Jump to content

Naturwissenschaften und Kirche


ubiveritas

Recommended Posts

Dieser Thread wurde nicht von ubiveritas eröffnet, es ist ein Splitting aus:Ist der Glaube Folge einer freien Entscheidung?

 

 

Lieber Volker!

 

Bei meinem Vater war es sein starkes naturwissenschaftliches Interesse, welches ihn vom Glauben abgebracht hat.

 

Glaubst Du das, glaubt Dein Vater das und was hat das eine überhaupt mit dem anderen zu tun?

Wie an anderer Stelle schon (zu) oft dargestellt, haben naturwissenschaftliche Erkenntnis und christlicher Glauben keinen, aber auch wirklich garkeinen Einfluss aufeinander.

 

Es gilt zu wiederholen: Weder ersetzt Glauben naturwissenschafliche Erkenntnis, noch lässt sich Glauben logisch beweisen, noch widerlegen. Diese Aspekte sind einander wesensfremd. Um auch diesen Einwandt schon vorwegzunehmen: Ja, bedauerlicherweise halten sich nicht immer alle an diesen Grundsatz...

 

ubiveritas

bearbeitet von Lucia Hünermann
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es gilt zu wiederholen: Weder ersetzt Glauben naturwissenschafliche Erkenntnis, noch lässt sich Glauben logisch beweisen, noch widerlegen. Diese Aspekte sind einander wesensfremd.

Ja, wer den Glauben nötig hat, läßt sich durch nichts davon abbringen. Vermutlich nicht einmal durch den Beweis des Gegenteils.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wie an anderer Stelle schon (zu) oft dargestellt, haben naturwissenschaftliche Erkenntnis und christlicher Glauben keinen, aber auch wirklich garkeinen Einfluss aufeinander.

Da irrst du dich aber gewaltig.

 

Warum wohl hat die kath. Kirche ihre im europäischen Bereich (fast) grenzenlose Macht verloren? Wegen den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wie an anderer Stelle schon (zu) oft dargestellt, haben naturwissenschaftliche Erkenntnis und christlicher Glauben keinen, aber auch wirklich gar keinen Einfluss aufeinander.

 

Als Anhänger der darwinschen Evolutiontheorie empfinde ich mich selbst als einen Teil der Evolution und als einen Teil der Natur. Ich begreife auch die Menschheitsgeschichte in gewisser Weise als einen evolutionären Prozess. Und ich sehe auch eine Evolution des monotheistischen Glaubens. Ich sehe ihn sowohl innerhalb der christlichen Kirchen, wie auch innerhalb der katholischen Kirche. Auch der katholische Glaube hat sich im Wandel der Zeiten ständig verändert.

 

Naturwissenschaftliche Erkenntnis mag keinen Einfluß auf den christlichen Glauben haben. Aber auf meinen schon.

bearbeitet von Winni
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wie an anderer Stelle schon (zu) oft dargestellt, haben naturwissenschaftliche Erkenntnis und christlicher Glauben keinen, aber auch wirklich garkeinen Einfluss aufeinander.

Da irrst du dich aber gewaltig.

 

Warum wohl hat die kath. Kirche ihre im europäischen Bereich (fast) grenzenlose Macht verloren? Wegen den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen.

Lieber pedrino!

 

Nein, die Behauptung ist kein Irrtum! Du hast mein Posting nicht richtig gelesen.

Ich spreche von Glauben und naturwissenschaftlicher Erkenntnis und nicht von der Macht der kath. Kirche. Ausserdem habe ich erwähnt, dass beide "Parteien" den Fehler gemacht haben, sich in das andere Gebiet "einzumischen":

 

Es wurde versucht, naturwissenschaftliche Erkenntnislücken zu stopfen (Entstehung der Welt, Tortenbodenerde u.s.w), als auch andersrum der Versuch, Gott "wegbeweisen" zu wollen, indem behauptet wird, es sei kein Platz mehr für ihn in einer aufgeklärten Welt.

Beide Versuche müssen zwangsläufig scheitern.

Dass solche gescheiterten Versuche stattgefunden haben, lässt die Richtigkeit meiner Behauptung unbeeinflusst.

 

Vielleicht ist aber auch meine Formulierung missverständlich gewesen, denn ich meinte mit "keinen Einfluss haben können", dass diese Gebiete einander "wesensfremd" sind. Der "Einfluss", den Du vielleicht meinst, ist dann das Ergebnis der oben beschriebenen Fehlversuche.

 

ubiveritas

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wissenschaftliche Erkenntnis und religiöser Glaube sind permanent aufeinandergeprallt, sei es bei Galilei, sei es bei Darwin. An vorderster "christlicher Front" wird immer noch gegen Darwin gekämpft, sei es als Kreationismus, sei es als "Intelligentes Design". Die katholische Kirche war diesmal allerdings schlauer als zu Zeiten Galileis, 1996 hat der Papst die Evolutionstheorie offiziell anerkannt, Galilei wurde offiziell rehabilitiert. Außerdem hat sich die Kirche im KKK sogar vom "Lückenbüßergott" distanziert (ich bin zu faul, das jetzt nachzuschlagen ...), was ebenfalls zu ihren Gunsten spricht.

 

In den letzten Jahren ist es etwas ruhiger geworden. Die Wissenschaftler versuchen, sich den Rücken freizuhalten - sie haben genug gegen Vorurteile zu kämpfen, bei einem Zweifrontenkrieg zusätzlich gegen den Glauben könnten sie nur verlieren. Dazu hat Stephen J. Gould, den ich an sich sehr schätze, eine völlig schwachsinnige Theorie namens NOMA (= Non-Overlapping MAgistera) entwickelt, die zu zeigen versucht, was ubiveritas hier behauptet.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wissenschaftliche Erkenntnis und religiöser Glaube sind permanent aufeinandergeprallt, sei es bei Galilei, sei es bei Darwin.

Lieber Volker!

 

Dieses Aufeinanderprallen ist das Resultat eben jenes Missverständnisses, welches aus dem (zum Scheitern verurteilten) Versuch der gegenseitigen Einflussnahme entsteht.

 

Hier ein paar Wiederholungen aus dem Posting: "Das letzte christliche Jahrhundert in Europa".

 

Es ist nicht möglich, aus dem Glauben Nuturgesetze herzuleiten oder "anzuzweifeln".

Ebenso kann man mit Wissenschaft nicht Glaube und Religion widerlegen oder "beweisen".

Religion und Wissenschaft stehen sich neutral gegenüber.

 

Sie versuchen im übrigen auch völlig verschiedene Fragen zu beantworten:

Wissenschaft: "Wie?"

Religion: "Warum und wozu?"

 

Viele bedeutende Wissenschaftler waren trotzdem gläubige Menschen. Andersrum natürlich auch und das Gegenteil trifft auch oft zu; was meine Behauptung noch untermauert.

