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Berger: Teile der Lehre Rahners sind häretisch


Konvertit

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Hat Vorgrimler wirklich etwas inhaltlich Sinnvolles gesagt oder hat er nur seiner Wut freien Lauf gelassen?

Also ein paar Bemerkungen Vorgrimlers würden mich als potentiellen Käufer des Buches schon nachdenklich machen.

 

Um es nicht zu mühsam zu machen, picke ich einige wenige heraus:

 

1. Vorgrimler behauptet, Du versuchtest, Rahners Bedeutung für das 2. Vat. herabzusetzen. Diese Behauptung halte ich für glaubhaft, da ich Ähnliches selber schon auf kathnet gelesen habe.

 

2. Vorgrimler behauptet weiter, für dieses abwertende Urteil hättest Du behauptet, es gäbe keine zuverlässigen Forschungen. Das bekannte Werk von Wassilowsky habest Du dabei verschwiegen. Ist das wahr? Wenn ja, warum?

 

3. Vorgrimler behauptet weiter, Du hättest versucht, Rahners Haltung während der NS-Zeit ins Zwielicht zu ziehen, mit der Behauptung, er habe nicht deutlich Stellung genommen. Ist das wahr?

 

4. Vorgrimler behauptet weiter, Rahner hätte ganz deutlich gegen die NS-Schergen Stellung genommen (z.B. in Hörer des Worts", Gesamtausgabe, Band 4). Ist das nicht wahr?

 

Das war jetzt alles von Seite 2. Der Verriss geht noch 11 Seiten weiter. Also, Gegenfrage: hat hier Vorgrimler nur seiner Wut freien Lauf gelassen, oder stimmt das, was er da behauptet?

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FreiburgerMünster

Ich fänd es hilfreich, in der gesamten Diskussion um Karl Rahner zu differenzieren: Geht es um Rahners Theologie und die angebliche Häresie? Oder um den Charakter und den Lebenswandel Rahners? Oder um das theologische Niveau im Deutschland der "Nach-Rahner-Ära"? Oder um eine möglicherweise unkritische Verehrung seitens der Rahner-Apologeten? Oder um eine möglicherweise methodisch unzureichende Rahner-Nachlese der Kritiker?

 

Vielleicht geht es um alle diese Fragen, aber man sollte sie doch auseinander halten. Ich persönlich finde die Frage, ob Rahners Theologie in Teilen häretisch ist, sehr viel wichtiger als die Frage, ob er arrogant war und welche Beziehung er zu Luise Rinser hatte.

 

Wenn der User "david_berger" hier schreibt: "Lest Rahner", dann kann ich sagen: Das tue ich seit 25 Jahren. Und ich denke auch beurteilen zu können, dass der z.B. Vorwurf der Irrlehre des Modalismus in bezug auf Rahner absurd ist.

 

Nur als Nebenbemerkung: Johann Baptist Metz hat einmal selbstkritisch in bezug auf seine Rahner-Kritik gesagt, er wisse nicht, ob der Kritiker dies elbe Reflexionstiefe erreiche wie der Kritisierte. Das sollten sich heutige Kritiker hinter die Ohren schreiben :blink:

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Ich fänd es hilfreich, in der gesamten Diskussion um Karl Rahner zu differenzieren: Geht es um Rahners Theologie und die angebliche Häresie? Oder um den Charakter und den Lebenswandel Rahners? Oder um das theologische Niveau im Deutschland der "Nach-Rahner-Ära"? Oder um eine möglicherweise unkritische Verehrung seitens der Rahner-Apologeten? Oder um eine möglicherweise methodisch unzureichende Rahner-Nachlese der Kritiker?

 

Vielleicht geht es um alle diese Fragen, aber man sollte sie doch auseinander halten. Ich persönlich finde die Frage, ob Rahners Theologie in Teilen häretisch ist, sehr viel wichtiger als die Frage, ob er arrogant war und welche Beziehung er zu Luise Rinser hatte.

 

Hallo,

 

was Du hier schreibst, habe ich mich beim Lesen des Vortrags von David Berger auch gefragt. Und ich finde, man sollte das wirklich auseinander halten.

