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Volker_Biallass

Hallo Volker :blink:

Ich bin auch immer wieder baff erstaunt, wie reflektionsarm und ungeachtet gegen sich selbst hier argumentiert werden kann  :blink:

Ich auch - vor allem, weil Du auf das Argument nicht eingegangen bist, sondern stattdessen über die Eingriffe des Menschen in der Natur lamentierst

 

Ich habe schlicht 'Eingriff in die Natur' ausgeleuchtet, damit's nicht tumbe Phrase bleibt, sondern reflektiert wird.

 

Und die Eingriffe des Menschen sind der Natur nicht von sich her verständlich zu machen, sondern erfordern das Verstehen des Menschen.

 

 

Warum in Hiroshima plötzlich aus heiterem Himmel der Strahlentod herabfiel, kann kein Wesen der Natur begreifen und erklären, ohne damit auch den Menschen begreifen und erklären zu müssen. Jedes natürliche Wesen muss das Eingreifen des Menschen als Regelverletzung und Gesetzesverstoß klassifizieren, weil der Mensch sich selbst gehorcht, sich selbst Gesetz ist.

 

 

Aber wenn man bedenkt, dass das Christentum die Natur entmythologiert hat,

 

Nein, es hat nur den Animismus verbannt, die Natur als Schöpfung jedoch erst voll und ganz mythologisiert, zum Unfassbaren aufgewertet.

 

zusammen mit dem angeblichen Versprechen Gottes, dass der Mensch der Herrscher über diese Welt sei,

 

Das ist kein Versprechen, sondern eine Beauftragung, die die Erdverbundenheit des Menschen klipp und klar hervor holt.

 

dann ist das Verhalten der überwiegend christlichen Welt nur konsequent.

 

Ja? Welche Schäden haben denn Gebete bislang angerichtet?

 

Nicht der homo pistis, sondern der homo sapiens kommt zum Vorschein, wenn du bei den Verheerungen Ausgrabungsarbeit leistest. Weder DDT noch Dünnsäure wurden herbeigebetet, sondern mit dem vom Gewissen der Natur gegenüber bereinigten Menschenverstand der Natur ganz wissenschaftlich ab-technisiert.

 

bcnu Volker

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Nicht der homo pistis, sondern der homo sapiens kommt zum Vorschein, wenn du bei den Verheerungen Ausgrabungsarbeit leistest.

Dann doch eher der homo faber, oder? Definiert als der homo sapiens, der seine sapientia abgelegt hat und seine Welt als Gegenstand des Ingenieurwesens betrachtet (vgl. Frisch, Homo faber).

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Volker_Biallass

Hallo Martin :blink:

Nicht der homo pistis, sondern der homo sapiens kommt zum Vorschein, wenn du bei den Verheerungen Ausgrabungsarbeit leistest.

Dann doch eher der homo faber, oder? Definiert als der homo sapiens, der seine sapientia abgelegt hat und seine Welt als Gegenstand des Ingenieurwesens betrachtet (vgl. Frisch, Homo faber).

 

Und im dukelgrauen Stil eines Ludwig Hirsch noch hinzugekrizzelt ...

 

... darum müssen die Sabeths auch bereits dort vertilgt werden, wo sie einem noch nicht mit ihrer Liebenswürdigkeit gefährlich werden und einem etwas abgewinnen können, was man weder besessen haben noch je gewinnen will.

 

Keine urplötzlichen Kinder, die uns mit Liebe und schierer Lebenslust infizieren können, sondern nur solche, die wir planen und technisieren, die wir wie's Careraauto auf die Schiene setzen, damit sie uns nicht quer kommen können, ... wenn's uns denn dazu beliebt, was aber ganz gewiß nicht Not tut.

 

Nicht vor den Verheerungen der Natur fürchtet sich der Unglaube, sondern vor der den technischen Verstand verheerenden Natürlichkeit und Lebensverbundenheit einer Sabeth hat er sich zu fürchten, weil ihn dort die Natur gefangen zu nehmen droht, die zu beherrschen und zu meistern er doch angetreten ist.

 

Der Aufgeklärte fürchtet nichts mehr als die Verklärung seines eigenen Seins.

 

bcnu Volker

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Sei gegrüßt, Volker,

 

+++Das wäre, wie wenn du sagen würdest: solange ich nicht zum Mars fliegen kann, darf ich keine Mechanik betreiben.+++

 

Umgekehrt: Du wirst nicht zum Mars fliegen können, solange Du keine Mechanik betrieben hast. Oder anders gesagt, Du wirst nicht behaupten können, dass Gott gut ist, solange die empirische Evidenz dagegen spricht und Du keine Lösung des dadurch entstehenden Problems hast.

 

Richtig. Und deshalb kannst du auch nicht sagen, man darf nicht glauben, nur weil man noch nicht alles wissen kann. Und meine empirische Evidenz spricht absolut dafür, das Gott gut ist. Gegen diese würde ich ja logischer Weise nicht argumentieren

 

Noch ist nicht ausgemacht, dass die Vernunft im Glauben nichts zu suchen hat. Dazu müssten nämlich zwei bislang unbeantwortete Fragen beantwortet werden:

 

1. Wie kann man zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen unterscheiden und eine davon wählen, wenn man nicht einen anderen Maßstab anlegt als den des Glaubens?

Dieser Maßstab ist aber nicht die Vernunft. Ich nehme mir doch keinen Prospekt zu Hand und such mir den Glauben aus, der „für mich am Vorteilhaftesten ist“. Bei dem Glauben geht es um ein ganz inneres, menschliches Gefühl. Ich kann mich nicht hinsetzen und sagen, ab morgen glaube ich dies und jedes. Das geht nicht. Ein Glaube muß wachsen und er gehört so zu dir, wie deine Hand. Ich wähle also mein Glauben nicht, weil ich ihn nicht bewußt beeinflussen kann.

 

Ich kann mich nicht auf Basis des Glaubens für den Glauben entscheiden, denn dies funktioniert mit jedem Glauben gleichermaßen. Folglich brauche ich einen Maßstab, der nicht aus dem Glauben selbst entstammt.

 

Warum? Spätestens, wenn du auf Kommando was glauben mußt oder willst lügst du dir etwas vor. Wenn bei mir jemals logische Berechnung auf diesem Gebiet eintritt, werde ich mich nicht mehr als katholisch bezeichnen.

 

2. Mein Beispiel (mit der Erlösung, in dem ich nicht an Jesus glaube) zeigt, dass die Vernunft und die Logik im Glauben eine große Rolle spielt (nicht überall, aber an vielen kritischen Stellen).

 

Mit der Erlösung, in dem ich nicht an Jesus glaube? – Was meinst du damit? Die „Logik“ spielt im Glauben eine Rolle, allerdings immer, immer in ihrem System. Ich darf damit keine wissenschaftliche Forschung betreiben, das wäre völliger Blödsinn und umgekehrt komme ich mit Wissenschaft im Glauben nicht weiter. Ich kann vielleicht Hinrströme messen oder über die Psychologie Teile beschreiben. Ich kann damit aber beim besten Willen den Glaube nicht erfassen. Das ist wie mit der Analogie von vorhin. Ich kann Musik Graphisch, meinetwegen auch durch fühlbaren Schalldruck beschreiben. Damit erfasse ich aber nicht was Musik ist. Da muß ich zu hören wollen. Und bei dem anderen eben Glauben.

 

2. Mein Beispiel (mit der Erlösung, in dem ich nicht an Jesus glaube) zeigt, dass die Vernunft und die Logik im Glauben eine große Rolle spielt (nicht überall, aber an vielen kritischen Stellen). Du hast mir noch nicht plausibel gemacht, dass dies nicht der Fall ist, wenn Du es könntest, hätte es äußerst unangenehme Konsequenzen für Deinen Glauben.

 

Das man nicht mit wissenschaftlicher Vernunft und Methodik da rangehen darf, hatte ich ja bereits erläutert. (Falls Dinge erläuterungsbedürftig sind, setz sie mir bitte einfach noch einmal rein.) Innerhalb des Glaubens gibt es auch eine Art von Logik. Die deckt aber einen anderen, als den wissenschaftlichen Bereich ab.

Und unangenehme Konsequenzen wird eigentlich gar nicht für meinen Glauben haben. Die könnte es nur geben, wenn ich mich an ihn klammern würde, vor lauter Angst, es könnte doch was nicht so sein, wie ich das gerne hätte. Wenn ich ihn durch eigenen, freien Willen verlieren sollte, ist es auch gut. Mein Glaube ist eine Beziehung zwischen mir und Gott und zu einer Beziehung gehören immer zwei. Wenn ich nicht mehr mag, dann darf ich diese auch beenden. Da mache ich mir keinen unnötigen Streß. Bis jetzt passiert – vielleicht gerade weil kein Druck da ist – genau das Gegenteil, sie wird immer enger.

 

Ohne Anerkennung der Vernunft kann ich Deinen Glauben nämlich ohne Angabe von vernünftigen Gründen einfach verwerfen.

 

Selbstverständlich darfst du das. Damit sind wir wieder bei (wenn du erlaubst, darf ich mich aus meinem ersten Posting zitieren):

 

+++Natürlich kann ich jetzt – das ist mein gutes Recht – sagen, daß ich die Dinge, die nicht mit den logischen Mitteln und Methoden der exakten Wissenschaften erklärt werden können, generell nicht anerkenne. [...]Als Person, die dann konsequent nur Logik und exakte Wissenschaften gelten läßt, muß ich sagen, daß einige Fragen für mich niemals beantwortbar sind, weil ich sie innerhalb dieses Systems gar nicht stellen kann. Mit Dingen wie Gott brauche ich mich dann also gar nicht weiter beschäftigen.

 

Erwartest Du aber vernünftige Gründe von mir dafür, warum ich Deinen Glauben nicht teile, dann gibst Du zu, dass die Vernunft auf den Glauben anwendbar sein muss. In dieser Falle sind wir gefangen.

Wie könnte ich vernünftige Gründe von dir dafür verlangen, wo ich doch weiß, das der Glauben selbst schon nicht mit wiss. Vernunft begründbar ist. Natürlich wären wir in dieser Frage gefangen. Allein schon, daß wir da gefangen sind, beweist ja unter anderem, das es keinen logischen Weg aus ihr hinaus gibt. Der Weg hinaus sitzt einzig und allein in deiner menschlichkeit. Und zwar in deinem gesammten Wesen. Also auch mit all deiner Unlogik.

Also mit dem, was du bist und doch nicht verstehen kannst.

 

Außerdem argumentiere ich nicht nur mit der Naturwissenschaft, sondern auch mit der Philosophie (wobei es bei mir da große Überschneidungen gibt, was daran liegt, dass ich ein Anhänger der evolutionären Erkenntnistheorie bin). Letztlich benutzt auch die Theologie (im Rückgriff auf Platon) elementare Ideen der Philosophie, wenn also die Philosophie nichts im Christentum zu sagen hat, dann hast Du gerade dem Christentum den platonischen Boden unter den Füßen weggezogen

 

Deshalb habe ich ja bei der Frage „Was ist Wahrheit“ gesagt, das wir einen Schritt zurückgehen sollten. Eben weil in der Philosophie beide ihre Ursprünge zur Beschreibung liegen haben. Und die Philosophie hat ne ganze Menge – vor allem im Christentum zu sagen – sie beantwortet in ihrem System „die zweite Hälfte“ der philosophischen Fragen. Also die, an die die Naturwissenschaft mit ihren Mitteln nicht rankommt, bzw die Fragen überhaupt nicht stellt.

Kannst du jetzt meinen Gedankengang nachvollziehen, das es nur mit diesen zwei getrennten Systhemen geht? Die berühren sich – in der Philosophie. Aber sie überschndeiden sich nicht, weil die jeweiligen Fragen immer nur ein Teil der Philosophie darstellen.

 

Und Wahrheit ist immer System gebunden. Ich muß mir zunächst überlegen, was ich erkennen will und dann kann ich mit den geeigneten Mitteln innerhalb eines Systems nach der wahren Erkenntnis suchen.

 

Ja genau. Davon spreche ich ja. Da sind wir voll und ganz einer Meinung. Und damit ist auch deine Aussage: „Noch ist nicht ausgemacht, dass die Vernunft im Glauben nichts zu suchen hat.“, widerlegt. Oder du müßtest die Systemeinteilung und damit die ganze Philosophie mit ihren Fragen über den Haufen werfen.

 

Das ist überhaupt eines der grundlegenden Probleme: Wenn Gott existiert, dann müsste dies Auswirkungen auf unsere Welt haben. Damit wäre der Boden des wissenschaftlich/philosophisch Nachprüfbaren betreten, auf dem die Vernunft etwas zu sagen hat.

 

Aber sicher hat das Auswirkungen auf unsere Welt.

Und wie schon gesagt: Der Boden der Philosophie muß da schon betreten werden und das ist ja auch richtig und u.a.überall so anerkannt. Ich muß allerdings – wie bereits gesagt – aufpassen, in welchem System ich mich befinde. Und ich kann nicht mit nat. wiss. Vernunft, Logik und Methodik an den Glauben rangehen. Das geht in beiden Systemen schief und so komme ich zu keiner Wahrheit, sondern zu Widersprüchen.

 

Alternativ dazu kann man auch im Agnostizismus oder im Atheismus landen (womit ich schon überhaupt kein Problem habe).

 

Das wundert mich bei dir. Deiner Argumentationskette müßten Atheisten „genau auf der anderen Seite vom Pferd fallen.“. Weil sie Gott uns seine Existenz verneinen, ohne dies beweisen zu können.

 

Greift Gott in diese Welt ein, dann sind seine Eingriffe nachvollziehbar.

 

Warum? Mir ist bewusst ist, daß mein eigener menschlicher Verstand begrenzt ist. Ich kann ihm vertrauen, das alles was er an der Welt handelt, auch wenn ich es nicht erkenne oder verstehe, seinen Sinn hat. Glauben kommt von dem althochdeutschen Wort für Vertrauen. Und genau das tu ich. Ich vertraue auf Gott, und seinen guten Willen, weil ich weiß, daß mein Verstand Grenzen hat.

 

Und jeder Eingriff in diese Welt ist prinzipiell die Domäne der Naturwissenschaften.

Ja, und mit dieser Bemerkung stößt du genau an eine Grenze der nat. wiss Logik und Vernunft. Ab hier kommt sie nicht weiter, weil sie die Frage dazu gar nicht stellt. Wenn du das weiter diskutieren möchtest, geht das nur auf der Theologischen Ebene. Oder man hört an diesem Punkt auf, wenn man das nat. wiss System nicht verlassen möchte.

