Explorer Geschrieben 29. März 2001 Autor Melden Share Geschrieben 29. März 2001 Neulich war ich in Berlin. Im Osten der Stadt, in Hohenschönhausen, steht immer noch das ehemalige Gefängnis der alten Staatssicherheit. Wer sehen will, wie die Stasi mit den ihr verdächtigen Menschen umging, der bekommt dort eine schreckliche Ahnung. Jeder Gefangene war isoliert. Kontakt war verboten. Zudem wussten die Gefangenen nicht, wo sie sich befanden. So setzte man sie seelisch unter Druck, um ein Geständnis zu erpressen. Der Besuch im alten Stasi-Gefängnis hat mir die Augen geöffnet. Ich habe gelernt, was Menschen am meisten zusetzt: Einsamkeit und Orientierungslosigkeit. Nichts macht dann mehr Sinn. Und ich habe den Verdacht, dass die Depressionen und die Lebensangst unserer Tage auch daher rühren, dass man sich allein gelassen fühlt und nicht mehr weiß, wozu man da ist. Man kommt sich vor wie ein verirrtes Schaf, um ein biblisches Bild aufzugreifen. Die anderen, die einen schützten und wärmten, sind weit weg. Keiner ist da, der einen, wie es im Psalm heißt, zum Ruheplatz am Wasser führt. Jesus hat sich einmal mit einem guten Hirten verglichen. Im Gleichnis vom verlorenen Schaf schildert er die Freude, mit der ein Hirte das Tier, das sich verlaufen hat, nach Hause trägt. Wenn wir uns in der Fastenzeit auf das Leben Jesu besinnen, das Sterben nachempfinden und die Auferstehung an Ostern im Blick haben, dann müsste uns auch der Sinn für unser eigenes Leben etwas klarer werden. Gott lässt uns nicht allein. Er führt uns ein Leben lang zurück, zu sich, zur Quelle des Lebens. Und wenn wir Gott einen Gefallen tun wollen, dann nehmen wir die anderen, die wir allein und hilflos antreffen, an der Hand und begleiten sie ein Stück des Weges. Andreas Schaller (Aus "Gedanken zum Tag" auf Bayern1) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 30. März 2001 Autor Melden Share Geschrieben 30. März 2001 Alleinleben kann festgehaltener Schmerz und offengehaltene Wunde sein. Alleinleben kann die Fremdheit sich selbst und anderen gegenüber auf die Spitze treiben, so daß die Isolation zum schärfsten Ausdruck des Ungeliebtseins wird. Alleinleben kann aber auch - und das ist entscheidend - zu wesentlicher, zu erfüllter Einsamkeit werden, zum breiten Strom von Le-bensenergie, die frei macht von Konventionen und vorgedachten Ordnungen und fähig, zu wachsen, erwachsen zu werden. Im Alleinsein bin ich verbunden mit allen, die allein sind. Sichtbar wird im Alleinsein die individuelle Andersartigkeit der Menschen, die auf die fundamentale Andersartigkeit jedes Menschen hinweist. Ihr liebevoll inne zu werden heißt, sein Anderssein als Schatz verstehen. Dann kann ich die Anstöße anderer aufnehmen, die sich mir in irgendeiner Weise im Leben zugewendet haben, kann in den ausgelösten Gefühlen und Bildern mir fremde Seiten meiner selbst gewahr werden. Im Bewußtsein davon beginnt meine Lebensenergie neu zu fließen und mich neu in Bewegung zu setzen. Alleinleben wird zur neuen Freiheit, mich auf lebendige Art verbunden zu fühlen und Verbindung aufnehmen zu können mit Menschen, ohne aneinander zu klammern, sondern Liebe in Freiheit und Freiheit in Liebe zu leben. Wir sind auf andere Menschen angewiesen, in denen wir uns spiegeln können, so daß wir uns auch in den uns selbst fremd bleibenden Aspekten annehmen lernen. Da aber jeder andere Mensch auch zugleich ein uns Fremder ist und uns daher befremden, bisweilen auch enttäuschen wird, werden wir unsere Empfindung, unseren Schmerz, unsere Wunde, ungeliebt zu sein, nicht völlig aufheben können. Dann kommt es darauf an, ein volleres Gespür und einen tieferen Zugang zur Lebensenergie im eigenen Dasein zu entdecken, die Lebenshemmungen auflöst und seelisches Wachstum ermöglicht. Peter Schellenbaum Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 31. März 2001 Autor Melden Share Geschrieben 31. März 2001 Passionszeit. Unterwegs nach Jerusalem. Wir stehen vor der Stadt. Vor den Toren Jerusalems. Nicht zum ersten Mal. Und noch ist offen, ob wir mit in diese Stadt hineinwollen. Von der wir schon so viel gehört, die wir vielleicht selbst schon in Israel