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Der Punkt war: Ist es angemessen, dass der Musterschüler einer drittklassigen Pädagogischen Hochschule den größten Theologen des 20ten Jahrhunderts als Häretiker bezeichnet? Und da war meine Antwort: Nein.

Vielleicht weiß ich zu wenig von Rahner, aber wie wird man denn "der größte Theologe" eines Jahrhunderts? Ab wann weiß man das?

Mir liegt übrigens von Balthasar viel mehr, oder auch G. Gutiérrez.

Ich finde allerdings auch Heidegger recht uninteressant (im Sinne von nicht weiterführend), der hat ja seinen Eindruck bei Rahner hinterlassen...

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Vielleicht weiß ich zu wenig von Rahner, aber wie wird man denn "der größte Theologe" eines Jahrhunderts? Ab wann weiß man das?

Mir liegt übrigens von Balthasar viel mehr, oder auch G. Gutiérrez.

Bei Balthasar wäre das genauso unangemessen. Egal, wer jetzt "der Grösste" ist.

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Vielleicht weiß ich zu wenig von Rahner, aber wie wird man denn "der größte Theologe" eines Jahrhunderts?

Zunächst einmal, indem man es vermeidet, seine Gedanken allzu früh einem Internetforum anzuvertrauen.

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Rahner war glaub ich nicht so groß (wenngleich bedeutend). Kardinal Schönborn ist glaub ich zur Zeit der größte Bischof bei uns in Österreich, aber ob es aktive Theologen (oder gar - horrible dictu - Theologinnen ) gibt die ihn überragen, das ist die Frage ... die müssten dann jedoch schon an die 2m sein.

 

 

Und die Größe hat definitiv nichts mit der formalen Bildung und akademischen Qualifikationen zu tun!

bearbeitet von Kryztow
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Über Rahner in einem Internetforum zu schreiben ist natürlich auch eine schwierige Sache. Ich trau es mir nur ganz beschränkt zu. Ich hab mich zwar durch einige Primär und Sekundärliteratur (und so manches Seminar) durchgekämpft und trotzdem steh ich vor vielen Texten wie der sprichwörtliche Ochs vorm Tor. Wenn man dann auch noch einen gewissen Druck verspürt "kurz und knackig" über das Gesamtwerk zu schreiben dann wird es schwierig, das möchte ich gleich bleiben lassen. Was ich mir vorstellen kann und interessant fände, wäre über einzelne Texte zu diskutieren, deren Auswahl mir aber zB nicht ganz leicht fallen würde und sicherlich mit einem großen Zeitaufwand verbunden ist. Wenns aber wen interessiert -> ab Mitte März würds bei mir passen mich wieder mehr mit Rahner zu beschäftigen (dann ist die Prüfungszeit um). Suchen wir uns ein Thema (Natur und Gnade ? Trinität ?) und die endsprechende Texte (die allerdings in irgendeiner Weise für alle Interessierten zugänglich sein müssten, fürs abtippen ins Forum sind sie mE jedenfalls ungeeignet) und los gehts ....

bearbeitet von Kryztow
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Um es nicht zu mühsam zu machen, picke ich einige wenige heraus:

 

1. Vorgrimler behauptet, Du versuchtest, Rahners Bedeutung für das 2. Vat. herabzusetzen. Diese Behauptung halte ich für glaubhaft, da ich Ähnliches selber schon auf kathnet gelesen habe.

 

2. Vorgrimler behauptet weiter, für dieses abwertende Urteil hättest Du behauptet, es gäbe keine zuverlässigen Forschungen. Das bekannte Werk von Wassilowsky habest Du dabei verschwiegen. Ist das wahr? Wenn ja, warum?

 

3. Vorgrimler behauptet weiter, Du hättest versucht, Rahners Haltung während der NS-Zeit ins Zwielicht zu ziehen, mit der Behauptung, er habe nicht deutlich Stellung genommen. Ist das wahr?

 

4. Vorgrimler behauptet weiter, Rahner hätte ganz deutlich gegen die NS-Schergen Stellung genommen (z.B. in Hörer des Worts", Gesamtausgabe, Band 4). Ist das nicht wahr?

David? Huhu!

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FreiburgerMünster
Vielleicht weiß ich zu wenig von Rahner, aber wie wird man denn "der größte Theologe" eines Jahrhunderts? Ab wann weiß man das?

