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Destruktive Gottesbilder


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Verbreitete Vorstellungen von Gott können in ihrer praktischen Konsequenz äusserst gewalttätig und zerstörerisch sein. Am eindrücklichsten zeigt das Tilman Moser in seiner schonungslosen Abrechnung mit dem Gott seiner Kindheit:

 

"Aber weisst du, was das Schlimmste ist, das sie mir über dich erzählt haben? Es ist die tückisch ausgestreute Überzeugung, dass du alles hörst und alles siehst und auch die geheimsten Gedanken erkennen kannst ... In der Kinderwelt sieht das dann so aus, dass man sich elend fühlt, weil du einem lauernd und ohne Pausen des Erbarmens zusiehst und zuhörst und mit Gedankenlesen beschäftigt bist ... Dein Hauptkennzeichen für mich ist Erbarmungslosigkeit. Du hattest so viel an mir verboten, dass ich nicht mehr zu lieben war. Deine Bedingungen waren zu hoch für mich ..."

 

Tilman Moser, Gottesvergiftung, Suhrkamp Taschenbuch, 1980.

 

Gott als 'big brother', als Auge, das alles sieht und durchschaut, den hintersten Winkel der eigenen Intimintät überwacht, - ein äusserst billiges, aber praktisches Erziehungsinstrument. Das Kind fühlt sich auch dann kontrolliert, wenn es - etwa auf dem Schulweg oder nachts im Bett - dem Blickfeld der Eltern entschwunden ist. Ein solches Gottesbild ist nicht nur entwürdigend, es behindert auch jede selbständige Entwicklung und jedes gesunde Wachstum.

 

Gott kann in der Vorstellung von Menschen zu einem pedantischen Gesetzesgott werden, "der alles akkurat in die Lebensrechnung einträgt, als unheimlicher Schnüffler, als moralischer Wachhund, als Weltpolizist, als Schuldnergott". (Frielingsdorf)

 

Oft tritt dieser 'Buchhaltergott' in Verbindung mit einem unerbittlichen strafenden Richtergott, der die Strafen für die aufgeschriebenen Schandtaten und Sünden vollzieht.

 

"Für so erzogene Menschen ist Christentum ein Frondienst in einem unüberschaubaren Gewirr von Verboten und Geboten, die niemals alle erfüllt werden können. Die Folge: Es bleiben immer unbezahlte Rechnungen offen für nicht erbrachten Gehorsam, übertretene Gesetze oder eigenmächtige Freiheiten."

 

Karl Frielingsdorf, Dämonische Gottesbilder, Ihre Entstehung, Entlarvung und Überwindung, Mainz 1992.

 

Karl Frielingsdorf, Der wahre Gott ist anders. Von krankmachenden zu heilenden Gottesbildern, Mainz 1997. (Kurzfassung von Dämonische Gottesbilder im Taschenbuch)

 

Diese wiederum erzeugen Schuldgefühle, das Leben wird zur Qual.

 

Oft meint man, ein ähnlich destruktives Gottesbild finde sich im "Alten" Testament. Das ist allerdings eine gefährliche Projektion eines im Christentum verbreiteten destruktiven Gottesbildes auf das Judentum. Tatsächlich ist in biblischen Texten, gerade in den Psalmen, oft von einem richtenden Gott die Rede. Nie geht es dabei aber um willkürliche Gewalt, sondern um den Schutz derer, die Schutz brauchen. Gott in der Bibel ist der Anwalt der Elenden und Erniedrigten. Er schafft denen Recht, die sonst nie Recht bekommen, den Kleinen, welche es gegen die Mächtigen und Gewalttätigen zu schützen gilt. Der Gott der Bibel richtet, aber immer nur so, dass er den Schwachen und Unterdrückten zu ihrem Recht verhilft. Das ist nun etwas ganz anderes als die destruktive Vorstellung des Richtergottes etwa in der Erziehung.

 

Im biblischen Kontext hat diese Vorstellung eine äusserst befreiende Funktion, in der pseudoreligiösen Erziehung eine äusserst unterdrückende.

