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Der  unfassbare Terror in Amerika


sabine

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"Rückständiger Islam ist ein Klischee"  

 

 

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr Steinbach, stützen die Terroranschläge in den USA die These von einem „Kampf der Kulturen“?

 

UDO STEINBACH: Durchaus. Viele Menschen bei uns finden sich bestätigt in den Klischees, Muslime seien gewalttätig und mittelalterlich, und der Islam sei eine rückständige und mit der Zivilisation unvereinbare Religion. Auf der islamischen Seite wiederum würden unkontrollierte militärische Gegenschläge diejenigen bestärken, die im Westen eine arrogante Macht sehen, die den Islam erniedrigen will.

 

Mit dem Begriff „Klischee“ deuten Sie an, dass der Islam in Wirklichkeit anders ist.

STEINBACH: Es gibt ja auch sehr moderne und zivilisierte islamische Staaten, wie zum Beispiel Indonesien oder auch - bei allen Krisen - die Türkei. Denken Sie aber auch an das breite Echo aus der islamischen Welt, die sich nachdrücklich distanziert hat von so einem monströsen Attentat.

 

Also stehen die Attentäter außerhalb der „islamischen Welt“?

STEINBACH: Die militante Form des Islam ist Ausdruck einer Frustration. Muslime finden sich in einer Situation vor, in der sie sich erniedrigt fühlen. Das ist die Ausgangslage, und dann wird der Islam dazu benutzt, um Kräfte zu mobilisieren, Stärke zu zeigen und damit letztlich wieder vor sich selbst bestehen zu können. Es ist ein politisches und psychologisches Phänomen, das schließlich in einen militant interpretierten Islam mündet.

 

Gibt es angesichts drohender Militärschläge der USA überhaupt eine Möglichkeit, diese Kluft zwischen den Kulturen zu überwinden?

STEINBACH: Zunächst einmal ist die militärische Auseinandersetzung in der Tat angesagt. Wenn es sich dabei um nachvollziehbare Aktionen handelt, werden diese in der islamischen Welt akzeptiert werden.

 

Was meinen Sie mit „nachvollziehbar“?

STEINBACH: Die Schläge müssten sich klar erkennbar gegen diejenigen richten, die für die Attentate verantwortlich sind. Wenn es sich aber um Militärschläge handelt wie im August 1998 als Erwiderung auf die Attentate in Kenia und Nairobi oder die furchtbaren Bombardements des Irak im Dezember 1998, dann wächst der Anti-Amerikanismus. Die erwähnten Aktionen hatten politisch überhaupt keinen Sinn und haben dadurch sehr viel beigetragen zur Eskalation in der Region.

 

Haben die Amerikaner diese Lektion begriffen?

STEINBACH: Das ist das Problem. Die Amerikaner müssten sich selbstkritische Fragen stellen: Wie kommt es, dass ein solches Monster wie Osama Bin Laden überhaupt Gestalt annehmen konnte? Wie kommt es, dass er ein derartig aufgeheiztes Klima vorfinden konnte, in dem viele ihm sogar noch Beifall zollen? Die Antwort würde zurück führen auf westliche, auf amerikanische Politik, und das sollte dann hoffentlich auch Konsequenzen zeitigen.

 

Müssen die Bilder vom Jubel über das Grauen von New York und Washington nicht irritieren und provozieren?

STEINBACH: Wer wissen nicht, wo diese Fotos gemacht worden sind, wie viele Leute da gejubelt haben. Ich habe sehr stark das Gefühl, hier solle uns systematisch und auf perfide Weise suggeriert werden, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der arabischen Öffentlichkeit diesem Monster auch noch Beifall zollt. Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung. Es gibt offenbar auch bei uns Kräfte, denen an einer weiteren Verschlechterung des Images der islamischen Welt im Westen liegt.

 

 

(Anm. Moussa: Prof. Dr. Steinbach ist Leiter des Deutschen Orientintitutes Hamburg)

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Zitat von harry am 14:59 - 25.September.2001

 

 

während wir es fast garnicht merken würden, wenn diese Länder nicht existierten.

 

 


 

Bist Du da wirklich sicher, lieber Harry?

 

T-Shirt: ab 60 DM

 

Oberhemd: ab 280 DM

 

1 Pf. Kaffee: ab 12 DM

 

1 l Orangensaft: ab 6 DM

 

Ich glaube, wir würden es ganz schnell merken, wenn es die armen Länder nicht gäbe. Der Lohnkostenanteil eines in Bangladesh hergestellten Nike Turnschuhs für DM 200 liegt zwischen einem und zwei US-Dollar.

 

So, jetzt noch was zu der Diskussion hier. Es ist kaum zu bestreiten, daß die Wirtschaftpolitik der Industriestaaten (keinesfalls allein der USA, hier müssen sich Europa und Japan ebenso an die Nase fassen) den Nährboden bereitet hat, auf denen die Anhänger eines Bin Laden wachsen.

 

Trotzdem warne ich vor Vereinfachungen: Diejenigen, die offensichtlich hinter den Anschlägen stehen, sind alles andere als verzweifelte Menschen ohne Perspektive. Das sind eiskalte Machtmenschen, die auf der Not verzweifelter Menschen ihre eigene politische Suppe kochen und diese Menschen in zynischer Weise mißbrauchen.

 

Deshalb kann das Austrocknen dieses Nährbodens zwar helfen, daß diese Kameraden es schwerer haben. Die Herstellung einer gerechteren Wirtschaftordnung ist aber keine Alternative dazu, den Verbrechern im Hintergrund und ihren Helfern gezielt das Handwerk zu legen. Denn wenn der eine Nährboden beseitigt wäre, würden die sich einen anderen suchen - die Welt ist groß und es gibt viele Ideologien, derer man sich bedienen kann.

 

Liebe Grüße

 

Thomas

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Zitat von ThomasBloemer am 15:07 - 28.September.2001

Trotzdem warne ich vor Vereinfachungen: Diejenigen, die offensichtlich hinter den Anschlägen stehen, sind alles andere als verzweifelte Menschen ohne Perspektive. Das sind eiskalte Machtmenschen, die auf der Not verzweifelter Menschen ihre eigene politische Suppe kochen und diese Menschen in zynischer Weise mißbrauchen.

 

Deshalb kann das Austrocknen dieses Nährbodens zwar helfen, daß diese Kameraden es schwerer haben. Die Herstellung einer gerechteren Wirtschaftordnung ist aber keine Alternative dazu, den Verbrechern im Hintergrund und ihren Helfern gezielt das Handwerk zu legen. Denn wenn der eine Nährboden beseitigt wäre, würden die sich einen anderen suchen - die Welt ist groß und es gibt viele Ideologien, derer man sich bedienen kann.

 

Erfreulich, auch einmal eine realistische Einschätzung des internationalen Terrorismus zu lesen.

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