Die Etikettierung Rahners als "größter Theologe des 20. Jh.s" ist ungefähr genauso sinnvoll wie die Bezeichnung David Bergers als "Rahner-Experten" (kath.net) :blink:

 

Ich möchte mal kurz aufs Nebengleis fahren. Denn ich finde, dass David Berger in seinem kath.net-Interview durchaus auf einen wichtigen Punkt aufmerksam gemacht hat: die Dominierung der wissenschaftlichen Theologie durch bestimmte Schulen, die "Anhänger" unterstützen und "Gegner" bekämpfen. Dafür war (ist?) in der alttestamentlichen Exegese z.B. die so genannte "Richter-Schule" bekannt. Das hat aber nichts mit Rahner zu tun (deshalb ist es ein "Nebengleis"), sondern mit dem Zustand des akademischen Lehrbetriebes (übrigens nicht nur in der Theologie).

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Aufkleber auf einem LKW:

"Meiner ist sieben Meter lang!"

 

Steigerung:

"Der von meinem großen Bruder ist sieben Meter lang!"

 

Widerspruch:

"Der von Deinem Bruder ist viel zu kurz! Der von meinem Onkel ist zwei Meter länger!"

 

*kopfschüttel*

So was ist höchst unfruchtbar.

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Nachtrag:

David Berger, geboren am 8. März 1968 in Würzburg; Studium der Philosphie, Theologie und Germanistik in Würzburg, Köln und Dortmund. 1998 Promotion „Natur und Gnade“, von der Universität in Köln als beste Dissertation des Jahre ausgezeichnet. Lehrtätigkeit in Deutsch und katholischer Religion an einem Gymnasium bei Köln
Quelle
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In einem Beitrag über die Trinitätstheologie von Karl Rahner schreibt Heinz-Jürgen Vogels in der Tagespost: Über die objektive Orthodoxie der Texte Karl Rahners muss gesprochen werden.

Diesen Artikel hatte ich gesucht (und nicht gefunden), als Ratzinger als Gewährsmann für die Rechtgläubigkeit Rahners angeführt wurde. Vorgrimler nimmt m.E. bei aller verständlichen Neigung zur Verteidigung seines großen Vorbilds etwas leichtfertig Autoritätsbeweise in Anspruch.

 

"In diesem Zusammenhang dürfte eine Äußerung Kardinal Joseph Ratzingers von Bedeutung sein. Er hatte zum diesjährigen Rahner-Jubiläum geäußert: „Sein Wille, im Dogma der Kirche zu bleiben – also den Glauben der Kirche auszulegen und nicht umzulegen oder umzubiegen – ist unbestritten.“ In einem Brief vom 20. November vergangenen Jahres erläuterte Kardinal Ratzinger diese Äußerung: Er habe in dem kleinen Interview über Rahner „unmöglich auf die ganze Komplexität des Problems eingehen“ können. Er habe „nur gesagt, dass ich von seiner subjektiven Intention überzeugt bin, im Glauben der Kirche zu stehen und ihn denkend zu interpretieren ... Mit dem Verweis auf die persönliche Intention war zugleich angedeutet, dass man über die objektive Orthodoxie seiner Texte sprechen muss.“"

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Nun, es ist ja wohl ein Unterschied, ob man "über die objektive Orthodoxie diskutiert" oder ob das Urteil "Häresie" schon vorformuliert ist.

 

Wenn die Orthodoxie von etwas zweifelhaft ist, dann Vogels Idee von Trinität, die Vorgrimler als "tritheistischen Gruppengott" bezeichnet hat.

 

Unberührt von den Problemen, die der Person-Begriff heute stellt und in unbekümmerter Vermischung von synoptischen und johanneischen Aussagen vertritt Vogels seinen tritheistischen „Gruppengott“
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FreiburgerMünster
In einem Interview, das Karl Rahner vor seinem achtzigsten Geburtstag dem Rom-Korrespondenten der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Heinz-Joachim Fischer, gegeben hat (Bilder und Zeiten, 3. März 1984), spricht Rahner zweimal das Problem des Dogmas der Dreifaltigkeit an. In diesem Zusammenhang muss das Wort von den Selbstzweifeln gefallen sein, das Heinz-Joachim Fischer jetzt aus der Erinnerung mündlich zitiert hat (DT vom 11. Oktober, Seite 6). Im Interview von 1984 heißt es: „Scherzhaft zitiert der Jesuit seinen katholischen Kollegen Küng. Der meinte, wenn dem Rahner etwas an einem Dogma nicht passe, interpretiere er es nach seinem Gusto halt um.“ Auf den Einwand von Heinz-Joachim Fischer, ob der Vorwurf der Umdeutung nicht doch stimme, antwortet Rahner unter anderem: „Ich bin nicht sicher, ob nicht auch ein Papst bei einer Befragung über die Trinitätstheologie nach einer Viertelstunde in eine Häresie geriete.“