 

So ist es überhaupt gefährlich, einzelne Bilder von Gott aus einem bestimmten Kontext, in welchem dieses Bild durchaus Sinn machen kann, in eine ganz andere Situation zu übertragen. Es gibt Gottesbilder, welche für gewisse Konstellationen, etwa für bestimmte kindliche Phasen durchaus hilfreich sein können, in anderen Konstellationen, für erwachsenen Menschen etwa, dann allerdings destruktiv werden. Die Schwierigkeiten im Bereich der Gottesbilder, vielleicht das grösste Missverständnis überhaupt, ist die Vorstellung, dass ein einmal gewonnenes Bild von Gott für alle Zeiten zu gelten habe. Gerade hier ist jedoch Beweglichkeit gefordert. Gottesbilder müssen wachsen und reifen, mit den wachsenden und reifenden Menschen zusammen, sie müssen befragt und neu überprüft werden. Gottesbilder müssen immer wieder erneuert werden.

 

Wie seht Ihr das?

 

Alles Liebe,

 

Ekkehard

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"Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgend etwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde."

 

Exodus 2,11ff - der DEKALOG

 

Man/frau kann nur falsch liegen... :)

 

Grüsse

Abgar

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Also, diesen Kindergarten-Erzieher-Gott hab ich Gott sei dank nicht kennengelernt!

Aber, Abgar, das Problem ist für mich folgendes: Wenn ich mir "GOTT" nicht vorstellen kann/darf könnten wirklich sehr schnell Zweifel aufkommen, ob es ihn denn überhaupt gibt!

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High EXPLORER,

 

ob es IHN gibt, lässt sich jenseits des Glaubens wohl nur schwer beweisen und Zweifel sind immer berechtigt.

 

Der Glaubende, der die Existenz Gottes annimmt, hat aber sehr wohl die Möglichkeit, sich der Bildhaftigkeit zu enthalten, zumal ihm ja -innerhalb des Christentums zumindest- der Gott-Mensch Jesus bleibt. Die Unfassbarkeit und Unbegrenztheit Gottes einzugrenzen und zu bebildern erübrigt sich, wenn Gott ansprechbar wird in der Person Jesu.

 

Zudem grenzt ein Bild Gottes nicht nur Gottes Wirklichkeit ein (wenn es diese gibt), sondern auch die Möglichkeit der unterschiedlichen Menschen, sich ihm zu nähern. Eine Bildlosigkeit kann insofern auch von Zweifeln befreien, weil es ja oft  g e r a d e  die Bilder und Meinungen über Gott sind, die uns zweifeln lassen, weil sie eben nur eine sehr ausgewählte Idee oder Erfahrung über oder mit diesem Gott beschreiben: dieser Gott ist nicht mein Gott, Dein Gott kann nicht Gott sein, Gott ist mehr als die Bilder, die wir von ihm gemacht haben etc. ...

 

Insofern kann die Destruktion des allgemein kommunizierten Gottesbildes die Konstruktion des persönlich nicht eingegrenzten Glaubens sein - und vielleicht damit sogar der Wirklichkeit Gottes nahekommen.

 

Kaffee-Grüsse

Abgar

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Gast Franziskus

Lieber Ekkehard,

ich habe eine ganz ähnliche Erfahrung gemacht; allerdings nicht als Kind, sondern als "Nikolaus". Drei Kinder, 3 und 4 Jahre alt, (Jungen aus der Nachbarschaft) hatten Windpocken und konnten nicht in den Kindergarten, wo eine Nikolausfeier stattfand. Da hatte eine der Mütter die Idee, für die armen kranken Hasen den Nikolaus nach Hause zu holen. Also wurden Nikolaustüten gepackt und für den Nikolaus Stichwortzettel geschrieben.

 

Stichwortzettel 1: Kind hilft beim Blumengießen. Kind kann schon Besteck aus der Spülmaschine ausräumen. Kind hat dem Opa ein Bild gemalt.

 

Stichwortzettel 2: Kind hört nicht. Kind räumt nicht auf. Kind gibt Widerworte. Kind zieht nie Hausschuhe an.

 

Stichwortzettel 3: Kind ist immer ganz lieb zur kleinen Schwester. Kind putzt seine Nase immer am Ärmel. Kind kann schon Tisch decken. Kind kann dem Nikolaus ein Lied singen.