besucht haben. Werden wir uns den anderen Mitwirkenden der Passionsgeschichte anschließen und mitgehen? Wir wissen: dann kommen wir den Schattenseiten des Lebens ganz nahe, dem Sterben eines Menschen. Von Angesicht zu Angesicht werden wir menschlicher Unzulänglichkeit begegnen: Dem Irrtum, der Angst, dem Hass, der Verblendung, der Feigheit und der Machtgier. Vielleicht begegnen wir in Jerusalem auch Gedanken, Fragen und Eigenschaften von uns selbst. Offen ist noch, ob wir lieber distanzierte Beobachter oder Beteiligte sein werden. Der Apostel Paulus hat dazu Jahre später an Timotheus geschrieben: Sterben wir mit Jesus, so werden wir auch mitleben... Ein zunächst fremder Gedanke, doch wir erleben, dass wir in den Tod anderer Menschen mithineingezogen werden. Weil sie uns nahe und wichtig sind. Weil sie unser Leben beeinflusst haben oder uns ähnlich sind. Und trotz dieser kleinen Tode, die wir überlebt haben, leben wir weiter. Eine Liebe, die nie richtig anfangen konnte. Freundschaften, die mit den Jahren erkalteten. Krankheiten, die unser Bild von uns selbst und unser Lebensgefühl schmerzhaft veränderten. Oder ein Gott, der unsere Wünsche und Hoffnungen nicht wahrzunehmen scheint. Die meisten von uns tragen Situationen, Stationen ihrer Gottverlassenheit mit sich. Und in jeder Erfahrung der Gottverlassenheit sind wir mitangebunden an das Kreuz Jesu. Der selbst laut schrie: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?! Auch er starb und wurde begraben. Und alle, die mit ihm Jerusalem waren, fühlten sich ebenfalls verlassen und fürchteten sich sehr. Auch in ihnen war alles starr und tot. Bis sie erfuhren und spürten: Es war jetzt ohne ihn anders, aber es war nicht aus und vorbei. Jesus würde auch weiterhin zu ihrem Leben gehören. Für immer. Eine ungewöhnliche Vorstellung. Oder vielleicht doch nicht? Volker Herbert Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 1. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 1. April 2001 Schönheitschirurgen haben heute Hochkonjunktur. Sie sind der Rettungsanker für immer mehr Menschen, die mit ihrem Äußeren unzufrieden sind. In einer Fernsehsendung berichtete kürzlich ein 18-jähriges Mädchen, wie sehr es darunter leide, dass seine Nase zu groß ist. Und deshalb sei es bereit, das Risiko und die Schmerzen einer schwierigen Operation auf sich zu nehmen. Ein ähnlicher Leidensdruck führt viele Menschen in die Praxis von Schönheitschi-rurgen, die eigentlich seelische Krankheiten behandeln. Es steht uns nicht zu, die Nase zu rümpfen über Menschen, die mit ihrem Äußeren nicht zufrieden sind und es ändern wollen. Dabei wollen wir selbstverständlich alle Fälle ausklammern, wo der Schönheitschirurg Men-schen hilft, die bei Unfällen verunstaltet wurden. Aber wie kommt ein Mensch dazu, aus frei-en Stücken sein körperliches Aussehen korrigieren zu wollen? Es scheint, dass Menschen ihre Wirkung auf andere fast ausschließlich von Äußerlichkeiten ableiten. Sie glauben, dass die Maße ihrer Nase, ihrer Ohren, ihrer Brust nicht der Norm oder dem derzeitigen Schönheits-empfinden entsprechen. Und so leiden sie psychisch darunter, dass sie nicht so sind wie die anderen. Sie meinen, dass andere schöner sind. Als Christen sehen wir Wünsche dieser Art etwas anders. Wir wissen, dass wir unser Dasein einem Schöpfer verdanken. Und der hat uns als Original geschaffen. Es hat noch nie einen Menschen gegeben, der so war wie wir, und es wird nie einen Menschen geben, der eine Kopie von uns ist. Unser körperliches Aussehen, unser Blick, unser Lächeln, unsere Art zu sprechen, unsere Ausstrahlung auf andere Menschen, aber auch unsere körperlichen Befindlichkeiten, all das ist einmalig. Nie werden wir einem Menschen begegnen, der uns gleich ist. Wir sind eine einmalige Person. Wir sind keine Nummer. Ein Nachdenken über unsere Einmaligkeit öffnet uns den Blick auf die Größe des Schöpfungsaktes. Gott hat uns geschaffen nach seinem Bildnis. Er hat uns so gewollt, wie wir sind, mit unseren Fähigkeiten und mit unseren Fehlern. So, und nicht anders. Wir sind im göttlichen Schöpfungsplan. Kann uns das nicht glücklich machen? Albert Bichler Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ute Geschrieben 1. April 2001 Melden Share Geschrieben 1. April 2001 Anscheinend nicht. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 1. April 2001 Melden Share Geschrieben 1. April 2001 Herr, du hast gesagt, Ich bin der Weg - doch heißt dies nicht, dass wir niemals verwirrt sind. Du hast gesagt, Ich bin die Wahrheit doch heißt das nicht, dass wir alle Antworten besitzen. Und, ich bin das Leben was nicht heißt, dass wir nie sterben werden. Lehre mich, Dich hier auf Erden zu erkennen: als den Weg unter verschlungenen Pfaden; als die Wahrheit in unklärbaren Geheimnissen, als das Leben im Angesicht von Leiden und Tod. Ich danke dir, Herr, dass Du uns keine Methode für unser Leben anbietest und sagst: DIES ist der Weg. Ich danke Dir, dass Du uns keine starren Formen überliefert und sagst: DIES ist die Wahrheit. Ich danke Dir, dass Du uns nicht von unserem Menschsein befreist und sagst: DIES ist das Leben. Ich danke Dir, Herr, dass Du sagst, ICH BIN und so Dich uns selber gibst. Elizabeth Elliott Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 1. April 2001 Melden Share Geschrieben 1. April 2001 Lied Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber wo ich bin, will ich nicht bleiben, aber die ich liebe, will ich nicht verlassen, aber die ich kenne, will ich nicht mehr sehen, aber wo ich lebe, da will ich nicht sterben, aber wo ich sterbe, da will ich nicht hin: Bleiben will ich, wo ich nicht gewesen bin. von Thomas Brasch Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 1. April 2001 Melden Share Geschrieben 1. April 2001 Schwester Teresa hatte bei einem Aufenthalt in Kenia diese Geschichte gehört: Bei einem landesweiten Sportfest der Gymnasien Kenias fand auch ein Langstreckenlauf für die Mädchen statt. Schon nach wenigen Runden zeichnete sich ab, daß eines der Mädchen unvergleichlich viel schneller war als die Vertreterinnen der anderen Schulen. Leichtfüßig und kraftvoll lief sie den anderen auf und davon. Die Sportlehrer und Trainer wurden mit jedem Zwischenergebnis aufgeregter. Würde dieses unbekannte Mädchen den Landesrekord überbieten? War dies der Beginn der Karriere eines neuen »Shooting Stars«? Als die letzte Runde eingeläutet wurde, blickte das junge Mädchen sich um und stellte fest, daß die Kameradinnen ganz weit zurücklagen. Statt zum Endspurt anzusetzen, begann sie auf einmal zu trödeln. Immer langsamer wurden ihre Schritte, der Abstand zu den anderen Läuferinnen schrumpfte von Sekunde zu Sekunde. »Lauf, Mädchen!«, schrien die Trainer, »lauf!« Aber sie ließ sich von der nächsten Läuferin einholen, lächelte sie an, und auch diese verlangsamte ihr Tempo. Und so kam es schließlich, daß am Ende die ganze Mädchengruppe gemeinsam die Ziellinie überquerte. Die Trainer waren außer sich. »Bist du krank?«, fragten sie. »Nein«, sagte das Mädchen. »Hattest du Muskelkrämpfe?« »Nein.« »Du hättest einen neuen Landesrekord erringen können! Du hast das Zeug zu einer ganz großen Karriere! Warum hast du deinen Sieg verschenkt?« »Es war so langweilig da vorne«, sagte das Mädchen. »Es macht viel mehr Spaß, gemeinsam mit den anderen zu laufen.« Da waren die Trainer sprachlos. »Ist das nichtwunderbar?«, sagte Teresa. Sie ist eine amerikanische Ordensschwester, die bei den von Bürgerkrieg und Elend bedrohten Menschen im südlichen Sudan lebt. Die Geschichte von dem kenianischen Mädchen erscheint fast unglaublich, denn sie geht gegen alles, was uns als das einzig Richtige präsentiert wird. Wer das Zeug hat, die Nummer eins zu sein, soll mit aller Kraft danach streben! Wer seine Haut nicht möglichst Gewinn bringend zu Markte trägt, gilt als töricht. Und wer nicht die nötige Härte gegen die Konkurrenz besitzt, ist eben kein richtiger Siegertyp. Die Medien sind beständig auf der Suche nach dem neuen »Supertalent«, nach dem »neuen Gesicht«, nach dem »Megastar«. Dabei sein ist alles, das war einmal das Motto der Olympischen Spiele. Das junge Mädchen aus Kenia hat es instinktiv beherzigt. Sie hatte ihre Begabung demonstriert, aber die Gemeinschaft mit den Kameradinnen war ihr wichtiger als ein überlegener