 

Die Behauptung, dass naturwissenschaflicher Fortschritt Glaubensaussagen unglaubwürdiger machen könne, bewegt sich auf dem gleichen logischen Niveau wie beispielsweise:

 

>>Die physikalischen Modelle, mit denen man die Flugbahn eines Fussballs berechnen kann, werden immer genauer. Das macht die FIFA immer unglaubwürdiger und legt die Abschaffung des Fussballspiels nahe.<<

 

ubiveritas

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dieses Aufeinanderprallen ist das Resultat eben jenes Missverständnisses, welches aus dem (zum Scheitern verurteilten) Versuch der gegenseitigen Einflussnahme entsteht.

Lieber ubiveritas,

 

genau dieses versucht Gould mit seiner NOMA-Theorie zu zeigen. Ich bin aber nicht sehr überzeugt davon. Den Wissenschaft lehrt einen Skeptizismus gegenüber jeglicher Erkenntnis. Natürlich kann man sich eine Weile selbst dagegen "abschirmen" und den Skeptizismus nicht auf den Glauben anwenden, aber wenn man es tut, dann wird der Glauben erschüttert.

 

Und die entscheidende Frage ist: Warum sollt man den Skeptizismus nicht auf den Glauben richten? Darauf hat die moderne Philosophie eine Antwort, nämlich die: Je weniger skeptisch man ist, umso mehr neigt man zu Irrtümern. Der einzige Grund, dem Glauben gegenüber nicht skeptisch zu sein, ist dieser: Man möchte nicht wissen, ob man sich im Irrtum befindet oder nicht.

 

Nehmen wir mal eines der beliebtesten Argumente für den Glauben - die Wunder. Die Bibel ist voller Wundergeschichten, ebenso die Kirchengeschichte. Allerdings nahem die Anzahl der Wunder kontinuierlich ab. Das lässt sich sehr gut bei Lourdes zeigen, den Wunderort, über den wir die genaueste Statistik haben. Seit etwa 120 Jahren pilgern dort Menschen hin, weil sie auf eine Wunderheilung hoffen. Insgesamt 66 Wunder sind anerkannt, davon nur 3 in den letzten 30 Jahren (Quelle: Über Heilungen und Wunder am französischen Wallfahrtsort Lourdes).

 

Warum nehmen die Wunder ab? Nimmt der Glauben ab (allerdings haben noch nie zuvor - absolut gesehen - soviele Menschen an Gott geglaubt wie heute)? Entfernt sich Gott?

 

Es gibt dafür viel einfachere Erklärungen: Je genauer man hinsieht, je mehr die medizinische Wissenschaft kann, umso weniger Wunder gibt es. Das ist wie mit den UFOs: Je mehr und lückenloser die Erde überwacht wird - vor allem aus dem All - umso weniger UFOs werden gesichtet. In meinem Glossar hatte ich etwas spöttisch definiert:

 

Wunder: Ein Ereignis, welches dann und nur dann geschieht oder geschehen kann, wenn gerade kein Skeptiker anwesend ist oder eine andere Person, die mit kritischer Methode vertraut ist (z. B. ein Wissenschaftler). Wird meist verkehrt herum definiert als "ein auf göttliche Einwirkung oder auf übernatürliche Kräfte zurückgeführtes Phänomen, das den Erkenntnis- und Erfahrungshorizont des Menschen übersteigt und den Gesetzen der Naturwissenschaften widerspricht" (laut Microsoft-Encarta) - denn es werden alle paar Jahre Phänomene entdeckt, die den (bekannten) Naturgesetzen widersprechen, dann werden die Naturgesetze geprüft und dem geänderten Wissen angepasst, und es wird keineswegs mehr angenommen, dass da ein Gott eingegriffen hat. Deswegen kann per definitionem nichts den Naturgesetzen widersprechen.

 

Das impliziert aber noch mehr - nämlich, dass man, je mehr man in die Zeit zurückgeht, umso weniger konnten die Menschen zwischen "echten" und "falschen" Wundern unterscheiden. Und umso häufiger müssen sie sich früher getäuscht haben.

 

Dann noch die Argumente von David Hume: Wenn man sich entscheidet, ob ein Ereignis ein Wunder war oder auf Täuschung und Irrtum basiert, dann nehme man stets letzteres an, weil es sehr, sehr wahrscheinlich ist, dass Menschen sich täuschen und sich irren (es liegt in unserer Natur). Nur wenn die Möglichkeit, dass die Menschen sich geirrt haben, sehr viel wunderbarer und unwahrscheinlicher wäre als ein Wunder, darf man annehmen, dass das Wunder tatsächlich passiert ist.

 

Diese (und eine Reihe weiterer Argumente) haben dazu geführt, die Glaubwürdigkeit biblischer Wunderberichte zu unterminieren. Denn die Wissenschaft hat sich stets mit dem Wunderbaren beschäftigt - und es zum Teil eufgelöst. Damit ist eine wichtige Stütze dem Glauben genommen worden. Es gibt heute keine Möglichkeit mehr, sich auf Wunder oder Märtyrer o. ö. zu berufen, um von der "Wahrheit" des Glaubens zu reden (es sei denn in Ignoranz der ganzen Argumente). Und der Skeptizismus kann noch mehr.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lieber Volker,

 

bei den ganzen Threadteilungen in der letzten Zeit ist es schwer, den Diskussionsfaden überhaupt wiederzufinden... aber egal, also hier:

 

Dieses Aufeinanderprallen ist das Resultat eben jenes Missverständnisses, welches aus dem (zum Scheitern verurteilten) Versuch der gegenseitigen Einflussnahme entsteht.

genau dieses versucht Gould mit seiner NOMA-Theorie zu zeigen. Ich bin aber nicht sehr überzeugt davon. Den Wissenschaft lehrt einen Skeptizismus gegenüber jeglicher Erkenntnis. Natürlich kann man sich eine Weile selbst dagegen "abschirmen" und den Skeptizismus nicht auf den Glauben anwenden, aber wenn man es tut, dann wird der Glauben erschüttert.

Na ja, nicht die Wissenschaft lehrt den Skeptizismus - das tut die Philosophie. Die Wissenschaft hat sich das nur mit einigem Erfolg zunutze gemacht. Das Problem ist aber - wie oft in der Philosophie -, daß vieles, was zum -ismus wird, dazu neigt, sich selbst zu übertreiben (und bevor Du es sagst: ja, auch beim Katholiz-ismus besteht diese Gefahr, aber das ist ein anderes Thema).

 

So bei der - sehr wertvollen - Skepsis, wenn sie zum Skeptizismus wird. Das Problem dabei ist die Halbblindheit, die dabei um sich greift.

 

Und die entscheidende Frage ist: Warum sollt man den Skeptizismus nicht auf den Glauben richten?

Nennen wir es nicht Skeptizismus, nennen wir es Skepsis, und ich bin dabei.