 

Ich war allerdings positiv überrascht; ich hatte eigentlich nur mit Zetteln im Stile von Nr. 2 gerechnet.

 

Gruß, Franziskus

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Hallo Franziskus,

 

Stichwortzettel 1 und 3 das dressierte Kind?

 

Hallo an Alle,

 

ist Gott nun aus katholischer Sicht allmächtig, alliebend und allwissend?

 

Christian

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Zitat von ChristianMai am 8:40 - 3.Oktober.2001

ist Gott nun aus katholischer Sicht allmächtig, alliebend und allwissend?

 

NUR aus katholischer Sicht ist Gott allmächtig, alliebend und allwissend.

 

Manchmal ist er aber auch aus katholischer Sicht NUR allmächtig, alliebend und allwissend.

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Hallo Heidi,

 

wenn ich Dich richtig verstanden haben, ist Gott allmächtig, alliebend, allwissend und männlich?

 

"Manchmal ist er aber auch aus katholischer Sicht NUR allmächtig, alliebend und allwissend."

 

Über diesen Satz stolpere ich, soll er das Paradox verdeutlichen?

 

Christian

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Hi Explorer,

 

> Wenn ich mir "GOTT" nicht vorstellen kann/darf könnten wirklich sehr schnell Zweifel aufkommen, ob es ihn denn überhaupt gibt!

 

Das ist aber auch eine Herausforderung. Gleichsam eine Aufforderung Gott zu suchen, zu erfahren. Seinem Wirken gewahr zu werden, ihn zu spüren.

 

Ich finde den Vergleich mit Liebe immer recht passend. Man kann viel über sie lesen, über sie reden. Man kann sie sich vorstellen und tausend Bilder von ihr entwickeln. Oder man lässt sich auf die Erfahrung ein. Der Qualitätsunterschied von Erfahrung und Vorstellung ist gewaltig.

 

Zweifel gehören dazu, immer. Und als jemand, der nicht an Gott glaubt, darf ich einstreuen, dass sie vielleicht berechtigterweise kommen?

 

André

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Hi Franziskus,

 

> Ich war allerdings positiv überrascht; ich hatte eigentlich nur mit Zetteln im Stile von Nr. 2 gerechnet.

 

diese Art von Manipulation stammt ja nun wirklich aus dem vorletzten Jahrhundert. Zeugt nicht gerade von Verständnis seitens der Eltern. Wie bist du damit umgegangen?

 

André

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Gast Franziskus

Hallo André,

erst mal habe ich der Mutter die anderen beiden Zettel gezeigt, und sie gefragt, ob ihr Kind denn nicht auch Lob verdient hat. Dann habe ich der Mutter klar gemacht, daß St. Nikolaus nicht ihr "Erziehungs-Büttel" ist, wenn sie ihrem kleinen (B)engel eine Ermahnung verpassen will, dann doch bitte selber, "tatnah" (und nicht Tage, Wochen oder Monate später). St. Nikolaus ist schließlich (der Legende nach) ein großer Kinderfreund gewesen und hätte einen solchen Mißbrauch seiner Autorität (die er ja bei so Kleinen sicher noch hat) sicher überhaupt nicht geschätzt.

 

Im Gespräch stellte sich dann heraus, daß sie nur ihre eigenen kindlichen "Nikolaus-Erlebnisse" übertragen hatte und mit ihrer ganzen Situation (eifersüchtiger "Großer", Neugeborenes, daß ihr nachts keinen Schlaf ließ) völlig überfordert war. Wir haben dann (mit den beiden anderen Müttern zusammen) ein "Nachbarschafts-Babysitting" organisiert, daß sie endlich wieder mal schlafen und ohne Kindergebrüll einkaufen oder zum Friseur gehen konnte.

 

Lieber Christian,

"dressiert"? Ich denke nicht. Mein Kleiner ist jetzt 3 und absolut wild darauf, alles zu tun, was Mama und Papa auch machen. Beim Spülmaschine-Ausräumen oder Tisch-decken steh ich 1000 Ängste aus für das Geschirr; als wir das Eßzimmer neu gestrichen haben, hat er mit seinen Buntstiften das Treppenhaus "gemalt"; es ist einfach ein ziemlich ausgeprägter Nachahmungstrieb (den man als Elternteil dann auch gerne "ausnutzt").

