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Theodizee jenseits aller Weltanschauung?


michl

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Doch zuvor noch eine theologiestrategische Überlegung. Ich sehe - in meiner völlig offensichtlichen Ahnungslosigkeit - zwei prinzipielle Lösungswege für das Theodizee-Problem:

 

(a) Wir definieren die Attribute allmächtig, allwissend, gütig, (alle Menschen) liebend so, dass sich kein Widerspruch ergibt.

 

(B) Wir wechseln die Logik aus und nehmen eine, die mit Paradoxien produktiv umgehen kann, statt sie einfach zu verwerfen.

 

Knauer scheint sich für (a) entschieden zu haben. An Dich als Kenner der Szene die Frage: Hat jemand schon (B) versucht?

Die meisten Lösungen beruhen darauf, Zusatzannahmen einzuführen, denn ganz offensichtlich ist nicht alles Leid ungerechtfertigt. So z. B. die Idee, dass mit dem hohen Gut des freien Willens auch das Leid gerechtfertigt ist, bei dem das nicht offensichtlich ist. In diesem Zusammenhang auch der Versuch, die natürlichen Übel auf die moralischen Übel zurückzuführen (was nicht besonders gut klappt - was hat der Ausbruch eines Vulkans mit dem freien Willen der Menschen zu tun?).

 

Sven hat dies einmal sehr eloquent angefangen. So ist es besser, zu existieren, als nicht zu existieren. Aber die Welt kann nicht nach einer beliebigen Logik funktionieren, sie muss bestimmten Regeln gehorchen. Aber diese Regeln (z. B. die Naturgesetze) haben bestimmte Nebeneffekte, wie die Hervorbringung von Leid. Darin ist aber der Widerspruch zum Paradies nicht ausreichend berücksichtigt.

 

Nun zu Deinen zwei Wegen:

 

(a) Dieser Weg wird relativ selten begangen - Knauer und Vorgrimler sind da durchaus Ausnahmen. Die meisten Theologen halten an der Definition von Allmacht fest: Allmacht bedeutet, alles tun zu können, was nicht logisch widersprüchlich ist. Weitere Einschränkungen finden wir aber auch im Ansatz von Sven: Sein im weltlichen Sinne unterliegt bestimmten Einschränkungen. So kann man keine Welt ohne Naturgesetze schaffen, nur diese garantierene eine gewisse Konstanz, die zum Leben (zu unserer Existenz) notwendig ist. Diese Naturgesetze haben eben bestimmte, zum Teil auch unangenehme Konsequenzen, die Leid verursachen können.

 

(B) Mir ist kein Versuch bekannt, durch eine andere Logik das Theodizeeproblem zu lösen. Alle greifen letztlich doch wieder auf die aristotelische Logik zurück, hinter der immerhin auch Namen wie Thomas von Aquin stehen. Es ist ja auch genau die Logik, die mit unserer weltlichen Erfahrung am besten korreliert. Und es sind die weltlichen Probleme, die uns leiden lassen.

 

Hinter der Ansicht, dass man nur die Logik wechseln muss, um ein Problem verschwinden zu lassen, steckt ein gewisses magisches Denken. Man muss nur die Sicht der Realität ändern, und schon ändert sich damit die Realität selbst. Außerdem müsste man große Teile der Theologie ändern, wenn man die Logik wechselt. ob das zu erwünschten Konsequenzen führt, ist fraglich. Faktische Widersprüche verschwinden nicht, wenn ich eine andere Logik benutze, ein quadratischer Kreis bleibt unmöglich, gleichgültig, wie ich das logische Bezugssystem ändere.

 

Und beim Theodizeeproblem handelt es sich um einen faktischen Widerspruch, den man mit Aussagenlogik nur klar erfasst bzw. zum Ausdruck bringt. Ferner, wenn man eine andere Logik benutzt, grenzt man sich aus dem philosophischen und theologischen Diskurs aus, d. h. man bricht mit der (auch christlichen) Tradition und verwirft die Denkweise der Menschen, die man nicht unberücksichtigt lassen kann.

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Hi Dr.Esperanto, nette Geste, daß du meine Gedanken aufgreifts.

Im Folgenden habe ich deine und meine Gedanken gegenübergestellt.

 

Dr.E:Liebe MissyEve,

ich glaube auch, dass Gott die Welt ständig neu erschafft, er ist überall, in jeder Pflanze und dort die treibende Kraft, er erhält die Welt im Sein, und doch steht er außerhalb (über) der Welt, er transzendiert sie.

 

MissyEve: ich nehme auch an, dass XXXX diese Welt ständig im "Sein" hält, XXXX ist für uns überall und nirgens zugleich, weil XXXX eben nicht Teil dieser Welt ist.

Möglicherweise ist XXXX auch die treibende Kraft, ich halte es für wahrscheinlicher, dass die Grundbedingungen die Entwicklung von Bewusstsein quasi "bedingen"

 

Dr.E:

Und er ist allmächtig.

 

M.E: Und er ist. (Dr.E. bitte erklär noch mal dein "Allmächtig" genauer.)

 

Dr.E: Du möchtest Gott entschuldigen (für das Leid, das er zulässt), indem du ihm das Bewusstsein absprichst.

 

M.E.: Sag bitte nicht, was ich möchte, denn nur ich weiß dies. Lies den entsprechenden Punkt ruhig noch mal: Da XXXX in der "Nichtexistenz" ist, gibt es dort kein Bewusstsein seiner Selbst. XXXX ist zwar existent, aber sich dieses "Seins" nicht bewußt.

In diesen Beiden Aussagen geht es um die "Selbstwahrnehmung".

Denn: Ich glaube, dass sich XXXX nur über die "Welt" wahrnehmen kann.

 

Ein angenommener Zustand Null:

Nichts ist, nur XXXX ist.

Kein Gedanke ist in XXXX, denn es gibt keine Gedanken, die sich an Etwas heften würden.

Das Sein ist, kann aber über den "Ist-Zustand" keine Selbstwahrnehmung erlangen, da es nichts gibt, was sich wahrnehmen lässt.

Dies war der Zustand vor dieser Welt.

 

Dr.E: Das ist nicht unser christlicher Glaube. Wir kommen eben nicht darum herum: Gott lässt das Leiden zu, man muss sich nur einmal vergegenwärtigen, wie grausam Gott die Tierwelt eingerichtet hat: Da geht es nur um Fressen und Gefressenwerden. Rechtfertigen kann man das höchstens, wenn man sagt, dass so ein Kreislauf gewährleistet wird und das durch den Tod im Falle des Menschen auch ein Übergang ins Paradies erst möglich wird. CORINNA verdanke ich die Erkenntnis, dass in der Genesis steht: "Und Gott sah, dass die Welt GUT war": es steht also nichts davon dar, dass die Welt PERFEKT wäre, denn das ist sie wahrlich nicht!

