Explorer Geschrieben 22. Januar 2002 Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 Hallo ihr! Ich befinde mich gerade auf einem privaten "Kreuzzug" gegen die Befürwortung der Todesstrafe in meinem engeren Umfeld und wollte euch einfach mal diesen Text zugänglich machen. Meinungen erwünscht! ----------------------------- And Justice for all...? Die Todesstrafe als legales Mittel gesetzlicher Bestrafung? Kaum ein Thema wird so kontrovers diskutiert, kaum eines ist so langlebig. Ob mit dumpfen Stammtischparolen oder diskutablen Argumenten - man findet fast Niemanden, der keine Meinung hierzu hat: Ist die Bestrafung von Kriminellen mit dem Tod nun zu befürworten oder zu verwerfen? Aktuell geworden ist dieses Thema jüngst wieder durch die Verhaftung von mehreren "Shelter-Now"-Mitarbeiter in Afghanistan. Begründung der dort regierenden radikalislamischen Taliban: Versuch christlicher Missionierung. Beim Begriff "Todesstrafe" denkt die Mehrheit der Deutschen jedoch wohl nicht unbedingt an Afghanistan. Im Blickpunkt stehen dann vielmehr die USA. In Diskussionen über die Todesstrafe wird sich daher meist nur auf die Vereinigten Staaten bezogen, die vielen anderen Länder, in denen eine Bestrafung mit dem Tod gesetzlich erlaubt ist, fallen unter den Tisch. Dabei wird dort den USA in Nichts nachgestanden: 1998 verurteilte China beispielsweise 1.067 Menschen zum Tod, im Irak und im Kongo starben je rund 100 Verurteilte auf staatliche Anordnung. An vierter Stelle stehen dann schon die USA und der Iran mit 68 bzw. 66 Hingerichteten. Bei weiterer Betrachtung der Statistik fällt auf, dass sich unter den folgenden Ländern bis auf Japan (6 Vollstreckungen) keine weitere "westliche Nation", sondern v.a. islamisch geprägte Staaten (Ägypten, Saudi-Arabien...) oder "Dritte-Welt-Länder" (Ruanda, Nigeria...) finden. Der Gedanke, gewisse Verbrechen mit dem Tod zu bestrafen, ist so alt wie die Menschheit selbst. Schon im Altertum wurden Vergehen gegen die Götter und deren geheiligte Gesetze, Inzest oder Zauberei auf diese Weise vergolten. Die Methoden reichten dabei vom Sturz ins Meer über die Steinigung, die aus der Bibel bekannt ist, bis zu Sokrates' Schierlingsbecher. Die späte Antike und das Mittelalter kannten fast keine Tabus in Bezug auf die Todesstrafe mehr. Ob nun Majestätsbeleidigung oder gewöhnlicher Diebstahl - den Hinrichtungen und ihren Methoden waren keine Grenzen gesetzt. In der Spätantike kann man sich v.a. an den christliche Märtyrern und ihren Todesarten orientieren, im Mittelalter wurden dann die einst Verfolgten mit der Inquisition selbst zum "Verfolger Nummer Eins". Sogenannte Hexer und Ketzer wurden erhängt, gerädert, verbrannt oder enthauptet. Im Zeitalter der Aufklärung gingen die Hinrichtungen dann erheblich zurück, der Widerstand gegen die Todesstrafe wuchs. So sollte der Bürger z.B. in der "US Bill of Rights" vor überhöhter, außergewöhnlicher, besonders grausamer und unangemessener Bestrafung geschützt werden. Die Idee vom Naturrecht auf Leben entstand langsam. Mit der Französischen Revolution folgte dann wieder ein sprunghafter Anstieg. Die Guillotine bedrohte wahllos jeden Franzosen. Nicht einmal Robespierre, der terrorisierende Revolutionär schlechthin, konnte ihr entfliehen. Im 19. Jahrhundert schafften dann mit Rumänien, Portugal und den Niederlanden die ersten Länder die Todesstrafe ab. Das vergangene 20. Jahrhundert hatte in Bezug auf dieses Thema zwei Gesichter: Zum einen fanden in den Gewaltherrschaften des Faschismus und Kommunismus wieder wahllos Tausende und Millionen von Menschen auf dem Schafott und in Lagern den Tod, zum anderen wurde die Todesstrafe aber auch wie nie verurteilt (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Europäische