Warum und wie Gott in die Welt eingreift ist absolut keine nat. wiss. Frage und wird in diesem System überhaupt nicht gestellt.

 

dann verschärft sich das Theodizeeproblem (und zwar umso mehr, je mehr Gott eingreift, weil man dann immer fragen kann: Wieso tut Gott Wunder, damit sich eine Hochzeitsgesellschaft mit Wein besaufen kann, aber kein Wunder, um ein Erdbeben zu verhindern?).

 

Wie gesagt, Theodizee im Anschluß oder ein andermal...

 

Ich bin gerne bereit, alle Lösungen konsequent auf alles anzuwenden, solange es Sinn macht. Ich halte das sogar für unabdingbar. Insofern habe ich das von Dir skizzierte Problem nicht.
Und was siehst du als den Sinn? Bzw. wer oder was sagt, das es Sinn macht? Wenn du in einer Glaubensfrage den Sinn der Antwort in der nat. wiss. Methodik zu begründen versuchst, wird das nie Sinn machen. Innerhalb des Systems schon, nur dann darfst du das System nicht als ungültig und Sinnlos erklären.

 

Das gilt nur dann, wenn Du die weiter oben genannten zwei Probleme schlüssig lösen kannst. Ansonsten kann ich sagen, dass der Glauben zwar nichts in der Wissenschaft verloren hat, die Wissenschaft aber sehr wohl etwas dem Glauben zu sagen hat. Immerhin hat die Wissenschaft bewiesen, dass sie zur Erkenntnis gelangen kann, der Glauben ist diesen Beweis bislang schuldig geblieben.

 

Da wirfst du wieder zwei Systeme in einen Topf und vergleichst Glauben mit Wissenschaft. Das muß schief gehen. Beides stellt ja völlig andere Fragen. Zur Erkenntnis gelangen beide. Aber zu völlig unterschiedlichen auf völlig unterschiedlichem Weg. Und diese Erkenntnisse widersprechen sich nicht. Sie ergänzen sich. Spätestens wenn beide zur gleichen kommen würden, wäre der Glaube Wissenschaft, oder Wissenschaft Glaube.

 

Dabei wird Wissenschaft erst seit 400 Jahren betrieben, der Glauben aber seit 2.000 Jahren.

 

Und gerade das gibt mir zu denken. Der Glaube ist aufgrund seiner langen Geschichte wesentlich gereifter, als wir, die wir vor hundert Jahren grad mal die Glühbirne erfunden haben und immer mehr meinen, jetzt schon alles zu können. Ich bin sicher, in den nächsten 2000 Jahren wird die Wissenschaft heute so über uns grinsen, wie wir jettzt, wenn wir und die Leute vor Augen halten, die vor 2000 Jahren geglaubt haben, der Blitz sei ein Pfeil Gottes....

Leider war die Wissenschaft damals noch nicht so weit, den Glauben mit zu formen und ihm sein System klar abstecken zu können. So ist er hier zB. auf die physikalische Frage des Blitzes „übergeschwappt“. Beides muß sich ergänzen und sich gegenseitig in die Grenzen weisen. Und wenn man eines davon nicht anerkennt, wird einem persönlich die jeweils „halbe Welt“ verloren gehen. Dies ist allerdings gutes Recht für jeden.

 

 

+++Daraus folgt, daß es nur eine Wahrheit geben kann, allerdings pro System (!). Ich habe eine Naturwissenschaftliche Wahrheit und eine Glaubenswahrheit. Die eine hat mit der anderen nichts zu tun, weil sie sie überhaupt nicht berührt.+++

Das wäre der Rückzug auf die subjektive Wahrheit (darauf habe ich die ganze Zeit gewartet, es war zwangsläufig)..

 

Letzten endes sind beides subjektive Wahrheiten. Weil der Mensch von Haus aus schon ein subjektives Wesen ist und er die Unterscheidung zw. Subjektiv und objektiv gemacht hat. Also kann auch diese Entscheidung nur subjektiv sein.

Die Naturwissenschaft – und davon spreche ich ja schon die ganze Zeit – wird auf ihr System zurückgezogen und der Glaube auf seines. Differenzieren trifft es vielleicht besser, als zurückziehen.

 

Grüße

Karolin

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+++Das wäre, wie wenn du sagen würdest: solange ich nicht zum Mars fliegen kann, darf ich keine Mechanik betreiben.+++

 

Umgekehrt: Du wirst nicht zum Mars fliegen können, solange Du keine Mechanik betrieben hast. Oder anders gesagt, Du wirst nicht behaupten können, dass Gott gut ist, solange die empirische Evidenz dagegen spricht und Du keine Lösung des dadurch entstehenden Problems hast.

 

Richtig. Und deshalb kannst du auch nicht sagen, man darf nicht glauben, nur weil man noch nicht alles wissen kann. Und meine empirische Evidenz spricht absolut dafür, das Gott gut ist. Gegen diese würde ich ja logischer Weise nicht argumentieren

 

Man "darf" schon glauben, das ist keine Frage des Dürfens. Aber weil wir nicht alles wissen (können) ist es so schwierig, die Lücken einfach mit "Glauben" aufzufüllen. Man kann dann nämlich nicht wissen, ob man die Lücken richtig gefüllt hat, es ist leicht, dabei Fehler zu machen. Und man wird, wenn man sich die Glaubensaussagen so ansieht, auch nie herausfinden, ob und wann und wie man sich irrt.

 

Glauben besteht im wesentlichen aus nicht verifizierbaren und nicht falsifizierbaren Behauptungen. Das widerspricht jedem exisistierendem Erkenntnismodell - alle unsere Erkenntnis kommt durch Verwerfen von falschen Annahmen zustande, warum sollte es beim Glauben anders sein? Das hat noch niemand plausibel machen können. Wenn die Grundlage allen Wissens in der Falsifikation besteht, dann wird das Absehen von dieser Grundlage keine Erkenntnis produzieren, sondern eher reinen Unsinn, was nicht ausschließt, dass man zufällig richtig geraten hat. Aber mit der Anzahl der Möglichkeiten, zu raten, nimmt die Trefferwahrscheinlichkeit stark ab.

 

Von daher spricht schon die Wahrscheinlichkeit gegen den Glauben.

 

Noch ist nicht ausgemacht, dass die Vernunft im Glauben nichts zu suchen hat. Dazu müssten nämlich zwei bislang unbeantwortete Fragen beantwortet werden:

 

1. Wie kann man zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen unterscheiden und eine davon wählen, wenn man nicht einen anderen Maßstab anlegt als den des Glaubens?

Dieser Maßstab ist aber nicht die Vernunft. Ich nehme mir doch keinen Prospekt zu Hand und such mir den Glauben aus, der „für mich am Vorteilhaftesten ist“. Bei dem Glauben geht es um ein ganz inneres, menschliches Gefühl. Ich kann mich nicht hinsetzen und sagen, ab morgen glaube ich dies und jedes. Das geht nicht. Ein Glaube muß wachsen und er gehört so zu dir, wie deine Hand. Ich wähle also mein Glauben nicht, weil ich ihn nicht bewußt beeinflussen kann.

 

Ein gutes Argument gegen das Christentum. Glauben wird determiniert durch etwas, was wir nicht in der Hand haben, dann wird dies dazu benutzt, den Menschen zu verdammen oder zu erlösen. Etwas Ungerechteres kann ich mir kaum vorstellen, wenn Gott so handelt, wäre er extrem ungerecht.

 

Entweder, ich kann mir den Glauben aussuchen auf einer Basis, die nicht die des Glaubens selbst ist. Logik begründet sich auch nicht selbst, sie wird dadurch begründet, dass sie beim Umgang mit den Tatsachen bestimmte Ergebnisse bringt. Wenn ich auf Basis des Glaubens an diesen Glauben glaube, dann ist das zirkulär, der Glauben begründet sich selbst - das aber ist prinzipiell mit jedem Glauben möglich - UFOs, Astrologie, Scientologie etc. pp. begründen sch genau so.

 

Oder ich kann tatsächlich nur den Glauben mit sich selbst begründen, dann verliere ich jede Möglichkeit, mir den Glauben auszusuchen, damit ist der Glauben keine Entscheidung, sondern ein Unterwerfen unter Einflüssen, die ich mir nicht aussuche. Ade, freier Willen - das erinnert eher an die Prädestinationslehre von Calvin.

 

Übrigens würden Dir die meisten Fundmentaltheologen widersprechen.

 

Ich kann mich nicht auf Basis des Glaubens für den Glauben entscheiden, denn dies funktioniert mit jedem Glauben gleichermaßen. Folglich brauche ich einen Maßstab, der nicht aus dem Glauben selbst entstammt.

 

Warum? Spätestens, wenn du auf Kommando was glauben mußt oder willst lügst du dir etwas vor. Wenn bei mir jemals logische Berechnung auf diesem Gebiet eintritt, werde ich mich nicht mehr als katholisch bezeichnen.

 

S. o. Es gäbe, wenn Du recht hast, keine Möglichkeit, sich für den Glauben zu entscheiden. Ich sehe aber sehr wohl Möglichkeiten, mich dagegen zu entscheiden. D. h. eine Entscheidung kann nur dann frei sein, wenn ich mich gegen den Glauben entscheide, sonst ist sie unfrei. Im Zweifel entscheide ich mich dann dafür, mir möglichst viele Freiheitsgrade zu lassen, d. h. ich muss mich gegen den Glauben entscheiden. Wenn ich keinen Grund habe, mich zu entscheiden, dann habe ich keinen Grund, überhaupt eine Entscheidung herbeizuführen, in diesem Fall ist Agnostizismus die beste Wahl.

 

2. Mein Beispiel (mit der Erlösung, in dem ich nicht an Jesus glaube) zeigt, dass die Vernunft und die Logik im Glauben eine große Rolle spielt (nicht überall, aber an vielen kritischen Stellen).

 

Mit der Erlösung, in dem ich nicht an Jesus glaube? – Was meinst du damit? Die „Logik“ spielt im Glauben eine Rolle, allerdings immer, immer in ihrem System. Ich darf damit keine wissenschaftliche Forschung betreiben, das wäre völliger Blödsinn und umgekehrt komme ich mit Wissenschaft im Glauben nicht weiter. Ich kann vielleicht Hinrströme messen oder über die Psychologie Teile beschreiben. Ich kann damit aber beim besten Willen den Glaube nicht erfassen. Das ist wie mit der Analogie von vorhin. Ich kann Musik Graphisch, meinetwegen auch durch fühlbaren Schalldruck beschreiben. Damit erfasse ich aber nicht was Musik ist. Da muß ich zu hören wollen. Und bei dem anderen eben Glauben.

 

Man erfasst aber durchaus wichtige Aspekte von dem, was Musik auch ist, und man kann sie sogar danach bewerten. Nur weil Musik eine Geschmacksfrage ist, wird eine wissenschaftliche Untersuchung der Musik nicht unmöglich. Außerdem scheint mir, dass in Deiner Analogie Glauben auf eine Geschmacksfrage rediziert wird, in diesem Fall wäre jeder Wahrheitsanspruch widersinnig.

 

Ich höre gerne Therion, aber ich würde nie auf die Idee kommen, zu behaupten, dass es "wahr" ist, dass Therion eine der besten Musikgruppen der letzten 20 Jahre ist. Es ist für mich in gewisser Hinsicht wahr, aber für keinen anderen Menschen. Es wäre für mich kein Widerspruch, wenn Du Therion schrecklich findest. Aber dass es eine Band namens Therion gibt, ist etwas, was wir objektiv überprüfen können - Du kannst in den nächsten Plattenladen gehen und danach fragen. Wenn ich mir den namen nur ausgedacht habe, dann wirst Du es herausfinden.

 

Ich habe keine Probleme damit, Glauben als eine Geschmacksfrage anzusehen.

 

2. Mein Beispiel (mit der Erlösung, in dem ich nicht an Jesus glaube) zeigt, dass die Vernunft und die Logik im Glauben eine große Rolle spielt (nicht überall, aber an vielen kritischen Stellen). Du hast mir noch nicht plausibel gemacht, dass dies nicht der Fall ist, wenn Du es könntest, hätte es äußerst unangenehme Konsequenzen für Deinen Glauben.

 

Das man nicht mit wissenschaftlicher Vernunft und Methodik da rangehen darf, hatte ich ja bereits erläutert. (Falls Dinge erläuterungsbedürftig sind, setz sie mir bitte einfach noch einmal rein.) Innerhalb des Glaubens gibt es auch eine Art von Logik. Die deckt aber einen anderen, als den wissenschaftlichen Bereich ab.

 

Man nennt diese Logik Bedarfslogik. Ihre Regeln sind obskur, selbst die Gläubigen kennen sie nicht. Und jeder Glauben hat seine eigenen Regeln, meistens handelt es sich um die Regel, dass man die Logik anwenden darf, bis man zu einem unerfreulichen oder nicht passenden Ergebnis kommt, dann darf man (eben nach Bedarf) die Logik wegwerfen und einen beliebigen Schluss ziehen.

 

Nicht-logisches Schließen ist beliebiges Schließen.

 

Keine Regeln anzuerkennen und konsequent zu befolgen bedeutet, dass man machen darf, was man will. Auf dieser Basis bin ich völlig berechtigt, zu Glauben, dass es einen, keinen oder beliebig viele Götter gibt. Einen wie auch immer objektiv existierenden Gott kommt man damit keinen Schritt näher.

 

Es hat mir auch noch niemand plausibel gemacht, dass dieses willkürliche Schließen nicht beliebig ist, man bezeichnet das als Voluntarismus - es ist wahr, weil ich will, dass es wahr ist. Wenn ich aber nun nicht will, dass Gott existiert, dann existiert er eben auch nicht. Das steht im Widerspruch dazu, dass behauptet wird, Gott existiere auch dann, wenn keiner an ihn glaubt.

 

Warum reden Theologen gerne von Geheimnissen und Paradoxien? Wiel man auf der Basis von Nicht-Wissen (= Geheimnissen) und Paradoxien beliebige Schlüsse ziehen kann. Etwas ist paradox, wenn man auf Basis derselben Logik zu widersprüchlichen Schlüssen kommt, man darf sich dann aussuchen, welchen Schluss man nimmt, der Schluss ist beliebig. Gleichzeitig wird die Beliebigkeit aber bestritten. Was denn nun?

