Wie haltet Ihr es mit der Ehrlichkeit?

[utah-r]

Das ist doch recht interessant, was sich da abzeichntet. Eigentlich hätte ich gedacht, dass sich die meisten für die goldene Mitte entscheiden, denn ich habe im Alltag immer die Erfahrung gemacht: So ein bischen schwindeln ist ja nicht schlimm. Kleines Kavaliersdekikt. Hier stellt sich das Ganze anders da. Entweder die Entscheidung für das Bestreben, ehrlich zu sein, oder das klare Bekenntnis: Mir macht es nichts aus zu lügen. Ganz im krassen Gegensatz, wie ich es sonst erlebe. Das gibt mir zu denken.

[Elrond]

Ich darf da mal zitieren (und hoffe, dass es erlaubt ist, solange das Copyright drunter steht):

 

Lügen gehört zum Alltag

 

Lug und Trug sind in Alltagssituationen weit verbreitet. Schon während einer

zehnminütigen Konversation erzählen die Gesprächspartner im Schnitt zwei bis

drei Lügen, um besonders sympathisch oder kompetent zu erscheinen. Dies

berichten amerikanische Psychologen im Fachblatt "Basic and Applied Social

Psychology"

 

"In einer alltäglichen Konversation erzählen die Leute eine beträchtliche

Zahl von Lügen", so Robert Feldman von der University of Massachusetts in

Amherst. "Das war ein sehr überraschendes Resultat. Wir hatten nicht erwartet,

dass Lügen im Alltag derart verbreitet sind."

 

...

 

 

Veröffentlicht in Basic and Applied Social Psychology, Vol. 24, No. 2, Juni

2002, pp 163-70

WWW:

Homepage Robert Feldman: http://www-unix.oit.umass.edu/~rfeldman/

Jeanette's Lie and Deception Page:

http://mitglied.lycos.de/JeannetteSchmid/d.../deception.html

Kommunikation und Lüge: http://www.rhetorik.ch/Wahrheit/Wahrheit1.html

 

Carsten Meinke / JKM

meinke@jkm-media.de

© 11.6.2002 JKM Media

[Gast Claudia]

Ich denke mal, jemanden einen Lügner nennen wird man erst, wenn er die Unwahrheit in Dingen gesagt hat, die (einem selbst) wichtig sind. Kleine Not-Lügen fallen bei mir nicht unter sündhhafte Unehrlichkeit. Dabei sind natürlich immer auch die Konsequenzen für andere im Vordergrund zu sehen.

[utah-r]

Ein Notlüge ist für mich eine Lüge, die devinitiv aus akuter Not retten soll. Dabei meine ich nicht Unbequemlichkeiten, sondern jemanden aus Lebensgefahr befreien oder ähnliches. Sozusagen fringsen. Für Nichtkölner: Kardinal Frings hatte nach dem Ende des 2. Weltkrieges das Problem, dass die katholischen Kölner Kohlen und Kartoffeln klauten und wenn sie erwischt wurden natürlich logen. Aber als gute Christen gingen sie Samstags ihre Untaten beichten, was zur Folge hatte, dass die Priester mit Beichten überlastet waren. Er lies verkünden: Wer aus NOT Kohlen und Kartoffeln stielt braucht nicht zur Beichte zu gehen. Seit dem heißt das hier einfach fringsen. Das ist für mich eine Notsituation, nicht aber ein sich möglichst elegant aus der Affäre ziehen. Da sehe ich einen gewaltigen Unterschied.

[Cano]

Ein Notlüge ist für mich eine Lüge, die devinitiv aus akuter Not retten soll.

An meine letzte Notlüge kann ich mich nicht mehr erinnern. Dafür bin ich wohl zu selten in akuter Not gewesen. Aus Vernunftsgründen lüge ich jedoch mit einer gewissen Regelmäßigkeit, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.

[Volker]

In akuter Not zu lügen halte ich auch für kein Vergehen - außer, man hat sich selbst und willentlich in diese Notsituation gebracht. Um ein Leben zu retten halte ich fast jede Lüge für gerechtfertigt.

 

Aber im Alltag wir tatsächlich sehr viel häufiger gelogen, als jeder glaubt. Die von Elrond zitierte Untersuchung (und ähnliche) sind ein Beweis dafür. Auch hier wieder haben wir etwas, was in fast allen bekannten und untersuchten Kulturen gleich ist: Die Menschen halten Lügen im Allgemeinen für falsch, praktizieren es aber im Besonderen. Vor allem halten es die Menschen natürlich für falsch, belogen zu werden.

 

Was lernen wir daraus? Wer sich einer Sache verhältnismäßig sicher sein will, der verlasse sich besser nicht auf die Aussagen anderer Menschen ...

[Cano]

Die Menschen halten Lügen im Allgemeinen für falsch, praktizieren es aber im Besonderen.

Letzteres aus gutem Grund. Lügen sind für ein streßfreies Miteinander unentbehrlich.

[Christoph Overkott]

Jeder Mensch soll sich aus Liebe um die Wahrheit bemühen.

[Stefan]

Hier stellt sich das Ganze anders da. Entweder die Entscheidung für das Bestreben, ehrlich zu sein, oder das klare Bekenntnis: Mir macht es nichts aus zu lügen. Ganz im krassen Gegensatz, wie ich es sonst erlebe. Das gibt mir zu denken.

Die Abstimmung ist anonym, das fördert die Ehrlichkeit.

[Thofrock]

Die ganzen "absolut Ehrlichen" würd ich gern mal wissen. Könnt ihr euch nicht mal outen ?

[Christoph Overkott]

Aber bitte nur in der Beichte.

[Gast Claudia]

Die ganzen "absolut Ehrlichen" würd ich gern mal wissen. Könnt ihr euch nicht mal outen ?

Ich habe das angepinnt, weil ich Notlügen nicht als Lügen ansehe, sondern nur das, wo Unehrlichkeit und Bestechlichkeit für andere negative Folgen hat. Sonst wär´s ja auch keine Sünde. Ich bin da pragmatisch. Lüge / Unehrlichkeit ist nur dann schlecht, wenn es anderen schadet. Und da bin ich ziemlich eisern.

[utah-r]

Letzteres aus gutem Grund. Lügen sind für ein streßfreies Miteinander unentbehrlich.

 

Es setzt mich persönlich viel mehr unter Stress, wenn ich belogen werde oder lügen muss, als wenn ich ehrlich bin. Aber es stimmt, viele Leute können nicht mit der Wahrheit umgehen. Das ist besonders krass im Geschäftsleben. Wenn man da immer ehrlich ist, hat man es oft mit Kunden schwer. Ich glaube, das ist mein größtes Handicap im Geschäft gewesen: ich war definitiv zu ehrlich! Aber ist diese Tatsache im Grunde nicht sehr traurig?

[Thofrock]

Oha, Claudi, wenn ich die Fragen formuliert hätte würd ich das nicht anerkennen. Notlügen gehören meiner Meinung nach zunächst mal in die Kathegorie der Lügen. Deshalb gilt Ehrlichsein ja auch manchmal als dumm.