Menschenrechtskonvention, Deutsches Grundgesetz). Der allgemeine Trend lässt die Zahl der Befürworter der Todesstrafe in den westlichen Ländern zurückgehen. Selbst in den USA tritt nur noch eine knappe Mehrheit von ca. 52% für die Todesstrafe ein, wenn ihr eine lebenslange Haft gegenübergestellt wird. Genauso zahlreich wie die Gründe für eine Hinrichtung auf staatliche Anordnung, die oben genannt wurden, sind heute ihre Methoden, die hier hauptsächlich in ihrer US-amerikanischen Ausführung beschrieben sind: Bei einer Exekution dient dem Erschießungskommando der Rumpf des Hinzurichtenden als Ziel. Dabei werden lebenswichtige Organe und/oder das Zentrale Nervensystem verletzt und der Verurteilte verblutet. Ein Kopfschuss, der den sofortigen Tod nach sich ziehen würde, unterbleibt, da der Kopf ein wesentlich schwerer zu treffendes Ziel ist. Eine Waffe ist dabei mit Platzpatronen geladen um dem "Schuldigfühlen" der Vollstrecker entgegenzuwirken. Bei Tod durch den Strang, einer der bekanntesten Methoden im Dritten Reich, stirbt das Opfer mit einer Schlinge um den Hals, nachdem sich unter ihm eine Falltür öffnet. Dabei führt die Ausrenkung der Wirbelsäule zu Bewusstlosigkeit und Tod. Ein Problem hierbei ist, dass bei falsch bemessener Fallhöhe entweder ein qualvoller Tod durch Ersticken oder eine Enthauptung droht. Zum Elektrischen Stuhl Verurteilte werden an Kopf und Beinen kontaktiert. Stromstöße von ca. 2000 Volt führen zu Herzstillstand und Lähmung der Atemwege bei gleichzeitiger Verbrennung der inneren Organe. Es werden jedoch oft mehrere Stromstöße benötigt um die lebenswichtigen Organe außer Funktion zu setzten, es gab auch schon Fälle, in denen die Stromspannung zu niedrig angesetzt war und die Verurteilten überlebten. In die Gaskammer wird Zyanidgas eingeleitet, der Häftling stirbt durch Ersticken. Bei langsamer Atmung kann diese Art der Hinrichtung allerdings oft mehrere Minuten dauern. Als letzte der am weitesten verbreiteten Methoden ist noch die Tödliche Injektion, die allgemein "Giftspritze" genannte Standarthinrichtungsart in Texas, anzuführen. Dabei wird durch intravenöse Injektionen von zwei oder drei Mitteln zuerst die Bewusstlosigkeit, dann die Lähmung von Muskeln und Zwerchfell und anschließend der Herzstillstand bewirkt. Bei dieser scheinbar "humansten" Methode kann allerdings die Lähmung der Lunge schon einsetzten, während der Verurteilte noch bei Bewusstsein ist. Große Probleme gibt es hier auch bei der Vollstreckung an Drogenabhängigen. Wie ist nun die Bestrafung von Kriminellen mit dem Tod zu bewerten? Wie im folgenden gezeigt wird, kann die Todesstrafe als Mittel legaler gesetzlicher Bestrafung im 21. Jahrhundert nicht akzeptiert werden. Wenden wir und zuerst den politischen Aspekten der Diskussion zu: Das oft gehörte Argument, die Todesstrafe sei wesentlich billiger als eine lebenslange Haft, die z.T. auch noch Klinikaufenthalte beinhaltet, ist schlichtweg eine falsche Behauptung, mit der es aufzuräumen gilt: Obwohl es natürlich weniger kostenintensiv ist, jemanden mit einer Giftspritze hinzurichten als ihn über Jahrzehnte hinweg in Strafanstalten einzusperren, kommen Untersuchungen zu den Kosten der Todesstrafe zu dem Ergebnis, dass die Fallkosten in einem Bundesstaat der USA mit Todesstrafe etwa $2 Mio. drei bis sechs mal höher sind als die Fall- und Haftkosten (die jährlich etwa $20.000 betragen) in einem Bundesstaat ohne Todesstrafe. Etwa 70 % der Kosten entfallen auf das Gerichtsverfahren, das bis zu elf Berufungsinstanzen kennt Der 2-stufige Instanzenweg vor Gericht, die automatisch stattfindende staatlichen Überprüfungen, Anhörungen nach dem Schuldspruch und Petitionen an den Obersten Gerichtshof sind extrem kostenintensiv. Es