 

(Fortsetzung folgt)

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Hallo Karolin!

 

Hier ist der zweite Teil.

 

Ohne Anerkennung der Vernunft kann ich Deinen Glauben nämlich ohne Angabe von vernünftigen Gründen einfach verwerfen.

 

Selbstverständlich darfst du das. Damit sind wir wieder bei (wenn du erlaubst, darf ich mich aus meinem ersten Posting zitieren):

 

+++Natürlich kann ich jetzt – das ist mein gutes Recht – sagen, daß ich die Dinge, die nicht mit den logischen Mitteln und Methoden der exakten Wissenschaften erklärt werden können, generell nicht anerkenne. [...]Als Person, die dann konsequent nur Logik und exakte Wissenschaften gelten läßt, muß ich sagen, daß einige Fragen für mich niemals beantwortbar sind, weil ich sie innerhalb dieses Systems gar nicht stellen kann. Mit Dingen wie Gott brauche ich mich dann also gar nicht weiter beschäftigen.

 

Du hebst zu sehr auf "exakte (Natur-)Wissenschaften" ab und übersiehst, dass die aristotelische Logik von Theologen eingeführt wurde, um theologische Streitfälle zu schlichten. Als das gemacht wurde, gab es noch keine Naturwissenschaften (speziell Thomas von Aquin ist da mit involviert, vor allem für seine Gottesbeweise). Auch Anselm von Canterbury benutzte die Logik, um seinen Gottesbeweis zu formulieren, sein Beweis lässt sich sogar sehr schön in der Sprache der formalen Logik darstellen.

 

Die Fundamentaltheologie benutzt noch heute die (aristotelische) Logik. Man müsste also Deiner Meinung nach die Lehren von Aquin sowie die Fundamentaltheologie völlig verwerfen, weil die ignoranterweise die Logik in ihrer Theologie benutzen. Na, und viele Begründungen aus dem KEK beispielsweise würden dann auch nicht mehr funktionieren.

 

Überhaupt, ohne Logik kann man nicht mehr sinnvoll diskutieren. Es wären also auch alle Diskussionen zu verwerfen. Volker Biallass macht dies konsequent vor, seine "Diskussionen" bestehen überwiegend aus freiem Assoziieren.

 

Was bleibt, wenn man die Logik für theologische Diskussionen verwirft? Beliebigkeit, Willkür und freies Assoziieren. Auf dieser Basis kann man sich auf nichts einigen, was bleibt ist der Streit mit physischer Gewalt im Konfliktfall. Wie will man Konflikte denn auch sonst lösen? Wie will man Streitgespräche führen? In dem man eine Behauptung gegen die andere stellt? Leider sehen viele Diskussionen genau so aus.

 

Erwartest Du aber vernünftige Gründe von mir dafür, warum ich Deinen Glauben nicht teile, dann gibst Du zu, dass die Vernunft auf den Glauben anwendbar sein muss. In dieser Falle sind wir gefangen.

Wie könnte ich vernünftige Gründe von dir dafür verlangen, wo ich doch weiß, das der Glauben selbst schon nicht mit wiss. Vernunft begründbar ist. Natürlich wären wir in dieser Frage gefangen. Allein schon, daß wir da gefangen sind, beweist ja unter anderem, das es keinen logischen Weg aus ihr hinaus gibt. Der Weg hinaus sitzt einzig und allein in deiner menschlichkeit. Und zwar in deinem gesammten Wesen. Also auch mit all deiner Unlogik.

Also mit dem, was du bist und doch nicht verstehen kannst.

 

Wenn Du recht hast, dann hat das sehr unerfreuliche Konsequenzen, weil eine Diskussion von Theologie, Moral etc. nicht mehr möglich ist.

 

Deshalb habe ich ja bei der Frage „Was ist Wahrheit“ gesagt, das wir einen Schritt zurückgehen sollten. Eben weil in der Philosophie beide ihre Ursprünge zur Beschreibung liegen haben. Und die Philosophie hat ne ganze Menge – vor allem im Christentum zu sagen – sie beantwortet in ihrem System „die zweite Hälfte“ der philosophischen Fragen. Also die, an die die Naturwissenschaft mit ihren Mitteln nicht rankommt, bzw die Fragen überhaupt nicht stellt.

Kannst du jetzt meinen Gedankengang nachvollziehen, das es nur mit diesen zwei getrennten Systhemen geht? Die berühren sich – in der Philosophie. Aber sie überschndeiden sich nicht, weil die jeweiligen Fragen immer nur ein Teil der Philosophie darstellen.

 

Ich kenne das Argument, dass Naturwissenschaft und Religion sich nicht überlappen und daher auch nicht in Streit geraten können. Allerdings müsste man dann die Frage stellen, wieso Gott einerseits ein Universum geschaffen hat, das nach logischen Gesetzen funktioniert (soweit wir es sehen können), dann aber in den wichtigen Fragen von uns verlangen soll, genau diese Logik nicht anzuwenden. Das ist ein janusköpfiger Gott - einerseits offenbart er sich im Universum mit logischen Regeln, andererseits pfeift er auf Logik, wenn es um ihn selbst geht. Damit widerspricht sich Gott selbst - denn das Universum ist seine deutlichste Offenbarung, die dann im Widerspruch zu seinen sonstigen Offenbarungen steht. Damit wäre Gott selbst der vater aller Konfusionen.

 

Und Wahrheit ist immer System gebunden. Ich muß mir zunächst überlegen, was ich erkennen will und dann kann ich mit den geeigneten Mitteln innerhalb eines Systems nach der wahren Erkenntnis suchen.

 

Ja genau. Davon spreche ich ja. Da sind wir voll und ganz einer Meinung. Und damit ist auch deine Aussage: „Noch ist nicht ausgemacht, dass die Vernunft im Glauben nichts zu suchen hat.“, widerlegt. Oder du müßtest die Systemeinteilung und damit die ganze Philosophie mit ihren Fragen über den Haufen werfen.

 

Sie ist nicht widerlegt, denn es ist eine bloße (unbegründete) Behauptung, dass die Logik und die Vernunft nichts im Glauben zu suchen haben. Natürlich kann man gerne der Auffassung sein, dass eine Behauptung eine logische Ableitung widerlegt, diese Willkür ist Bestandteil des Glaubens. Aber dann muss man auch sehen, dass sich zu jeder Behauptung auch eine Gegenbehauptung aufstellen lässt. Glauben ist also nichts weiter als ein willkürliches Sammelsurium an Behauptungen (was man anhand der verschiedenen Glaubensrichtungen sehr gut sehen kann). Wahrheit sollte aber mehr sein als das Aufstellen von Behauptungen, von denen genausogut auch stets das Gegenteil wahr sein kann.

 

Das ist überhaupt eines der grundlegenden Probleme: Wenn Gott existiert, dann müsste dies Auswirkungen auf unsere Welt haben. Damit wäre der Boden des wissenschaftlich/philosophisch Nachprüfbaren betreten, auf dem die Vernunft etwas zu sagen hat.

 

Aber sicher hat das Auswirkungen auf unsere Welt.

Und wie schon gesagt: Der Boden der Philosophie muß da schon betreten werden und das ist ja auch richtig und u.a.überall so anerkannt. Ich muß allerdings – wie bereits gesagt – aufpassen, in welchem System ich mich befinde. Und ich kann nicht mit nat. wiss. Vernunft, Logik und Methodik an den Glauben rangehen. Das geht in beiden Systemen schief und so komme ich zu keiner Wahrheit, sondern zu Widersprüchen.

 

Was ich noch nicht verstanden habe ist, wo bei Dir ein System zu finden ist außer dem, dass wahr ist, was Du für wahr hältst. Bislang habe ich nur Deine Behauptung, es gäbe ein solches System. Wie es aussieht und funktioniert bleibt im Dunkeln ...

 

Ist Wahrheit dass, von dem wir glauben, es sei wahr? Eine Definition von Wahrheit ist: Wahrheit ist gerechtfertigter Glaube. Woher kommen bei Dir die Rechtfertigungen?

 

Alternativ dazu kann man auch im Agnostizismus oder im Atheismus landen (womit ich schon überhaupt kein Problem habe).

 

Das wundert mich bei dir. Deiner Argumentationskette müßten Atheisten „genau auf der anderen Seite vom Pferd fallen.“. Weil sie Gott uns seine Existenz verneinen, ohne dies beweisen zu können.

 

Es gibt einen gleitenden Übergang vom positiven Atheismus (Gott existiert nicht) zum Nonkognitivismus (jede Aussage über Gott ist sinnlos) zum negativen Atheismus (es ist nicht sinnvoll, an Gott zu glauben) zum Agnostizismus (man kann weder sagen, dass Gott existiert noch kann man sagen, dass er nicht existiert) zum Taoismus (man kann keine zutreffenden Aussagen über Gott machen) zum Deismus (Gott schuf die Welt, kümmert sich aber seitdem nicht mehr darum) bis hin zum Pantheismus (die Welt ist alles, was existiert, die Welt selbst ist Gott).

 

Ich selbst bin agnostischer Atheist - wir können nicht wissen, ob Gott existiert oder nicht, daher ist es auch nicht sinnvoll, an ihn zu glauben. Ich betrachte alle - von den Pantheisten bis hin zu den positiven Atheisten - als Menschen, die auf derselben Seite stehen wie ich, die Unterschiede sind geringer als die Differenzen zum Theismus. Ich kann auch einem Pantheisten zustimmen - wenn das Universum selbst Gott ist, dann betrachte ich nach dieser Definition Gott als existierend, könnte mich also selbst nicht mehr als Atheisten bezeichnen (!). Auch mit Deisten und Taoisten befinde ich mich überwiegend in Übereinstimmung, ich sehe nur marginale Differenzen. Wenn Gott existieren sollte, dann ist es der deistische oder der taoistische Gott. Ich schließe die Existenz von Gott nicht kategorisch aus, obwohl ich sehe, dass die positiven Atheisten gute Argumente haben.

 

Greift Gott in diese Welt ein, dann sind seine Eingriffe nachvollziehbar.

 

Warum? Mir ist bewusst ist, daß mein eigener menschlicher Verstand begrenzt ist. Ich kann ihm vertrauen, das alles was er an der Welt handelt, auch wenn ich es nicht erkenne oder verstehe, seinen Sinn hat. Glauben kommt von dem althochdeutschen Wort für Vertrauen. Und genau das tu ich. Ich vertraue auf Gott, und seinen guten Willen, weil ich weiß, daß mein Verstand Grenzen hat.

 

Wenn die Eingriffe von Gott nicht nachvollziehbar sind, dann ist es für uns identisch mit der Auffassung, dass Gott nicht eingreift (wenn ich zwei Dinge nicht unterscheiden kann - gleichgültig, aus welchen Gründen - dann kann ich nicht einfach behaupten, sie seien doch verschieden, für mich sind sie identisch). Ob das Nicht-Erkennen von Unterschieden an unserer Unzulänglichkeit liegt oder nicht, ist deswegen unerheblich, weil ich auch dazwischen nicht differenzieren kann (wegen der Unzulänglichkeit).

 

 

Und jeder Eingriff in diese Welt ist prinzipiell die Domäne der Naturwissenschaften.

Ja, und mit dieser Bemerkung stößt du genau an eine Grenze der nat. wiss Logik und Vernunft. Ab hier kommt sie nicht weiter, weil sie die Frage dazu gar nicht stellt. Wenn du das weiter diskutieren möchtest, geht das nur auf der Theologischen Ebene. Oder man hört an diesem Punkt auf, wenn man das nat. wiss System nicht verlassen möchte.

Warum und wie Gott in die Welt eingreift ist absolut keine nat. wiss. Frage und wird in diesem System überhaupt nicht gestellt.

 

Die Frage nach dem Warum stelle ich überhaupt nicht, nur die Frage, ob Gott in die Welt eingreift. Damit verlasse ich nicht den Boden der Wissenschaft. Lässt sich diese Frage nicht klären, dann ist die Frage nach dem Warum sowieso müßig. Ich muss zunächst die Frage klären, ob etwas so und so ist, bevor ich weitergehende Fragen stelle. Überspringe ich diesen Schritt einfach, falle ich auf die Nase.

 

Das erinnert mich an eine Diskussion über die Gründe, warum Ausländer häufiger kriminell sind als Inländer. Wenn ich nicht zunächst feststelle, ob das überhaupt der Fall ist, warum soll ich dann nach dem Warum fragen? Ohne die Grundlagen ist das eine reichlich sinnlose Diskussion, in der unbegründete Behauptungen die Basis abgeben, mit der man die Behauptungen wieder zu stützen versucht - kurz, zirkuläre Logik.

 

Die Frage ob man die Logik im Glauben benutzen kann ist noch nicht geklärt, Du bist schon dabei, die Frage nach dem Warum zu beantworten.

 

dann verschärft sich das Theodizeeproblem (und zwar umso mehr, je mehr Gott eingreift, weil man dann immer fragen kann: Wieso tut Gott Wunder, damit sich eine Hochzeitsgesellschaft mit Wein besaufen kann, aber kein Wunder, um ein Erdbeben zu verhindern?).

 

Wie gesagt, Theodizee im Anschluß oder ein andermal...

 

Ok, klammern wir das mal aus.

 

Ich bin gerne bereit, alle Lösungen konsequent auf alles anzuwenden, solange es Sinn macht. Ich halte das sogar für unabdingbar. Insofern habe ich das von Dir skizzierte Problem nicht.

 

Und was siehst du als den Sinn? Bzw. wer oder was sagt, das es Sinn macht? Wenn du in einer Glaubensfrage den Sinn der Antwort in der nat. wiss. Methodik zu begründen versuchst, wird das nie Sinn machen. Innerhalb des Systems schon, nur dann darfst du das System nicht als ungültig und Sinnlos erklären.

 

Wie kann ich die Frage nach dem Sinn von rosa Einhörnern beantworten, wenn ich nicht weiß, ob rosa Einhörner überhaupt existieren? Sinn können rosa Einhörner auch machen, ohne zu existieren. Man könnte beispielsweise behaupten, dass der Sinn Gottes darin besteht, unserer Moral eine Grundlage zu geben. Aber das funktioniert auch dann, wenn Gott nicht existiert ...

 

Das gilt nur dann, wenn Du die weiter oben genannten zwei Probleme schlüssig lösen kannst. Ansonsten kann ich sagen, dass der Glauben zwar nichts in der Wissenschaft verloren hat, die Wissenschaft aber sehr wohl etwas dem Glauben zu sagen hat. Immerhin hat die Wissenschaft bewiesen, dass sie zur Erkenntnis gelangen kann, der Glauben ist diesen Beweis bislang schuldig geblieben.