Wenn Gott möchte, dass wir leiden, muss dass ja nicht heißen, dass Gott uns nicht liebt; ganz im Gegenteil: GERADE DURCH LEIDEN KANN MAN SEINE LIEBE AM BESTEN BEWEISEN. Das wäre meiner Meinung nach der Ausweg: Wir haben hier genügend Gelegenheit, unsere Liebe zu beweisen, Liebe zeigt sich im Leiden FÜR etwas.

 

M.E.: Leiden gehört zur Welt. Ohne Leid keine Entwicklung. Ohne Entwicklung kein Bewusstsein. Ohne Bewusstsein kein Erkennen dass: Nichts ist ausser Gott.

Somit ist Leiden der Weg vom Stein zum Sein.

Leider ist es wohl so.

 

Denk dir bei allem ein meines Erachtens nach dazu. Ich sage hier nicht wie etwas ist, sondern nur, wie ich annehme das etwas ist.

 

MissyEve

Hallo Eve,

warum glaubst du, dass Gott sich nur über die Welt wahrnehmen kann?

*erstaunt guck*

(Unserem Glauben nach ist Gott allmächtig, und das nicht nur potentiell-deistisch, wie ich gerade von CARLOS gelernt habe)

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Hi Esperanto,

warum glaubst du, dass Gott sich nur über die Welt wahrnehmen kann?
Im Eins-sein gibt es nichts als dieses.

Keinen Betrachter, der etwas betrachtet.

Da es auch keine Objekte gibt - wie soll sich ein solches "Etwas" wahrnehmen?

Meine Annahme: Indem dieses "Wesen" eine Welt schafft.

 

XXXX ist bei mir nicht von der Welt getrennt - gar nicht - auch das Bewußtsein nicht, daß heißt, das mein Bewußtsein ein Teil von XXXX ist.

 

Sozusagen ich bin = XS und Gott ist =XXXXL

 

Also, ich glaube einfach nicht an so einen Typen, der da draußen irgendwo abhängt, und sich diesen ganzen Kram hier seit 15 Mrd. Jahren wie einen Film ansieht. Ab und an mal seinen Lautsprecher einschaltet und ein paar Wichtigkeiten durchgibt. Hier und da mal die Physik außer Kraft setzt und dann irgendwann hier selber erscheint. Ich glaube, dies sind Vorstellungen, die dem Ganzen nicht im entferntesten gerecht werden.

 

Also möchte ich dem ganzen "Gerede" über XXXX eine geheimnisvolle, unverstehbahre Dimension hinzufügen. Hier im Forum wird "Gott" als Begriff so benutzt, als wird gerade ein neue Folge von GZSZ abgedreht. Banal bis zum Brechreiz. (Für mich)

 

In meinem Modell ist XXXX liebend, mitleidend auf gewisse Art allmächtig, allwissend - aber andererseits gleichzeitig auch wieder nicht. So wie J.CH. am Kreuz.

 

"Mein Gott, warum hast du mich verlassen"

 

Gruß M.E.

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Mir ist kein Versuch bekannt, durch eine andere Logik das Theodizeeproblem zu lösen. Alle greifen letztlich doch wieder auf die aristotelische Logik zurück, hinter der immerhin auch Namen wie Thomas von Aquin stehen. Es ist ja auch genau die Logik, die mit unserer weltlichen Erfahrung am besten korreliert. Und es sind die weltlichen Probleme, die uns leiden lassen.

 

Hinter der Ansicht, dass man nur die Logik wechseln muss, um ein Problem verschwinden zu lassen, steckt ein gewisses magisches Denken. Man muss nur die Sicht der Realität ändern, und schon ändert sich damit die Realität selbst. Außerdem müsste man große Teile der Theologie ändern, wenn man die Logik wechselt. ob das zu erwünschten Konsequenzen führt, ist fraglich. Faktische Widersprüche verschwinden nicht, wenn ich eine andere Logik benutze, ein quadratischer Kreis bleibt unmöglich, gleichgültig, wie ich das logische Bezugssystem ändere.

 

Und beim Theodizeeproblem handelt es sich um einen faktischen Widerspruch, den man mit Aussagenlogik nur klar erfasst bzw. zum Ausdruck bringt.  Ferner, wenn man eine andere Logik benutzt, grenzt man sich aus dem philosophischen und theologischen Diskurs aus, d. h. man bricht mit der (auch christlichen) Tradition und verwirft die Denkweise der Menschen, die man nicht unberücksichtigt lassen kann.

Nicht so eilig. Die Konsequenzen interessieren mich erstmal nicht die Bohne. Haben Dich schon mal Konsequenzen vom Denken abgehalten?

 

Gotthard Günther hält die klassische Logik strukturell betrachtet für ein Fragment. In Cybernetic Ontology and Transjunctional Operations (kenne ich leider noch nicht) meint er nachgewiesen zu haben, dass die zweiwertige Logik morphogrammatisch (was immer das sein mag) unvollständig ist. (Quelle)

 

Nehmen wir mal an, ohne jetzt Günther en detail zu betrachten, dem wäre so: Könnte nicht gerade das Theodizee-Problem eines sein, bei dem uns die Unvollständigkeit der klassischen Logik auf die Füße fällt? Für Günther ist es gar keine Frage, dass bei der radikalen Projektion aller Strukturen auf logische Zweiwertigkeit bestimmte Erfahrungsdaten und -möglichkeiten verlorengehen. (Er begründet das mit einer Analyse der Informationstheorie von Shannon.) Jetzt habe ich natürlich ein Riesenproblem, nämlich Zeit für die Rezeption von Günther zu finden...

 

Beim Theodizee-Problem handelt es sich um einen faktischen Widerspruch? Da staune ich. Nenne doch mal eben die Fakten, bitte.

bearbeitet von mr94
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Nicht so eilig. Die Konsequenzen interessieren mich erstmal nicht die Bohne. Haben Dich schon mal Konsequenzen vom Denken abgehalten?

 

Nein - aber ich bin Atheist. Ich wurde dazu, weil ich ohne an die Konsequenzen zu denken nachgedacht habe.