ist auffallend, dass das Kostenargument oft von Politikern, die für die Todesstrafe eintreten, gebraucht wird. Sollte man nicht meinen, dass sie es eigentlich besser wissen müssten? Staatliche angeordnete Hinrichtungen stellen auch eine große Gefahr da. So z.B. die des politischen Missbrauchs. Niemand kann bestreiten, dass der heutige US-Präsident George W. Bush auch und nicht zuletzt wegen seiner harten Gangart in Sachen Todesstrafe zuerst ins Amt des texanischen Gouverneurs und einige Jahre später ins Weiße Haus eingezogen ist. Laut seinen Äußerungen in den Fernsehdebatten des Wahljahres 2000 ist er stolz auf seine harte Haltung bei Gnadengesuchen und empfindet auch im Durchschnitt einen Todeskandidaten pro Woche nicht als zu viel. Ein Senator aus Arizona hat vor Jahren einmal folgenden Satz gesagt, der die ganze Situation der politischen Instrumentalisierung präzise beschreibt: "Wenn über 70% meiner Wähler für die Todesstrafe sind, warum sollte ich dann dagegen sein?" Hier hat sowohl das deutsche Recht als auch das "System" an sich einen entscheidenden Vorteil: Man muss dazu wissen, dass in den USA Richter, Staatsanwälte und Sheriffs im Gegensatz zu Deutschland vom Volk gewählt werden. Kein Staatsanwalt mit politischen Ambitionen kann sich hier über einen Weg, der im wahrsten Sinne des Wortes mit Leichen gepflastert ist, in ein politisches Amt "einkaufen". Die zweite große Gefahr, die die Todesstrafe in sich birgt, ist die eklatante Benachteiligung von Minderheiten und sozial Schwachen: So ergeben Statistiken von amnesty international folgende erschreckende Fakten: Schwarze Täter an Weißen Opfern werden in den USA rund sechs mal häufiger zum Tod verurteilt als umgekehrt - von den seit der Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 in den Vereinigten Staaten Hingerichteten waren zwar nur 36% schwarz und 55% weiß, der Anteil der schwarzen Bevölkerung liegt in den USA jedoch nur bei 11%. Fast 90% der von der Todesstrafe bedrohten Angeklagten können sich aufgrund ihrer schwachen finanziellen Situation und zerrüttelten familiären Verhältnissen keinen eigenen Anwalt leisten. Die zugewiesenen Pflichtverteidiger sind oft inkompetent oder können sich gegen die erfahrenen Staats- (und Star-)Anwälte einfach nicht behaupten. Ein weiterer Punkt, die Todesstrafe abzulehnen, ist die Endgültigkeit nach ihrer Ausführung. Seit 1900 wurden in den USA mindestens 450 nachweislich Unschuldige verurteilt und 23 Unschuldige hingerichtet. Ist der Abzug erst einmal betätigt, der Schalter umgelegt, die Spritze gegeben, steht unwiderruflich fest: Der Verurteilte ist tot. Auf Beweise, die oft erst Jahre nach der Tat ans Licht kommen, etwa Geständnisse, neue Ermittlungsergebnisse, zurückgehaltenes Beweismaterial o.ä., kann dann nicht mehr juristisch reagiert werden. Für ein "Tut uns leid" des Staates können sich die Angehörigen eines Hingerichteten nichts kaufen. Eng mit dem politischen Missbrauch hängt der inflationäre Gebrauch der Todesstrafe zusammen. In Texas wurden unter Gouverneur George W. Bush wie oben schon erwähnt im Durchschnitt pro Woche ein Verurteilter hingerichtet. In einem Rechtsstaat - wie es auch die USA einer sein will - müssen jedoch klare Grenzen für den Gebrauch der Todesstrafe gezogen werden. Dabei stellt sich aber ein wesentliches Problem: Wo anfangen, wo aufhören? Ist erst einmal für ein Verbrechen der Anfang gemacht, werden bald andere folgen. Vom (zurecht so verhassten) Sexualstraftäter über den "einfachen" Kindsmörder zum "normalen" Mörder. Letztendlich dürfen wir, die wir in einem Rechtsstaat leben, nicht zulassen, dass aus der Todesstrafe eine Massenware wird. Der Staat darf sich nicht dazu hergeben, ein Rechtssystem aufzubauen, das auf