 

Darauf hat die moderne Philosophie eine Antwort, nämlich die: Je weniger skeptisch man ist, umso mehr neigt man zu Irrtümern. Der einzige Grund, dem Glauben gegenüber nicht skeptisch zu sein, ist dieser: Man möchte nicht wissen, ob man sich im Irrtum befindet oder nicht.

Und die Theologie hat darauf eine recht einfach Antwort: immer nur her mit der Skepsis.

 

Nehmen wir mal eines der beliebtesten Argumente für den Glauben - die Wunder.

Ja, nehmen wir genau dieses Beispiel, nur zu gerne!

 

Die Bibel ist voller Wundergeschichten, ebenso die Kirchengeschichte. Allerdings nahem die Anzahl der Wunder kontinuierlich ab.

Das ist nun kein Wunder... :blink:

 

Ich sagte es neulich schon im Parallelthread: die Wundergeschichten in der Bibel sind eigentlich für damalige Verhältnisse völlig unspektakulär - wenn Du dabei darauf abhebst, daß es um „unerklärliche Ereignisse“ geht. Die Zahl der „Wunder“ hat abgenommen - damals war sie enorm hoch. Damals hat es an jeder Hausecke dreimal am Tag ein Wunder gegeben. Trivialerweise: damals war den Leuten sehr viel weniger klar, wie etwa naturwissenschafltiche Zusammenhänge aussehen. Eine Heilung war damals immer, ohne jede Ausnahme ein Wunder (und nicht zuletzt für den behandelnden Arzt). Jede Heilung wurde zuallererst auf göttliches Wirken zurückgeführt und eben nicht darauf, daß der Arzt ein Handwerk oder eine Kunst beherrschte - und deshalb war es auch selbstverständlich, nach erfolgter Heilung dem Gott zu opfern.

 

Es gibt etliche Berichte von anderen „Wundertätern“ zur Zeit Christi, von denen heute nur noch ein paar Altphilologen überhaupt noch etwas wissen. Der Grund, weshalb die Wunder Christi etwas besonderes sind, hat nichts damit zu tun, daß sie den Leuten unerklärbar gewesen wären. Sie waren ja durchaus erklärbar: der Typ hat einen Draht zu übernatürlichen Mächten, that’s all. Sicher, den hatte nicht jeder - aber so etwas besonderes war es auch nicht.

 

Es gibt dafür viel einfachere Erklärungen: Je genauer man hinsieht, je mehr die medizinische Wissenschaft kann, umso weniger Wunder gibt es.

Nein. Je genauer man hinsieht, desto weniger unerklärliche Erscheinungen gibt es. Das hat mit einem Wunder aber herzlich wenig zu tun - jedenfalls damit, was die Wunder Christi ausgezeichnet hat.

 

Wunder: Ein Ereignis, welches dann und nur dann geschieht oder geschehen kann, wenn gerade kein Skeptiker anwesend ist oder eine andere Person, die mit kritischer Methode vertraut ist (z. B. ein Wissenschaftler). Wird meist verkehrt herum definiert als "ein auf göttliche Einwirkung oder auf übernatürliche Kräfte zurückgeführtes Phänomen, das den Erkenntnis- und Erfahrungshorizont des Menschen übersteigt und den Gesetzen der Naturwissenschaften widerspricht" (laut Microsoft-Encarta) - denn es werden alle paar Jahre Phänomene entdeckt, die den (bekannten) Naturgesetzen widersprechen, dann werden die Naturgesetze geprüft und dem geänderten Wissen angepasst, und es wird keineswegs mehr angenommen, dass da ein Gott eingegriffen hat. Deswegen kann per definitionem nichts den Naturgesetzen widersprechen.

Genau - die Definition der Encarta ist falsch. Aber Deine ist es leider auch - spöttisch oder nicht. Denn sie trifft gerade nicht das, was ein Wunder ausmacht.

 

Ein Wunder ist nicht einfach etwas unerklärliches oder den Naturgesetzen widersprechendes. Wie Du so schön und richtig sagst: nichts kann den Naturgesetzen widersprechen - und zwar per definitionem. Beachte: per definitionem! Der Begriff „Naturgesetz“ ist so definiert, daß es einen Widerspruch dagegen nicht gibt. Gibt es einen Widerspruch, dann ist das eben kein Naturgesetz gewesen.

 

Ups - da soll doch keiner sagen, daß es in der Wissenschaft keine „echten Schotten“ gibt...

 

Da die Wissenschaft - was übrigens völlig richtig ist - jegliche Erscheinung als erklärbar, höchsten im Moment noch nicht erklärt definiert (um nicht zu sagen: dekretiert), kann ein Wunder kein Verstoß gegen ein Naturgesetz sein.

 

Und das stimmt auch. Die Kategorie „Widerspruch oder Konformität mit Naturgesetzen“ ist für ein Wunder so sinnvoll wie die Kategorie „laut oder leise“ für eine Farbe.

 

Das impliziert aber noch mehr - nämlich, dass man, je mehr man in die Zeit zurückgeht, umso weniger konnten die Menschen zwischen "echten" und "falschen" Wundern unterscheiden. Und umso häufiger müssen sie sich früher getäuscht haben.

„Echte“ Wunder, „falsche“ Wunder?

Echte Naturgesetze - Falsche Naturgesetze?

Echte Schotten - Falsche Schotten?

 

Diese (und eine Reihe weiterer Argumente) haben dazu geführt, die Glaubwürdigkeit biblischer Wunderberichte zu unterminieren. Denn die Wissenschaft hat sich stets mit dem Wunderbaren beschäftigt - und es zum Teil eufgelöst.

Das Problem ist nur, daß da, wo die Wissenschaft hinschaut - und auch nur hinschauen kann -, gar nichts wunderbares ist.

 

Das Wunderbare an der Speisung der fünftausend ist nicht, daß da einer einen Fisch auf den Farbkopierer gelegt hat. Das wunderbare war, daß da Leute satt geworden sind - und das in mehr als einer Hinsicht. Wie die das geschafft haben - pfffft.

 

Damit ist eine wichtige Stütze dem Glauben genommen worden. Es gibt heute keine Möglichkeit mehr, sich auf Wunder oder Märtyrer o. ö. zu berufen, um von der "Wahrheit" des Glaubens zu reden (es sei denn in Ignoranz der ganzen Argumente).

Mit dem, was Du ansprichst, ist dem Glauben etwas anderes genommen worden: ein Wildwuchs, ein Aberglauben.

 

Die „Unerklärlichkeit“ der Wunder, der scheinbare Bruch der Naturgesetze war auch und gerade zu Christi Zeiten nichts, womit man den Glauben stützen könnte. Damals war sowieso fast alles unerklärlich - und ob es nun der liebe Gott oder ein böser Dämon war, der dem Wundertäter geholfen hat, war anhand der „Ungewöhnlichkeit“ des Wunders nicht zu erkennen. Wunder oder Hexerei, verehrungs- oder gar anbetungswürdig oder fluchwürdig - das konnte beides sein.