 

Interessant, was hier als Beleg angeführt wird. Nicht etwa eine Veröffentlichung Rahners, die als solche nachprüfbar wäre. Sondern ein 20 Jahre zuvor geführtes Interview, das der damalige Interviewer nun aus dem Gedächtnis zitiert! Und was zitiert er? Eine launige Entgegnung auf eine ebenso launige Bemerkung Küngs. Und diese Bemerkung wird nun als "doppelter Zweifel Rahners" gedeutet (Vogels Artikel im folgenden).

 

Vielleicht liegt Vorgrimler doch nicht so falsch, wenn er den Rahner-Gegnern unlautere Methoden vorwirft.

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Wie seriös ist eigentlich die Tagespost? (Wie man sieht, lese ich sie nicht regelmäßig).

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Es gibt auch ohne Beachtung des Interviews und dessen Relevanz genügend Fragen bei seinen Schriften. Angefangen bei der Sprache, die selbst von Wohlmeinenden als oft unnötig schwierig empfunden wird, über seine Thomasinterpretation, Anthropologie und Gnadenlehre, seine ekklesiologischen Vorstellungen bis hin zur Dreifaltigkeitslehre. Allerdings sind die meisten seiner Schriften kein Grund zur besonderen Aufregung, selbst bei erwiesener Abweichung vom depositum fidei. Die Texte sind größtenteils einem weiteren - selbst katholischen - Publikum unbekannt. Direkt in Kontakt mit ihnen tritt man lediglich während eines katholischen Theologiestudiums.

 

Problematischer (auch in der Einschätzung) finde ich u.a. die Auswirkungen seiner "anthropozentrischen Wende", selbst wenn der Ansatz und sicher die Intention gutzuheißen ist. Man kann ihn selbst zwar nicht mehr fragen, aber mir scheint es, als ob eine Menge ehemaliger Schüler und Leser, die heute in Kirche und Lehre wichtige Positionen einnehmen, ein wenig über das Ziel hinausgeschossen sind und etwas als absolut interpretierten, was vielleicht nur als spekulative Dogmatik gedacht war (was ja Rahners eigentliche Domäne war). Dies wäre immerhin möglich; ich zweifle jedoch an dieser Möglichkeit und denke schon, daß R. etwas aussagen wollte; vielleicht auch weil er um der Brisanz dessen, was er meinte, wußte, hat er eine solche manchmal "verwinkelte" Sprache verwendet.

 

Gegen die These, daß R. mit seinen Schriften Entwürfe vorlegen und in Dialog und Diskussion treten wollte, spricht seine Ignorierung der Kritik an den Inhalten seiner Schriften, die schon relativ früh einsetzte. Gewissermaßen betrieben viele seiner Schüler eine Radikalisierung dieser Haltung, indem sie oft grundsätzlich einer kritischen Hinterfragung R.s Schriften ablehnend gegenüberstehen. Ob R. eine solche "Guru-Haltung" gutgeheißen hätte, kann nicht mehr erörtert werden, ich nehme es aber zu seinen Gunsten nicht an.

 

Auch die auf uns gekommenen Informationen über die Persönlichkeit Rahners kann nicht ohne weiteres von seinem Werk getrennt werden, bei einem Theologen ist dies aus mehreren Gründen schwierig. Schließlich neigt man ohnehin dazu, die Glaubwürdigkeit eines Textes durch eine mögliche Unglaubwürdigmachung seines Autors zu erreichen, wie es hier im Forum am Beispiel David Bergers deutlich wurde.

