soames Geschrieben 28. August 2004 Melden Share Geschrieben 28. August 2004 (bearbeitet) Ich kann diese Diskussionen um Pius XII. nicht fassen. In Deutschland populaer wurde sie durch Rolf Hochhuth. Hat von Euch einmal jemand diesen Menschen z. B. bei einer Fernsehdiskussion gesehen? Ein von Hass auf die Kirche zerfressener Mensch, unglaublich hochmuetig und auffahrend, und leider ohne allzugrosse Sachkenntnis. Immer wieder wird auf die angebliche Unfehlbarkeit der Kirche hingewiesen. Nur wenige bedenken, dass diese in erster Linie fuer Glaubensaussagen, Dogmen, gilt. Nicht fuer das gesamte Tun der Kirche. Aber jede ihrer Handlungen wird an einer allumfassenden Unfehlbarkeit gemessen. Das diesen Vergleich nichts, was aus Menschen besteht, bestehen kann, ist wohl klar. Das macht aber das Triumphieren der Kirchenfeinde und -veraechter nur um so wilder. Zur Sache. Sicher, die Kirche war kein aufrecht kaempfender Held. Aber man sollte immer eines bedenken: Die Kirche, deren menschliches Oberhaupt der Papst ist, ist eine Weltkirche. Als solche ist sie nicht nur fuer Deutschland zustaendig. Sie hatte Probleme in ganz Europa. Der vordringende Bolschewismus, der Religion zum Opium erklaerte, war fuer lange Zeit (aus seiner eigenen Perspektive, wie die Kirchenverfolgung in Russland zur Genuege zeigt) ihr Todfeind. Der Nationalsozialismus war strukturell aehnlich. Und so finden wir seit den zwanziger Jahren viele Erklaerungen, in denen die Hirten der Kirche sowohl in Rom als auch in Deutschland rassistische und klassenkaempferische Denksysteme als mit der Lehre der Kirche unvereinbar oeffentlich bezeichnen. Da hat die Kirche nicht geschwiegen. Dass es Aufgabe der Kirche in Deutschland ist, fuer ihr Ueberleben zu sorgen, kann wohl keiner bestreiten. Und da die Kirche in der Welt agiert, noch nicht in der ewigen Herrlichkeit, kann das auch niemand veruebeln. Somit waren Sicherungsmassnahmen fuer das religioese Leben in Deutschland unabdingbar. Wer will ihr das ehrlichen Herzens vorwerfen? Und natuerlich ist es richtig, dass einzelne Bischoefe (z. B. der Freiburger) dabei in der Kooperation zu weit gingen. Kein Ruhmesblatt, aber auch menschlich. Was schliesslich den Papst betrifft: Auch er hatte den deutschen Katholiken das religioese Leben zu erhalten. Er hat den Juden auch tatkraeftig geholfen, durch Worte nur allgemein. Jeder, der eine Diktatur erlebt hat, weiss, dass geistig ansprechbare Menschen unter solchen Umstaenden sehr wohl in allen Aeusserungen zwischen den Zeilen lesen koennen. Fuer sie duerfte es nicht schwer gewesen sein, in den "ob ihrer Rasse (bzw. ihrer Abstammung) willen Verfolgten", die in einigen paepstlichen und sonstigen kirchlichen Verlautbarungen und oeffentlichen Fuerbittgebeten auftauchten, ihre juedischen Mitmenschen zu erkennen. Es zeugt von wissens- und gnadenloser nachgeborener Ignoranz und Hochmuethigkeit, der Kirche vorzuwerfen, sie haben nicht woertlich fuer die Juden Partei genommen. Wer damals die Lehre der Kirche ernstnahm, dem war klar, was erlaubt war und was eine schwere Suende. Wer sich dann noch trotz eigener Gefaehrdung an die Verwirklichung der erkannten Wahrheit gemacht hat, ist zweifellos ein Held. Aber waere Heldenmut alltaeglich, so waere Heldenhaftigkeit nichts Aussergewoehnliches mehr. Wer will im heutigen sicheren Deutschland das Urteil ueber die persoenliche Schuld der damaligen Glaeubigen sprechen? Wer macht sich bei seiner Verurteilung des "Schweigens des Papstes" klar, dass Deutschland zu 2/3 protestantisch war? Dass diese Christen den roemischen Papst fast traditionsgemaess aus der "Freiheit des Christenmenschen" heraus verachteten und sich aus ebendieser Freiheit den "Deutschen Christen" anschlossen? Was haette also wohl ein Wort des Papstes bei 