Sieg. Die Geschichte aus Kenia ist auf exotische Weise untypisch. Der Sport von heute spiegelt den gnadenlosen Wettkampf wider, der Wirtschaft und Finanzwelt beherrscht. Die »Fusionitis« der Banken und Konzerne beleuchtet den ständigen Kampf um die Nummer eins, um Spitzenstellung und Vormachtposition. Wer bei solchen Verschmelzungen den Kürzeren zieht, wird als der Verlierer angeprangert. »The winner takes it all«, heißt es: Der Sieger nimmt sich alles. Aber was gibt er dran? Das Mädchen aus Kenia ahnte, wie einsam und kalt es wird, wenn man allein ganz oben steht. Daß diese Vormachtstellung teuer bezahlt werden muß, nämlich mit dem Verlust an Gemeinschaft, Nähe und Freundschaft. Wettbewerb ist nur eine Seite. Genauso wichtig sind Kooperation und Mitgefühl. Ich glaube, sie machen das Leben erst lebenswert. VON GEIKO MÜLLER-FAHRENHOLZ Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 1. April 2001 Melden Share Geschrieben 1. April 2001 Das Zeichen des Christentums ist nicht eine prächtige Kirche oder Kathedrale mit goldenen Gewändern und silbernen Verzierungen, mit einer erhebenden Liturgie und schöner Musik. K I R C H E buchstabiert man nicht wie Steine und Glocken, sondern wie du und ich. Die Kirche fängt nicht an und hört nicht auf, wo ihre Pläne und diplomatischen Vertretungen anfangen und aufhören. Sie fängt dort an und hört dort auf, wo du anfängst und ich vielleicht aufhöre. Man liest ihre Kraft nicht an Mitgliederzahlen und Spendenergebnissen, sondern an deiner Ausstrahlung und meiner Müdigkeit. Ihre Altäre und Bänke und Orgeln und Kanzeln sind entbehrlich, aber du und ich, wir dürfen ihr nicht abhanden kommen. Dome kann man in Kirchen ersetzen, Menschen nicht. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 2. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 2. April 2001 Vor kurzem bin ich umgezogen. Es fiel mir nicht leicht, meine alte Wohnung zu verlassen - und doch fühlte ich mich in der neuen überraschend schnell wohl. Das lag wohl vor allem an einem wesentlichen Unterschied: In der alten Wohnung war mir der Blick aus fast allen Fenstern durch dicht angrenzende Häuser und Mauern verbaut gewesen. Jetzt dagegen ist mein Blick nach draußen viel unverstellter: die Nachbarhäuser sind weiter entfernt, und außer ihnen kann ich auch Gärten, Straßen und den Himmel sehen. Mit einem Mal fühle ich mich viel freier, weiter, lebendiger! Auch in unseren Köpfen ist der Blick auf die Welt, auf andere Menschen und uns selbst manchmal "verbaut". Durch festgefügte und nie mehr in Frage gestellte Ansichten, durch Vorurteile, durch Gewohnheiten: "Sozialhilfeempfänger sind Schmarotzer." "Arbeitslose wollen ja gar nicht arbeiten." "Die Jugend von heute hat keine Manieren." "Du denkst nie auch mal an mich!" "Das habe ich schon immer so gemacht!" In der Fastenzeit erinnern die christlichen Kirchen daran, dass Jesus - so erzählt das Neue Testament - die Menschen dazu aufgerufen hat, umzukehren. Dem ursprünglichen Wortsinn nach geht es dabei zuallererst um einen inneren Vorgang. Man könnte den Ruf Jesu auch so übersetzen: "Ändert euren Sinn, denkt um!" Ich werde also aufgefordert, genauer auf mich selbst zu schauen: Welche Denkgebäude und Mauern schränken mein Blickfeld ein? Kann ich nicht manche von ihnen einreißen? Wenn das gelingt, könnte es sein, dass ich frei werde für ganz neue Ausblicke und Einsichten... Helga Melzer-Keller Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 3. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 3. April 2001 Was den Menschen begrenzt und elend macht, das haben in den letzten Jahrzehnten die Philosophen und Schriftsteller uns bis zum Überdruss dargelegt: Angst, Sorge, Schuld, das Absurde, das Scheitern und die Entfremdung gehören zur Existenz des Menschen; Krankheit ist sein Wesen; er ist ein Sein zum Tode. Es ist an der Zeit, einmal die andere Seite der Medaille zu betrachten. Nicht nur seine Mängel, auch seine Reichtümer, nicht nur seine Leiden, auch seine Freuden belehren uns darüber, was der Mensch ist. In jeder Kultur treffen wir das Phänomen der Freude an, und dieses lässt sich nicht funktionalistisch