 

Die Theologie ist nicht irgendeine x-beliebige Wissenschaft, sondern ist im Grunde genommen ohne Heiligkeit nicht denkbar, die großen theologischen Schriften entstanden stets in gewissem Sinne aus einer Vorstufe der visio beatifica. Der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf und seine Studie ist wahrscheinlich bei Eingeweihten bekannt, ebenso wie das Fazit seiner Studie, in welcher er sich auch auf den Freiburger Historiker Hugo Ott beruft, was verständlicherweise keine Begeisterung bei Vorgrimler auslöste, da dieser sich von Ott angegriffen fühlte.

 

R.s Persönlichkeit darf natürlich keine übergeordnete Rolle in Relation zur Beurteilung seiner Schriften sein, aber sie ist, denke (nicht nur) ich, durchaus relevant. Was die Schultheologie angeht, die ja Rahner vehement ablehnte, oder die heutige Situation an den theologischen Fakultäten (worauf ich auch meinen Hinweis auf die Folgen R.s Schriften verstanden wissen möchte), bin ich mir im Übrigen gar nicht so sicher, ob R. heute solch einen Satz (im Zusammenhang mit der Schultheologie) nicht mehr sagen würde: "Ehrlich gesagt, wenn ich sie vergleiche mit so manchem, was heute an unseren Fakultäten betrieben wird, dann würde ich sie sogar bevorzugen." (Quelle: Rahner, K.: Glaube in winterlicher Zeit, Düsseldorf 1986, S. 51) Wer weiß, könnte auch gut sein, daß seine Schüler ihn mißverstanden haben.

Gruß,

Yeti

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Justin Cognito

Dass Rahner die Schultheologie ablehnte würd ich so wirklich nicht sagen. Im Gegenteil: Wenn du seine Schriften liest, kommst du ohne solides Wissen über die schultheologische Begrifflichkeit überhaupt nicht weiter. Seine Argumentation war ja auch nie gegen Thomas gerichtet, was er tat war mit Thomas gewisse neu-scholastische Denkmodelle auf ihre Relevanz in Bezug auf die Lebens- und Erkenntnisfragen der Menschen des 20 Jahrhunders zu befragen. Thomas von Aquin ist als Referenzquelle für Rahner glaub ich nicht zu unterschätzen, ebensowenig wie Heidegger, aber der hat ja auch seinen Thomas gelesen.

 

Die soviel zitierte anthropologische (eben gerade nicht: anthropozentrische*) Wende ist ja als erkenntnisleitender (mehr noch als erkenntnistheoretischer) Weg auch direkt auf Thomas zurückführbar, wenn dieser schreibt: »Omnis cognitio est secundum aliquam formam, quae est in cognoscente principium cognitionis« (De verit. 10, 4).

 

* Dieser Begriff findet sich interessanterweise im Zusammenhang mit Rahner hauptsächlich sowohl bei rechts-konservativen Rahner Kritikern als auch bei diversen Kirchenvolksbegehrern ....

bearbeitet von Kryztow
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Dass Rahner die Schultheologie ablehnte würd ich so wirklich nicht sagen. Im Gegenteil: Wenn du seine Schriften liest, kommst du ohne solides Wissen über die schultheologische Begrifflichkeit überhaupt nicht weiter. Seine Argumentation war ja auch nie gegen Thomas gerichtet, was er tat war mit Thomas gewisse neu-scholastische Denkmodelle auf ihre Relevanz in Bezug auf die Lebens- und Erkenntnisfragen der Menschen des 20 Jahrhunders zu befragen. Thomas von Aquin ist als Referenzquelle für Rahner glaub ich nicht zu unterschätzen, ebensowenig wie Heidegger, aber der hat ja auch seinen Thomas gelesen.

 

Die soviel zitierte anthropologische (eben gerade nicht: anthropozentrische*) Wende ist ja als erkenntnisleitender (mehr noch als erkenntnistheoretischer) Weg auch direkt auf Thomas zurückführbar, wenn dieser schreibt: »Omnis cognitio est secundum aliquam formam, quae est in cognoscente principium cognitionis« (De verit. 10, 4).

 

* Dieser Begriff findet sich interessanterweise im Zusammenhang mit Rahner hauptsächlich sowohl bei rechts-konservativen Rahner Kritikern als auch bei diversen Kirchenvolksbegehrern ....