 

Was den Glauben ge- und begründet hat, war etwas völlig anderes. Und das ist es damals wie heute, ganz egal, wieviel Naturwissenschaft sich „dazwischenschaltet“.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lieber Sven!

 

bei den ganzen Threadteilungen in der letzten Zeit ist es schwer, den Diskussionsfaden überhaupt wiederzufinden... aber egal, also hier:

 

Du sagst es.

 

Ein Wunder ist nicht einfach etwas unerklärliches oder den Naturgesetzen widersprechendes. Wie Du so schön und richtig sagst: nichts kann den Naturgesetzen widersprechen - und zwar per definitionem. Beachte: per definitionem! Der Begriff „Naturgesetz“ ist so definiert, daß es einen Widerspruch dagegen nicht gibt. Gibt es einen Widerspruch, dann ist das eben kein Naturgesetz gewesen.

 

Ups - da soll doch keiner sagen, daß es in der Wissenschaft keine „echten Schotten“ gibt...

 

Da die Wissenschaft - was übrigens völlig richtig ist - jegliche Erscheinung als erklärbar, höchsten im Moment noch nicht erklärt definiert (um nicht zu sagen: dekretiert), kann ein Wunder kein Verstoß gegen ein Naturgesetz sein.

 

Du definierst "Naturgesetze" auf eine metaphysische Art (ich habe denselben Fehler auf meiner Website auch gemacht!). Mein Fehler. Aber Naturgesetze im eigentlichen Sinne gibt es überhaupt nicht - jedes Naturgesetz ist eine rein menschliche Erfindung, eine Konstruktion. In Naturgesetzen steckt auf abstrake Art drin, was wir über die Natur wissen und was wir vermuten (und der Übergang zwischen Wissen und Vermutung ist so fließend, dass alles Wissen als "Vernutungswissen" zu klassifizieren wäre).

 

Folglich gibt es Ereignisse, die wir mit unserem bisherigen Wissen nicht erklären können. Mehr noch, es gibt auch Dinge, die wir in absehbarer Zeit nicht werden erklären können, z. B. "Was geschah vor dem Urknall?" und ist das überhaupt eine sinnvolle Frage?

 

Wenn wir nun ein unerklärliches Phänomen haben, dann kann dies mit unserem Wissen über die Natur "kollidieren", d. h. unser "Wissen" als falsch entlarven. Häufig findet man dann eine weitere Erklärung (manchmal findet man auch keine), die man für wahr halten kann, bis man das nächste Ereignis entdeckt, welches dem widerspricht. Folglich passieren permanent Ereignisse, die gegen die uns bekannten Naturgesetze verstoßen. Und nun kann zweierlei passieren - man findet eine Erklärung oder man findet keine. Und wenn man eine findet, dann kann diese richtig oder falsch sein. Ob sie richtig ist, können wir niemals wissen, wir können nur wissen, ob sie falsch ist.

 

Das gilt auch für Wunder - wir wissen nicht, ob es sich um ein Wunder handelt. Nur wenn es sich um kein Wunder handelt, können wir es mit der Zeit erfahren. Aber das wissen wir noch nicht heute. Nun zu behaupten, dass wir es mal wissen werden, ist eine metaphysische Spekulation. Deswegen gibt es in der Wissenschaft eben doch keine wahren Schotten - erst der Akt der metaphysischen Spekulation macht einen daraus (das ist mir erst jetzt klar geworden - Auweia).

 

So, ich werde erstmal ein wenig Unsinn auf meiner Website aufräumen müssen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Du definierst "Naturgesetze" auf eine metaphysische Art (ich habe denselben Fehler auf meiner Website auch gemacht!). Mein Fehler. Aber Naturgesetze im eigentlichen Sinne gibt es überhaupt nicht - jedes Naturgesetz ist eine rein menschliche Erfindung, eine Konstruktion. In Naturgesetzen steckt auf abstrake Art drin, was wir über die Natur wissen und was wir vermuten (und der Übergang zwischen Wissen und Vermutung ist so fließend, dass alles Wissen als "Vernutungswissen" zu klassifizieren wäre).

Aehnliches hat Lucia in irgendeinem anderen Thread auch vor ein paar Tagen als Spott gesagt (sie fragte, aus dem Gedaechtnis zitiert, ob es Willkuer ist, dass positive und negative Ladungen sich anziehen); dies ist offensichtlich nicht ihre Meinung.

 

Naturgesetze sind nichts weiter als abstrahierte Naturbeobachtungen. Sobald eine Naturbeobachtung haeufig genug gemacht wird, ist es eine Frage der geistigen Effizienz, sie zum Naturgesetz zu machen. Einfaches Beispiel: Immer wenn ich einen Raben sehe, ist der schwarz. Ich habe schon eine ganze Menge Raben gesehen, und ich habe mir echt Muehe gegeben, ueberall nach Raben zu suchen, und sie waren alle schwarz. Also stelle ich folgendes Naturgesetz auf: "alle Raben sind schwarz". Dann faengt eine heftige Diskussion in der Wissenschaft an (zu dem Thema bitte das Buch von Thomas Kuhn lesen), und alle Leute kommen mit Beispielen an. Die meisten werden mir zustimmen. Irgendjemand kommt an, und sagt dass er immer winzigkleine gruene Raben mit einem roten Hals sieht. Nach etwas Nachforschung und Diskussion stehlt sich raus, das der gute Mensch Raben und Kolibris verwechselt hat. Nach ein paar Monaten oder Jahren hoert die Diskussion einfach auf, es wird langweilig, und alle Leute glauben an das obige Naturgesetz. Irgendwann mal wird vielleicht jemand mit einem weissen Raben ankommen, und die Diskussion faengt wieder an. Und wenn er Recht hat, dann wird das Naturgesetz hinfaellig, oder es muss leicht geaendert werden (z.B. alle Raben sind schwarz, ausser in der Naehe vom Chemiewerk, wo es sie in allen Farben gibt). Oder man stellt fest, das der weisse Rabe eine Faelschung war. Oder das der arme Trottel sich geirrt hat, und eine neue Sorte von fliegendem Pinguin entdeckt hat.