verstehen. Freude ist nie Mittel, sondern Selbstzweck. Der Mensch, der sich freut, ist nicht sich selbst entfremdet, sondern bei sich selbst. Singen und Lachen sind nicht nur geistige und seelische, sondern auch leibliche Phänomene. Essen und Trinken sind nicht nur leibliche, sondern auch seelische und geistige Phänomene. In jedem Verhalten bekundet der Mensch seine Leib-Seele-Geist-Natur. Sein ganzes Wesen wird von Freude erfüllt, wenn er sich diesem Tun hingibt. Die Betrachtung des singenden, lachenden, essenden oder trinkenden Menschen wird freilich nicht nur beglückende Bilder vor Augen bekommen. Überall erblicken wir neben Freude auch Schmerz, neben Glück auch Leid. Auch diese Phänomene zeigen, wie endlich und gebrochen der Mensch ist. Selbst hier, wo er einen Abglanz des verlorenen Paradieses zu genießen glaubt, hat er nie das Paradies selbst. Selbst in seinen frohesten Augenblicken bleibt er unbefriedigt. Immer hat er das Gefühl: Es müßte eigentlich alles ganz anders, viel besser, unendlich schöner sein. In Mythen stellt sich der Mensch Bilder jenes immerwährenden Festes nach dem Tode vor Augen, welche die Religionen ihm als Offenbarung verbürgen: Im künftigen Paradies wird er tun dürfen, was er immer gern tat, aber in ungetrübter Vollkommenheit: singen, lachen, essen, trinken, tanzen und spielen. Der Mensch ist ein zur Freude bestimmtes Wesen. Gisbert Kranz Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 4. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 4. April 2001 Talente Wer ganz schnell die 5 berühmtesten Maler aufzählen sollte, dem fällt bestimmt auch Vincent van Gogh ein. Weltberühmt sind seine Bilder und haben eine Revolution in der Malerei ausgelöst: Hier schwelgt einer hemmunglos in den Farben. Es ist als würde einen das Licht aus den Bildern direkt anstrahlen. Gemalte Lebensfreude ist das und weckt gute Laune. Kein Wunder, dass Ausstellungen mit seinen Bildern ein Publikumsmagnet sind und wenn eines seiner Bilder versteigert wird, dann ist es unbezahlbar. Die Lebensgeschichte dieses berühmten Mannes ist eher tragisch: Zu seinen Lebzeiten hat der, von dem heute ein einziges Bild 72 Millionen Mark bringt, nur ein einziges Bild billig verkauft. Und dazu hat er noch gesagt: "Ich mache mir immer wieder Vorwürfe, dass meine Malerei nicht wert ist, was sie kostet." Das ist schon keine Bescheidenheit mehr, sondern hier verachtet sich einer selbst. Jesus erzählt einmal ein Gleichnis: Jeder bekommt Talente mit: Manche nutzen sie, entfalten sich und vermehren das, was sie mitbekommen haben. Andere verstecken ihre Talente aus Angst davor, unzulänglich zu sein. So einer landet in einer selbsterbauten Hölle, warnt Jesus. Es führt nicht zum Leben, gering und verächtlich von sich denken. Es ist gar nicht gesagt, dass nicht mehr in einem steckt als man selbst meint. Petra C. Harring (Bayern1: "Auf ein Wort" Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 4. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 4. April 2001 "Lass das nicht zu sehr an dich herankommen", antwortete ich dem jungen Mädchen. Sie hatte mir von ihrer besten Freundin erzählt, die sich wegen psychischer Probleme in einer Klinik aufhalten mußte. Sie sorgte sich um sie und wollte helfen. Aber sie war auch ratlos und unsicher. Wir diskutierten darüber sehr angeregt miteinander und waren dabei gegensätzlicher Meinung. Schließlich entgegnete ich ihr: "Du darfst das Problem nicht so sehr an dich heran-lassen." Ich wollte ihr damit sagen: Pass auf dich auf und nimm dir nicht alles so zu Herzen. Lass dich nicht vereinnahmen. Jeder hat eben seine Grenzen. Gesteh dir das ein. Wie enttäuscht sie über meine Worte war habe ich ihrem Gesicht angemerkt. Das Gespräch brach bald ab. Ich habe mich später an Jesus und an den barmherzigen Samariter erinnert und schämte mich. Hilfe geschieht dort, wo einer keine Berührungsängste hat, nicht lange überlegt, sich auch die Finger schmutzig macht, weil er spürt, da ist jemand der meine Hilfe braucht. Genau das hat die junge Frau aus Sorge um ihre Freundin getan. Sie wollte helfen, so gut sie es eben konnte. Aus meiner Sicht vielleicht zu ungeschützt und eben jugendlich spontan. Die junge Frau hat mir aber gezeigt: Wenn ich wirklich helfen will, muss ich den Menschen mit seiner Not an mich herankommen lassen. Matthias Effhauser Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 7. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 7. April 2001 "Hunde-Tage" "Es gibt Tage, da wünscht ich, ich wär mein Hund", singt Reinhard Mey. Und er stellt sich vor, wie schön es wäre, "wenn sich alles nur ums Schlafen und ums Essen drehen würde, wenn man zu Besuchern sagen könnte: Tut mir leid, der den Sie sprechen wollen ist nicht da - und ich bin nur der Hund. Mir geht es - ehrlich gesagt - manchmal auch so! Ich habe gelegentlich das Bedürfnis, mich zurückzuziehen von den vielen Verpflichtungen des Alltags, von der Hetze, von den Problemen, vom Stress. Einfach nur "da sein dürfen", meine "Seele baumeln lassen". Das tun können, was mir Freude macht: Musik hören, Sport treiben, ein interessantes Buch lesen oder gut essen gehen. Aber oft bleiben diese Wünsche nur Träume. Der Alltag will, dass ich arbeite, koche, einkaufe, pünktlich zu Terminen komme, Leute besuche ... Die vielen täglichen Arbeiten lasten mich oft so aus, dass ich abends nur noch Zeit für einen "Fernseh-Schlaf" finde und dann müde ins Bett falle - denn morgen muss ich ja wieder fit sein. Lässt sich dieser Kreislauf durchbrechen? Es muss ja nicht gleich ein ganzer Tag sein, es genügen schon ein paar Minuten täglich. Eine kurze Zeit, die ich mir bewusst gönne, einfach für mich ... Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 10. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 10. April 2001 Das Zuhören können ist eine seltene Tugend. Oft sprechen Menschen, die beieinander stehen, sich gegenseitig an, reden und reden. Aber am Schluss weiß keiner so recht, was der andere eigentlich gesagt hat. Richtig betrachtet wollte jeder nur sein Mitteilungsbedürfnis befriedigen ohne die Bereitschaft, auf sein Gegenüber einzugehen. Nähe zwischen Menschen kommt so nicht zustande. Bei dem Zuhören, von dem hier die Rede ist, geht es nicht nur um ein kurzes Anhören dessen, was der Gesprächspartner einem mitteilen möchte. Es geht um weit mehr, nämlich darum, das Mitteilungsbedürfnis des anderen ernst zu nehmen. Nur wer sich innerlich ganz auf sein Gegenüber einstellt, kann dessen Anliegen und Probleme wirklich aufnehmen. Fahren wir unsere feinen Antennen aus und gehen wir auf Empfang, wenn wir spüren, daß unser Gegenüber uns braucht. Doch halten wir uns zurück mit vorschnellen Äußerungen. Lassen wir uns Zeit damit, uns eine Meinung zu bilden. Geben wir der Stille Raum, in der sich die Bedrückung lösen kann, verhalten wir uns wie ein guter Seelenarzt, der die Kunst des Zuhörens beherrscht. Kann zum Beispiel ein Patient - entspannt auf der Couch liegend - in einem stillen, abgedunkelten Raum ungestört über seine Konflikte sprechen, so bedeutet das für ihn oft schon die halbe Heilung. Zuhören ist mehr als stummes Gegenübersitzen. Es ist ein Eintauchen in die Welt des anderen, ist ein Miteinander. So öffnen sich Türen des Erkennens für beide. Dann fließen Ströme, die Veränderungen auslösen können. Hoffnung und Vertrauen werden zum Schwingen gebracht, wenn Sender und Empfang sorgfältig aufeinander eingestellt sind. Karl Konradin Lang Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 11. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 11. April 2001 Die beiden reden von Heirat: Sie Deutsche, er Ägypter, das kann doch heute kein Problem mehr sein. Im Urlaub zeigt er ihr die Hauptstadt Kairo, ein Besuch im Bazar darf dabei nicht fehlen. Und als die beiden vor einem Parfümladen stehen, zieht sie ihn lachend hinein, wenigstens einmal möchte sie die Wohlgerüche des Orients erschnuppern. An den Wänden des Ladens stehen Regale mit unzählig vielen Flaschen mit reinem Duftöl, daneben Glasflacons zerbrechlich und kostbar für einen teuren Inhalt. Der Verkäufer lädt die beiden ein, auf dem Sofa Platz zu nehmen, fragt, ob er Tee bringen soll und stellt die ersten Parfümflaschen auf den Tisch. Da geht die Ladentür ein zweites Mal auf. Zwei orientalische