 

Gotthard Günther hält die klassische Logik strukturell betrachtet für ein Fragment. In Cybernetic Ontology and Transjunctional Operations (kenne ich leider noch nicht) meint er nachgewiesen zu haben, dass die zweiwertige Logik morphogrammatisch (was immer das sein mag) unvollständig ist. (Quelle)

 

Also, ich benutze teilweise eine dreiwertige Logik bei einfachen Problemen (wahr, unwahr, sinnfrei), aber ich benutze auch ab und zu eine Kontinuumslogik (bei der es gleitende Übergänge gibt zwischen wahr und unwahr, bezeichnet man auch als Fuzzy Logik oder unscharfe Logik), wenn es dem Problem angemessen erscheint. Mein Argument gegen die Lösung des Theodizeeproblems durch den freien Willen basiert auf einer Kontinuumslogik (das habe ich hier noch nicht vorgestellt). Das ist deswegen angemessen, weil Entscheidungen auf Bewertungen basieren, die sich nicht im Bereich "wahr" und "falsch" bewegen.

 

Wenn man eine andere Logik benutzt, braucht man Argumente, die zeigen, warum für dieses Problem diese Logik angemessen ist. Meist hapert es daran - und das "Argument" dass die Logik angemessen ist, weil man zu den gewünschten Ergebnissen kommt, kann ich nicht akzeptieren.

 

Es wird hier auf mykath häufig behauptet, dass man einfach nur eine andere Logik benutzen muss, damit dieses oder jenes Problem (meist Widerspruch) aufgelöst werden kann (z. B. Erich - Alter Sünder - hat dies sehr häufig getan). Aber es wird nur behauptet, dass dies der Fall ist, es wird kein Versuch unternommen, zu demonstrieren, dass dies der Fall ist.

 

Aber solange man nicht eine andere Logik erstens darlegen kann und zweitens zeigen kann, dass diese dem Problem angemessen ist und drittens demonstrieren kann, dass das Problem auch tatsächlich damit gelöst wird, ist so eine Behauptung ohne jeden Wert. Ich kann ja auch behaupten, dass man nur die Logik wechseln muss, um zu beweisen, dass Gott unmöglich existieren kann. Würdest Du mir dies auf der Basis der Behauptung alleine glauben? Wohl kaum, und dies aus gutem Grund. Du würdest von mir die drei oben erwähnten Schritte verlangen - und zwar alle Schritte, nicht nur einen davon.

 

Ich kann natürlich nicht a priori behaupten, dass eine neue Logik nicht ein bestimmtes Problem löst, aber ich kann auch nicht behaupten, dass sie das tut. Zwischen diesen beiden Positionen gibt es allenfalls ein Patt, aber selbst das ist schon zuviel behauptet: Wann immer wir von etwas hören, was nicht mit unserer Erfahrung und unserem Wissen und unseren Grundannahmen übereinstimmt, erwarten wir, dass derjenige, der die Behauptung aufstellt, dafür auch Argumente und Evidenzen liefert, sonst bleiben wir unverändert bei unseren Grundannahmen.

 

Stell' Dir vor, ich behaupte, dass Jesus nie auferstanden ist. Das widerspricht dem, was Du glaubst. Warum solltest Du mir dies glauben - nur weil ich es behaupte? Das wirst Du mit Fug und Recht ablehnen. Wenn ich nun sage, dass ich das eben glaube, und dass Du erst einsehen wirst, dass ich Recht habe, wenn Du Dich auf diesen Glauben "einlässt", dann wird Dich das kaum überzeugen - Du wirst einwenden, dass dies kein Argument ist, auch wenn ich darauf insistiere, dass dies eben meiner tief persönlichen Erfahrung entspricht, dass ich mein Leben danach ausgerichtet habe, und dass ich damit sehr positive Erfahrungen in meinem Leben gemacht habe. Und es wird Dich nicht überzeugen, dass ich behaupte, eine Logik zu haben, die dies strikt beweist, die ich aber aus irgendwelchen Gründen (z. B. weil ich mich damit noch nicht ausreichend beschäftigt habe) nicht genau darlegen kann, obwohl Du die Möglichkeit einräumen musst, dass ich Recht haben könnte! Aber das reicht eben nicht.

 

Man muss, um zu sehen, ob ein Argument gültig ist, sich auch stets davon überzeugen, dass dieses Argument nicht genausogut für das Gegenteil spricht. Tut es das, ist das Argument ungültig, so überzeugend es auch klingen mag.

 

Man kann also dem Argument, dass eine andere Logik ein Problem löst, ganz einfach mit der Gegenbehauptung, dass dem nicht so ist, den Boden entziehen, wenn nicht gute Gründe für die Richtigkeit der Behauptung von der einen oder anderen Seite vorgebracht werden können. Solange das nicht der Fall ist, darf man skeptisch bleiben, weil es keinen guten Grund dafür gibt, es nicht zu sein.

 

Nehmen wir mal an, ohne jetzt Günther en detail zu betrachten, dem wäre so: Könnte nicht gerade das Theodizee-Problem eines sein, bei dem uns die Unvollständigkeit der klassischen Logik auf die Füße fällt?

 

Könnte, ja. Aber es kann auch das Gegenteil der Fall sein: Mit der anderen Logik könnte man auch beweisen, dass das Theodizeeproblem völlig unlösbar ist und das Gott nicht existiert. Wie will man das eine oder das andere annehmen, wenn man es nicht genau evaluiert hat?

 

Für Günther ist es gar keine Frage, dass bei der radikalen Projektion aller Strukturen auf logische Zweiwertigkeit bestimmte Erfahrungsdaten und -möglichkeiten verlorengehen. (Er begründet das mit einer Analyse der Informationstheorie von Shannon.) Jetzt habe ich natürlich ein Riesenproblem, nämlich Zeit für die Rezeption von Günther zu finden...

 

Ja, es ist sehr schwer, eine andere Logik zu begründen. Wenn es einfach wäre, hätten Theologen dies schon längst gemacht und würden sich nicht mit der Aussagenlogik herumschlagen. Die Gefahr besteht, dass mit der neuen Logik auch das genaue Gegenteil von dem herauskommt, was beabsichtigt wurde.

 

Beim Theodizee-Problem handelt es sich um einen faktischen Widerspruch? Da staune ich. Nenne doch mal eben die Fakten, bitte.