 

In den Naturwissenschaften wird das ganze dann viel komplizierter, weil wir mathematische Modelle dazutun. Dies aendert aber nicht das Prinzip. Um zu den Ladungen zurueckzukommen: Zuerst haben wir nur festgestellt, dass sie sich anziehen, oder auch nicht. Dann haben wir die Anziehung gemessen, und als Vorschlag mal das Coulomb'sche Gesetz aufgestellt. Sobald wir erst mal alles messen, koennen wir anfangen mit den Messgroessen Mathematik zu treiben, und mit mathematischen Methoden neue Vorhersagen abzuleiten. Dann haben wir ganz absichtlich versucht, dieses Gesetz zu pruefen: Entweder, indem wir ihm immer schwierigere Situation geben, und das Experiment mit dem mathematischen Modell vergleichen (letzteres nennt sich oft die Theorie), oder indem wir neuartige Vorhersagen experimentell ueberpruefen. Oft stellen wir fest, das ein existierendes Naturgesetz mit anderen Theorien gekoppelt ist. Zum Beispiel, dass das Coulomb'sche Gesetz in Wirklichkeit nur fuer makroskopische Objekte gilt, waehrend wir fuer Elementarteilchen die viel komplizierteren Gesetze der Quantenelektrodynamik verwenden muessen. Ich habe (vor ungefaehr 20 Jahren) mal als Hausaufgabe (in der Feldtheorie Vorlesung vom Zerwas) das Coulomb'sche Gesetz aus den bekannten Eigenschaften von Photon und Elektron abgeleitet (es war furchtbar viel Arbeit). In einem solchen Fall ist oft der beste experimentelle Test fuer ein Naturgesetz, dass man die Theorie, aus der das Naturgesetz als Grenzfall herleiten kann, in extremen Bedingungen testet. Zum Beispiel hat meine Diplomarbeit fuer den Formfaktor des Elektrons eine untere Grenze von 700 GeV, was im Grunde bedeutet, das Elektronen und Positronen sich irrsinning gut an das Coulomb'sche Gesetz halten (zumindest in den 8 Millionen Faellen, in denen ich es probiert habe).

 

Aber vor allem in einem haben Volker (und Sven mit seiner Vorlesung ueber Skepsis) vollkommen recht: Naturgesetze gelten nie ABSOLUT. Sie koennen jederzeit durch Experimente gekippt werden. Sie koennen auch dadurch gekippt werden, das jemand aus ihnen einen theoretischen Widerspruch herleitet (genau das ist vor ungefaehr 100 Jahren mit den Gesetzen der klassischen Physik geschehen, und aus dem Widerspruch ist Relativitaet und Quantenmechanik geboren worden).

 

Es gibt natuerlich Naturgesetz (wie z.B. Energie-Erhaltung) die sosehr in das Gewebe der Wissenschaft eingeflochten sind, dass es extrem schwierig, unwahrscheinlich, ja vielleicht sogar praktisch beinahe unmoeglich ist, sie zu widerlegen. Erstens, weil ein derartiger Versuch in viellen Faellen einfach soziologisch toedlich waere (keiner wuerde so was ernst nehmen, oder dafuer Forschungsgelder bewilligen). Zweitens weil man in einem derartigen Fall extrem eindeutige Beweise verlangen wuerde. All dies, weil die Folgen einer solchen Aenderung katastrophal waeren, und einen Grossteil der Physik neudurchdacht werden muesste.

 

Diese absichtliche Relativitaet von Naturgesetzen ist im scharfen Kontrast zu vielen anderen Aussagen. Zum Beispiel ist in der Mathematik (hier definiert als der uebliche Satz von Axiomen) der Satz 2+2=4 garantiert richtig (Beweis auf Anfrage, ich brauche aber 4 Rumkugeln als Demonstrationsobjekt). Oder "cogito ergo sum", was auch nicht falsch sein kann. Die Uebertragung dieses Kontrastes auf Glaubensfragen kann jeder fuer sich selbst machen.

 

Folglich gibt es Ereignisse, die wir mit unserem bisherigen Wissen nicht erklären können. Mehr noch, es gibt auch Dinge, die wir in absehbarer Zeit nicht werden erklären können, z. B. "Was geschah vor dem Urknall?" und ist das überhaupt eine sinnvolle Frage?

 

Es gibt eine Menge Fragen, fuer die wir keine theoretische Vorhersage machen koennen. Zum Beispiel koennen wir so gut wie nie turbulente Fluessigkeits-Stroemung rechnerisch vorhersagen (deswegen werden noch Windkanaele benutzt). Das ist ein Fall, in dem wir nicht genug Geduld oder Computerzeit haben. Es gibt auch Fragen, die wir aus Mangel an Beobachtungen (noch) nicht beantworten koennen. Zum Beispiel, ob alle Neutrinos eine Ruhemasse haben, und sich miteinander mischen. Mit ein paar Milliarden Dollar und ein paar Jahren Zeit koennten wir das rausfinden, sind aber noch nicht so weit. Es gibt sogar Fragen, die man prinzipiell nicht beantworten kann (z.B. in der Quantenmechanik die Position eines Teilchens, wenn wir seinen Impuls genau wissen, oder in der Mathematik die Wahrheit/Falschheit des Russell'schen Paradoxons).

 

Die Frage nach dem Urknall ist (innerhalb des "standard cosmological model") einfach sinnlos. Vor dem Urknall hat ueberhaupt nichts existiert. Daher waren dort auch keine Beobachter, die haetten sehen koennen, was geschah. Diese Frage ist so aehnlich wie: Wenn ein Mann alleine im Wald ist, und es ist keine Frau in der Naehe, ist er dann immer noch im Unrecht? (alter Witz) Im Ernst, hier bitte das uebliche Raetsel um den menschenleeren Wald ersetzen.

 

P.S. Lucia weiss das alles sicher auch. Im Gegensatz zum Schreiber dieser Zeilen hat sie naemlich die Pruefung in Quantenmechanik I im ersten Anlauf bestanden.

 

P.P.S. Heute erst faellt mit ein, dass ich vergessen hatte, meine Lieblingsanekdote zu diesem Thema einzutippen. Ein Ornithologie-Student in Schottland will nachweisen, dass alle Raben schwarz sind. Das ist aber sehr laestig, er muesste naemlich monatelang im miesen Winterwetter durch den Regen uebers Moor ziehen, und mit Feldstecher und Kamera viele Raben finden. Da der junge Mann aber naturwissenschaftlich gebildet ist, findet er schnell einen Ausweg. Die Behauptung "alle Raben sind schwarz" ist naemlich genau das gleiche wie "alle nichtschwarzen Objekte sind keine Raben". Er sucht also zu Hause herum, und stellt fest, dass er keine nichtschwarzen Objekte findet, die Raben sind. Er besucht seine Freundin, und findet in ihrem Schlafzimmer auch keine nichtschwarzen Objekte, die Raben sind. Abends geht er in die Kneipe, kippt sich ein paar hinter die Binde, und seine Freunde helfen ihm, alle nichtschwarzen Objekte auf ihre Rabenhaftigkeit nachzupruefen. Alles in allem, ein kompletter Erfolg fuer ihn: Er hat seine Theorie bewiesen, ist nicht nass geworden, und hat dabei viel Spass gehabt. Was hat er falsch gemacht? (Bitte hier nicht diskutieren, die Antwort ist in den besseren Statistik-Lehrbuechern zu finden).

bearbeitet von Baumfaeller
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Du definierst "Naturgesetze" auf eine metaphysische Art (ich habe denselben Fehler auf meiner Website auch gemacht!). Mein Fehler. Aber Naturgesetze im eigentlichen Sinne gibt es überhaupt nicht - jedes Naturgesetz ist eine rein menschliche Erfindung, eine Konstruktion. In Naturgesetzen steckt auf abstrake Art drin, was wir über die Natur wissen und was wir vermuten (und der Übergang zwischen Wissen und Vermutung ist so fließend, dass alles Wissen als "Vernutungswissen" zu klassifizieren wäre).