 

Da wirfst du wieder zwei Systeme in einen Topf und vergleichst Glauben mit Wissenschaft. Das muß schief gehen. Beides stellt ja völlig andere Fragen. Zur Erkenntnis gelangen beide. Aber zu völlig unterschiedlichen auf völlig unterschiedlichem Weg. Und diese Erkenntnisse widersprechen sich nicht. Sie ergänzen sich. Spätestens wenn beide zur gleichen kommen würden, wäre der Glaube Wissenschaft, oder Wissenschaft Glaube.

 

Naja, aber in Deinem System fehlt die wichtigste Frage überhaupt. Wie soll man dann weitere Fragen beantworten, wenn die Grundlage nicht geklärt ist?

 

Dabei wird Wissenschaft erst seit 400 Jahren betrieben, der Glauben aber seit 2.000 Jahren.

 

Und gerade das gibt mir zu denken. Der Glaube ist aufgrund seiner langen Geschichte wesentlich gereifter, als wir, die wir vor hundert Jahren grad mal die Glühbirne erfunden haben und immer mehr meinen, jetzt schon alles zu können. Ich bin sicher, in den nächsten 2000 Jahren wird die Wissenschaft heute so über uns grinsen, wie wir jettzt, wenn wir und die Leute vor Augen halten, die vor 2000 Jahren geglaubt haben, der Blitz sei ein Pfeil Gottes....

Leider war die Wissenschaft damals noch nicht so weit, den Glauben mit zu formen und ihm sein System klar abstecken zu können. So ist er hier zB. auf die physikalische Frage des Blitzes „übergeschwappt“. Beides muß sich ergänzen und sich gegenseitig in die Grenzen weisen. Und wenn man eines davon nicht anerkennt, wird einem persönlich die jeweils „halbe Welt“ verloren gehen. Dies ist allerdings gutes Recht für jeden.

 

Nun, der Glauben besteht ja darin, zu meinen, dass vor 2.000 Jahren ein paar Nomaden die Antworten auf alle "wichtigen" Frage gefunden haben, die man jetzt nur noch zu übernehmen und zu glauben braucht. Wo da ein Reifungsprozess stattgefunden haben soll, ist mir unerfindlich, allenfalls sehe ich den noch bei den möglichen Interpretationen. Außerdem ist die wissenschaftliche Methode noch älter - sie hatte 3,5 Milliarden Jahre Zeit, um zu reifen. Aber Alter und Reife sind nicht unbedingt dasselbe, manchmal bedeutet ein hohes Alter auch nur ein fortgeschrittener Prozess der Verwesung ...

 

 

Letzten endes sind beides subjektive Wahrheiten. Weil der Mensch von Haus aus schon ein subjektives Wesen ist und er die Unterscheidung zw. Subjektiv und objektiv gemacht hat. Also kann auch diese Entscheidung nur subjektiv sein.

 

Nein, weil die objektive Welt die Existenz von subjektiven Wesen hervorgebracht hat, ist die Unterscheidung nicht so willkürlich, wie es scheint. Unbenommen der Tatsache, dass jede objektive Erkenntnis nur von einem Subjekt gemacht wird. Aber Erkenntnis gibt es auch unabhängig vom Subjekt.

 

Dazu beim Thema subjektive Erkenntnis mehr.

 

Die Naturwissenschaft – und davon spreche ich ja schon die ganze Zeit – wird auf ihr System zurückgezogen und der Glaube auf seines. Differenzieren trifft es vielleicht besser, als zurückziehen.

 

Nur dass Wissenschaft prinzipiell keine Grenzen anerkennen kann. Der nächste Schlag der Naturwissenschaft gegen die christliche Religion und ihre Werte steht bereits bevor - in der Erkenntnis, dass es keinen freien Willen gibt. Denn wenn der Mensch für seine Schuld nicht selbst veramtwortlich ist, dann macht das Opfer von Jesus keinen Sinn, ebensowenig wie das christliche Konzept der Sünde ...

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Hallo Volker,

 

damit ist doch der Glauben an sich, die Logik des Glaubens, ziemlich vollständig dargestellt, oder?

Glauben ist also nichts weiter als ein willkürliches Sammelsurium an Behauptungen (was man anhand der verschiedenen Glaubensrichtungen sehr gut sehen kann).

Was noch fehlt: Eine sozial-politische, historische Einordnung.

Christlicher Glaube entstand ja nicht als Theorieprojekt parallel zur Theoretischen Physik / Kosmologie.

Welche sozialen Schichten und politischen Systeme haben das Christentum wie für welche diesseitigen Zwecke kreiert und eingesetzt?

Also den Schritt von Feuerbach zu Marx & Engels nachvollziehen, kritisch überarbeiten.

 

Ergänzung zur Sinnfrage:

Oft wird ja zu real vorhandenen Dingen nach dem Sinn gefragt (und nicht nur nach dem "Sinn von rosa Einhörnern"):

Was ist der Sinn dieses Leidens, des/meines Lebens, der Welt und des ganzen Rests

Kann man begründen, dass Sinnfragen generell unlogisch, zirkulär sind?

Ich kann alles mehr oder weniger zu erklären versuchen, frei assoziieren, Interessen und Empfingungen darlegen --- aber was soll das sein, von dem mit der Sinnfrage unterstellt wird, es existiere hinter diesem allen´?

 

freier Wille und Schuld:

("frei" & "Wille" ist übrigens ein Plejonasmus)

"Schuld" hat sich doch heute für Alltagsbewußtsein und Strafrecht bereits erledigt.

Jemand, der was Schlechtes / Verbotenes tat, wird schlicht bestraft, (angeblich) resozialisiert, zur Wiedergutmachung gezwungen, weggesperrt.

Dass sich da das Böse in ihm manifestiert haben soll, ist mittelalterlich -- jetzt schon, nicht erst, wenn Wille vollständig in Zufall und Notwendigkeit aufgedröselt sein wird.

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Liebe Karolin, lieber Volker,

 

nachdem ich wieder online bin und von Stefan und Karolin auf diesen Thread hingewiesen wurde, will ich meinen Senf doch nicht für mich behalten... Ich fange mal von hinten an:

 

Die Naturwissenschaft - und davon spreche ich ja schon die ganze Zeit - wird auf ihr System zurückgezogen und der Glaube auf seines. Differenzieren trifft es vielleicht besser, als zurückziehen.

Nur dass Wissenschaft prinzipiell keine Grenzen anerkennen kann. Der nächste Schlag der Naturwissenschaft gegen die christliche Religion und ihre Werte steht bereits bevor - in der Erkenntnis, dass es keinen freien Willen gibt. Denn wenn der Mensch für seine Schuld nicht selbst veramtwortlich ist, dann macht das Opfer von Jesus keinen Sinn, ebensowenig wie das christliche Konzept der Sünde ...

 

Lieber Volker, die "Erkenntnis, daß ein keinen freien Willen gibt" ist ein hervorragendes Beispiel für Karolins These, daß es einen Konflikt zwischen Wissenschaft und Glauben überhaupt nicht geben kann. Denn eine solche Erkenntnis ist als naturwissenschaftliche Erkenntnis überhaupt nicht möglich, einfach weil der "freie Willen" keine naturwissenschaftliche Kategorie ist.

 

Das hängt aber mit an Deinem anderen Satz von Dir, demzufolge die Wissenschaft keine Grenzen anerkennen könne. Unfug, kompletter Unfug, kann ich da nur sagen. Natürlich kann sie das, und sie tut es ganz selbstverständlich. Sie erkennt zum Beispiel die Grenze an, daß Wahrheitsbeweise für eine Theorie nicht möglich sind. Sogar für die von ihr erkannten Gesetze erkennt sie an, daß diese stets nur Näherungen (oft sogar in Prozent Wahrscheinlichkeit einer korrekten Vorhersage ausdrückbar) an das sind, was tatsächlich passiert.

 

Damit aber wird eine Grenze der Wissenschaft klar: die Naturwissenschaft kann z.B. singuläre Ereignisse nicht beschreiben - etwa das, was im Volksmund als "Wunder" bezeichnet wird. Gesetzt, ein Ereignis träte ein, das naturwissenschaftlich nicht erklärbar ist. Kann ein Wissenschaftler - in seiner Rolle als Wissenschaftler - so etwas überhaupt als "Wunder" bezeichnen? Nein, das kann er nicht. Er kann es lediglich als "noch nicht wissenschaftlich erklärbar" bezeichnen. Das ist auch kein Mangel der Wissenschaft. Es ist nicht deren Job, sich mit singulären Erscheinungen zu befassen, sondern mit Regelmäßigkeiten. Aber diese Konzentration auf den "Job" führt eben dazu, daß die Möglichkeit "das ist ein singuläres Ereignis, ein Wunder" von vornherein ausgeschlossen ist. Auf diesem Auge ist die Wissenschaft blind.

 

Ein ähnlicher Fall ist der "freie Wille". Das Besondere daran ist ja, daß er eine "Wirkung ohne Ursache" ist, daß der Wollende nicht von irgendetwas veranlaßt wird, etwas zu wollen, sondern diesen Willen eben frei, nur aus sich heraus, faßt. Genau das ist aber für die Wissenschaft eine schlicht unzulässige Möglichkeit. Selbst wenn das "wahr" wäre, wenn es den freien Willen gäbe, könnte die Wissenschaft das nicht akzeptieren.

 

Denn der "Job" der Wissenschaft ist es, zu jeder Wirkung eine Ursache zu finden. Hat man sie nicht gefunden, kann das für die Wissenschaft nicht - niemals, unter gar keinen Umständen - heißen, daß es keine Ursache gibt. Es ist ein Dogma der Wissenschaft, ein unverrückbarer, nicht hinterfragbarer Grundsatz, daß alle Wirkung ihre Ursache habe. Das ist auch gut so: würde die Wissenschaft daran nicht so dogmatisch festhalten, würde sie am Ende noch viel zu früh aufhören, nach Ursachen für Wirkungen zu suchen, und wir meinten heute noch, daß auch Blitze nur auf den unverursachten, freien Willen einer Gottheit zurückzuführen seien. Die Krux ist bloß: die Wissenschaft schließt damit genau die eine Möglichkeit, daß es irgendetwas geben könnte, das keine Ursache hat, sondern eben "frei" ist, aus sich heraus entsteht, von vornherein aus.

 

Das aber macht die Wissenschaft zu einem von vornherein ungeeigneten Zeugen für die Frage, ob es den freien Willen gibt. Sie ist notwendigerweise in dieser Sache voreingenommen. Sie kann nicht anders, als das zu verneinen. Und damit haben wir einen Punkt festgestellt, in dem die Wissenschaft einfach nichts sinnvolles mitzuteilen hat. Die Wissenschaft hat sich hier zurückzuziehen.

 

In Wahrheit aber muß sie sich gar nicht zurückziehen, denn "Wissenschaft" ist da gar nicht mehr. Wir sind uns ja darüber einig, daß wissenschaftliche Aussagen nur solche sein können, die - zumindest möglicherweise - falsifiziert werden können. Wie falsifiziert man den Satz "es gibt keinen freien Willen"? Indem man auch nur eine einzige Entscheidung nachweist, die "frei" - also unverursacht - getroffen wurde. Nun ist der Beweis, daß irgendeine Wirkung keine Ursache habe, aber unmöglich; es läßt sich immer behaupten oder vermuten, daß die Ursache lediglich noch nicht gefunden worden sei. Eine nicht falsifizierbare Aussage ist aber keine wissenschaftliche Aussage - q.e.d.

 

Wer sich zurückzuziehen hat, sind die Wissenschaftler, besser gesagt, die Leute, die sich normalerweise berufsmäßig mit Wissenschaft befassen. Die müssen aufpassen, ob das, was sie gerade von sich geben, überhaupt noch Wissenschaft ist. Wer behauptet "der freie Wille existiert nicht", treibt in dem Moment aber keine Wissenschaft (mag er dem Beruf nach auch Wissenschaftler sein), sondern Philosophie - und zwar schlechte Philosophie. Wissenschaftler können gute Philosophen sein - es gibt einige -, ebenso wie Schornsteinfeger gute Köche und Holzschnitzer gute Psychologen sein können. Ob das der Fall ist, entscheidet sich aber nicht an der Qualifikation im "Hauptberuf". Leider sind die meisten guten Holzschnitzer keine guten Psychologen, die meisten guten Schornsteinfeger grauenhafte Köche und ebenso die meisten guten Wissenschaftler hundsmiserable Philosophen. Letztere insbesondere dann, wenn sie übersehen, wo sie die Grenzen ihres Fachs überschreiten, was Wissenschaftlern gerade gegenüber der Philosophie sehr schnell unterläuft.

 

Es gibt diese Grenzen durchaus, die etwa die Wissenschaft und die Religion voneinander trennen, so daß eine originär wissenschaftliche Aussage und eine originär religiöse einander niemals widerlegen können. Beide entstammen verschiedenen Bezugssystemen, beide sind "inkommensurabel". Sie können einander gar nicht widersprechen, weil sie über völlig unterschiedliche Dinge reden. Ein Widerspruch zwischen Religion und Wissenschaft kann nur nach folgendem Muster entstehen:

 

"Diese Musik ist gut!" "Nein, der Dirigent hat ein zu weites Jackett an!"

 

- also aufgrund eines schlichten Mißverständnisses oder bloßen Unsinns. Das geht übrigens nicht allein zu Lasten der Wissenschaft. Auch die Religion muß sich hüten, in "fremden Revieren zu wildern". Aus dem gleichen Grund ist deshalb etwa der Kreationismus Unfug, ebenso der Versuch, auf der Genesis eine Kosmologie aufzubauen, oder das Ansinnen, Krankheiten durch Gesundbeten oder das "Herbeirufen von Wundern" zu heilen (einmal abgesehen davon, daß Gebete - wie Meditationen - natürlich auch physiologische und damit auch heilende Wirkung haben können, aber das ist damit ja nicht gemeint).

___________________________

 

Liebe Karolin,

 

wo ich Volker aber völlig recht geben muß, ist seine Einschätzung der Logik. Die ist tatsächlich universell. Sie hat ihre Grenzen insofern, als man mit ihrer Hilfe nur bestimmte Arten von Ergebnissen erzielen kann - nämlich solche, die relativ zu den verwendeten Prämissen sind. Die Gesetze der Logik selbst sind aber uneingeschränkt anwendbar, vollständig grenzüberschreitend, völlig unabhängig davon, ob man gerade über Wissenschaft, Glauben oder Gefühle spricht.