 

Grüße,

Franziskus

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Zitat von eps am 20:17 - 30.September.2001

Verbreitete Vorstellungen von Gott können in ihrer praktischen Konsequenz äusserst gewalttätig und zerstörerisch sein. Am eindrücklichsten zeigt das Tilman Moser in seiner schonungslosen Abrechnung mit dem Gott seiner Kindheit.


 

Sehr intensiv mit der Funktion von zerstörerischen(Gottes)"Bildern", aber auch mit ihrer Überwindung ["Trauern"] hat sich vor Jahren Yorick Spiegel mit einer dreiteiligen Abhandlung auseinandergesetzt. Leider weiß ich den Titel und auch den Verlag nicht mehr genau. Der erste Band [die "Macht der Bilder"] ist eher allgemein gehalten, ein zweiter Band ist mit "Gottesbilder von Herrschaft und Liebe" betitelt, und der Titel des dritten Bandes ist mir gerade ganz entfallen. Ich habe daraus viel gelernt.

 

Wer sich dafür interessiert, wird die Trilogie sicher in einer guten Bibliothek finden.

 

Corinna

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Zitat von ChristianMai am 6:43 - 4.Oktober.2001

Hallo Heidi,

 

wenn ich Dich richtig verstanden haben, ist Gott allmächtig, alliebend, allwissend und männlich?

 

"Manchmal ist er aber auch aus katholischer Sicht NUR allmächtig, alliebend und allwissend."

 

Über diesen Satz stolpere ich, soll er das Paradox verdeutlichen?

 

Christian


 

Hallo Christian,

 

mein erster Satz bezog sich auf den allgemeinen katholischen Gott: Allwissend, allliebend, allmächtig und männlich (na klar!) ist die vordringlich katholische Vorstellung von Gott. - Der katholische Gott kann allerdings mehr sein, als er auf den ersten Blick hergibt.

 

Der zweite Satz bezieht sich einschränkend darauf, dass für manch einen Gläubigen der katholische Gott nichts weiter ist, als das was er auf den ersten Blick hergibt: Allmächtig, alliebend und allwissend (und vor allem natürlich männlich).

 

Hinzufügen muss ich, dass beide Sätze nicht meine Meinung über einen möglicherweise vorhandenen Gott darstellen. - Denn sollte es etwas Gottähnliches geben, so traue ich diesem zu, sich nicht von katholischen Vorstellungen beeindrucken zu lassen und sich auf diese zu beschränken.

 

Viele Grüße

Heidi

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Zitat von Heidi am 20:08 - 4.Oktober.2001


Zitat von ChristianMai am 6:43 - 4.Oktober.2001

Hallo Heidi,

 

wenn ich Dich richtig verstanden haben, ist Gott allmächtig, alliebend, allwissend und männlich?

 

"Manchmal ist er aber auch aus katholischer Sicht NUR allmächtig, alliebend und allwissend."

 

Über diesen Satz stolpere ich, soll er das Paradox verdeutlichen?

 

Christian


mein erster Satz bezog sich auf den allgemeinen katholischen Gott: Allwissend, allliebend, allmächtig und männlich (na klar!) ist die vordringlich katholische Vorstellung von Gott.

Liebe Heidi, lieber Christian,

da stellt ihr Euch aber was falsches vor: Genesis 1,27: Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.

Was heißt das? Gott ist männlich und weiblich zugleich; Gottes Geist ist im hebräischen Original weiblich (ruach), im Griechischen Neuen Testament sächlich (to pneuma = Geist, Hauch, Atem) und erst im lateinischen wird er dann zum männlichen "spiritus sanctus". Im päpstlichen Schreiben "liturgiam authenticam" (wo es um Übersetzungen von Bibel und liturgischen Texten geht) wird festgelegt, daß "Gott" als männlich, "Kirche" hingegen als weiblich zu übersetzen ist (sofern Sprachen da Unterschiede machen); es wird aber auch deutlich darauf hingewiesen, daß das nichts über "die Natur der Dinge" sagt - also Gott auch durchaus weiblich und Kirchen"bestandteile" (sprich: Gläubige) auch durchaus männlich sein können.