Den Fehler hat Lucia in irgendeinem anderen Thread auch vor ein paar Tagen gemacht (sie fragte, aus dem Gedaechtnis zitiert, ob es Willkuer ist, dass positive und negative Ladungen sich anziehen). Oder vielleicht hat sie jemanden auf den selben Fehler hingewiesen? Ich weiss es nicht mehr.

Das war kein Fehler - das war Spott.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Naturgesetze sind nichts weiter als abstrahierte Naturbeobachtungen.  Sobald eine Naturbeobachtung haeufig genug gemacht wird, ist es eine Frage der geistigen Effizienz, sie zum Naturgesetz zu machen.

Sehr gute Erklärung, vielen Dank. Ich hab's ziemlich vermasselt und gehe jetzt eine Runde mich schämen. Das kommt davon, wenn man versucht, etwas so einfach zu erklären, dass es auch ein Laie versteht.

 

Ich werde vor allem den einen Irrtum korrigieren - denn die Definition der Encarta für Wunder ist völlig richtig! Wunder sind etwas, was unser Verständnis von der Natur sprengt. Ob dies immer so bleibt, ob wir ein prinzipielles Erkenntnisproblem haben kann im vorhinein niemand sagen.

 

Ein "echtes Wunder" ist ein Ereignis, welches unseren momentanen Erkenntnisstand überschreitet. Ein "falsches Wunder" ist eines, welches scheinbar unser Erkenntnisvermögen überschreitet, in Wirklichkeit aber mit den zur Verfügung stehenden Mitteln erklärt werden könnte, wenn man nicht irgendwo einen Irrtum begangen hätte oder sich getäuscht hätte. Einfachstes Beispiel für "falsche Wunder" sind die Tricks der Zauberkünstler. Diese haben natürlich den Vorteil, dass sie bereits im Vorhinein als "falsche Wunder" deklariert worden sind (meistens), David Copperfield erklärt in jeder seiner Zaubershows, dass er keine übernatürlichen Kräfte hat und Tricks verwendet (auch wenn ein Teil der Zuschauer es ihm nicht glaubt!). Insofern sind sie natürlich nur dann "falsche Wunder", wenn man Copperfield nicht glaubt und die Tricks für echt hält.

 

Ein noch besseres Beispiel für "falsche Wunder" waren die Tricks des Uri Geller, weil viele Leute geglaubt haben, es handle sich wirklich um übernatürliche Phänomene.

 

Es gibt nur eine Methode, "falsche Wunder" von "echten Wundern" zu unetrscheiden: Eine exakte naturwissenschaftliche Analyse, und wissen tut man es nur dann, wenn man das Wunder als "falsch" entlarvt hat. Gelingt dies nicht, dann kann man echte und falsche Wunder nicht voneinander unterscheiden und steht im Wald ... das ist ein weiteres Beispiel für eine prinzipielle Unsicherherheit unserer Erkenntnis:

 

Man weiß nie, wann man recht hat, man weiß nur, wann man im Unrecht war (und zwar erst hinterher). Das ist die von mir schon oft erwähnte "Asymmetrie der Wahrheit". Das bedeutet auch, dass keiner behaupten kann, er habe "die Wahrheit" oder gar "die absolute Wahrheit" gefunden. Man kann nur sagen, dass man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (denn auch hier könnte man sich irren ...) herausgefunden hat, was unwahr ist.

 

Das bedeutet aber auch, dass man nicht ohne weiters behaupten kann, ein Wunder sei ein übernatürliches Phänomen - das kann man nämlich nicht wissen. Prinzipiell nicht. Für mich deutet dies auf eine prinzipielle Unmöglichkeit hin, irgendein Phänomen zu finden, welches nicht natürlichen Ursprungs ist. Das verstärkt meine Anti-Supernaturalistische Argumentation.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lieber Sven,

 

da ich meine Gedanken neu ordnen musste, habe ich ein bisschen Zeit gebraucht. Du hast mich völlig zu Recht auf einen schweren Denkfehler hingewiesen:

 

Das impliziert aber noch mehr - nämlich, dass man, je mehr man in die Zeit zurückgeht, umso weniger konnten die Menschen zwischen "echten" und "falschen" Wundern unterscheiden. Und umso häufiger müssen sie sich früher getäuscht haben.

 

„Echte“ Wunder, „falsche“ Wunder?

Echte Naturgesetze - Falsche Naturgesetze?

Echte Schotten - Falsche Schotten?

 

Das ist ein "wahrer Schotte" gewesen - völlig richtig. Das Problem stellt sich mir jetzt ganz anders dar. Kurz rekapituliert:

 

Naturgesetze sind unsere Vorstellung davon, wie die Natur "funktioniert". Sie können richtig oder falsch sein, ob sie richtig sind, wissen wir nicht - wir können es sogar nicht wissen - aber wir können (mehr oder weniger zuverlässig, also auch hierunter Irrtumsvorbehalt) herausfinden, ob sie falsch sind. Vor allem aber sind sie wohl kaum jemals vollständig, es handelt sich stets um "Abstraktionen", um Zusammenfassungen. Eine Zusammenfassung ist aber nicht vollständig, sonst wäre es keine Zusammenfassung ...

 

Wenn wir ein "unerklärliches Phänomen" vor uns haben, dann gibt es also mehrere Möglichkeiten:

  • Wir täuschen oder irren uns und es gibt dafür eine natürliche Erklärung.
  • Das Phänomen ist für uns prinzipiell nicht erklärbar - niemals.
  • Das Phänomen ist für uns momentan nicht erklärbar, wird es aber irgendwann einmal sein, wenn wir mehr über die Natur wissen.

Können wir diese drei denkbaren Fälle auseinanderhalten? Momentan ganz sicher nicht - wir müssten die Täuschung durchschauen, was wir aber momentan nicht tun, denn sonst hielten wir es ja nicht für unerklärlich. Ob wir es prinzipiell nie verstehen werden, können wir überhaupt nicht sagen, weil das ein Vorgriff auf die Zukunft wäre, wir müssten allwissend sein, um das behaupten zu können. Wenn wir allwissend wären, gäbe es aber keine unerklärlichen Phänomene ... folglich ist die Position "wir werden es niemals wissen" selbst-widersprüchlich. Ob es nur momentan nicht erklärbar ist, können wir auch nicht wissen, weil wir dazu wieder exakte Kenntnisse über die Zukunft bräuchten.

 

Kurz, die drei oben theoretisch unterschiedenen Positionen sind praktisch ununterscheidbar, wir haben keine Basis dafür, zu spekulieren, um was es sich handelt. Man kann daraus schließen, dass es Wunder im Sinne von "unerklärlichen Phänomen" gibt, aber ob es sich wirklich um Wunder handelt, können wir nicht sagen - wir können nur etwas sagen, wenn es kein Wunder war und wir es herausfinden. Also ist ein Wunder ein momentan unbestimmbares Phänomen.