 

Ich habe den Verdacht, daß Deine entgegengesetzte Auffassung einfach auf einem Mißverständnis beruht. Um ein Beispiel zu verwenden: es ist z.B. nicht "logisch", einen Menschen zu lieben. Empfindungen sind nicht "logisch". Aber ebensowenig ist es "logisch", daß ein Stein zu Boden fällt, ein Elektron um ein Proton kreist oder daß es Nilpferde gibt. Das ist nicht "logisch", das ist schlicht ein Faktum. Fakten sind nicht "logisch", sie "sind". Logik kommt erst dann ins Spiel, wenn wir Fakten - genauer gesagt: Aussagen über Fakten bzw. vermeintliche oder vorgestellte Fakten - miteinander in Verbindung bringen.

 

Nehmen wir das Beispiel von dem Stein:

 

Daß Steine fallen, ist - wie gesagt - nicht "logisch". Auch wie sie fallen, ist nicht "logisch", ebensowenig, wie ein einzelner Stein fällt. Logisch ist aber folgendes:

 

Steine, die nicht festgehalten werden, fallen.

Dieser Stein wird nicht festgehalten.

Also fällt dieser Stein.

 

Ebenso ist nicht "logisch", daß ich jemanden liebe oder daß ich geliebt werde. Das ist eine Empfindung, und als solches ein schlichtes Faktum - ebensowenig "logisch" wie die Tatsache, daß ein Stein fällt. Es läßt sich aber formulieren:

 

Wen ich liebe, dem soll ich nichts schlechtes antun.

Einem anderen Schmerzen zuzufügen heißt, ihm etwas schlechtes anzutun.

Also soll ich dem, den ich liebe, keine Schmerzen zufügen.

 

Die Logik gilt insofern auch in der Liebe. Da gilt keine "andere Logik", und auch nichts völlig anderes, sondern dieselbe Logik wie überall.

 

Dem steht auch nicht entgegen, daß man den letzten Syllogismus über das Verhalten von Liebenden als unbefriedigend empfindet. Der Schlußsatz kann in der Praxis durchaus falsch sein. Das liegt aber nicht daran, daß der Syllogismus falsch wäre, weil es in der Liebe eine "andere Logik" oder gar keine gäbe. Das liegt daran, daß für die Praxis der Liebe die Prämissen, also die Behauptungen, die ich logisch verarbeitet habe, zu einfach gestrickt sein könnten.

 

Das unterscheidet die Liebe aber nicht von der Wissenschaft. Gehen wir zu dem logischen Schluß davor zurück. Es gibt Steine, die nicht zu Boden fallen, obwohl ich sie nicht in der Hand halte. Was "festhalten" ist, kann aber problematisch sein. Besteht der Stein aus Magnetit und spielt sich das ganze in einem starken Magnetfeld ab, kann es durchaus sein, daß der Stein nicht fällt, sondern mit Karacho nach oben oder zur Seite fliegt. Die Logik des Syllogismus, des logischen Schlusses, war völlig richtig - die Prämissen waren nur leider falsch oder unzureichend.

 

Das ist der Witz bei der Logik: sie ist "universell wahr", sie ist überall anwendbar, uneingeschränkt gültig. Der Satz "Wenn A ein Teil von B ist und B ein Teil von C, dann ist A ein Teil von C" ist schlechthin wahr, in jedem Zusammenhang, für jeden Einzelfall, in jedem Themengebiet. Das Problem ist nur, daß dieser - immer wahre - Satz ein "wenn" enthält. Er führt bei der Anwendung auf ein bestimmtes Thema also nur dann zu einer wahren Aussage ("A ist ein Teil von C"), wenn die Prämissen ("A ist ein Teil von B" und "B ist ein Teil von C") auch wahr sind. (Philosophiestudenten mit einem Hang zur Logik mögen mir vergeben, daß ich den Wahrheitsbegriff der akademischen Logik jetzt verbiege.)

 

Das bedeutet: wenn ich in der Wissenschaft oder in der Liebe (allgemeiner gesagt: im Bereich der Gefühle und Befindlichkeiten) Konsequenzen oder Schlüsse ziehen will, ist mir die Logik stets ein treuer Begleiter. Aber in der Wissenschaft wie in der Liebe nimmt sie mir nicht mehr Arbeit ab, als sie kann. Ob Steine fallen, ob ich einen anderen liebe, was auch immer, das muß ich schon selbst herausfinden.

 

Der Vorteil der Logik ist, daß ich mit ihrer Hilfe meine Intuition überprüfen kann. Sie kann mir zwar für eine bestimmte Situation keine Wahrheit liefern, auf die ich mich völlig verlassen kann, denn es bleibt immer die Ungewißheit, ob meine Prämissen auch stimmen. Wenn ich meine intuitiv erlangten Auffassungen aber mit Hilfe der Logik verknüpfe, und dabei stellt sich ein Widerspruch heraus, dann kann ich - dank der Universalität der Logik - mit absoluter Gewißheit sagen, daß da irgendwas nicht stimmt. Insofern löst die Logik keine Probleme, aber sie zeigt mir Probleme auf, damit ich sie lösen kann.

 

Und das bezieht sich eben auch auf den Glauben. Eines der klassischen Probleme im Zusammenhang von Glauben und Logik ist das Theodizee-Problem:

 

Gott ist allmächtig.

Gott will nicht, daß irgendjemand leidet.

Es gibt aber Menschen, die leiden.

 

Hierin scheint ein Widerspruch zu liegen. Ich will meinen Artikel nicht durch meinen Lösungsansatz noch aufblähen; ich meine, ich hätte einen gefunden. Mir geht es im Moment darum, daß dieses Problem tatsächlich der Lösung - und zwar einer logisch schlüssigen - bedarf.

 

Die Sätze "Gott ist allmächtig" und "Gott will nicht, daß irgendjemand leidet" stehen ja nicht beziehungslos für sich. Aus diesen Sätzen ergeben sich Konsequenzen. Wäre Gott nicht allmächtig - gäbe es dann wirklich Grund, ihn anzubeten und zu verherrlichen? Wäre er dann nicht bloß irgendein Wesen mit bemerkenswert großen Kräften, aber eben nicht das, was wir Gott nennen und vor dem wir knien? Es gibt schließlich sehr viel schlauere Menschen als mich, ein Blauwal ist viel größer und ein Elefant hat viel mehr Kraft. Aber anbeten? Nö, wie käme ich dazu. Oder: Würde Gott es hinnehmen, daß einige leiden, obwohl er allmächtig ist - kann ich so einen anbeten? Ist er dann nicht bloß grausam und ungerecht?

 

Wenn ich dieses Problem nicht auflösen oder aufheben kann, dann steht mir das bei meiner Gottesbeziehung massiv im Wege. Ich müßte dann "ent-täuscht" reagieren: der Geliebte ist nicht so, wie ich dachte. Bei der Beziehung zu einem Menschen ist diese "Ent-Täuschung" meist nur heilsam: man erkennt, daß der andere auch "nur ein Mensch" ist, und kann gerade deshalb eine gesunde Beziehung "von gleich zu gleich" aufbauen. Die Beziehung zu Gott ist aber doch von anderer Art.

 

Ich kann das verleugnen. Ich kann mir einreden, daß dieser Widerspruch schon irgendwie bloß ein Scheinwiderspruch sei. Nur: was unterscheidet mich dann von einem verblendeten Popfan, der sein Idol immer noch verehrt, obwohl seine Verkommenheit offenbar geworden zu sein scheint?

 

Nun muß man eines einräumen: diese Intuition, daß der Widerspruch ein Scheinwiderspruch sei, kann ja völlig richtig liegen. Man kann insofern auf die eigene Intuition vertrauen, wenn man sie für entsprechend verläßlich hält. Allerdings verzichtet man dabei auf zwei Chancen:

 

Wenn die eigene Intuition falsch sein sollte, verzichtet man auf die Chance, sie zu korrigieren. Das aber führt zu Folgeproblemen. Wir "glauben" ja nicht nur, wir "leben aus dem Glauben". Anders gesagt: wir ziehen Konsequenzen für unser Leben, für unser Verhalten und unsere Haltung aus dem, was wir glauben. Wenn unser Glauben falsch sein sollte, weil wir den Widerspruch in unserem Glauben voreilig durch unsere (falsche) Intuition ignoriert haben, dann werden voraussichtlich diese Konsequenzen auch falsch sein. Wir lebten dann aus dem falschen Glauben und würden infolgedessen das falsche tun.

 

Doch auch wenn die Intuition, daß Gottes Allmacht und sein Wille, keiner solle leiden, keinen Widerspruch bildet, richtig sein sollte, verzichten wir auf eine Chance, wenn wir das nicht logisch zu verstehen versuchen. Denn wenn wir es tun, können wir Ideen entwickeln, inwieweit die Prämissen, die zu dem Scheinwiderspruch führten, mißverständlich waren. Wir können besser verstehen, was unter Gottes Allmacht zu verstehen ist, und was es bedeutet, daß er niemanden leiden sehen will. Da wir darauf aber - beim "Leben aus dem Glauben" - unsere Haltungen und unser Verhalten aufbauen, kann uns dieses bessere Verstehen auch dabei helfen, noch besser aus dem Glauben zu leben.

 

Es ist möglich, in der Sprache der Logik über den Glauben zu reden. Das führt uns nicht zum Glauben; ebensowenig, wie die Logik allein uns zur Liebe oder zur (wissenschaftlichen) Erkenntnis führen kann. Um das zu erreichen muß noch etwas hinzukommen. Aber die Logik kann uns trotzdem helfen, indem sie es uns ermöglicht, Widersprüche und Fehler zu finden. Das gilt in der Wissenschaft, in der Liebe, aber auch im Glauben. Im Glauben, wie in der Wissenschaft oder in der liebe kann das dazu führen, daß wir das, was wir für wahr gehalten hatten, aufgeben müssen. Es kann uns aber auch nur dazu führen, daß wir das, was wahr ist, einfach besser verstehen.

bearbeitet von sstemmildt
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Aber gehört das nicht - schon um der Tradition gerecht zu werden - in die Arena?

 

och, lasst mal. Hier unten ist es ruhiger und der Thread ist ja auch nicht gerade einer, der sich so schnell entwickeln kann/soll.

Außerdem war es ja Thofrocks großer Wunsch, hier auch einmal etwas geistreicheres als Löschthreads zu besitzen. Vielleicht erfüllt ihm ja das hier den Wunsch...

 

Grüße

 

ps.Volker, Sven. das Antworten kann etwas dauern, vergessen ist es nicht.

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Es ist möglich, in der Sprache der Logik über den Glauben zu reden. Das führt uns nicht zum Glauben; ebensowenig, wie die Logik allein uns zur Liebe oder zur (wissenschaftlichen) Erkenntnis führen kann. Um das zu erreichen muß noch etwas hinzukommen. Aber die Logik kann uns trotzdem helfen, indem sie es uns ermöglicht, Widersprüche und Fehler zu finden. Das gilt in der Wissenschaft, in der Liebe, aber auch im Glauben. Im Glauben, wie in der Wissenschaft oder in der liebe kann das dazu führen, daß wir das, was wir für wahr gehalten hatten, aufgeben müssen. Es kann uns aber auch nur dazu führen, daß wir das, was wahr ist, einfach besser verstehen.

Lieber Sven,

 

das hast Du sehr schön gesagt, ich stimme, was die Logik angeht, völlig mit Dir überein. Logik ist ein wichtiges Hilfsmittel, nicht mehr, nicht weniger. Wir Menschen setzen es nicht überall ein, obwohl die Logik eine gute Hilfe wäre, um mehr Klarheit zu gewinnen - selbst bei unseren Gefühlen. Gefühle können in der Tat widersprüchlich (ambivalent) sein (z. B. Hassliebe), aber das ist meist ein Hinweis darauf, dass wir nicht wissen, worauf wir uns verlassen sollen oder einen Konflikt oder dass wir uns nicht entscheiden können.

 

Zum freien Willen sollten wir die Diskussion an anderer Stelle fortsetzen.

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Lieber Volker, liebe Karolin,

 

Logik ist ein wichtiges Hilfsmittel, nicht mehr, nicht weniger.

Damit bin ich nicht so ganz einverstanden. Man muß sich bewußt machen, wo überall Logik "drinsteckt". Es wäre ein Fehler, nur dann von "Logik" zu reden, wenn wir bewußt "nachdenken".

 

Ich meine, Logik ist nicht nur ein Hilfsmittel - das ist sie, wenn wir sie bewußt einsetzen -, sondern viel mehr: Sie stellt das Raster dar, das wir gewissermaßen der Welt "überwerfen", wenn wir sie betrachten. Auch völlig unbewußt, instinktiv und intuitiv ordnen wir die Welt in "wenn...dann"-Beziehungen.

 

Das bedeutet nicht, daß diese "wenn...dann"-Beziehungen auch tatsächlich so bestehen. Aber ganz gleich, ob wir die Welt bewußt analysieren oder instinktiv bloß auf sie reagieren, besteht unsere Sicht der Welt darin, Zusammenhänge zu suchen, die die Form logischer Schlüsse haben. Nur in Ausnahmesituationen oder wenn wir uns bewußt darin trainieren (etwa in Meditationsübungen) betrachten wir das, was uns in der Welt begegnet, einfach "nur so".

 

Wir sehen nicht nur einen Apfel, nicht nur einen Sonnenuntergang - zumindest nicht typischerweise. Wir sehen, was wir sehen, in Zusammenhängen. Den Apfel zum Beispiel sehen wir typischerweise als Objekt in Zusammenhang mit seinen Attributen (süß/sauer, grün/rot...) und in Zusammenhang mit anderen Objekten und Attributen. Wir müssen uns nicht bemühen, solche Zusammenhänge herzustellen; das geschieht unwillkürlich und weitgehend unbewußt. Auch das ist aber "Logik". Das geschieht sogar so selbstverständlich, daß es wie sinnloser Aufwand erscheint, uns die Bedeutung der Logik auf dieser fundamentalen Ebene klarzumachen. Nur in bestimmten Situationen, die uns deshalb auch besonders auffallen, betrachten wir die Welt ganz ohne Logik - etwa, wenn wir vor einem besonders schönen Sonnenuntergang stehen und uns "der Verstand stille steht".