Dies nur zur Richtigstellung.

Grüße,

Lucia

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Hallo Lucia,

 

danke für den Beitrag, der zeigt, wie wichtig auch sprachliche Gegebenheiten bei dieser Betrachtung sind.

 

Ergänzen möchte ich noch, wenn wir bei der Genesis sind (die Genesis ist nicht das älteste Buch des AT, meines Wissens ist das älteste das Buch Hiob): es gibt ja den "Jahwisten" und den "Elohisten", zwei Autoren, die unterschiedliche Begriffe für Gott wählten.

 

"Jahwe" (aus dem dann später auch "Jehova" wurde),( bedenken muß man, daß die Vokale damals (meines Wissens nach) nicht geschrieben wurden, so daß wohl eher so etwas wie "JHV" geschrieben wurde, was man dann entweder als "Jehova" oder "Jahwe" ausfüllen kann), ist der Begriff des danach benannten "Jahwisten".

 

Der "Elohist" benutzte "elohim" als Begriff, interessant ist, daß "elohim" ein Plural ist, also müßte man manche Passagen mit "sie schufen" anstelle von "er schuf" übersetzen.

 

(Es ist ja auch interessant, daß im Griechischen (hier beziehe ich mich nun auf die Schriften des NT) oftmals die Trennung von Singular und Plural bei Verben nicht immer eindeutig ist (manche Formen wie z. B. "ich bin gekommen" (1.Person Singular) sind gleich mit der 3. Person Plural "sie sind gekommen&quot.)

 

Allgemein gesagt: sprachliche Gegebenheiten sind im Bibeltext oft sehr interessant, und der "Endleser" der übersetzten Schrift kriegt wenig mit von den Schwierigkeiten und Auswahlmöglichkeiten, die bei der Übersetzung entstehen.

 

viele Grüße

 

Olli

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Hallo Lucia,

 

du hättest gar nichts richtig stellen brauchen, wenn du mein Posting aufmerksam gelesen hättest.

 

Ich zitiere mich noch einmal: "Allwissend, allliebend, allmächtig und männlich (na klar!) ist die vordringlich katholische Vorstellung von Gott. - Der katholische Gott kann allerdings mehr sein, als er auf den ersten Blick hergibt"

 

Zur Begründung meiner Behauptung über die vordringlich katholischen Eigenschaften Gottes folgendes:

Denk an den Thread zurück, in dem behauptet wurde, das Wichtigste an Jesus sei seine Männlichkeit gewesen und daraus ließe sich ableiten, nur Männer dürften Priester werden. Das war eine konsequent katholische Meinung. - Ich frage mich: Warum sollte die Männlichkeit auf Erden für den Sohn und dessen Vertreter so wichtig sein, wenn der Vater auch eine Mutter hätte sein können?

 

Viele Grüße

Heidi

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Das Phänomen konstruktiver und destruktiver Gottesbilder lässt sich wohl nicht immer der offiziellen Religion eindeutig zuordnen.

 

Ich gehe dabei von der Wirkung aus und vermute: destruktive Gottesbilder prägen destruktive Menschen - und andersrum: destruktive Menschen rechtfertigen ihre Taten durch destruktive Gottesbilder.

Konstruktive und destruktive Menschen gibt es allerdings in verschiedenen Religionen - und auch Nichtreligionen.

 

Ein menschenopferfordernder Gott passt nicht zu Mahatma Ghandi, ein umfassend menschenliebender Gott wohl kaum zu einem Tyrannen.

 

Allerdings haben Religionen einen prägenden Einfluss. Sie prägen von vornherein oft sehr subtil die Gottesbilder einer Gesellschaft. Wie differenziert die Sachlage ist, sieht man allein schon an der jüdisch-christlichen Gottesvorstellung, die ja offensichtlich kein monolithisches Gottesbild abgibt, sondern zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Vorstellungen hervorbrachte. Und auch innerhalb eines Zeitabschnittes existierten verschiedene Gottesbilder nebeneinander - und konkurrierten.