Rahner lehnte wohl die Art der Verwendung schultheologischer Fragmente wie die Inhalte der Schriften des Aquinaten in der Neuscholastik ab, nicht aber, wie Du richtig schreibst, die Aussagen Thomas v. Aquins selbst. Wenn R. von "Schultheologie" spricht, meint er tatsächlich die damals in der Tat festgefahrene Art, Dogmatik zu betreiben. Sie (die Dogmatik) in eine neue Form bei gleichbleibendem Inhalt zu giessen, war seine Intention. Daß er sich dabei manchmal selbst widerspricht (siehe R.-Zitat im vorletzten Satz meines letzten Postings), ist ein in seinen Schriften oft wiederkehrendes Phänomen. Urproblem in Bezug auf Thomas ist wahrscheinlich, daß er die Gedanken Heideggers und Hegels als Vehikel für die Thomasinterpretation verwendet, was (u.a.) seinerzeit auch seinen ersten Doktorvater Honecker veranlaßte, eine Überarbeitung seiner Dissertation zu verlangen.

 

Aufschlußreich für die Thomasinterpretation R.s ist sein Aufsatz "Die Wahrheit bei Thomas v. Aquin" (erstmals 1951 auf Portugiesisch, auf Deutsch erstmals in Bd. 10 seiner "Schriften zur Theologie" veröffentlicht), wo auch die Gründe seiner von Dir zitierten Schlußfolgerung verborgen liegen. Dieser Aufsatz ist deshalb so evident für die Erschließung von R.s Zugang zu Thomas, weil ihm u.a. der Hrsg. des Bandes der Neuausgabe, Karl Heinz Neufeld, einen "besonderen Wert für das Grundanliegen des Vfs." beimisst (SzT X, 21, Anm. 1) und Albert Raffelt ihn ihm sogar eine Abbrevation von "Geist in Welt" sieht ("Pluralismus-ein Plädoyer für Rahner und eine Bemerkung zur Sache", in: G. Larcher u.a.: Hoffnung, die Gründe nennt (n.12), 132-133).

 

Tatsächlich beruft sich R. nicht nur häufig und an zentralen Stellen auf Thomas, sondern bezieht interpretierend die Grundlagen seiner Aussagen von ihm, wie Du in Bezug auf die anthropologische Wende schreibst. In Vorläuferschaft davon sind seine Theorien vom 'impliziten Christentum' und vom 'übernatürlichen Existential' in seinen Werken 'Geist in Welt' und 'Hörer des Wortes' inhaltlich von den von Thomas vorgegebenen Schemata geprägt. In diesen Schriften versucht R. nachzuweisen, daß die Vorgriffs-Struktur des menschlichen Denkens bereits bei Thomas vorhanden war.

 

Was für Konsequenzen beinhaltet dies für die Neuinterpretation des Hl. Thomas von Aquin? R. widerspricht sich auch hier. Einerseits geht es R. um die 'Lehre des Thomas von Aquin selbst' (Geist in Welt 11), und zwar in 'einer historischen Darstellung der thomistischen Philosophie' (GW 13), andererseits geht es ihm nicht um eine 'strenge historische Arbeit' (GW 13), weil er versuchen will eine Thomasinterpretation zu bieten, die von der modernen Philosophie herkommt. Was dies letztlich bedeutet, erklärt R. in seinem einführenden Essay zum Buch seines Schülers J. B. Metz, "Christliche Anthropozentrik" (J.B. Metz hat diesen so geprägten Begriff von R. übernommen, s.u., mitnichten wird er - angeblich falsch wiedergegeben - hauptsächlich von "rechts-konservativen Katholiken" und "Kirchenvolksbegehrlern" gebraucht): Weil Thomas grundsätzlich die transzendentale Wende schon einleitete, kann er deshalb transzendental interpretiert werden; Thomas stehe sogar 'am Anfang der anthropozentrischen Wendung' (GW 19).