 

Damit, so scheint es, ist das Wunder als Bestätigung des Wahrheitsgehalts einer Religion "erledigt". Es ist ein Argumentum ad ignorantiam, ein Argument auf der Basis von Nichtwissen, aber Nichtwissen ist keine Grundlage für eine Argumentation. Die Definition, dass ein Wunder ein Verstoß gegen die momentan bekannten Naturgesetze ist, bleibt aber korrekt - die Definition der Encarta ist völlig richtig! Genau das macht es ja "unerklärlich". Darin liegt mein Irrtum.

 

Es gibt aber noch eine weitere Definition von Wunder: ein extrem unwahrscheinliches Ereignis. Umgangssprachlich wird das oft so verwendet. "Das Auto hat sich mehrfach überschlagen, es war ein Wunder, dass sich der Fahrer nicht verletzt hat". Will sagen: in 99 von 100 Fällen wäre der Fahrer schwerverletzt oder tot gewesen, aber das ist nicht passiert (oft hat man dafür auch keine plausible Erklärung).

 

Hierfür gilt auch das Argument von Hume: Man kann ein unwahrscheinliches Ereignis als real anerkennen, wenn die Gründe, die zur Ablehnung führen, noch unwahrscheinlicher wären. Damit wird man sich zwar ab und zu irren, aber statistich gesehen wird man öfters recht als unrecht haben, vorausgesetzt, man kann die Wahrscheinlichkeiten annähernd richtig einschätzen (kann man es nicht, steckt man sowieso in Schwierigkeiten).

 

Also, ich behaupte ja nicht, dass Gott nicht existiert, ich halte seine Existenz nur für extrem unwahrscheinlich. Aber wenn sich morgen die Sterne zu dem Schriftzug formen würden: "Gott existiert", dann halte ich alle dafür möglichen Erklärungen für noch sehr viel unwahrscheinlicher als die dann einfachste und wahrscheinlichste Erklärung - nämlich die, dass Gott tatsächlich existiert. Ich hätte keine 100%ige Gewissheit, aber genügend Gründe, um an Gott zu glauben und würde meinen Atheismus in die Tonne treten.

 

Und dass ist der wesentliche Aspekt: Für jede Annahme X sprechen Gründe dafür und Gründe dagegen. Sprechen mehr Gründe dafür, dann werde ich X akzeptieren, sprechen mehr Gründe dagegen, werde ich X ablehnen. Gleichen sich die Gründe aus, werde ich mich nicht dafür und nicht dagegen entscheiden. Gibt es nur Gründe dafür oder nur Gründe dagegen, dann werde ich misstrauisch und einen Fehler vermuten und die Annahme für sinnfrei halten. Selbstverständlich kann ich positiv ausschließen, alle Gründe zu kennen, denn dazu müsste ich allwissend sein. Aber man muss nicht allwissend sein, um Entscheidungen treffen zu können. Übrigens setzt dies auch voraus, die Annahme X für wertvoll oder wichtig genug zu halten, um eine Entscheidung treffen zu müssen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es gibt eine Menge Fragen, fuer die wir keine theoretische Vorhersage machen koennen. Zum Beispiel koennen wir so gut wie nie turbulente Fluessigkeits-Stroemung rechnerisch vorhersagen (deswegen werden noch Windkanaele benutzt).

Windkanäle werden für Gase verwendet, nicht für Flüssigkeiten. Ansonsten: wirf' doch mal 'nen Blick in den Schlichting oder in die alte Schnakenberg-Vorlesung (irreversible Thermodynamik; 1983 oder so); da sind jede Menge strömungstechnische Probleme gelöst. Alles eine Frage der Randbedingungen :blink:.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

OK, ich konzidiere, vor allem bei Fluessigkeiten, im Fall geeigneter Randbedingungen.

 

Andererseits, bei Gasen (industriell ist da vor allem die Luft wichtig), vor allem bei hohen Geschwindigkeiten (Luftfahrt), mit Turbulenz, und mit komplizierten Randbedingungen (z.B. ein Flugzeug) ist der Windkanal (oder andere experimentelle Methoden) immer noch unerlaesslich.

 

Leider ... denn sonst wuerden die Leute mehr Computer kaufen (als Angestellter und Aktienbesitzer der Computerindustrie bin ich dadran interessiert), und die Windkanaele verbrauchen auch irrsinig viel Strom (die drei hier in der Naehe, bei NASA Ames, koennen zusammen bis zu 200MW verbraten).

 

(Dieser Kommentar ist nur fuer Physiker und Studierende) Die Schnakenberg'sche Vorlesung habe ich glaube ich nicht gehoert, habe daher auch leider das Skript nicht. Andererseits, zu Hause habe ich den 6-baendige Sommerfeld, und zur Not kann man sicher in Landau/Lifschitz viel interessantes finden. Nach dem Schlichting werde ich mal suchen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Die Behauptung, dass naturwissenschaflicher Fortschritt Glaubensaussagen unglaubwürdiger machen könne, bewegt sich auf dem gleichen logischen Niveau wie beispielsweise:

                        >>Die physikalischen Modelle, mit denen man die Flugbahn eines Fussballs berechnen kann, werden immer genauer. Das macht die FIFA

                        immer unglaubwürdiger und legt die Abschaffung des Fussballspiels nahe.<<

 

                        ubiveritas

Lieber ubiveritas

 

wie du z.B. bei den kath. Theologen Prof. Lüke (Aachen) und Prof. Kreiner (München) nachlesen kannst, gibt es zum Verhältnis von Naturwissenschaft und Glaube drei grundsätzlich unterschiedliche Meinungen.

 

1. Die monistische Auffasung, denen die Fundamentalisten zuneigen, die der Meinung sind eine der beiden Richtungen hat recht und widerlegt mit ihrem Wissen die jeweils andere Weltsicht.

 

2. Die dualistische Auffassung, die Naturwissenschaft und Glaube für zwei neutral gegenüber stehende, sich nicht berührende Denkkategorien ansieht.

 

3. Die dialogische Auffasung, die zwar auch von zwei unterschiedlichen Denkansätzen ausgeht, die sich aber in großen Bereichen überschneiden und daher keineswegs neutral und interesselos gegenüberstehen sollten und die stattdessen einen intensiven Dialog anstrebt.

 

Befürworter der ersten Auffassung sind hier im Forum zahlreich und zwar sowohl von der Glaubens wie von der naturwissenschaftlichen Richtung, was sich meist aus der Geringschätzung der jeweils anderen Seite deutlich erkennen läßt.

 

Du vertrittst mit deinem Statement offensichtlich mit großer Instensität die zweite Auffasung, die auch unter vielen Theologen Befürworter hat, mit denen sie sich nicht nur gegen naturwissenschaftliche Weltbilder immunisieren wollen, sondern auch ihre Interessenlosigkeit an Erkenntnissen aus der Naturwissenschaft mit begründen.