 

Für Ratzinger ist es natürlich praktisch, sich Gott (Vater) als obersten Dienstherren vorzustellen, der seine Anordnungen weitergegeben hat an Gott (Sohn): Jesus. Und - wie im Himmel, so auf Erden - Jesus gibt die Anweisung weiter an die Bischöfe, und diese an die Gemeinde, die dann letztendlich der Befehlsempfänger ist. Der heilige Geist wird in diesen Prozess eingebunden: Er ist der Garant der Weitergabe - und hat somit keine eigenständige Bedeutung. Sicher wirkt er sowieso nur beim Papst und bei Konzilien. Es ergibt sich folgerichtig eine Legitimation für hierarchische Strukturen.

 

Für die manchen katholischen Reformer sieht das Gottesbild natürlich anders aus: Der Geist ist es, der lebendig macht. Und er ist "Gott im Menschen" bei allen Menschen. Jesus konnte auch nur sagen, was ihm der Geist eingab. Somit ist Demokratie höchst sinnvoll, geradezu ein Gottesdienst.

 

Und diese unterschiedlichen Gottesvorstellungen INNERHALB einer Religion prägen.

 

Zwischen der Kriegsgottvorstellung der Landnahmezeit (z.B. im Buch Josua) zu der Sozialgottvorstellung der großen Propheten zu der Vatergottvorstellung Jesu liegen Welten.

 

Deshalb halte ich die Spezialisierung dieser Diskussion auf "katholisch - nichtkatholisch" nicht für sonderlich sinnvoll. Man muss eben immer dazusagen, welches Gottesbild man diskutiert - Etiketten führen nicht weiter.

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>> da stellt ihr Euch aber was falsches vor: Genesis 1,27: Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie. Was heißt das? Gott ist männlich und weiblich zugleich; << (Lichtlein)

 

 

In der Theorie mag es ja zutreffen, daß Gott männlich und weiblich zugleich ist. In der Praxis (d.h. in der Vorstellung der Christen) ist er allerdings eindeutig männlich.

 

Warum spricht Jesus dauernd vom Vater im Himmel, warum lehrt er das Vaterunser zu beten, wenn Gott männlich und weiblich zugleich ist?

 

Kann man Gott fortwährend (und in allen Sprachen) mit männlichen Attributen versehen und dann ernsthaft behaupten, man müsse sich ihn als männlich und weiblich zugleich vorstellen?

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Das ist es ja, worüber ich beim Christentum immer wieder stolpere. Der Vater im Himmel, Der Herr - die Worte sprechen immer von einem männlichen Gott.

Es hat doch sicherlich einen Grund, daß in der Bibel zuerst von der Erschaffung von Mann und Frau gesprochen wird und dann erst im 2. Kapitel der Adam erschaffen wird. Ich sehe das unabhängig davon, wie alt die Texte sind; es wird wohl einen Grund gegeben haben, warum sie so angeordnet sind wie sie es sind.

Olli führt ja auch die Übersetzungsschwierigkeiten an. Soweit ich weiß kann ja auch Adams Rippe als Adams Hälfte übersetzt werden. Wer hat denn überhaupt wann die erste Bibel zusammengestellt. Waren das alles Männer? Und wenn dem so war, wäre es dann nicht langsam an der Zeit, Änderungen und Ergänzungen an der Bibel vorzunehmen (ich denke da nur an die Unterschlagung der Lilith, der ersten Frau vor Adam).

Oder ist der Ausgleich zu der patriarchalen Struktur der katholischen Kirche dadurch gegeben, daß die Priester weibliche Gewandungen tragen?

Oder wäre es nicht sinnvoller, über die Destruktivität der Kirche (z.B. bei der Gleichberechtigung von Frau und Mann) zu diskutieren?

 

Christian

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Lieber Cano!

 

Zumindest hängt die Männlichkeit diesmal wohl kaum an den Genen. Woran dann?