 

Problematisch hierbei scheint erst einmal zu sein, daß sich R. bei seiner Arbeit auf den korrumpierten Thomastext der 'Editio Parma' beruft, schwerer wiegen eigenmächtige Hinzufügungen zum Textcorpus, die R. zur 'sinngemäßen' Interpretation verwendet, wenn seine (R.s) Interpretation sich schwerer bei Thomas nachweisen lässt. Ein Beispiel: R. verändert zur Rechtfertigung seines subjektiv-idealistischen 'ersten Satzes einer allgemeinen Ontologie' (Hörer des Wortes 62), der besagt, daß 'Sein von sich aus Erkennen und Erkanntheit ist, das Sein Beisichsein ist' (HW 37), den Thomas-Text 'Secundum quod aliquid est ens, secundum hoc est cogniscibile' verändert R. durch die Hinzufügung 'et cognoscens' (HW 67). Speziell was die Verwendung der Thomas-Texte angeht, ist Cornelio Fabros Monographie hierüber eine wahre Fundgrube (Fabro, Cornelio: La svolta antropologica di Karl Rahner, Milano, 1974). Mitnichten hat R. Thomas abgelehnt, natürlich nicht, habe ich auch nicht behauptet. Wie sollte er es auch, wenn er doch selbst schreibt, daß man Thomas, "wenn man gelehrt tun will, da und dort einmal zitieren" (Schriften zur Theologie, Bd. X, 11) soll? Da ist noch viel Arbeit zu leisten; aber gerade was R.s Berufung auf Thomas angeht, steht zukünftigen Theologen noch viel Arbeit bevor.

Gruß,

Yeti

bearbeitet von Yeti
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Hallo Yeti!

Obzwar ich recht wenig Zeit habe, möchte ich deinen letzten Beitrag doch nicht unbeantweortet lassen: (Achtung: Fachgespräch)

Karl Rahner hat sich stets als Schultheologe bezeichnet und von da her auch z.B. Kritik an de Lubac geäußert. Darum widerspricht er sich auch nicht(Glaube in winterlicher Zeit).

Darüberhinaus hat er die Schultheologie jedoch nicht einfach repetiert, sondern eigenständig nachzudenken versucht und sie mit Hilfe der Bibelwissenschaft und der Patristik auch kritisch beleuchtet. Dass er das Ganze in einer Philosophie integriert hat, die nicht von vornherein das neuzeitliche Denken für verfehlt hielt, sondern zumindest deren Frageweg ehrlich mitgehen wollte, ist die andere Seite. Und hier gibt es selbstverständlich eine Thomasinterpretation, die von Rousselot und Maréchal angeregt ist. Die "idealistische" Ontologie, die hier angesprochen ist, wird man wohl am ehesten vom "Intellectualisme de Saint Thomas" Rousselots her sachlich erläutern können: "Wenn Pierre Rousselot und Joseph Maréchal vor allem angeführt werden, so soll damit zum Ausdruck gebracht sein, daß diese Arbeit sich dem Geist ihrer Thomasinterpretation vorzüglich verpflichtet fühlt." (Karl Rahner: Geist in Welt. Innsbruck 1939, S. V)

R. verändert zur Rechtfertigung seines subjektiv-idealistischen 'ersten Satzes einer allgemeinen Ontologie' (Hörer des Wortes 62), der besagt, daß 'Sein von sich aus Erkennen und Erkanntheit ist, das Sein Beisichsein ist' (HW 37), den Thomas-Text 'Secundum quod aliquid est ens, secundum hoc est cogniscibile' verändert R. durch die Hinzufügung 'et cognoscens' (HW 67).