 

Leid existiert - das ist ein Faktum. Leid existiert nicht im Paradies - das ist eine Annahme. Die Annahme, wenn wir mal voraussetzen, sie sei wahr, widersprechen der Behauptung, dass Gott das Leid nicht hätte abschaffen kann. Es bleibt nur übrig, dass er es nicht will. In diesem Fall muss man Zweifel daran haben, dass Gott gut ist, weil wir niemanden, der Leid beseitigen könnte, es aber nicht will, als gut bezeichnen würden.

 

Die einzige unbestrittene Tatsache ist die, dass Leid existiert. Von den restlichen Behauptungen (Gott existiert, Gott hat die Macht, das Leid abzuschaffen, Gott will das Leid abschaffen) kann eine nicht wahr sein, so wenig wie ein Kreis ein Quadrat sein kann. Ein Kreis wird nicht zum Quadrat, in dem man die Logik ändert. Leid hört nicht auf, zu verschwinden, wenn man die Logik ändert. Zahnschmerzen hören nicht auf, wenn man sich einredet, die Schmerzen seien eine Illusion oder in dem man sein logisches Bezugssystem oder sein Denken ändert - könnte jemand so eine Methode finden, er würde als der berühmteste Denker in die Geschichte der Menschheit eingehen. Leid ist ein brutales Faktum im doppelten Sinne des Wortes.

 

Eine Welt ohne Leid (= Paradies) widerspricht jeder bislang von Menschen gemachten Erfahrung, wenn man die Summe ihres Lebens nimmt (und sich nicht nur die Glücksmomente herausgreift). Wenn man annimt, dass das Paradies im Gegensatz zu unserer Erfahrung existiert (eine schöne Wunschvorstellung, nicht wahr?), dann muss man auch erklären, warum Gott nicht gleich das Paradies geschaffen hat. Wenn man, wiederum im Widerspruch zu unserer Erfahrung, behauptet, es habe das Paradies bereits gegeben, es sei aber durch den Sündenfall zu unserer Welt geworden, weil Menschen ihren freien Willen ausgeübt haben, dann gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass dies nicht auch im Paradies jederzeit wieder passieren kann - wenn wir dort einen freien Willen haben. Denn wir sind alle Sünder, jeder von uns hat schon einmal aus freiem Willen Leid verursacht. Warum sollte sich daran etwas ändern? Bei den ersten Menschen hat es offensichtlich schon nicht funktioniert, obwohl diese im Bewusstsein der Existenz Gottes gelebt haben sollen. Nein, hier widersprechen sich die Tatsachen.

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Nicht so eilig. Die Konsequenzen interessieren mich erstmal nicht die Bohne. Haben Dich schon mal Konsequenzen vom Denken abgehalten?

Nein - aber ich bin Atheist. Ich wurde dazu, weil ich ohne an die Konsequenzen zu denken nachgedacht habe.

Na und? Hast Du deshalb ein Monopol darauf?

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Gotthard Günther hält die klassische Logik strukturell betrachtet für ein Fragment. In Cybernetic Ontology and Transjunctional Operations (kenne ich leider noch nicht) meint er nachgewiesen zu haben, dass die zweiwertige Logik morphogrammatisch (was immer das sein mag) unvollständig ist. (Quelle)

Also, ich benutze teilweise eine dreiwertige Logik bei einfachen Problemen (wahr, unwahr, sinnfrei), aber ich benutze auch ab und zu eine Kontinuumslogik (bei der es gleitende Übergänge gibt zwischen wahr und unwahr, bezeichnet man auch als Fuzzy Logik oder unscharfe Logik), wenn es dem Problem angemessen erscheint. Mein Argument gegen die Lösung des Theodizeeproblems durch den freien Willen basiert auf einer Kontinuumslogik (das habe ich hier noch nicht vorgestellt). Das ist deswegen angemessen, weil Entscheidungen auf Bewertungen basieren, die sich nicht im Bereich "wahr" und "falsch" bewegen.

Ich fürchte, Deine dreiwertige Logik ist keine mehrstellige Logik im Sinne Gotthard Günthers. Der will, soviel meine ich verstanden zu haben, auch keinesfalls die klassische Logik abschaffen, sondern sie vielmehr aufheben (könnte man sagen - wer erinnert sich noch an diese Terminologie?). Nein, besser ist wahrscheinlich: vervollständigen.

 

Und eine Kontinuumslogik ist vermutlich das, was der Wahrscheinlichkeitsrechnung zugrunde liegt, oder? Ich bin sehr gespannt, Dein darauf basiertes Argument zu lesen.

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Für Günther ist es gar keine Frage, dass bei der radikalen Projektion aller Strukturen auf logische Zweiwertigkeit bestimmte Erfahrungsdaten und -möglichkeiten verlorengehen. (Er begründet das mit einer Analyse der Informationstheorie von Shannon.) Jetzt habe ich natürlich ein Riesenproblem, nämlich Zeit für die Rezeption von Günther zu finden...

Ja, es ist sehr schwer, eine andere Logik zu begründen. Wenn es einfach wäre, hätten Theologen dies schon längst gemacht und würden sich nicht mit der Aussagenlogik herumschlagen. Die Gefahr besteht, dass mit der neuen Logik auch das genaue Gegenteil von dem herauskommt, was beabsichtigt wurde.

Wie gesagt: Die Resultate sind mir egal. Deine Argumentation bzgl. Bedarfslogik ist mir bekannt. Ich hege aber den begründeten Verdacht, dass es Probleme gibt, die durch die Unvollständigkeit der klassischen Logik erst entstehen.

 

Für die klassische Logik ist Subjektivität etwas Jenseitiges. Das ist aber schlecht - für die logische Analyse des Theodizeeproblems. Ich fürchte, daran ändert auch die Anwendung einer Kontinuumslogik nichts Entscheidendes.

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Beim Theodizee-Problem handelt es sich um einen faktischen Widerspruch? Da staune ich. Nenne doch mal eben die Fakten, bitte.

Leid existiert - das ist ein Faktum. Leid existiert nicht im Paradies - das ist eine Annahme. Die Annahme, wenn wir mal voraussetzen, sie sei wahr, widersprechen der Behauptung, dass Gott das Leid nicht hätte abschaffen kann. Es bleibt nur übrig, dass er es nicht will. In diesem Fall muss man Zweifel daran haben, dass Gott gut ist, weil wir niemanden, der Leid beseitigen könnte, es aber nicht will, als gut bezeichnen würden.

 

Die einzige unbestrittene Tatsache ist die, dass Leid existiert. Von den restlichen Behauptungen (Gott existiert, Gott hat die Macht, das Leid abzuschaffen, Gott will das Leid abschaffen) kann eine nicht wahr sein, so wenig wie ein Kreis ein Quadrat sein kann. [...] Nein, hier widersprechen sich die Tatsachen.