 

Die monotheistischen Religionen entschieden sich für eine männliche Konnotation, weil es zu den restlichen Konnotationen passte - nach damaligem Verständnis:

 

1. Gott ist Schöpfer. Bei der Hervorbringung von neuem Leben hatte die Frau ja auch keinerlei genetische Bedeutung (die Eizelle war unbekannt). Der Erzeuger ist der Vater, damit war Schöpfung Männersache.

 

2. Gott wurde in weiten Zügen sich vorgestellt wie ein orientalischer Herrscher. Auch wenn es einige wenige Gegenbeispiele gibt: die Konnotation ist eindeutig: Männlich. Er ist "der Herr".

 

Selbstverständlich findet man auch in alten Schriften "weibliche" oder "mütterliche" Züge Gottes, aber diese beiden eben genannten Aspekte haben sich großflächig und dominant durchgesetzt.

 

Inzwischen haben sich aber die Konnotationen für männlich und weiblich verändert. Wir kennen die weibliche Eizelle und wissen, dass Frauen ebenso (wenn nicht noch mehr) an der Erzeugung neuen Lebens beteiligt sind. Frauen übernehmen heute mehr und mehr Leitungsfunktionen.

 

Nicht die Eigenschaften Gottes haben sich verändert, sondern unser Verhältnis zu diesen. Wer weiß wie die Zukunft aussieht? Es legt sich sogar nahe, die Schöpfung mit "überwiedgend weiblich" (Geburtsvorgang) zu konnotieren.

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>> Die monotheistischen Religionen entschieden sich für eine männliche Konnotation, weil es zu den restlichen Konnotationen passte - nach damaligem Verständnis: << (Mecky)

 

Ich denke nicht, Mecky,

 

daß ein bewußter Entscheidungsprozeß stattgefunden hat. Die monotheistischen Religionen entstanden allesamt in patriarchalisch strukturierten Gesellschaften. Insofern konnte auch Gott nur ein Patriarch sein.

 

In den wenigen matriarchalischen Kulturen, die es auf dieser Erde gab, stand an der Stelle des männlichen Gottes die weibliche Göttin.

 

Religionen sind ein überaus weltlich Ding. Insofern spiegeln sie auch lediglich die jeweilige Gesellschaft, allerdings mit der Besonderheit, daß sie die weltlichen Erscheinungen idealisieren und überhöhen.

 

Herzliche Grüße

Cano

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Hi Cano,

 

stramm behauptet = bewiesen:

 

>>In den wenigen matriarchalischen Kulturen, die es auf dieser Erde gab, stand an der Stelle des männlichen Gottes die weibliche Göttin. <<

 

bitte bring doch mal Beispiele!

 

Gruß

Erich

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Lieber Cano!

 

Nein, der Entscheidungsprozess war nicht bewusst, sondern war eine "Selbstverständlichkeit". Zur Bewusstheit hätte erst mal Widerspruch kommen müssen - der Anlass bewusst nachzudenken.

 

"Religionen sind ein überaus weltlich Ding. Insofern spiegeln sie auch lediglich die jeweilige Gesellschaft, allerdings mit der Besonderheit, daß sie die weltlichen Erscheinungen idealisieren und überhöhen."

 

Das würde ich so wenig bestreiten, wie ich bestreiten würde, dass Jesus voll und ganz Mensch ist oder die Bibel von Menschen geschrieben wurde.

 

Das widerspricht allerdings weder der Göttlichkeit Jesu noch dem, dass sich in der Bibel Gottes Wort entfaltet.

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Zitat von Erich am 10:06 - 5.Oktober.2001

Hi Cano,

 

stramm behauptet = bewiesen:

 

>>In den wenigen matriarchalischen Kulturen, die es auf dieser Erde gab, stand an der Stelle des männlichen Gottes die weibliche Göttin. <<

 

bitte bring doch mal Beispiele!

 

Gruß

Erich

 


 

Den Beweis muß ich Dir schuldig bleiben, Erich!

 

Falls Dich das Thema näher interessiert, folgender Literaturhinweis:

 

Heide Göttner-Abendroth

Die Göttin und ihr Heros

Die matriarchalen Religionen in

Mythen, Märchen und Epen

 

Gruß

Cano

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Gast
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