"Wenn wir auch bei dieser Etappe unserer Entwicklung auf die thomistische Ontologie (vgl. Geist in Welt 43ff.) zurückgreifen wollen, so ist zu sagen: So sehr Thomas sich im klaren ist über die materiale Einsicht, daß Sein Beisichsein des Seienden bedeutet, so sehr zieht er es im allgemeinen vor, diesen Grundgedanken seiner Erkenntnis- und Seinsmetaphysik in der formalen Wendung auszusprechen, die wir eben gewonnen haben: jene Formulierung, in der die Unfixierbarkeit des Seinsbegriffes, sein analoger Charakter sofort auch unmittelbar zur Geltung und zum Ausdruck kommt: eadem est dispositio rerum in esse sicut in //Seite 63:// veritate (S.th. I-II, q. 3, a. 7 c.). Unumquodque est cognoscibile in quantum est ens in actu (und wir dürfen nach dem Prinzip "idem est intellectus et intelligibile" gleich hinzufügen:) unumquodque est intelligens et intelligibile, quod est idem, in quantum est ens actu (vgl. In II Metaph. lect. 1 n. 280.) Secundum quod aliquid est ens, secundum hoc est cognoscibile (In VII Metaph. lect. 2 n. 1304.) et cognoscens, wie wir wieder sinngemäß hinzufügen dürfen. Solche und ähnliche Sätze bei Thomas besagen nichts anderes, als daß der Begriff des Seins eines Seienden einerseits selbst ein oszillierender Begriff ist, der in seiner Allgemeinheit nicht auf einen bestimmten eindeutigen Sinn (also auf eine bestimmte Art des Beisichseins) festgelegt werden darf, und daß anderseits darum auch in vollkommen gleicher und entsprechender Weise mit der Variabilität des Seins auch seine innere Erhelltheit und Gelichtetheit, sein Sichselbsterkennen und Erkanntsein variiert. ..." (1. Aufl.).

Daß Rahner durch die Parma-Edition einen korrumpierten Thomas benutzt hat und damit sein eigenes Werk "falsch" sei, ist natürlich Unsinn. Er hat die verschiedenen vorhandenen Ausgaben benutzt und hat auch philologisch ganz gut gearbeitet, etwa bei der Interpretation der korrupten Stelle aus In Boethii De Trinitate q 5 a 3 in Geist in Welt, wo er 5 Ausgaben vergleicht und eine Konjektur vorschlägt, die durch die kritische Edition bestätigt wurde (Geist in Welt, 2. Aufl., S. 201 ist das kommentiert).

Soweit das Fachgespräch.

Ich denke allerdings, dies sprengt den Ort eines Forums und bitte in Zukunft etwas allgemeinverständlicher zu formulieren (das gilt auch für deine Quelle :blink: ).

 

Nun zum Eigentlichen:

Was du Rahner hier vorwerfen möchtest, ist (außer dass er sich widerspricht, s.o.) dass er mit seiner Thomas-Interpretation den scholastischen Weg verlassen habe und neue, von Philosophen der Neuzeit angeregte Wege geht. Das stimmt nur bedingt (s.o.). Wer die Scholastik als

festgefahrene Art, Dogmatik zu betreiben
sieht, der wird so argumentieren. Wer sie jedoch als eine mögliche, zeitbedingte Art der Auslegung der Geheimnisse unseres Herrn sieht, die zu würdigen ist, der man aber nicht blind huldigen muss wie einem steinernen Götzen, der wird erkennen, dass gerade Karl Rahner sich redlich darum bemüht hat.

Und genau hier sehe ich das Grundproblem.

Gruß sophia

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Karl Rahner hat folgendes geschrieben:

Der Gottmensch ist der erste Anfang des endgültigen Gelungenseins, der Bewegung der Selbsttranszendenz der Welt in die absolute Nähe zum Geheimnis Gottes. Diese hypostatische Union darf im ersten Ansatz nicht so sehr als etwas gesehen werden, was Jesus von uns unterscheidet, sondern als etwas, was einmal und nur einmal geschehen muß, wenn die Welt beginnt, in ihre letzte Phase einzutreten (was nicht notwendigerweise heißt: ihre kürzeste), in der sie ihre endgültige Konzentration, ihren endgültigen Höhepunkt und ihre radikale Nähe zum absoluten Geheimnis, Gott genannt, verwirklichen soll. ...(Grundkurs, S. 183).

 

Wenn das Katholische Tradition ist fress ich einen Besen! :ph34r:

bearbeitet von WeisserRabe
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Wenn das Katholische Tradition ist fress ich einen Besen!

Du verstehst das?? Toll!! Dann erklär mal:

 

was sind die unterschiedlichen Phasen der Welt (sie soll ja in die letzte eintreten)

Was versteht er hier unter Konzentration? Alle Masse in einem Punkt? :)

was ist eine radikale Nähe zu einem absoluten Geheimnis?

(wie ist da die Distanz definiert? Weit weg, warm heiß, radikal?? :blink: )

In welcher Distanzstufe befindent sich die Welt jetzt??

wie muss man die hypostatische Union im zweiten Ansatz sehen?

etc.

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