 

Logik in diesem Sinne ist - abstrakt gesagt - die Verknüpfung der gedanklichen Entsprechungen verschiedener Aspekte von Objekten. Diese unterscheidet sich von der Logik, so wie sie im engeren Sinne verstanden wird, durch die Art dieser Verknüpfungen. Die Logik im engeren Sinne unterscheidet zulässige und unzulässige, "richtige" und "falsche" Verknüpfungen aufgrund von abstrakten Regeln.

 

Um einen gewagten Vergleich zu bringen: jeder kann fliegen, und jeder fliegt, wenn er keinen festen Boden unter den Füßen hat. Das Problem ist bloß, daß der, der nicht "richtig" fliegen kann, stets nur in eine Richtung, nämlich nach unten, fliegt und dann das Abbremsen vor der Landung nicht hinbekommt. Insofern benutzen wir alle fast ununterbrochen "irgendeine Logik", denn wir alle verknüpfen fast unablässig Gedanken über Objekte miteinander. Wir halten uns allerdings nicht immer an die Gesetze der Logik. Unsere Verknüpfungen sind oft willkürlich oder zufällig - und weil wir dann die Kunst nicht beherrschen, richtige Schlüsse zu ziehen, fallen wir auf die Nase wie der, der fliegt, ohne das zu können.

 

Interessant wird die Erweiterung des Begriffes von "Logik", die ich hier einführe, wenn wir überlegen, wie es denn überhaupt kommt, daß wir "richtige" Schlüsse ziehen können. Eine Grundvoraussetzung dafür ist nämlich, daß wir überhaupt "Sätze über Gegenstände" bilden können. Anders gesagt: da gibt es Steine, und Äpfel, und Sonnenuntergänge. In unserem Kopf fangen wir damit etwas an. Aber die Steine, Äpfel und Sonnenuntergänge sind ja nicht selbst in unserem Kopf; so viel Platz wäre da gar nicht. In unserem Kopf sind Entsprechungen dieser Objekte, nämlich Gedanken. Diese Gedanken sind mehrgliedrig; sie bestehen aus mehreren Teilen, die miteinander kombiniert werden können: Form (rund), Farbe (rot), Geschmack (süß-sauer) - all das und noch mehr zusammen ergibt den Gedanken "Apfel". Schon der einfache Gedanke an einen Apfel ist ein Satz, eine zusammengesetzte Struktur. Faszinierend ist nun die Frage, woher wir denn wissen, daß es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen einem realen Objekt und einem Gedanken gibt. Wir wissen, daß wir uns Objekte durchaus "ausdenken" können, daß wir uns also auch dann, wenn wir nur einen roten Apfel sehen, einen grünen oder sogar einen schwarzen Apfel denken können.

 

Das scheint auf den ersten Blick ein Mangel der Logik zu sein. Tatsächlich ist das aber ihre größte Stärke und ihr eigentlicher Nutzen. Denn auch wenn wir "richtig" schließen, produzieren wir Gedanken an Gegenstände, die wir nicht wahrgenommen haben. Wenn wir wissen, daß unsere Hand auf der Herdplatte wehtun wird, müssen wir das nicht mehr wahrnehmen. Wir haben nur den Gedanken an den Schmerz, nicht den Schmerz - und so können wir den "echten" Schmerz vermeiden. Das aber hat etwas faszinierendes: denn wenn wir bestimmte Regeln befolgen, entsprechen anscheinend auch unsere herbeiphantasierten Gedanken, die abstrakten Sätze, die wir durch abstrakte Regeln aus anderen Sätzen gebildet haben, einer Realität. Die Beziehung zwischen Realität und Gedanken ist also nicht nur einseitig, wir bilden nicht nur Sätze über Gegenstände von den Gegenständen her, sondern wir können - wenn wir bestimmte Regeln befolgen - von unseren Sätzen her auch Gegenstände bereits vorhersagen, ohne sie wahrgenommen zu haben. Realität und Gedanken sind also auf eine bemerkenswerte Weise miteinander verknüpft: bilde ich meine Gedanken in dieser Weise aufeinander ab, finde ich in der Realität das wieder, was ich mir herbeiphantasiert habe; verknüpfe ich anders, scheitere ich damit.

 

Es scheint demnach so, daß diese "richtige" Art, Gedanken zu verknüpfen, ihrerseits wieder ihre Entsprechung in der "Welt", also in der Menge realer Objekte hat. Diese Menge bildet also ein System, das strukturell dem System unserer Gedanken sehr ähnlich ist - und umgekehrt, das System unserer Gedanken dem der Welt.

 

Nun meinen einige (Popper ist auch "auf diesen Wegen gewandelt"), daß das ja nicht weiter überraschend sei: der Mensch hat sich durch evolutionäre Auslese in einer Welt, die solchen Regeln folgt, entwickelt. Jedes Wesen, daß im Lauf der Evolution entstanden ist, dessen Gedanken Gesetzen folgte, die nicht der Logik der Welt entsprechen, mußte zu falschen Überlegungen kommen und, wenn es sein Verhalten darauf abstellt, untergehen und der Selektion anheimfallen.

 

Diese Überlegung hat den Charme, schlüssig zu sein. Sie hat aber einen gravierenden Nachteil: sie ist in vielfacher Hinsicht zirkulär und sie verfehlt die Lösung des eigentlichen Problems.

 

Der Schluß:

 

"Wenn ein Wesen ständig falsche Schlüsse zieht und danach handelt, geht es in der Evolution unter."

"Wir sind da, denn wir können diese Überlegungen überhaupt anstellen."

"Also sind wir nicht untergegangen."

"Also können wir nicht ständig falsche Schlüsse gezogen haben."

 

setzt das Funktionieren der "richtigen" Logik bereits voraus. Wenn unsere Logik in Wahrheit falsch wäre, also keine Entsprechung in der Realität hätte, könnte es durchaus sein, daß wir in der Evolution bereits untergegangen sind und trotzdem existieren, um diese Überlegungen anzustellen. Denn daß etwas nicht gleichzeitig "sein" und "nicht sein" kann, ist ein Teil eben dieser Logik, die wir hypothetisch als falsch angenommen hatten.

 

Dieser Lösungsansatz erklärt also nichts; er wendet nur die Regeln, die er zu erklären trachtet, auf sich selbst an und kommt - oh Wunder - zu einem schlüssigen, aber eben nur in sich schlüssigen Ergebnis. Es sind aber n-beliebig viele andere Möglichkeiten denkbar, die ebenso "funktionieren".

 

Das Problem bei der Logik ist, daß sie sich nicht erklären läßt. Wir können erklären, wie sie funktioniert, können ihre Regeln formulieren und strukturieren. Aber das tun wir wiederum stets nur dadurch, daß wir Sätze über Gegenstände bilden - also wieder Logik anwenden. Wir können, wenn wir verschiedene solche Sätze bilden, auch feststellen, daß einige davon (die bestimmten Regeln folgen) aus unserer Sicht akzeptabel sind und zusammen ein schlüssiges System aufspannen. Wir können aber die Übereinstimmung dieser Sätze mit der Realität nicht prüfen. Wir können nicht feststellen, ob das "System der Realität" mit dem "System unserer Gedanken" hinreichend ähnlich ist. Denn immer wenn wir über Realität sprechen, tun wir das, indem wir Sätze darüber bilden, also genau die Logik anwenden, die wir erst erklären wollen. Ob die Realität also wirklich so ist, oder ob wir sie uns nur "logisch zurechtdenken", wird auf ewig ungeklärt bleiben müssen.

 

Wir können aber - und das zeigt das Beispiel der "Evolutionslogiker" recht deutlich - eines feststellen: wir sind schlicht außerstande, unsere Logik auszublenden. Die Logik - im weiten Sinne, also die Verknüpfung von Sätzen über Gegenstände - scheint die Art zu sein, in der Menschen der Welt begegnen. Daß wir abstrakte Sätze bilden können, die Entsprechungen in der Realität haben, und daß wir diese nach bestimmten Regeln so verknüpfen könne, daß Sätze entstehen, die wieder der Realität entsprechen, ist eine bloße Annahme, aber eine, die wir unvermeidlich machen, wie unter einem unüberwindlichen inneren Zwang.

 

Und wir können noch etwas feststellen: die Gesetze der Logik (im engeren Sinne) haben eine enorme Überzeugungskraft. Sicher, wir machen dabei Fehler. Wir können diese Fehler übersehen und verleugnen. Aber wir stellen doch fest, daß wir sie übersehen haben, wenn wir darauf aufmerksam werden, und wir erleben es als Leugnung, als "wahrheitswidriges" Abstreiten, wenn wir das tun. Sicher, es gibt auch dumme Menschen oder Verrückte. Das Problem der Dummen ist aber nicht, die Logik nicht anzuerkennen, und auch nicht, daß sie ihnen fremd sei. Deren Problem ist, daß sie an mehrschrittigen logischen Verknüpfungen scheitern. Und auch bei Verrückten funktioniert die Logik meist durchaus. Hier ist es nur eine Blockade in bestimmten Zusammenhängen, die dazu führt, daß logische Schritte nicht nachvollzogen werden. Den Satz "wenn A ein Teil von B ist und B ein Teil von C, dann ist A auch ein Teil von C" akzeptiert auch jeder Dumme oder Verrückte. Beim Dummen wird es nur schwierig, ihm den Satz in dieser abstrakten Form zu erklären, und er wird bei der praktischen Anwendung den ersten Schritt schon vergessen haben, wenn er den zweiten unternimmt. Auch der Verrückte wird den Satz - also die Logik - vorbehaltlos akzeptieren. Er wird sich bloß weigern, ihn auf einen bestimmten Sachverhalt anzuwenden, weil seine Krankheit ihm das verbietet.

 

Wir können also feststellen: jeder von uns wendet die Logik im weiteren Sinne an; und jeder akzeptiert die Gesetze der Logik im weiteren Sinne (auch wenn er gelegentlich ihre Anwendung unterläßt). Wir können widerlogisch denken, aber nicht alogisch. Die Logik liegt jeder Erkenntnis, jedem Bekenntnis und überhaupt jeder Aussage zugrunde. Daher aber können wir aber auch keine Erkenntnisse über Logik gewinnen, ohne sie selbst bereits vorauszusetzen.

 

Wir können die Logik nur als unbegründete, unerklärte und unerklärbare Tatsache hinnehmen - als einen essentiellen Aspekt unserer Existenz. Wir sind "logische Wesen", und können daher unsere Welt nicht anders als logisch sehen. Die Gesetze der Logik zu befolgen und nicht zu übergehen oder gar zu verleugnen, ist nicht anders begründbar, denn als Akt der Selbstbejahung, als Hinnehmen der Art und Weise, wie wir sind. Sich die Logik zu eigen zu machen, sich ihr nicht zu unterwerfen, sondern sie als Teil unserer Eigenart zu begreifen, als ein Schicksal, mit dem wir aber recht gut leben können, ist nichts anderes als Selbstverwirklichung.

 

Und wo ist Gott?

 

Für das, worüber ich hier gesprochen habe, kommt es darauf nicht an. Gibt es Gott nicht, dann ist unsere Eigenart, logische Wesen zu sein, in einer Welt, die mit unserer Eigenart zumindest anscheinend in Einklang gebracht werden kann, ein schlichtes Faktum.

 

Gibt es ihn aber - genauer gesagt: gibt es den Gott, von dem die Kirche spricht -, dann hat er uns als logische Wesen in diese Welt gesetzt. Dann hat er sich uns in Worten und Taten, und nicht zuletzt in unserer Erschaffung und in der Erschaffung der Welt offenbart. Das heißt nicht, daß wir ihn ganz erkennen können. Aber wenn er sich uns offenbart hat, dann hat er sich uns in jeder Hinsicht gezeigt, die für uns irgendwie relevant wäre. Und dann hat er sich uns auch so offenbart, daß wir - als logische Wesen - seine Offenbarung auch verstehen können. Eine Offenbarung, die für uns - nach unserer Eigenart - nicht verstehbar wäre, wäre keine Offenbarung, sondern ein unlösbares Rätselspiel, eine Konfrontation mit Gefasel. Das aber heißt, daß ein Gott, der sich uns offenbaren will, das auch auf eine Weise getan hat, die der Logik zugänglich ist: eben der Art des Verstehens, Erklärens und der Betrachtung, die unsere ist.

 

Das heißt nicht, daß wir Gottes Offenbarung nur so annehmen könnten. Ebenso wie wir einen Sonnenuntergang ganz ohne Logik überwältigt annehmen können, können wir auch Gott einfach nur begegnen, in einem mystischen Erlebnis. Wir müssen uns aber auch klarmachen, daß wir nach diesem Erlebnis des Glaubens ebenso sprachlos zurückbleiben würden, wie wir außerstande sind, die Erfahrung überwältigender Schönheit einem anderen zu vermitteln. Eine solche Glaubenserfahrung kann wertvoll sein; sie bleibt aber eine höchstpersönliche, individuelle Erfahrung. Das kann für ein erfülltes Leben aus dem Glauben genügen -aber nur demjenigen selbst. Den Nächsten läßt man dann allein und bleibt selbst mit dem eigenen Erleben allein.

 

Das kann für manche die richtige Art sein; die Geistesgaben sind verschieden. Gottes Gebot geht aber darüber hinaus. Wir sollen das Wort Gottes verkünden, wir sollen Gemeinschaft pflegen. Dazu aber müssen wir uns auch Gott mit den Mitteln nähern, die wir haben - denen der Logik.

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Hallo Sven / sstemmildt,

jedes empirisch beobachtete Ereignis ist doch (erst einmal) ein, wie du schreibst, singuläres Ereignis.

Wenn manche versuchen, es mit irgendwelchen als naturwissenschaftlich gesichert geltenden Erkenntnissen zu beschreiben,

können andere ja versuchen, es mit der Wundertheorie zu erklären.

Soll der Wettstreit der Ideen zeigen, wer die bessere Erklärung hat...

 

Zum Freien Willen:

Wenn man Freier Wille

1.] als Wille "ohne Ursache" bestimmt, ist das, wie du sagtst, "keine naturwissenschaftliche Kategorie".

Ich finde aber, Freier Wille ist nur

2.] eine umgangssprachlicher Ausdruck, ein Pleionasmus, also so was wie willentlicher Wille,

3.] ein Konter gegen Theorien, die den Willen negieren, die den Willen psychologisch als Abklatsch von Trieben oder vulgärmaterialistisch als Abziehbild von Genen oder von Sozialisation durchstreichen.