2/3 der Deutschen bewirkt? Aber gerade mit dieser vermuteten Wirkung argumentiert Hochhuth immer wieder. Und die 1/3 deutschen Katholiken: Wie weit hatte die Irrlehre, die auch heute wieder ihre Blueten treibt, wonach es zuerst um das eigene Empfinden und nicht um die apostolische Lehre der Kirche gehe, dort schon Wurzeln geschlagen? Wie gross waere die (sicher vorhandene) Mehrheit der der Kirche Glaubenden gewesen? Kein Wort dazu. Zudem: damals war es auch noch selbstverstaendlich, dass die Menschen zu ihrem Vaterland standen. Wer als ueberzeugter Katholik auch Patriot war (wie hoffentlich auch die Mehrheit), der hatte ein Problem, das auch der Papst sehen musste. Als die Judenvernichtung (nicht ihre Verfolgung) einsetzte und ihren Hoehepunkt erreichte, stand Deutschland nicht mehr im Angriffs-, sondern im Abwehrkampf gegen Russland. Wer die Schuld am Kriege hatte, wissen wir. Aber wer gibt trotz dieser Schuld freiwillig die Heimat auf? Sollte der Papst diese Leute einer Zerreissprobe und grossen Gefahr aussetzen, indem er zum offenen Widerstand aufrief? Und wieder: In der heutigen sicheren, behaglichen BRD laecheln unsere aufgeklaerten Zeitgeistvertreter nur ueber dieses Problem der damaligen Handelnden. Wer aber weiss, wie der Einmarsch der angegriffenen Russen in Deutschland aussah, wird die Befuerchtungen der damaligen aufrechten Katholiken und Patrioten nicht mehr einfach vom Tisch wischen koennen. Denn zuerst stand nicht Befreiung, sondern Rache auf der Liste der Invasoren. Und dann die Gefahren fuer die Kirche in den besetzten Laendern, und trotzdem die mutige Hilfe fuer die Juden in Ungarn. Ich glaube, dass in dem damaligen Chaos, das - anders als wir - noch nicht ueber den Blick zurueck auf sich selbst verfuegte, die Kirche das Menschenmoeglich getan hat. Die Bemuehungen vieler Ordensleute, Priester und Laien um die ihnen anvertrauten oder einfach nur die Naechsten zeigt dabei das glaeubige Vertrauen auf den Herrn und persoenlichen Mut; genauso wie das vielfaeltige Versagen der gleichen Kreise die menschliche Hinfaelligkeit zeigt. Ich moechte aus dieser Perspektive - anders als Hochhuth und die heutigen Besserwisser - meinen Stab nicht ueber den damaligen Hirten der Kirche brechen, sondern habe grosse Achtung vor dem Mann, der diesem Chaos und dieser bestialischen Zeit an so aussergewoehnlicher Stelle ausgesetzt war. Und erkenne gleichzeitig an, dass er versucht hat, zu helfen, wo es ging. Ich erkenne gleichzeitig, dass das glaeubige christliche Deutschland (katholisch und evangelisch) zum besser handelnden Teil meiner Nation gehoerte. Aus dem Wort gegen den Zeitgeist, das die damalige Kirche gesprochen hat, ziehe ich zugleich das Vertrauen, dass auch die heutigen Worte gegen die zeitgeistige Ueberzeugung, alles und jedes sei machbar und der Mensch das Absolute, zumeist richtig sind. Zum Abschluss eine andere Geschichte von jemandem, der als Befreier gesehen wird und der all diesen Sachzwaengen nicht ausgesetzt war: Als juedische Ueberlebende den zustaendigen amerikanischen Befehlshaber baten, die Bahnstrecke nach Auschwitz zu bombardieren, um den Nazis ihr Vernichtungswerk zu erschweren, schrieb er als Randnotiz an die Akte: "Kill this!". Die Bahnstrecke wurde bekanntlich nie bombardiert. Und er hatte von berufswegen auf keine Deutschen und keine Kirche Ruecksicht zu nehmen. Das liest man selten. Aber ob er schuld war? Und wenn man diese Dinge alles weiss, wo ist dann noch Kollaboration oder gar (einfach laecherlich) Verantwortung und "Schuld" des Papstes an der versuchten Vernichtung des juedischen Volkes? bearbeitet 28. August 2004 von soames Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Martin Geschrieben 29. August 2004 Melden Share Geschrieben 29. August 2004 ...dass Pius