 

Ich selbst bin Physiker, beschäftige mich aber seit vielen Jahren mit Grenzfragen von "Naturwissenschaft und Glaube"t und bin daher ein starker Verfechter der dialogischen Auffassung. Ich denke eine kulturelle Weiterentwicklung braucht beide Seiten und zwar nicht getrennt, sondern mit ihren jeweiligen Mitteln ein gemeinsames Arbeiten an Fragen und Problemen, die die Menschheit und jeden Einzelperson betreffen.

 

Mit freundlichen Grüßen

vom Zwilling

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Zwilling,

 

vielen Dank für Deine Klarstellung.

 

1. Die monistische Auffasung, denen die Fundamentalisten zuneigen, die der Meinung sind eine der beiden Richtungen hat recht und widerlegt mit ihrem Wissen die jeweils andere Weltsicht.

 

2. Die dualistische Auffassung, die Naturwissenschaft und Glaube für zwei neutral gegenüber stehende, sich nicht berührende Denkkategorien ansieht.

 

3. Die dialogische Auffasung, die zwar auch von zwei unterschiedlichen Denkansätzen ausgeht, die sich aber in großen Bereichen überschneiden und daher keineswegs neutral und interesselos gegenüberstehen sollten und die stattdessen einen intensiven Dialog anstrebt.

 

Für die Auffassung 1 spricht übrigens kaum ein Naturwissenschaftler. Mit Ausnahmen. Ich selbst bin der Ansicht, dass alle drei Ansichten korrekt sind. Es gibt einzelne Dinge, bei denen nur eine Seite recht haben kann mit ihrer Weltsicht. Man kann das aber meist nur im Nachhinein erkennen, daher ein Beispiel aus der Vergangenheit - die Frage, ob sich die Sonne um die Erde dreht oder umgekehrt. Hier trat die Auffassung des Kopernikus in Konkurrenz zur Auffassung der Kirche, die die Ansicht der Spätantike übernommen hatte. Der Streit endete im letzten Jahrhundert mit dem Rückzug der Kirche, die damit ihre frühere Ansicht als Irrtum endgültig aufgab. Galilei wurde rehabilitiert.

 

Das war natürlich nur deswegen möglich, weil die Kirche einen Dialog mit den Naturwissenschaften anstrebte. Mit einem Beharren auf die Richtigkeit der Verurteilung Galileis hätte sie sich bei vielen Wissenschaftlern unglaubwürdig gemacht.

 

Aber, und das ist jetzt ganz wichtig, die Kirche hat sich bemüht, fast alle Positionen zu räumen, in denen sie in einen ernsthaften Konflikt mit der Naturwissenschaft geraten könnte. Ein Konfliktfeld ist heute noch die Evolution und die Evolutionstheorie (kurz ET, von christlicher Seite sind hier die Kreationisten und die Vertreter des ID, des "Intelligenten Designs", zu nennen), aber hier hat sich die Kirche 1996 recht eindeutig auf die Seite der Vertreter der ET geschlagen (sie hätte übrigens auch eine neutrale Position einnehmen können!).

 

Im Bereich beispielsweise der Ethik hingegen halte ich eine dualistische Auffassung für richtig. Hierzu hat die Wissenschaft recht wenig zu sagen, man muss schon sorgfältig zwischen Sein und Sollen unterscheiden, allerdings auch berücksichtigen, dass es dazwischen Brücken gibt. Es sollte beispielsweise nicht alleinige Aufgabe der Wissenschaftler sein, zu entscheiden, was geforscht werden soll (wobei man versuchen sollte, zwischen "Grundlagenforschung" und "angewandter Forschung" zu unterscheiden, so schwer und teilweise unmöglich das auch ist). Andererseits spielt das Sein auch in das Sollen mit hinein, meist aber auf triviale Weise: Man kann nicht ethisch fordern, was physikalisch unmöglich ist (was im Regelfall aber auch keiner tut).

 

Die drei Positionen mischen sich also recht munter, wobei die Position 1 auf jeden Fall gemieden werden sollte.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Franciscus non papa
...Galilei wurde offiziell rehabilitiert. ...

Was ich für einen Fehler halte. - Aber das ist ein anderes Thema.

????

 

*franz ist verwirrt*

 

wieso denn das - jürgen

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Windkanäle werden für Gase verwendet, nicht für Flüssigkeiten.

Liebe Lucia!

 

Stimmt natürlich, aber bei höheren Geschwindigkeiten werden Gase zunehmend inkompressibel und verhalten sich dann ähnlich einem Fluid. Nur so...

 

ubiveritas

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

...... Ich (Zwilling) denke, eine kulturelle Weiterentwicklung braucht beide Seiten und zwar nicht getrennt, sondern mit ihren jeweiligen Mitteln. Ein gemeinsames Arbeiten an Fragen und Problemen, die die Menschheit und jede Einzelperson betreffen.

Dagegen wird keiner etwas einwenden, solange diese beiden Seiten, also Wissenschaft und Kirche, darauf verzichten, machtpolitisch tätig werden zu wollen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

3. Die dialogische Auffasung, die zwar auch von zwei unterschiedlichen Denkansätzen ausgeht, die sich aber in großen Bereichen überschneiden und daher keineswegs neutral und interesselos gegenüberstehen sollten und die stattdessen einen intensiven Dialog anstrebt.

Lieber Zwilling!

 

Vielen Dank für die Kategorisierung der Meinungen zu diesem Thema. Davon hatte ich noch nichts gehört.

 

Als Ingenieur kann ich natürlich nur bestätigen, dass beide Denkansätze nötig sind, um die Welt positiv gestalten zu können.

 

Der Mensch ist von Natur aus Naturwissenschaftler, weil er sich das Leben aus der Beobachtung und "Erfassung" von Zusammenhängen heraus erleichtern will (damit ist er dann auch Ingenieur).

 

Mir ist nur nicht ganz klar, wie Du glauben kannst, dass man mit beiden Methoden an die gleiche Frage herangehen kann.

Glaube und Naturwissenschaften versuchen doch Antworten auf verschiedene Fragen zu finden. In welchen Gebieten sollte denn eine gegenseitige Einflussnahme stattfinden? Um bei meinem Vergleich zu bleiben: Wo ist die Schnittstelle zwischen "Fußballmechanik" und "Spielregeln"?

 

Meiner Auffassung nach stellt die Naturwissenschaft und deren Anwendung die Möglichkeiten bereit, Dinge zu tun. Ob, wie und wozu man das dann tun sollte, liegt ausserhalb der Naturwissenschaften.

 

Du schreibst von "Grenzfragen zwischen Naturwissenschaft und Glaube". Könntest Du dort bitte ein Beispiel nennen?

 

ubiveritas

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

×
×
  • Neu erstellen...