Mädchen kommen herein. Der Verkäufer ist längst nicht so freundlich, als die beiden sich auf das Sofa setzen wollen, aber die Frau und ihr Freund rutschen zusammen, auf dem Sofa ist auch Platz für vier. Die beiden unterhalten sich mit dem Mann und der übersetzt seiner Freundin: Die Mädchen sind zum ersten Mal in der großen Stadt, sie kommen vom Land und haben außer im Fernsehen noch nie eine Deutsche gesehen. Ob es ihr wohl etwas ausmacht, sich mit den beiden fotografieren zu lassen. "Nein, natürlich nicht", antwortet sie und lächelt für das Gruppenfoto. Das albern geht weiter, wird drängender und jetzt fragt sie: "Was redet ihr denn die ganze Zeit?" Wieder übersetzt der Mann: Sie wollen wissen, warum ich mir keine ägyptische Frau suche, ob denn deutsche Frauen besser sind? Mitten im Urlaub holen einen manchmal die Probleme und Vorurteile dieser Welt ein. Wann verstehen wir endlich, dass diese Erde die Heimat aller Menschen ist, wann kommen wir endlich dahin, wie es die Bibel sagt: Ein Fremdling soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst. Autor mir unbekannt Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
WeisserRabe Geschrieben 11. April 2001 Melden Share Geschrieben 11. April 2001 iudex ergo cum sedebit quidquid latet apparebit nil inultum remabit das heisst auf Deutsch.......... sitzt der Richter dann zu richten wird sich das verborgene lichten nichts kann vor der Strafe flüchten Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
WeisserRabe Geschrieben 11. April 2001 Melden Share Geschrieben 11. April 2001 pres meae non sunt dignae sed tu bonus fac benigne ne perenni cremer igne zwar nicht würdig ist Mein flehen doch aus gnade lass geschehen das Ich mög der Höll entgehen Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
WeisserRabe Geschrieben 11. April 2001 Melden Share Geschrieben 11. April 2001 confutatis maledictis flammis acribus addictis voca me cum benedictis wenn verdammt zur Hölle fahren die im Leben böse wahren ruf Mich zu den Selgen scharen Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
WeisserRabe Geschrieben 11. April 2001 Melden Share Geschrieben 11. April 2001 lacris mosa dies illa quar re surget ex favila ludicandus homoreus domina dona eis Requiem Tag der tränen Tag der wehen da vom Grabe wird erstehen zum Gericht der Mensch vol sünden lass GOTT erbarmen finden milder JESUS Heiland Du schenke Ihnen ewge Ruh Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franciscus non papa Geschrieben 12. April 2001 Melden Share Geschrieben 12. April 2001 Zitat von WeisserRabe am 22:37 - 11.April.2001 lacris mosa dies illa quar re surget ex favila ludicandus homoreus domina dona eis Requiem Tag der tränen Tag der wehen da vom Grabe wird erstehen zum Gericht der Mensch vol sünden lass GOTT erbarmen finden milder JESUS Heiland Du schenke Ihnen ewge Ruh mein lieber, ich liebe die lateinische sprache - aber wenn ein so großartiger text, wie die sequenz des requiems so verunstaltet wiedergegeben wird, dann ärgere ich mich einfach nur über menschen, die noch nicht mal fähig sind, ein paar zeilen ohne fehler abzuschreiben. wenn du doch geschwiegen hättest, du grosser weisser vogel :-( franz Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lissie Geschrieben 13. April 2001 Melden Share Geschrieben 13. April 2001 DESIDERATA Gehe gelassen inmitten von Lärm und Hast und denke daran, welcher Friede in der Stille sein mag. Soweit wie möglich, versuche mit allen Menschen auszukommen, ohne Dich zu unterwerfen. Sprich Deine Wahrheit ruhig und klar, und höhre anderen zu, auch den Dummen und Unwissenden, auch sie haben ihre Geschichte. Vermeide laute und aggressive Menschen, sie sind eine Plage für die Seele. Wenn Du Dich mit anderen vergleichst, dann magst Du eitel oder bitter werden, denn es gibt immer größere und geringere Menschen als Dich. Freue Dich über Deine Erfolge und Pläne. Nimm Deine Arbeit ernst, aber bleibe bescheiden, es ist ein wirklicher Besitz in den wechselnden Geschicken des Lebens. Sei vorsichtig mit geschäftlichen Dingen, denn die Welt ist voller Listen. Aber sei Du selbst. Besonders heuchle keine