Aber Volker hat diesen kein-Freier-Wille-Schlag ja noch gar nicht geführt, sondern ihn nur angekündigt: Er "steht bereits bevor" ;-)

 

Fasse ich deine Ausführung zu Theodizee und Logik so richtig zusammen?

Um den Widerspruch der Sätze:

1] Gott ist allmächtig.

2] Gott will nicht, daß irgendjemand leidet.

3] Es gibt aber Menschen, die leiden.

aufzulösen, muss man relativierende Zusätze 1a] und/oder 2a] und/oder 3a] einfügen nach dem Motto

Im Glauben, wie in der Wissenschaft oder in der liebe kann das dazu führen, daß wir das, was wir für wahr gehalten hatten, aufgeben müssen.

 

Um deinen vorstehenden Beitrag logisch korrekt zu beenden, müßtest du IMHO die deine Aussage

Gottes Gebot geht aber darüber hinaus. Wir sollen das Wort Gottes verkünden
als deine Meinung charakterisieren. bearbeitet von Wally
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Lieber wally,

 

jedes empirisch beobachtete Ereignis ist (erst einmal) ein, wie du schreibst, singuläres Ereignis.

Völlig richtig. Streng genommen gibt es überhaupt nichts anderes als singuläre Ereignisse. Die Behauptung, ein Ereignis sei nicht singulär, sondern folge einer Regel (etwa einem Naturgesetz), ist nichts anderes als ein Konstrukt. Allerdings sind diese Konstrukte bei der Vorhersage von Ereignissen gelegentlich recht erfolgreich, weshalb die Vermutung nahe liegt, daß bestimmte Ereignisse doch nicht singulär sind, sondern realiter zu regelhaft verlaufenden Mengen von Ereignissen gehören.

 

Wenn manche versuchen, es mit irgendwelchen als naturwissenschaftlich gesichert geltenden Erkenntnissen zu beschreiben, kannst du ja versuchen, es mit der Wundertheorie zu erklären.

Das habe ich überhaupt nicht vor. Mir ist jeder Versuch, Ereignisse naturwissenschaftlich zu erklären, lieb und wert. Ob etwas ein Wunder ist, hat für meine Begriffe nichts damit zu tun, ob es (gegenwärtig) gelingt, dafür eine wissenschaftliche Erklärung zu liefern. Ich sagte ja, daß die Definition "Wunder = singuläres Ereignis" diejenige ist, die der Volksmund verwendet - nicht, daß das meine sei.

 

Das ändert aber nichts daran, daß die Wissenschaft schlicht außerstande wäre, ein singuläres Ereignis zu erkennen, selbst wenn ihr eines begegnete.

 

Wenn man Freier Wille

1.] als Wille "ohne Ursache" bestimmt, ist das, wie du sagtst, "keine naturwissenschaftliche Kategorie".

Na, dann ist doch alles geklärt.

 

Ich finde aber, Freier Wille ist nur

2.] eine umgangssprachlicher Ausdruck, ein Pleionasmus, also so was wie willentlicher Wille,

Du kannst gerne von etwa anderem sprechen und dafür die Worte "freier Willen" verwenden. Meinetwegen sprich von einem Stück englischen Teekuchen und nenne es "freier Wille". Dann aber bezieht sich alles, was du sagst, nicht auf das, was ich sage, sondern auf einen anderen Gegenstand. Daß der Begriff "freier Wille" auch in der Umgangssprache vorkommt, ist mir bekannt, und daß er dann den typischen Unklarheiten der Umgangssprache unterliegt, ist kein Wunder. Aber wie gesagt: das geht mich alles nichts an; davon spreche ich nicht.

 

3.] ein Konter gegen Theorien, die den Willen negieren, die den Willen psychologisch als Abklatsch von Trieben oder vulgärmaterialistisch als Abziehbild von Genen oder von Sozialisation durchstreichen.

Das allerdings ist nicht völlig falsch. Nur liegt der "Konter" - zumindest, soweit es mich betrifft - gerade darin, daß ich ihn als "Wirkung ohne Ursache" bezeichne und (bislang ohne Antwort) danach frage, wie denn widerlegt werden solle, daß es ihn als solchen gebe.

 

Aber Volker hat diesen kein-Freier-Wille-Schlag ja noch gar nicht geführt, sondern ihn nur angekündigt: Er "steht bereits bevor"  ;-)

Nun ja, Volker hat ihn hier schon seit ein paar Monaten (schon fast Jahren) immer wieder unternommen. So richtig aus der Scheide ist das Schwert bisher aber nicht gekommen... :blink:

 

Fasse ich deine Ausführung zu Theodizee und Logik so richtig zusammen:

Um den Widerspruch der Sätze: (...)

aufzulösen, muss man relativierende Zusätze 1a] und/oder 2a] und/oder 3a]  einfügen nach dem Motto

Im Glauben, wie in der Wissenschaft oder in der liebe kann das dazu führen, daß wir das, was wir für wahr gehalten hatten, aufgeben müssen.

Nein, gerade nicht. Ich meine, es bedarf lediglich eines geschärfteren Verständnisses, was diese Sätze bedeuten. Tatsächlich halte ich den Widerspruch für einen Scheinwiderspruch, nach dem Motto:

 

"Es kann uns aber auch nur dazu führen, daß wir das, was wahr ist, einfach besser verstehen."

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Lieber Svennie!

 

Du versuchst wieder mal, deinen freien Willen über die Hintertür zu installieren:

 

"Ein ähnlicher Fall ist der "freie Wille". Das Besondere daran ist ja, daß er eine "Wirkung ohne Ursache" ist, daß der Wollende nicht von irgendetwas veranlaßt wird, etwas zu wollen, sondern diesen Willen eben frei, nur aus sich heraus, faßt. Genau das ist aber für die Wissenschaft eine schlicht unzulässige Möglichkeit. Selbst wenn das "wahr" wäre, wenn es den freien Willen gäbe, könnte die Wissenschaft das nicht akzeptieren. "

 

Es kann nicht "wahr" sein. Da gibt es nix. Das hatten wir schon. Pack deinen autonomen Kern lieber rechtzeitig wieder ein.

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Liebe Ute,

 

von "Hintertür" ist keine Rede. Aber schön, daß Du das, was ich gesagt habe, so klar illustrierst.

 

Es kann nicht "wahr" sein. Da gibt es nix.

 

Um den darauf passenden Teil meines Beitrags gleich mitzuliefern:

 

Es ist ein Dogma der Wissenschaft, ein unverrückbarer, nicht hinterfragbarer Grundsatz, daß alle Wirkung ihre Ursache habe.

 

Du argumentierst nicht, Ute. Du verkündest ein Dogma. Dieses Dogma ist ja auch sinnvoll - besser gesagt: es wäre sinnvoll, wenn man es nur als Prinzip der Wissenschaft, als eine Art "Standesregel der Wissenschaftlerinnung" ansähe. Nur: die Wissenschaft geht das hier leider nicht das geringste an. Über den "freien Willen", seine Existenz oder Nichtexistenz, seine "Funktionsweise" (wenn man überhaupt von so etwas sprechen könnte) oder seine Relevanz hat die Wissenschaft einfach nichts sinnvolles zu sagen. So leid es mir tut: die Wissenschaft ist in diesem Zusammenhang einfach nicht gefragt.

 

Wenn Du hier behauptest "da gibt es nix", dann kannst Du Dich dabei nicht auf Wissenschaft berufen. Es gibt keine wissenschaftliche Erkenntnis - und kann es auch nicht geben -, die diese Behauptung stützt. Indem Du das behauptest, treibst Du aufs wildeste Metaphysik - anders gesagt: Philosophie. "Aufs wildeste" aber deshalb, weil Du Deine metaphysischen Behauptungen in keiner Weise argumentativ untermauerst. Du behauptest bloß, verkündest (und das, wie Du so richtig sagst, wiederholtermaßen, denn das hatten wir schon) einen Glaubenssatz.

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Ich muss Sven recht geben: zu behaupten, etwas könne nicht unverursacht sein, ist dogmatisch. Man kann zwar immer argumentieren, dass man die Ursache noch nicht gefunden hat, aber das wäre eine Immunisierung gegen Kritik.

 

Es gibt inzwischen in der Physik eine ganze Reihe von Phänomen, die als unverursacht gelten (Baumfaeller hatte ein sehr schönes Beispiel gebracht). Was natürlich zugleich zeigt, dass die Physik sehr wohl in der Lage ist, unverursachte Ereignisse zu finden, zu untersuchen und sich mit ihnen zu beschäftigen.

 

Woran kann man unverursachte Dinge herausfinden? Durch statistische Analysen, beispielsweise. Dies wird in der Kryptographie benutzt, um Methoden zur Generierung von Zufallszahlen zu finden bzw. diese zu bewerten.

 

Die Zufallszahlen in Computern, aber auch in Geldspielautomaten, sind nur Pseudozufallszahlen. Kennt man die Rechenmethode, so kann man jede weitere Zahl exakt vorhersagen (vor einiger Zeit wurde dies mal in großem Umfang genutzt, um Geldspielautomaten zu leeren - ein Insider hatte die Rechenmethode verraten, nach der in einigen Automaten verfahren wird, diese ließen sich damit leicht leeren).

 

Jede Zahl in der Reihe wird also von einem Algorithmus "verursacht", d. h. die Zahl ist festgelegt. Man könnte auch behaupten, dass die aktuelle Zahl durch die vorhergehenden "verursacht" wurde oder einem Muster folgt. Ein regelmäßiges Muster ist ein Zeichen für Regelhaftigkeit, und aus regelhaftigkeit schließen wir auf Ursachen. Entzieht sich eine Zahlenreihe aber jeder statistischen Analyse, d. h. finden wir kein Muster, dann kann man nicht behaupten, dass es eine Regel gibt, die diese Zahlenreihe verursacht. Voila, wir haben unverursachte Ereignisse.

 

Das kann man natürlich auf Daten aller Untersuchungen erweitern, die oft als Zahlenreihen vorliegen. Kein statistisch erfassbares Muster, keine Regelmäßigkeit, also kein Grund, einen Determinismus zu vermuten.

 

Und nun zum freien Willen: Dieser ließe sich statistisch erfassen, wenn er als statistisches Rauschen auftritt, d. h. das Verhalten so "überlagert", dass keine Regelmäßigkeit auftritt. Daher behaupte ich, dass man unter entsprechenden Bedingungen auch einen freien Willen erfassen kann. Andernfalls müsste man behaupten, dass der freie Willen keinen Einfluss auf menschliche Handlungen hat. Aber etwas, was das Handeln von Menschen bestimmt oder beeinflusst, muss sich auch in den Handlungen niederschlagen.

 

Wennd er freie Willen, wie Sven behauptet, nicht der Empirie zugänglich ist, dann entweder, weil er keinen Einfluss hat oder wir dass "Rauschen" aus dem Verhalten nicht herausfiltern können. Wenn aber der freie Willen einer Regelmäßigkeit unterliegt, also einer erkennbaren Regel folgt, wird man ihn in der Empirie nicht finden - aber dann ist es auch unsinnig, von undeterminiertem Willen zu reden.

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Glauben besteht im wesentlichen aus nicht verifizierbaren und nicht falsifizierbaren Behauptungen.

Falsch. (Übrigens nicht nur theoretisch, sondern auch empirisch.) Und deshalb sind auch die Schlussfolgerungen falsch.

 

1. Das "Wesentliche" des Glaubens sind nicht Behauptungen. Glaubensaussagen behaupten nicht etwas in dem Sinne, wie es Wissenschaft tut. Glaubensaussagen sind vielmehr Sinnangebote, die anzunehmen oder abzulehnen es jedem frei steht. Hier fehlt jetzt eine Auseinandersetzung mit dem Begriff Sinn.

 

2. "Verifizierbarkeit" als Kriterium ist doch out, oder habe ich wieder etwas flasch verstanden?

 

3. "Falsifizieren" lassen sich Glaubensaussagen ihrer Natur nach nicht. Jedenfalls nicht wie wissenschaftliche Behauptungen (Hypothesen). Sie lassen sich indes anhand des Kriteriums Sinn überprüfen.

 

4. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Selbstverständlich gibt es auch im Bereich religiöser Themen ein weites Feld für die Auseinandersetzung mit Behauptungen. Es ist ja (nur als Beispiel) durchaus eine mögliche Lesart der Bibel, sie als Quelle für Behauptungen anzusehen und diese Behauptungen wissenschaftlich zu überprüfen. Gleiches gilt für die meisten (oder gar alle?) Einzeldisziplinen der Theologie.

 

Nur den Letztfragen, den Glaubensfragen sozusagen, kommt man auf diese Weise nicht bei. Vollständige Gotteserkenntnis ist mit Hilfe von (evolutionärer) Erkenntnistheorie prinzipiell nicht möglich. Das ist auch völlig in Ordnung so. Man kann allerdings immer wieder neu herausfinden, welche Fragen überhaupt Glaubensfragen sind und welche nicht. Und darauf gibt es mit dem wissenschaftlichen Fortschritt auch immer neue Antworten.

 

Weiteres folgt.

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Nun, der Glauben besteht ja darin, zu meinen, dass vor 2.000 Jahren ein paar Nomaden die Antworten auf alle "wichtigen" Frage gefunden haben, die man jetzt nur noch zu übernehmen und zu glauben braucht.

Falsch. (Übrigens nicht nur theoretisch, sondern auch empirisch.) Und deshalb sind auch die Schlussfolgerungen falsch.

 

1. Wer stellt diese Behauptung überhaupt auf? Weder dem Lehramt noch der Theologie* kannst Du sie unterschieben, also bleibt es allein Deine Behauptung. Wo sind die Beweise dafür?

 

2. Glauben ist nicht Meinen. (Aber das ist nur sprachlich ungenau, hier nicht weiter tragisch.)

 

3. Die Basis des Glaubens, von dem wir hier handeln, sind die Menschwerdung, der Tod und die Auferstehung von Jesus, dem Christus. Das kann man denen, die diese Botschaft überliefern, glauben oder nicht - auf eigenes Risiko.

 

4. Wer behauptet, dass damit alle "wichtigen" Fragen beantwortet seien? (siehe 1.)

 

 

*Ich weiß, dass Du da keinen Unterschied siehst. Aber das ist Dein Problem, nicht meines.

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Glauben besteht im wesentlichen aus nicht verifizierbaren und nicht falsifizierbaren Behauptungen.

Falsch. (Übrigens nicht nur theoretisch, sondern auch empirisch.) Und deshalb sind auch die Schlussfolgerungen falsch.