Da es nur eine einzige unbestrittene Tatsache gibt, kann es sich nicht um einen faktischen Widerspruch handeln. Diese eine einzige Tatsache widerspricht sich ja nicht selbst, oder?

 

Der Fehler liegt also vermutlich bei den übrigen Annahmen. Hier widersprechen sich die Annahmen. Da die nur theoretisch sind, kann es sich auch nur um einen theoretischen Widerspruch handeln.

 

Insoweit lehne ich mich beruhigt zurück. (Kleiner Scherz.)

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Nicht so eilig. Die Konsequenzen interessieren mich erstmal nicht die Bohne. Haben Dich schon mal Konsequenzen vom Denken abgehalten?

Nein - aber ich bin Atheist. Ich wurde dazu, weil ich ohne an die Konsequenzen zu denken nachgedacht habe.

Na und? Hast Du deshalb ein Monopol darauf?

Selbstverständlich nicht! Wie kommst Du darauf, ich wollte so ein Monopol reklamieren? :blink:

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Da es nur eine einzige unbestrittene Tatsache gibt, kann es sich nicht um einen faktischen Widerspruch handeln. Diese eine einzige Tatsache widerspricht sich ja nicht selbst, oder?

 

Der Fehler liegt also vermutlich bei den übrigen Annahmen. Hier widersprechen sich die Annahmen. Da die nur theoretisch sind, kann es sich auch nur um einen theoretischen Widerspruch handeln.

Völlig richtig, den die Annahmen kann man verwerfen - bei Tatsachen ist das nicht ganz so leicht. :blink:

 

Wenn man aber von der Faktizität der Annahmen ausgeht (und tut dies ein Gläubiger nicht?), so hat man sich widersprechende Tatsachen - und diese werden durch einen Wechsel der Logik nicht behoben, so wie der Wechsel der Logik aus einem Kreis kein Quadrat macht.

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Ich fürchte, Deine dreiwertige Logik ist keine mehrstellige Logik im Sinne Gotthard Günthers.

 

Das nehme ich auch an.

 

Der will, soviel meine ich verstanden zu haben, auch keinesfalls die klassische Logik abschaffen, sondern sie vielmehr aufheben (könnte man sagen - wer erinnert sich noch an diese Terminologie?). Nein, besser ist wahrscheinlich: vervollständigen.

 

Ja.

 

Und eine Kontinuumslogik ist vermutlich das, was der Wahrscheinlichkeitsrechnung zugrunde liegt, oder? Ich bin sehr gespannt, Dein darauf basiertes Argument zu lesen.

 

Nein, es handelt sich um eine Logik, wo wahr und falsch nur die beiden extremen Pole markieren, es aber dazwischen jede nur denkbare Zwischenposition gibt, also auch ein "mehr oder weniger wahr" oder "ein bischen wahr" oder "ein bischen unwahr" oder "neutral".

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Da es nur eine einzige unbestrittene Tatsache gibt, kann es sich nicht um einen faktischen Widerspruch handeln. Diese eine einzige Tatsache widerspricht sich ja nicht selbst, oder? Der Fehler liegt also vermutlich bei den übrigen Annahmen. Hier widersprechen sich die Annahmen. Da die nur theoretisch sind, kann es sich auch nur um einen theoretischen Widerspruch handeln.

Völlig richtig, den die Annahmen kann man verwerfen - bei Tatsachen ist das nicht ganz so leicht. :blink: Wenn man aber von der Faktizität der Annahmen ausgeht (und tut dies ein Gläubiger nicht?), so hat man sich widersprechende Tatsachen - und diese werden durch einen Wechsel der Logik nicht behoben, so wie der Wechsel der Logik aus einem Kreis kein Quadrat macht.

Oh, ich schrieb gerade von zwei Axiomen:

 

1. Gott existiert.

2. Gott offenbart sich.

 

Nehmen wir für das hier verhandelte Problem noch hinzu:

 

3. Leid existiert.

 

Im Symbolum finde ich nur:

 

4. Gott ist allmächtig.

 

Du hattest dann noch anzubieten:

 

5. Gott ist allwissend.

6. Gott ist gütig und liebt alle Menschen.

 

Die Frage ist: Ergeben sich (5) und (6) aus irgendwelchen Aussagen des Symbolum? Oder sind sie verhandelbar? Sind sie Axiome oder Thesen? Faktizität steht wohl leider nicht zur Verfügung.

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Da es nur eine einzige unbestrittene Tatsache gibt, kann es sich nicht um einen faktischen Widerspruch handeln. Diese eine einzige Tatsache widerspricht sich ja nicht selbst, oder? Der Fehler liegt also vermutlich bei den übrigen Annahmen. Hier widersprechen sich die Annahmen. Da die nur theoretisch sind, kann es sich auch nur um einen theoretischen Widerspruch handeln.

Völlig richtig, den die Annahmen kann man verwerfen - bei Tatsachen ist das nicht ganz so leicht. :blink: Wenn man aber von der Faktizität der Annahmen ausgeht (und tut dies ein Gläubiger nicht?), so hat man sich widersprechende Tatsachen - und diese werden durch einen Wechsel der Logik nicht behoben, so wie der Wechsel der Logik aus einem Kreis kein Quadrat macht.

Oh, ich schrieb gerade von zwei Axiomen:

 

1. Gott existiert.

2. Gott offenbart sich.

 

Nehmen wir für das hier verhandelte Problem noch hinzu:

 

3. Leid existiert.

 

Im Symbolum finde ich nur:

 

4. Gott ist allmächtig.

 

Du hattest dann noch anzubieten:

 

5. Gott ist allwissend.

6. Gott ist gütig und liebt alle Menschen.

 

Die Frage ist: Ergeben sich (5) und (6) aus irgendwelchen Aussagen des Symbolum? Oder sind sie verhandelbar? Sind sie Axiome oder Thesen? Faktizität steht wohl leider nicht zur Verfügung.

(5) ergibt sich aus (4) - Allmacht impliziert Allwissen ("Wissen ist Macht", wie der Volksmund berechtigt sagt). (6) ist auch eine theistische Behauptung, von der wir nicht wissen, ob sie stimmt. "Opfert" man (6), so ist das Theodizeeproblem gelöst, aber der Preis ist hoch ...

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Hallo!

 

Mit der "Theodizee"-Frage haben ja nicht wenige Menschen Probleme - die Glaubenden und die Nichtglaubenden, auf je eigene Weise.