Zärtlichkeit. Sei aber auch nicht zynisch in Bezug auf die Liebe, denn angesichts aller Trockenheit und Entzauberung ist sie wiederkehrend wie das Gras. Nimm gütig das Lob der Jahre an und laß mit Anmut die Dinge der Jugend hinter Dir. Nähre die Stärke der Seele um in plötzlichem Unglück nicht schutzlos zu sein. Aber beunruhige Dich nicht mit Grübeleien. Abgesehen von einer gesunden Disziplin sei milde mit Dir selbst. Du bist ein Kind des Universums, nicht weniger als die Bäume und die Sterne. Du hast ein Recht hier zu sein. Und ob es Dir klar ist oder nicht, kein Zweifel, das Universum entfaltet sich wie es soll. Deshalb sei in Frieden mit Gott, wie immer Du ihn Dir auch vorstellst, und was immer Deine Mühen und Ziele sein mögen in der lärmenden Verwirrtheit des Lebens, halte Friede mit Deiner Seele. Mit all ihrem Schein, der Plackerei und den zerbrochenen Träumen, ist es doch eine schöne Welt! Sei achtsam und versuche glücklich zu werden. Gefunden in der alten St. Pauls-Kirche in Baltimore 1692 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 15. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 15. April 2001 Was man vergessen kann, hat wenig Gewicht für eine Vergebung. Aber was immer spürbar bleibt: die Wunde, der Schmerz, das unsagbare Leid, dies zu vergeben ist Großmut, ist Selbstüberwindung, genauer: ist Liebe. der Gläubiger hat das Recht, dem Schuldig gewordenen die Schuld zu behalten, ihn im Kerker seiner Schuld zu belassen, die Last der Schuld des anderen täglich neu zu machen. So lange, bis der Schuldner verzweifelt an seiner Last. Aber wird der gnadenlose Gläubiger, wird der zur Vergebung unfähige nicht auch schuldig am Schuldner? können zwei Menschen auf Dauer ohne Vergebung miteinander leben? können Gemeinschaften ohne Vergebung sein? können Völker, in deren Namen unmenschlich gehandelt wurde, ohne Vergebung fähig werden, ihre künftige Geschichte menschlich zu tun und zu schreiben? können Völker, an denen unmenschlich gehandelt wurde, den Gnadenakt der Vergebung auf immer unterlassen? was man vergessen kann, hat wenig Gewicht für eine Vergebung. Josef Reding Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 17. April 2001 Autor Melden Share Geschrieben 17. April 2001 Heute ist es gängige Praxis, seelische Probleme dadurch lösen zu wollen, dass man die Gemeinschaft sucht oder vielmehr die Nestwärme in der "Gruppe". Das offene Gespräch gilt als gesund, Schweigen als seelische Blockierung, beharrliches Schweigen als krampfhaft. Nun mag das Sich-Aussprechen in vielen Fällen den Leidensdruck mildern und eine Heilung herbeiführen. Aber es gibt auch einen anderen Weg. Der Mensch ist nicht nur ein soziales Wesen, die zwischenmenschliche Beziehung ist kein Allheilmittel. Frühere Epochen waren sich darin einig, dass der Schlüssel zum wahren Glück in der Beziehung des Menschen zum Göttlichen liege. Materialismus und Psychoanalyse haben diesen Aberglauben entlarvt. Aber am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts mehren sich die Zweifel, ob nicht vielleicht Freud und Marx auf dem Holzweg waren, als sie die Religion für überholt erklärten. Butterbrot und Orgasmus sind nicht alles. Der Mensch will mehr. Und er kann mehr. Er hat ein Potential in sich, das über alles hinausgeht, was die Gruppe leistet. Diese gewaltigen Kräfte werden jedoch erst dann freigesetzt, wenn der Mensch in die Einsamkeit geht, sich dem kosmischen Schweigen aussetzt und die Ewigkeit umarmt, so wie es Buddha, Jesus, die Wüstenväter, Rousseau, Nietzsche, Wittgenstein und unzählige andere vorgemacht haben. Sicher gibt es den krankhaften Rückzug aus der Gesellschaft, sicher gibt es den fruchtlosen Egotrip, aber genauso sicher gibt es die Expedition in die Einsamkeit, die bei ihrer Rückkehr einen spirituellen Schatz für alle mitbringt, und sei es nur der Widerschein des Wunders auf einem heiteren Gesicht. Friedhelm Moser Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Torsten Geschrieben 17. April 2001 Melden Share Geschrieben 17. April 2001 moderation mode Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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