 

1. Das "Wesentliche" des Glaubens sind nicht Behauptungen. Glaubensaussagen behaupten nicht etwas in dem Sinne, wie es Wissenschaft tut. Glaubensaussagen sind vielmehr Sinnangebote, die anzunehmen oder abzulehnen es jedem frei steht. Hier fehlt jetzt eine Auseinandersetzung mit dem Begriff Sinn.

 

Glaubensaussagen sind nicht einfach nur Sinnangebote. Die Behauptung "Gott existiert" macht auch ein Sinnangebot, aber dazu muss Gott nicht existieren. "Jesus ist auferstanden" ist auch ein Sinnangebot, aber dazu muss Jesus nicht wirklich auferstanden sein. Die Reduzierung auf ein Sinnangebot ist die protestantische Version, im Katholizismus wird aber davonausgegangen, dass das Grab leer war und Jesus leiblich auferstanden ist - das wäre ein empirisches Faktum.

 

Angenommen, man würde das Grab Jesu finden mit einem verwesten Leichnam darin. Dann würden die Katholiken ein echtes Problem haben, die Protestanten eher nicht. Die Frage ist nämlich, ob die Auferstehung ein konkretes physikalisches Phänomen war oder nicht. Wenn nicht, dann hat die Auferstehung einen reinen Symbolcharakter, sie muss nicht wirklich stattgefunden haben. Aber wenn sie wirklich stattgefunden hat, dann kann es sich nicht um ein reines Sinnangebot handeln.

 

Und wenn es doch nur ein reines Sinnangebot ist, dann ist dies weder veri- noch falsifizierbar. Und das entspricht genau dem, was ich behauptet habe. So oder so stimmt meine Behauptung.

 

2. "Verifizierbarkeit" als Kriterium ist doch out, oder habe ich wieder etwas flasch verstanden?

 

Bei Existenzbehauptungen nicht. Existenzbehauptungen lassen sich meist nur verifizieren, selten aber falsifizieren. "Es gibt rosa Einhörner" - wie willst Du das falsifizieren? Nur dann, wenn es sich um eine begrenzte Zeit und einen begrenzten Raum handelt. "Es gibt in meinem Garten rosa Einhörner" lässt sich ganz einfach falsifizieren (ein Blick genügt). Sobald ich obskure Eigenschaften nehme - "Es gibt in meinem Garten ein unsichtbares rosa Einhorn" läss sich das aber auch wieder nicht einfach falsifizieren.

 

Das Proplem ist auch, dass gerade Gläubige häufig eine Falsifizierung über den Modus Tollens nicht akzeptieren (Wenn A, dann B, es gilt aber nicht B, also gilt auch nicht A).

 

3. "Falsifizieren" lassen sich Glaubensaussagen ihrer Natur nach nicht. Jedenfalls nicht wie wissenschaftliche Behauptungen (Hypothesen). Sie lassen sich indes anhand des Kriteriums Sinn überprüfen.

 

Wie gesagt, Sinn ergeben auch Dinge, die nicht existieren. Damit wären wir dabei, dass der Glauben rein symbolisch gemeint ist, eine Auffassung, die ich sofort akzeptieren würde. Es gibt keinen Gott, aber angenommen, es gäbe einen, dann würde dies uns folgenden Sinn geben ...

 

Ich denke, dass etwas einen Sinn ergibt, auch wenn dieses angenommen "Etwas" nicht existiert, ist eine Konsequenz, die einige nicht ganz zu Ende gedacht haben ...

 

Aber auch hier bestätigst Du, was ich eingangs behauptet habe: Glaubensaussagen lassen sich nicht falsifizieren (und wenn doch, dann findet man kaum einen Gläubigen, der das akzeptiert).

 

4. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Selbstverständlich gibt es auch im Bereich religiöser Themen ein weites Feld für die Auseinandersetzung mit Behauptungen. Es ist ja (nur als Beispiel) durchaus eine mögliche Lesart der Bibel, sie als Quelle für Behauptungen anzusehen und diese Behauptungen wissenschaftlich zu überprüfen. Gleiches gilt für die meisten (oder gar alle?) Einzeldisziplinen der Theologie.

 

Nur, wie sieht eine "Auseinandersetzung mit Behauptungen" aus, wenn man die weder bestätigen noch widerlegen kann? Setzt man dann einfach Behauptung gegen Behauptung, und wer die Mehrheit hat, gewinnt? Oder lässt man es von einer Autorität entscheiden, welche Behauptung denn nun richtig ist? Wie will man entscheiden, ob sich die Autorität nicht irrt? Man kann das natürlich wieder über eine nichtfalsifizierbare Behauptung entscheiden (Unfehlbarkeit des Papstes), aber das ist zirkuläre Logik - ein Außenstehender würde das nie akzeptieren. Im 16/17 Jahrhundert wurden über diese Differenz blutige Kriege ausgetragen (zwischen Katholiken und Protestanten).

 

Vor allem in diesem Zusammenhang mit aufgestellten Behauptungen machen die bemühten Versuche um eine Beweislastumkehr auch wieder Sinn - man kann Gott zwar nicht beweisen, aber es gibt ihn, denn Du kannst das Gegenteil nicht beweisen. Wie soll man darüber sinnvoll diskutieren? Da kann man sich nur an die Stirn tippen und es dabei bewenden lassen ...

 

Nur den Letztfragen, den Glaubensfragen sozusagen, kommt man auf diese Weise nicht bei. Vollständige Gotteserkenntnis ist mit Hilfe von (evolutionärer) Erkenntnistheorie prinzipiell nicht möglich. Das ist auch völlig in Ordnung so. Man kann allerdings immer wieder neu herausfinden, welche Fragen überhaupt Glaubensfragen sind und welche nicht. Und darauf gibt es mit dem wissenschaftlichen Fortschritt auch immer neue Antworten.[/i]

 

Stimmt. Immer, wenn man mit der Wissenschaft eine Glaubensfrage berührt, kann man sich weiter hinter die Linien der Unbeweisbarkeit zurückziehen und sich dort verschanzen. Bedauerlicherweise (:blink:) ist es so, dass dies prinzipiell mit jedem Unsinn auch funktioniert, und je mehr man es macht, um so weniger kann man zwischen Glauben und reinem Unsinn unterscheiden ...

 

Übrigens, welche Begründung hat man denn, zu behaupten, dass sich Gott nicht mit wissenschaftlichen Methoden beweisen lässt? Und wie will man das begründen, ohne damit gleichzeitig einen Agnostizismus zu begründen?

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Hi, das ist ja ein schöner thread hier!

Zu allem 'was zu sagen ist ja unmöglich, ohne gleich eine ganze Diss. zu schreiben, ich gebe meinen Senf im Moment nur zu den folgenden Punkten dazu:

 

Ein Beispiel einer solchen Regel wäre die Folgende:

 

(R1) Man muss selbst glauben, um den Glauben verstehen zu können.

 

Daraus folgt, dass ich den Glauben nicht verstehe, ihn also auch nicht kritisieren kann.

 

Bitte eine Begründung für die Schlussfolgerung, dass die Unmöglichkeit der Kritik notwendige Konsequenz ist.

 

Konsequent wäre es nun, diese Regel auf alle Glaubensrichtungen anzuwenden. Damit könnte ich den Faschisten nicht kritisieren, denn ich müsste selbst glauben, dass man alle Juden umbringen muss, um dies zu kritisieren (aber wenn ich es glaube, dann werde ich es nicht kritisieren, denn sonst glaube ich nicht daran - zirkuläre Logik). Folglich muss ich - wenn ich (R1) konsequent anerkenne - den Faschismus als akzeptable Glaubensrichtung akzeptieren. Und jede andere beliebige Glaubensrichtung, sei es, dass es richtig ist, kleine Kinder zu vergewaltigen oder den Glauben, dass man alle anders Denkenden abschlachten sollte.

 

Warum soll Faschismus eine „Glaubensrichtung“ sein? Außerdem ist es doch offensichtlich richtig und möglich, den Faschismus schon wegen seiner praktischen Auswirkungen zu kritisieren. M.E. unterschlägst du in deinen Behauptungen einer prinzipiellen Beliebigkeit der Glaubensinhalte die vielen Vergewisserungen innerhalb der jeweiligen Glaubensrichtungen über die Richtigkeit der Prämissen und der Konsequenzen, siehe allein dieses Forum hier. Das eigentliche Problem hat m.E. F. Nachtschatten formuliert, nämlich die Schwierigkeit, die subjektiv empfundenen "Wahrheiten" intersubjektiv zu kommunizieren (dabei fällt mir ein, ich wollte ihn unbedingt noch ein paar Sachen zu seinem Rüsselgott fragen, die für mein tägliches Leben unbedingt wichtig sind ... :blink: )

 

Ganz anderes Thema jetzt:

 

Entzieht sich eine Zahlenreihe aber jeder statistischen Analyse, d. h. finden wir kein Muster, dann kann man nicht behaupten, dass es eine Regel gibt, die diese Zahlenreihe verursacht. Voila, wir haben unverursachte Ereignisse.
Die Zahl Pi hat hinter dem Komma eine unendliche, unregelmäßige Zahlenreihe. Dennoch ist sie determiniert durch ihren geometrischen Bezug. Also ist Unregelmäßigkeit nicht in jedem Fall ein Beweis für nicht-Verursachtheit.

 

Ciao - Inge

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Wenn man menschlichen Willen als einen freien charakterisiert, bei dem

der Wollende nicht von irgendetwas veranlaßt wird, etwas zu wollen, sondern [er] diesen Willen eben frei, nur aus sich heraus, faßt
, dann hatte ein bestimmter gefaßter Wille doch irgendwelche Ursachen:

* Erfahrungen, Schlußfolgerungen, Gefühle, Bedürfnisse, Interessen, auf deren Grundlage der Wollende seinen Willen formte.

* Das alles könnte sich vielleicht biochemisch präzisieren lassen; vielleicht bringen Brownsche Molekularbewegung oder Quantenfluktuationen ein echtes Zufallsmoment mit ins Spiel.

 

 

freien Willen: Dieser ließe sich statistisch erfassen, wenn er [..] das Verhalten so "überlagert", dass keine Regelmäßigkeit auftritt.
Was meinst du damit? Willst du Freien Willen daran erkennen, dass bei exakt gleichen Voraussetzungen der Wille verschiedene Ausprägungen hat?

 

 

Wenn wir uns darauf einigen, dass das "Wesentliche" des protestantischen (Volker) Glaubens Sinnangebote(mr94) sind, dann bin ich als Ex-Protestant ja zufrieden. :blink:

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Volker, das geht jetzt reichlich durcheinander. Du wirst natürlich entlastet durch die Tatsache, dass ich den Begriff Sinn nicht erläutert habe. Das werde ich noch nachholen. Ich kaufe aber weder Deine Interpretation des Protestantismus noch Deine Ignoranz gegenüber Theologie.

 

Was letzteren Punkt angeht, so frage ich mich, ob Du Dich hier dümmer stellst als Du bist. Wer Schinken wie den Werbick vorgibt zu lesen, der sollte doch wenigstens in Ansätzen wissen, was Theologie eigentlich den ganzen lieben langen Tag so treibt.

 

Meine Frage also an Dich: Was glaubst Du, ist Theologie? Und warum meinst Du, auf die Unterscheidung zwischen Theologie und Lehramt verzichten zu können?

 

Vielleicht sollten wir uns aber zunächst mal darüber verständigen, welche Reichweite Wissenschaft hat. Anders gefragt: Ist mit ihrer Hilfe eine vollständige Erkenntnis der Welt (als der Gesamtheit dessen, was existiert) möglich? Ist die Welt nur das, was wissenschaftlich erkannt werden kann?

 

Übrigens habe ich überhaupt kein Problem mit der Möglichkeit, dass Gott nicht existiert. Kann schon sein, dass dem so ist. Ich glaube allerdings, dass er existiert. Ich behaupte das nicht (wie Du zu unterstellen scheinst).

 

Glaubensaussagen (z.B. "Ich glaube an Gott") sind keine Behauptungen. Behauptungen zu religiösen Fragen gibt es auch (z.B. "Jesus von Nazareth ist eine Person, die nach herrschender Meinung der Geschichtswissenschaft existiert hat") - und die sind auch wissenschaftlich behandelbar.

 

Aber es stimmt: Der Glaube an Gott gibt auch Sinn, falls Gott nicht existieren sollte.

bearbeitet von mr94
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Nur als kurzen Hinweis zum Begriff Sinn:

Religion erscheint in seiner Perspektive zuallererst als Sinnform - ein aufgeladener Begriff, der hier jedoch quer zur alteuropäischen Tradition gebraucht wird. Sinn ist nichts Ganzheitliches, sondern das Resultat einer bedeutungserzeugenden Unterscheidung: Dies und nichts anderes. Ein Beobachter entscheidet sich für eine Sicht der Dinge und lässt anderes dabei notwendigerweise aus der Acht. Auch sich selbst kann er im Akt der Unterscheidung nicht beobachten. Damit entsteht ein Raum des Unbeobachtbaren - und genau für diesen Raum ist die Religion zuständig. Innerhalb einer Theorie, die auf Differenzen abgestellt ist, wäre es jedoch falsch zu sagen, dass die Religion diesen Raum positiv besetzt. Transzendenz ist nicht beobachtbar - es sei denn in der Form einer Unterscheidung: "Es geht nicht um die eine oder die andere Seite dieser Unterscheidung, sondern um ihre Form: um die Unterscheidung selbst. [...] Sinnformen werden als religiös erlebt, wenn ihr Sinn zurückverweist auf die Einheit der Differenz von beobachtbar und unbeobachtbar und dafür eine Form findet." [s. 14f.] Mit anderen Worten: Religion findet eine Form für das Abwesende, das Ausgeschlossene, das bei Sinnsetzungen unvermeidlich entsteht. Gleichzeitig verweist sie auf die Kontingenz jeder Sinngebung: Man könnte auch anders unterscheiden. Als Reflexionsfigur für kontingenten Sinn nimmt die Religion einen Platz in der Luhmannschen Systemarchitektur ein, dessen Bedeutung kaum zu überschätzen ist.

Quelle: Jörg Löffler, Der Beobachter-Gott. Niklas Luhmann beobachtet Gott, die Welt und den Teufel. in: Magazin für Theologie und Ästhetik.

 

Rezensiert wird hier Luhmann, Die Religion der Gesellschaft.

bearbeitet von mr94
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