Gäbe es einen dritten Weg einer Antwort, welcher sich von theologischen und atheistischen Denkansätzen gleichermaßem distanzieren könnte?

Wenn ja - was wäre das für ein Weg?

 

Mit freundlichen Grüßen

 

michl

"Der höchste WEG ist gar nicht schwierig, nur duldet er kein Wählen." (Xingxingming / Shin-jinmei)

 

()

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Hallo!

 

Mit der "Theodizee"-Frage haben ja nicht wenige Menschen Probleme - die Glaubenden und die Nichtglaubenden, auf je eigene Weise.

Gäbe es einen dritten Weg einer Antwort, welcher sich von theologischen und atheistischen Denkansätzen gleichermaßem distanzieren könnte?

Wenn ja - was wäre das für ein Weg?

 

Mit freundlichen Grüßen

 

michl

"Der höchste WEG ist gar nicht schwierig, nur duldet er kein Wählen." (Xingxingming / Shin-jinmei)

 

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Hallo, Tso Wang -

 

Danke für Deinen Beitrag und für die Hinweise (auf die links) in Deinem anderen Posting!

 

Bei der Gelegenheit möchte ich mich nochmals auch bei den anderen TeilnehmerInnen bedanken.

Wenn ich in diesem Thread ansonsten nahezu schweige, dann liegt das nur in meiner subjektiven Situation begründet (meine zu starke emotionale Verstrickung).

 

Mit freundlichen Grüßen

 

michl

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Ich habe ein paar Gedanke niedergeschrieben, die mir schon sehr lange durch den Kopf geistern; vielleicht ist es für den Einen oder Anderen eine Anregung.

Die Theodizee-Frage. Es hat mich als Christ schon immer geärgert, darauf keine befriedigende Antwort zu haben. Ich glaube, dass ein wesentlicher Fehler bei der Beurteilung und Analyse des Theodizee-Problems derjenige ist, dass Böses und Gutes einer Handlung gemeinhin isoliert und ohne kausalen Bezug zum „Vorher“ und „Nachher“ einer Handlung oder eines Ereignisses gesehen werden. Das Vorher und Nachher einer Handlung oder eines Ereignisses macht diese selbst nicht besser oder schlechter, doch ist es notwendig, sich bei dem Ruf nach einem allmächtigen und barmherzigen Gott, der scheinbar „davor“ seine Augen verschließt oder vielleicht doch nicht so allmächtig zu sein scheint, die Handlung /das Ereignis und deren Folgen (gut wie böse) als Ganzes anzusehen.

Ein Argument (dieses Argument wird häufig genannt im Zusammenhang mit der Theodizee-Frage) , warum ein allmächtiger und liebender Gott Leid, Folter Mord etc. zulässt, ist Freiheit in aller Konsequenz. Wir sollen uns in jeder Handlung und Äußerung frei für das Gute oder das Böse entscheiden. Dies gerade dann schwer zu verstehen, wenn diese Freiheitsäußerung auf kosten anderer geht.

Ein Beispiel: Zwei Männer werden aus irgendeinem Grund (Hautfarbe, Religion etc.) von einer wütenden Meute durch die Strassen gejagt und beschimpft. Die verfolgten Männer durchleben Todesängste und rennen so schnell sie könne um ihr Leben. Einer der Beiden stürzt, so dass seine Peiniger ihn fassen und brutal niederschlagen. Der andere rennt weiter; voller Angst, ihm könne das gleiche passieren. Eine Frau, die dieses furchtbare Schauspiel von ihrer Haustür beobachten konnte, entschließt sich, dem zweiten Mann zu helfen und winkt ihn in einem günstigen Moment zu sich in die sichere Wohnung.

Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass gute wie bösen Handlungen oder Ereignisse nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Die mir bekannten Theodizee-Ansätze würden sofort danach Fragen, wie ein liebender Gott eine solche Verfolgung zulassen kann.

Sinnvoll ist es aber zu fragen, was selbst aus einer bösen Handlung erwächst.

 

(bevor gleich ein Aufschrei losbricht, die beiden folgenden Ereignisse waren furchtbar – ich will sie nicht „runterspielen“ –sie sind wie sie sind, grausam - ich will auch nicht Gutes gegen Böses aufwiegen, so, als wolle man am Ende auf die „göttliche Waage“ sehen, was überwiegt…)

Ereignisse aber wie der 11. September oder der Holocaust haben auch Gutes hervorgebracht, nämlich, dass Menschen sich anderen Menschen angenommen haben, ihnen Trost und Zuflucht gespendet haben. All die guten Taten wären ohne diese furchtbaren und schrecklichen Ereignisse nie eingetreten. Das heißt nicht, es muss Böses geben, damit es Gutes geben kann. Es meint nur, dass Böses und Gutes nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Gutes kann auch als Folge einer moralisch verwerflichen Handlung eintreten. Wir Menschen und unsere Handlungen sind miteinander verwoben. Wir sind für den „Anderen“ verantwortlich und er für uns! Tun wir einem anderen Menschen etwas böses an, so tun wir auch uns etwas böses an.

 

Diese Gedanken haben nicht den Anspruch, absolut wahr zu sein, es ist lediglich der Ausdruck meiner Suche nach dem Richtigen…

 

Gruss Benedykt

 

:blink:

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Ereignisse aber wie der 11. September oder der Holocaust haben auch Gutes hervorgebracht, nämlich, dass Menschen sich anderen Menschen angenommen haben, ihnen Trost und Zuflucht gespendet haben. All die guten Taten wären ohne diese furchtbaren und schrecklichen Ereignisse nie eingetreten. Das heißt nicht, es muss Böses geben, damit es Gutes geben kann. Es meint nur, dass Böses und Gutes nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Gutes kann auch als Folge einer moralisch verwerflichen Handlung eintreten. Wir Menschen und unsere Handlungen sind miteinander verwoben. Wir sind für den „Anderen“ verantwortlich und er für uns! Tun wir einem anderen Menschen etwas böses an, so tun wir auch uns etwas böses an.

Einer der Gründe, warum selbst einige Theologen vorhandene Lösungen des Theodizeeproblems ablehnen, besteht darin, dass mit vielen Lösungen Leid "gerechtfertigt" wird, wo es eigentlich nichts zu rechtfertigen gibt.

 

Es ist unbestreitbar, dass aus vielen furchtbaren Handlungen auch Gutes hervorgeht (wie in dem Beispiel geschildert). Ja, man muss sich sagen, dass einerseits aus bösen Handlungen Gutes hervorgehen kann wie eben auch umgekehrt.