persönlicher Rache und Wut - mögen diese auch noch so gerechtfertigt erscheinen - basiert. Ein letzter Punkt, der ebenfalls eine weit verbreitete Meinung darstellt, ist der Standpunkt, mit einer Todesstrafe gäbe es weniger Straftaten. Auf den ersten Blick eine sehr einleuchtende Behauptung. Ist ein Krimineller von der Bestrafung mit dem Tod bedroht, überlegt er es sich vielleicht dreimal, bevor er ein Delikt begeht. Jedoch ist eine abschreckende Wirkung der Todesstrafe nicht nachzuweisen: Als Beispiel dienen hier die Mordraten in den drei US-Staaten Texas, Alaska und New Mexico im Zeitraum von 1995 bis 1998. In Texas (Todesstrafe erlaubt) gab es einen Rückgang von 9 auf 6,8 Mörder je 100.000 Einwohner. Na also, da haben wir es doch! Die Todesstrafe schreckt ab - oder? Nein! Sie tut es nicht, was am zweiten Staat Alaska (keine Todesstrafe) deutlich wird: Dort sank die Rate ebenfalls von 9,1 auf 6,7 Mörder herab. Und um die Verwirrung komplett zu machen: In New Mexico (Todesstrafe erlaubt) stieg die Rate von 8,8 auf 10. In einer Umfrage von Peter Hart Research Poll, die 1995 bei Polizeipräsidenten in den gesamten USA durchgeführt wurde, hielten nur 1% der Befragten eine Ausweitung der Todesstrafe für verbrechenseindämmend. 67% glaubten nicht, dass die Todesstrafe zu einer Verringerung der Zahl der Mörder führt. Es wird deutlich, dass eine von den Befürwortern der Todesstrafe so gern gesehene Abschreckung nicht erwiesen werden kann. Nachdem wir die politischen und gesellschaftlichen Aspekte behandelt haben, wenden wir uns den ethischen und moralischen Gesichtspunkten zu. Wurden vor einigen Hundert Jahren noch viele Hinrichtungen mit dem Glauben gerechtfertigt, so sprechen sich die großen Weltreligionen heute mehrheitlich gegen die Strafe mit dem Tod aus: Während der Islam die Todesstrafe zwar zulässt, kennt er aber auch die Tugenden der Reue und Barmherzigkeit. Durch das Fehlen eines einheitlichen Lehramts folgt eine regional sehr unterschiedliche Koranauslegung und damit auch verschiedene Haltungen zu Hinrichtungen. Wie jedoch am Anfang angedeutet, sind die meisten Länder mit Todesstrafe islamisch dominiert. In Hinduismus und Judentum finden sich in den Schriften sowohl Passagen, die die Todesstrafe fordern, als auch Textstellen, die sie ausdrücklich ablehnen (Kommentare zur Dharma, da sie dem Gedanken einer Wiedergutmachung widerspricht, Talmud). Im Buddhismus ist die Vergeltung mit dem Tod unbestritten abgelehnt und auch das Christentum spricht sich dagegen aus: Jesus bricht mit der alttestamentarischen Vergeltungslehre des "Auge um Auge". Er lehrt die Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Diese christliche Haltung wird auch deutlich, wenn Papst Johannes Paul II. bei seinem USA-Besuch im Januar 1999 öffentlich die Abschaffung der Todesstrafe fordert. Zum alttestamentarischen Prinzip des "Auge um Auge" hat der große Mahatma Gandhi einen weisen Satz gesagt: "Auge um Auge bedeutet nur, dass die Welt erblindet!". Es ist gerade der christliche Glaube, den die westliche Welt in großen Teilen vorgibt zu haben, der mit der Vorstellung dieser Rache aufräumt. Das Gebot "Du sollst nicht töten" (Ex 20,13; Dtn 5,17) gilt nicht nur für den Sexualmörder, den man am liebsten hinrichten möchte, sondern auch und gerade für den Richtenden. Wer einen Menschen zum Tod verurteilt, ist nicht besser als der, der die Tat begangen hat und maßt sich ein Recht an, das dem Menschen nicht zusteht: Jemandem das gottgegebene Recht auf Leben abzusprechen. "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren." heißt es in Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Zu diesen Rechten gehören das Recht auf Leben (Art. 3) und, dass "niemand [...] grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender [...] Strafe unterworfen werden [darf]" (Art. 5). Ist die Todesstrafe grausam und unmenschlich - inhuman? Ja, sie ist es. Werfen wir zuerst einen Blick auf den Zeitraum, der zwischen dem Urteil und der Vollstreckung vergeht: In den USA können nach der ersten Verurteilung bis zu elf Instanzen durchlaufen werden bis das Urteil ausgeführt wird. Jahrelange "Wartezeiten" sind normal. Kann sich irgendjemand ausmalen, was ein zum Tode Verurteilter während dieser Jahre durchmacht? Jahrelange Hoffnung, dass der Berufung vielleicht doch stattgegeben wird, jahrelange Qual in der Erwartung des nahenden Todes. Jeden Tag zu wissen, dass man auf den Tod zugeht und bis dahin die Jahre und Tage zählen kann - nein, das kann nicht mit dem Anspruch unserer Welt, eine zivilisierte Gesellschaft zu sein, vereinbart werden und stellt schlicht einen eklatanten Verstoß gegen die Würde des Menschen dar. Wie bei der Beschreibung der Hinrichtungsmethoden schon angeklungen ist, kann jeder Typ einen langsamen und qualvollen Tod nach sich ziehen. Am 9.4.1984 berichtet "Newsweek", dass der zu Tod durch die Giftspritze verurteilte James Autry in Texas mindestens 10 Minuten mit dem Tode gekämpft hat. Seine letzten Minuten war er bei vollem Bewusstsein und klagte über Schmerzen. 1946 sollte der 17jährige Willi Francis auf dem Elektrischen Stuhl hingerichtet werden. Seine Lippen schwollen an, sein Körper spannte und streckte sich, er trug schwerste Brandwunden davon, nur die Tötung selbst misslang. Willi Francis wurde dann ein Jahr später exekutiert. Als ähnlicher Fall ist die Hinrichtung von Ethel Rosenberg 1953 bekannt. Sie und ihr Mann Arthur wurden beschuldigt, Hochverrat begangen und Atomgeheimnisse den Sowjets übergeben zu haben. Ihr waren die Drähte schon abgenommen, die Kontakte unterbrochen, als sich herausstellte, dass sie noch lebte. Die gesamte Prozedur musste wiederholt werden. Das zweite Mal klappte. Minuten zwischen Leben und Tot, die nun wahrlich nichts mehr mit Bestrafung im Sinne eines Rechtsstaates sondern ausschließlich mit Inhumanität im höchsten Grade zu tun haben. Zuletzt zeugt die Vorstellung, durch den Tod eines Täters das Opfer zu rächen, von einem mittelalterlichen bis steinzeitlichen Rechtsverständnis. Unsere Zivilisation möchte zwar von sich behaupten, vorherigen überlegen zu sein (man halte sich nur die Bezeichnung "Homo sapiens sapiens" vor Augen. Der "weise, vernunftbegabte Mensch".) Aber wer ernstlich den Tod eines anderen Menschen zur "Begleichung" einer Straftat fordert, hat die Grundwerte und Ideen, die unsere Gesellschaft von sich behauptet zu haben, nicht verstanden. Abschließend bleibt festzuhalten, dass Hinrichtungen - egal für welches Verbrechen - abzulehnen sind. Der Hass der Angehörigen beispielsweise von Opfern von Sexualstraftaten ist mehr als verständlich. Niemand der nicht selbst in einer solchen Lage war, wird sich je in die Gefühlswelt dieser Mütter und Väter versetzen können. Ich beanspruche das ebenfalls nicht, glaube jedoch diesen Verfechtern der Todesstrafe auch etwas vorauszuhaben: Unvoreingenommenheit. Was kann man als Betroffener dem Mörder eines Angehörigen schon anderes wünschen, als den Tod? Es ist jedoch genau dieser innere Bruch, der grenzenlose Hass, der alles andere überblendet. Die Zahl der deutschen Befürworter liegt hauptsächlich noch an einem zweiten Aspekt, nämlich dem der Wiederholungstäter. Oft genug - zu oft - ließt man in der Presse, dass sich ein gesuchter Sexualverbrecher nicht zum ersten Mal vergangen hat. Der Grund dafür, dass es für solche Täter überhaupt die Möglichkeit gibt zum Wiederholungstäter zu werden, liegt am deutschen Rechtssystem: Entgegen dem, was der Urteilsspruch "lebenslänglich" suggeriert, gibt es in Deutschland keine Strafe bis zum Tod. Das Bundesverfassungsgericht hat 1977 die Dauer der lebenslangen Freiheitsstrafe begrenzt: Der Gesetzgeber wurde verfassungsgerichtlich gezwungen, auch dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten eine Chance auf Wiedereingliederung in Freiheit und Gesellschaft zu ermöglichen. Er müsse die Möglichkeit haben, "je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden". Die Möglichkeit einer Begnadigung allein sei nicht ausreichend. Der Gesetzgeber ist mit dem Erlass des Paragraphen 57a im Strafgesetzbuch diesem Urteilsspruch nachgekommen: Ein Gericht kann die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe nun unter bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung aussetzen, wenn 15 Jahre der Strafe verbüßt sind und keine besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde. De facto geschieht dies in den meisten Fällen von lebenslänglichen Haftstrafen. Es wäre mit Sicherheit schon viel gewonnen, gäbe es eine tatsächlich lebenslange Strafe für Schwerkriminelle. Durch einen solchen Schritt würde die Unterstützung der blinde Forderung nach der Wiedereinführung der Todesstrafe in Deutschland sehr schnell abbröckeln und dem Naturrecht auf Leben Genüge verschafft. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Martin Geschrieben 22. Januar 2002 Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 11. Gebot: Du sollst nicht so lange Texte posten . Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
sstemmildt Geschrieben 22. Januar 2002 Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 ...und wenn, sollst Du sie wenigstens so layouten, daß sie nicht wie eine Bleiwüste daherkommen! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 22. Januar 2002 Autor Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 Zitat von Martin am 14:45 - 22.Januar.2002 11. Gebot: Du sollst nicht so lange Texte posten . Das sind nur 5 Seiten! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
sstemmildt Geschrieben 22. Januar 2002 Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 NUR? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 22. Januar 2002 Autor Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 Zitat von sstemmildt am 15:16 - 22.Januar.2002 NUR? Ich hab eh gekürzt! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ute Geschrieben 22. Januar 2002 Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 Im Verhältnis 1:0,1? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Explorer Geschrieben 22. Januar 2002 Autor Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 Zitat von Ute am 17:31 - 22.Januar.2002 Im Verhältnis 1:0,1? Nee, vorher war's noch ne Seite mehr. Aber ist die zu lange Länge eure einzige Meinung? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lichtlein Geschrieben 22. Januar 2002 Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 Nö. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
sstemmildt Geschrieben 22. Januar 2002 Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 Na ja - wat willste mehr hören; daß hier die meisten dem zustimmen dürften (sofern sie sich durch diese Bleiwüste - weißt Du, man kann einen Text auch editieren und durch ein paar eingefügte Absätze lesbarer machen, nur für den Fall, daß du es noch nicht gemerkt haben solltest - durchgeackert haben sollten), dürfte ja klar sein. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
ThomasB. Geschrieben 22. Januar 2002 Melden Share Geschrieben 22. Januar 2002 So isses. Also mach ein paar Absätze rein und gib die Hausaufgabe ab. Ne vier wird's schon werden Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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