Du scheinst so wie Jesus in Gleichnissen zu sprechen; könntest Du wie Jesus das Gelichnis noch erklären? Was zum Teufel soll übrigens ein "atheistisch geprägter Apologet" sein? Das klingt für mich genauso wie "rechtsadikal geprägte Grüne". Zitieren
atheist666 Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April Die Frage wäre, was heißt atheistisch geprägt? Gut, wenn man aus einer atheistischen Familie stammt, kann es noch hinkommen aber der Rest... Zitieren
Studiosus Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April (bearbeitet) Eine atheistische Perspektive auf die Heilige Schrift würde ich, ohne jemandem zunahe zu treten, u. a. darin charakterisiert sehen, dass man, sofern man Gläubiger ist, um der Wissenschaftlichkeit oder Methode willen sich sozusagen selbst überlistet und an die Heilige Schrift genauso herangeht wie an jeden anderen literarischen Korpus der Zeit. Man würde aufhören, die göttliche Inspiration (über das jeweilige Inspirationsmodell kann man diskutieren) der Schrift als Prämisse vorauszusetzen, man ersetzte die durch die Kirche beglaubigten Wunder durch einen plumpen naturwissenschaftlich-biologischen Postivismus, man machte die oft für Uneingeweihte kaum bemerkbare Wende, von der Heiligen Schrift nicht mehr als Aufzeichnung der tatsächlichen Heilsgeschichte zu sprechen, sondern von Erfahrungen, die Menschen mit Gott gemacht haben und die sie in literarische Form gefasst haben [Wechsel von einer objektiven, externen Offenbarung hin zu einem internen, innerpsychischen, "gedeuteten" Glaubensgeschehen) usw. Das wären in meinen Augen Anhaltspunkte für einen "atheistischen Zugang" (was nicht gleichbedeutend damit ist, dass die Exegeten selbst Atheisten wären. Sie sind allenfalls "professionelle Atheisten" oder "Teilzeit-Atheisten", weil sie für ihre akademische Tätigkeit den Glauben außenvor lassen). bearbeitet 9. April von Studiosus 2 Zitieren
Jakobgutbewohner Geschrieben 9. April Autor Melden Geschrieben 9. April vor 2 Stunden schrieb atheist666: Das ganze läßt sich noch weiterspinnen. Bezieht sich das auf meinen ersten Absatz zu einer Aussage nach meinem Eindruck ähnlich "Kommunismus ist wenn nicht jeder nur an sich denkt" oder meinen zweiten Absatz, der in deinem Zitat mit dem ersten mehr zusammenfällt als in meinem Beitrag? vor 2 Stunden schrieb atheist666: Jemand findet, in einem aufgelassenen Bunker der Postapokalypse, lauter eingeschweißte Batman und Superman Comics und denkt, daß dies die Zeugnisse der Lebensweise der Alten(hier im Sinne von Altvorderern) wäre. Das ist natürlich vorstellbar, allerdings stünde diese Beispielsituation nicht im Zusammenhang einer trotz typischer Probleme (die Lehre befasst sich kritisch mit häufigen seelischen Zuständen von Menschen und das gefällt so manchen Menschen nicht, was ein zwischenmenschliches Spannungsfeld erzeugt) vitalen weltanschaulichen Gruppierung mit lebenden Vertretern. Zitieren
Jakobgutbewohner Geschrieben 9. April Autor Melden Geschrieben 9. April vor 2 Stunden schrieb Domingo: Also kommen "atheistisch geprägte Apologeten" zu dem Schluss, dass es in der Bibel nicht um irgendeinen Gott gehe, weil sie von keinen Göttern wissen? Ja, letztendlich schon? Sie lesen von Göttern und deuten das dann wie bei mutmaßlich als Gattung nichtexistenten Pferden. Ich halte diesen Vergleich für recht unmißverständlich? Zitieren
nannyogg57 Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April (bearbeitet) Abgesehen davon, dass das mit den Zeugenaussagen so eine Sache ist. Nehmen wir die Passion: Woher wusste Markus, was Jesus im Garten Getsemani gebetet hat, wenn nach seiner Aussage alle Jünger schliefen? Und wer hat ihm erzählt, was bei der Verhandlung vor dem Hohen Rat passierte? Also muss es doch der Heilige Geist gewesen sein, der aber bei jedem Evangelisten anders wirkte. Ehrlich gesagt, und bei allem Respekt für die Bibel und aller Liebe zu den Evangelisten, da ist mir die ehrliche Arbeitsweise der historisch-kritischen Methode lieber. bearbeitet 9. April von nannyogg57 3 Zitieren