 

Ein Beispiel für Übel, die aus guten Taten hervorgehen:

 

Angenommen, in irgendeinem Land in Afrika bricht in Folge schlechter Ernten eine Hungerepedemie aus. Eine große Hilfsorganisation reagiert darauf und schickt Flugzeuge mit Nahrungsmitteln. Wer von uns würde das nicht für eine gute Tat halten? Wenn sich jemand hinstellt und das kritisiert (wie ich das gleich machen werde), dann sieht das aus, als ob man sich davor drücken wollte, anderen Menschen zu helfen, was moralisch verwerflich ist.

 

Aber das Problem der Nahrungslieferungen ist dieses: Die gelieferten Nahrungsmittel werden verschenkt. In Folge dessen können die einheimischen Bauern ihre eigenen Nahrungsmittel nicht mehr oder kaum noch verkaufen, der Preis verfällt, die Bauern können ihre Höfe nicht mehr bewirtschaften (denn das kostet Geld, beispielsweise zum Kauf von Saatgut) und müssen die Höfe aufgeben. Und nun bricht ein unheilvoller Teufelskreislauf los: Es werden weniger Nahrungsmittel produziert, was die nächste Hungersnot "vorprogrammiert", woraufhin dann durch die Hilfe wiederum die übrigen Bauern in Not gebracht werden usw. usf.

 

Das ließe sich lösen, wenn man gleichzeitig mit den Nahrungsmittellieferungen wiederum den einheimischen Bauern finanziell unter die Arme greift - aber das setzt eine Verteilstruktur voraus, die man meist in armen Ländern nicht findet, so dass das Geld in den falschen Taschen verschwindet und beim Bauern kaum noch etwas ankommt. Von dem Geld wiederum werden Waffen gekauft, die die Probleme im Land wiederum verschärfen ...

 

Was will ich damit sagen? Aus Bösen Taten folgt oft Böses, manchmal folgt aus bösen Taten aber auch etwas Gutes. Aber das wird wiederum ausgeglichen dadurch, dass manchmal auch aus guten Taten etwas Böses folgt. Vieles von dem, was wir tun, hat nämlich Nebenwirkungen und unbeabsichtigte Konsequenzen, weil wir in den Ursache-Wirkungs-Kreisläufen oft nicht weit genug sehen können. Die Komplexität gerade sozialer System überfordert uns meistens, und aus der Überforderung folgen nur selten positive Dinge, meist geht etwas an unerwarteter Stelle schief.

 

Wenn unser Gehirn nur dafür konstruiert wäre, mit Komplexität, negativen Rückkoppelungen, unbeabsichtigten Fernwirkungen, chaotischen Systemen und Wahrscheinlichkeiten umgehen zu können - aber da hapert es an allen Ecken und Enden.

 

Und daher birgt gerade die Verschränkung von Gut und Böse mehr negative Folgen - und verschärft daher eher das Theodizeeproblem.

 

Eine böse Tat, die etwas Gutes nach sich zieht, bleibt trotzdem verwerflich, weil es ja keine gute Intention gab. Eine gute Tat, die böse Konsequenzen hat, bleibt aber dadurch nicht unbedingt gut, sondern wird selbst negativ.

 

Ich will das mal anhand zweier Fässer als Analogie verdeutlichen: Nehmen wir ein Fass mit Wein und ein Fass mit Jauche. Wir kippen ein Glas von dem Wein in die Jauche, und was erhalten wir? Ein Fass mit Jauche, wie zuvor.

 

Nun kippen wir ein Glas mit Jauche in das Fass Wein, und was erhalten wir? Ein zweites Fass mit Jauche!

 

Wenn wir in der Analogie den Wein mit dem Guten und die Jauche mit dem Bösen assoziieren, dann wird deutlich, was ich damit meine ...

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Hi Volker

Das war eben nicht was ich mit meinen Überlegungen wollte, Leid rechtfertigen. Leid bleibt was es ist, Leid; Dennoch meine ich, dass man eine Handlung oder ein Ereignis nicht isoliert betrachten darf. Wie Du richtig hingewiesen hast, ist dieser Voraussicht eine Grenze gesetzt. Wir können nun mal nicht alle Faktoren und Folgen unserer Handlung berücksichtigen. Wir haben aber die Erkenntnis über Gut und Böse und so weit es unser Verstand und unsere Auffassungsgabe zulassen, können wir nach bestem Wissen und Gewissen Gutes verfolgen und Böses meiden. Deine Analogie mit der Jauche könnte den Schluss zulassen, das es sich gar nicht lohnt Gutes zu tun und wenn sich nur ein einziges Glas Jauche mit einem Fass mit Wein vermischte, dann wäre es ein Fass mit Jauche, das eben glaube ich nicht. Ich glaube, um bei dem Bild zu bleiben, dass wenn auch nur ein Tropfen des Weines in das Fass mit Jauche fällt, dann ist es nicht mehr die Jauche, die sie vorher war. Ich glaube aber auch, dass dies Ansichtsache ist und ich werde Dich kaum vom Gegenteil überzeugen können. Das Bild der beiden Fässer passt insofern nicht ganz zu meinen Gedanken, als dass ich meine, dass Gutes auch aus Schlechtem hervorgehen kann. In Deinem Bild wird Gutes von außen dem Schlechten zugeführt.

 

Noch ein Satz zu Deinem Beispiel: Eines zeigt Dein Beispiel sehr gut (das ist es wohl auch, was Du damit sagen wolltest), dass Entscheidungen, Handlungen und ihre Folgen mehrdimensional, komplex und gelegentlich sogar chaotisch sein können und wir deren Folgen nur schwer, manchmal gar nicht vorhersagen können.) Dennoch würde ich bei einer mögliche Hilfslieferung immer nach der größtmöglichen Notwendigkeit entscheiden. Es macht großen ein Unterschied, ob Menschen nach 3-4 Tagen Sterben, weil sie nicht zu Essen haben, oder ob der Preis für Saatgut 1-2 Monate später in die Höhe schnellt. Ich würde im übrigen diese Kausalkette anzweifeln, ich glaube nicht, dass eine Hilfslieferung die Hungernden in Saatgut schwimmen lässt, so dass sie ihren eigenen Erzeugnisse nicht mehr kaufen; ich wüsste auch nicht, woher sie das Geld dafür nehmen sollten.

 

Gruss Benedykt

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Ich habe gerade die Standpunktsendung von RADIO HOREB mit GRAF VON BRANDENSTEIN-ZEPPELIN gehört, wo auch die Theodizeefrage angerissen wurde. Der Graf erklärte das Leid der Tiere und überhaupt das gesamte natürliche Leid, das es in der Schöpfung gibt, damit, dass die gesamte Schöpfung (also auch die Tiere) wegen der Sünde Adams gefallen sei; im Garten Eden hätten sich die Tiere nicht gegenseitig gefressen (erinnert mich an das "Goldene Zeitalter" der Antike)!

Jetzt meine Frage: Wo soll dieses Eden gelegen haben, etwa im Jenseits?

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1. Gott existiert.

2. Gott offenbart sich.

 

Nehmen wir für das hier verhandelte Problem noch hinzu:

 

3. Leid existiert.

 

Im Symbolum finde ich nur:

 

4. Gott ist allmächtig.

 

Du hattest dann noch anzubieten:

 

5. Gott ist allwissend.

6. Gott ist gütig und liebt alle Menschen.

 

Die Frage ist: Ergeben sich (5) und (6) aus irgendwelchen Aussagen des Symbolum? Oder sind sie verhandelbar? Sind sie Axiome oder Thesen? Faktizität steht wohl leider nicht zur Verfügung.

(5) ergibt sich aus (4) - Allmacht impliziert Allwissen ("Wissen ist Macht", wie der Volksmund berechtigt sagt). (6) ist auch eine theistische Behauptung, von der wir nicht wissen, ob sie stimmt. "Opfert" man (6), so ist das Theodizeeproblem gelöst, aber der Preis ist hoch ...

Ich denke, auch ausgehend von der Debatte nebenan, wir sollten uns mal über die Zeitachse Gedanken machen. Ein Gott, der sich offenbart (und ein anderer braucht uns nicht zu kümmern), ist wahrscheinlich an seine Offenbarung gebunden. Alles andere wäre wohl Willkür. Wer also so leichtfertig ist und einen Bund mit seinem Volk Israel schließt, der bindet sich selbst.

 

Ich füge hinzu:

2a. Gott bindet sich an seine Offenbarung.

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Ich füge hinzu:

2a. Gott bindet sich an seine Offenbarung.

Für diese Behauptung gibt es keine logischen Gründe. Denn kaum schreibst Du Gott Allmacht zu, entziehst Du sie ihm auch gleich wieder - jetzt soll Gott auf einmal nicht in der Lage sein, seine ganze Macht zu benutzen. Wer sollte ihn denn daran hindern?

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"...Jetzt meine Frage: Wo soll dieses Eden gelegen haben, etwa im Jenseits?"

 

Hi dr-esperanto,

ich glaube, dass es nicht ganz hilfreich ist, so danach zu fragen. Die Schöpfungsgeschichte ist wie andere Kosmogonien der Versuch unserer Vorfahren, das Rätsel, woher wir kommen und wie alles anfing, zu lösen. In ähnlicher Weise, was den Antrieb angeht, jedoch unter anderen Voraussetzungen (weil es ein naturwissenschaftlicher Ansatz ist) stellen wir auch heute die Frage nach dem Anfang und erhalten in diversen Theorien (Urknalltheorie etc.) eine mögliche Antwort. Daher würde ich die Schöpfungsgeschichte eher als Bild, besser noch als Modell verstehen und nicht als Tatsachenbericht. Obgleich in diesem Modell das ein oder andere enthalten ist, dass uns Hinweise liefern kann, was es mit den ersten Dingen auf sich hat. Um aber auf Deine Frage zu kommen. Ich glaube, dass der Garten Eden, mehr als ein Zustand und viel weniger als ein Ort zu begreifen ist. Es ist ein sehr „sorgenloser“, unbekümmerter vielleicht sehr „kindlicher Ort“ (im besten Sinne kindlich – vielleicht in Richtung behütet ohne Großes Wissen über die „großen Dinge“ aber im Vertrauen, dass man im Schutz Gottes aufgehoben ist.) Erstaunlich ist, dass es in vielen „Schöpfungsmythen“ ähnliche Bilder und Verläufe gibt. Ein Bild, das häufig auftaucht, ist das Bild eines paradiesischen Zustandes, der aber irgendwann gestört wurde (meist ist es ein Emanzipationsprozess des Menschen gegenüber dem Gott), wodurch es zum Bruch zwischen den Menschen und dem Gott oder den Götter kam. (Bsp. Der olympische Schöpfungsmythos – goldenes Zeitalter und silbernes Zeitalter; oder auch Der orphische Schöpfungsmythos - Metamorphosen von Ovid)

Gruß Benedykt

bearbeitet von Benedykt
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Wenn unser Gehirn nur dafür konstruiert wäre, mit Komplexität, negativen Rückkoppelungen, unbeabsichtigten Fernwirkungen, chaotischen Systemen und Wahrscheinlichkeiten umgehen zu können - aber da hapert es an allen Ecken und Enden......................

 

 

 

Hallo Volker!

 

Ich weiß um die Problematik solcher Einsätze. Aber wenn man das, was du schreibst, weiterdenkt, bliebe einem einfach nur noch die Resignation. Oder nicht?

Ich spür jedenfalls immer eine große innere Lähmung, wenn ich mich darauf einlasse und die Versuchung, zu sagen, ok; lassen wir es, hilft eh nichts.

 

Für mich setzt genau an diesem Punkt der „Glaube“ an: darauf zu vertrauen, dass es trotzdem Sinn macht, etwas zu tun.

Allen Versuchungen zur Resignation zu widerstehen und mich für die Hoffnung und das Vertrauen, dass Veränderung zum Guten möglich ist, einzusetzen.

 

Ich habe für mich eine „Lösung“ gefunden. Es ist mir klar, dass es eine Lösung aus dem „Glauben“ ist (Glauben nicht im Sinn von „Fürwahrhalten von Sätzen“, sondern als Haltung, als aktiv geschenktes Vertrauen in die Sinnhaftigkeit der Welt): Ich vertraue darauf, dass meine Motivation entscheidend ist für das Ergebnis, das bei meinen Aktivitäten herauskommt.

 

Das ist sehr kurz und keine Lösung des Theodizeeproblems (an dessen Lösung ich sowieso nicht glaube; für mich stellt siich diese Frage aber in Wirklichkeit so überhaupt nicht mehr).

(Ich bin vor der Abfahrt in den Urlaub…..)

 

Lieben Gruß

 

Susanne

bearbeitet von Ennasus
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