Studiosus Geschrieben 9. April Melden Geschrieben 9. April (bearbeitet) Mir hingegen tut sich immer mehr diese Frage auf: Wenn man Gott offensichtlich nicht einmal mehr zutraut, an der Abfassung der zentralen Glaubensurkunde der von ihm gestifteten Kirche mitgewirkt zu haben und zwar dergestalt, dass er dem Hagiographen Kenntnisse über Ereignisse oder Gespräche vermittelte, die dieser nicht unmittelbar selbst beobachtet hat oder sich von Zeugen schildern ließ, was kann man diesem Gott dann überhaupt noch zutrauen? Der kann dann ja scheinbar gar nichts. Da war ja jeder steinerne Götze der alten Heiden wirkmächtiger. Dem konnte man wenigstens noch unterstellen, gewirkt zu haben, wenn die Schlacht gewonnen, die Braut gefreit oder das Kind genesen war. Widersprechen konnte er ja nicht. Und an den glaubt ihr? Wie würde Mister Spock sagen? Faszinierend. bearbeitet 9. April von Studiosus Zitieren
Domingo Geschrieben 10. April Melden Geschrieben 10. April vor 5 Stunden schrieb Jakobgutbewohner: Ja, letztendlich schon? Sie lesen von Göttern und deuten das dann wie bei mutmaßlich als Gattung nichtexistenten Pferden. Ich halte diesen Vergleich für recht unmißverständlich? Vielleicht liegt es an mir, dass ich hier ein bisschen auf der Leitung stehe. Kritische Gelehrte gehen mW durchaus davon aus, dass dort, wenn "Gott" steht, tatsächlich von (einem?) Gott die Rede ist. Wie siehst Du es, wenn etwa in Psalm 95:3 steht "YHWH ist ein großer King über allen Göttern"? Ein kritischer Gelehrter wird wohl sagen, dass es in diesem Vers darum geht, dass YHWH, der Gott Israels, zum höchsten Gott deklariert wird, der über alle anderen Götter herrscht. Liegt er dabei falsch? Zitieren
nannyogg57 Geschrieben 10. April Melden Geschrieben 10. April vor 7 Stunden schrieb Studiosus: Mir hingegen tut sich immer mehr diese Frage auf: Wenn man Gott offensichtlich nicht einmal mehr zutraut, an der Abfassung der zentralen Glaubensurkunde der von ihm gestifteten Kirche mitgewirkt zu haben und zwar dergestalt, dass er dem Hagiographen Kenntnisse über Ereignisse oder Gespräche vermittelte, die dieser nicht unmittelbar selbst beobachtet hat oder sich von Zeugen schildern ließ, was kann man diesem Gott dann überhaupt noch zutrauen? Der kann dann ja scheinbar gar nichts. Da war ja jeder steinerne Götze der alten Heiden wirkmächtiger. Dem konnte man wenigstens noch unterstellen, gewirkt zu haben, wenn die Schlacht gewonnen, die Braut gefreit oder das Kind genesen war. Widersprechen konnte er ja nicht. Und an den glaubt ihr? Wie würde Mister Spock sagen? Faszinierend. Ich traue Gott alles zu, immerhin ist er allmächtig. Er hätte auch eine DVD liefern können, btw., weil er alles kann. Was das mit der historisch-kritischen Exegese zu tun haben soll und warum das atheistisch sein soll, das erschließt sich mir nicht. Zitieren
Flo77 Geschrieben Donnerstag um 07:25 Melden Geschrieben Donnerstag um 07:25 vor 9 Stunden schrieb Studiosus: Mir hingegen tut sich immer mehr diese Frage auf: Wenn man Gott offensichtlich nicht einmal mehr zutraut, an der Abfassung der zentralen Glaubensurkunde der von ihm gestifteten Kirche mitgewirkt zu haben und zwar dergestalt, dass er dem Hagiographen Kenntnisse über Ereignisse oder Gespräche vermittelte, die dieser nicht unmittelbar selbst beobachtet hat oder sich von Zeugen schildern ließ, was kann man diesem Gott dann überhaupt noch zutrauen? Der kann dann ja scheinbar gar nichts. Da war ja jeder steinerne Götze der alten Heiden wirkmächtiger. Dem konnte man wenigstens noch unterstellen, gewirkt zu haben, wenn die Schlacht gewonnen, die Braut gefreit oder das Kind genesen war. Widersprechen konnte er ja nicht. Und an den glaubt ihr? Wie würde Mister Spock sagen? Faszinierend. Es wäre sehr interessant, wennn die Kirche das Geschehen der Zeit wieder im Hinblick auf den Willen Gottes interpretieren würde. Kriege, Krankheiten, Plagen - eine Antwort der Kirche auf das, was passiert wäre in der Tat eine sehr spannende Sache. Durch die Fixierung der Kirche auf die Welt jenseits dieser Realität, wirkt Gott tatsächlich "ohnmächtig" im Vergleich zu den alten Göttern. Und entsprechend zweifelhaft ist es dann, wenn das letzte, was Gott auf Erden getan haben soll, die Inspiration vierer oder mehr Schreiber gewesen zu sein denen er teils widersprüchliche Szenarien eingedenkt hat. Auf dieser Basis ist Gabriels Besuch bei Mohammed oder Joseph Smith nicht wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher als der bei Maria. Zitieren
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