XII. mit dem III. Reich - übrigens sehr zähneknirschend - kollaboriert hat,... An diesem Punkt wird manchmal eingeworfen, Papst Pius XII. -1939-1958- hätte kokettiert mit des Faschisten. Das Gegenteil ist der Fall: Erstmals in der Geschichte des Christentums sprach ein Papst einen „feierlichen Fluch" aus, als Papst Pius XII. im Sept. 1944 die verfluchte, die den Krieg begonnen hatten. Als päpstlicher Nuntius hatte er vor dem Krieg in Deutschland vergeblich versucht, Schlimmes zu verhindern. Noch im August '39 versuchte er in verzweifelten Anstrengungen einen Krieg abzuwenden. Die Konkordate - einzeln mit deutschen Ländern abgeschlossen, verhinderten die völlige Zerschlagung christlichen Lebens in Deutschland unter der nationalsozialistischen Diktatur, nicht aber die Hinrichtung unzähliger Priester und Mönche. Sommer Ade BMS Nun ja, Pius XII. lavierte. Er war grundsätzlich den Deutschen wohlgesonnen und versuchte tatsächlich durch das Konkordat, den Status der katholischen Kirche zu schützen. Dass er dabei in Kauf nahm, die Nazis letztlich anzuerkennen, und dabei jene in Konflikte stürzte, die katholisch waren aber gegen das Regime ist nur ein Punkt der Geschichte. Aehnlich sieht es mit seinem Schweigen zum Mord an den Juden. Man kann auch hier sagen, dass der Papst im besetzten Rom als unmittelbar selbst bedrohter gute Gründe hatte. Beide Aspekte zeigen etwas ganz deutlich: Die Kirche als Institution mit einem bestimmten Status und Besitz hat sich letztlich denselben Zwängen unterworfen wie jede andere Großinstitution auch. Dies ist zwar einerseits nachvollziehbar, andererseits widerspricht es aber der Doktrin, Vertreterin der Wahrheit, sei sie gelegen oder ungelegen, zu sein. Ich bin weit davon entfernt Pius XII. anuklagen. Vielleicht hätteich sogar nicht anders gehandelt. Eine flammende Verteidigng ist aber m.E. auch nicht am Platz. Die Kirche hat diese Zeit mit sagen wir mal einem blauen Auge überstanden, nicht als glorreiche Überwinderin des Boesen. Zumal die "Sachzwänge" erdrückend waren. Ich kann mich daran erinnern, dass die münsteraner Juden Kardinal von Galen darum gebeten haben, NICHT so kompromisslos zu spechen, um ihre Lage nicht noch zu verschlimmern. Was den Bischof von Münster betraf, wird auch beim Papst nicht anders gewesen sein. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
dr-esperanto Geschrieben 29. August 2004 Melden Share Geschrieben 29. August 2004 Ich kann diese Diskussionen um Pius XII. nicht fassen. In Deutschland populaer wurde sie durch Rolf Hochhuth. Hat von Euch einmal jemand diesen Menschen z. B. bei einer Fernsehdiskussion gesehen? Ein von Hass auf die Kirche zerfressener Mensch, unglaublich hochmuetig und auffahrend, und leider ohne allzugrosse Sachkenntnis. Immer wieder wird auf die angebliche Unfehlbarkeit der Kirche hingewiesen. Nur wenige bedenken, dass diese in erster Linie fuer Glaubensaussagen, Dogmen, gilt. Nicht fuer das gesamte Tun der Kirche. Aber jede ihrer Handlungen wird an einer allumfassenden Unfehlbarkeit gemessen. Das diesen Vergleich nichts, was aus Menschen besteht, bestehen kann, ist wohl klar. Das macht aber das Triumphieren der Kirchenfeinde und -veraechter nur um so wilder. Zur Sache. Sicher, die Kirche war kein aufrecht kaempfender Held. Aber man sollte immer eines bedenken: Die Kirche, deren menschliches Oberhaupt der Papst ist, ist eine Weltkirche. Als solche ist sie nicht nur fuer Deutschland zustaendig. Sie hatte Probleme in ganz Europa. Der vordringende Bolschewismus, der Religion zum Opium erklaerte, war fuer lange Zeit (aus seiner eigenen Perspektive, wie die Kirchenverfolgung in Russland zur Genuege zeigt) ihr Todfeind. Der Nationalsozialismus war strukturell aehnlich. Und so finden wir seit den zwanziger Jahren viele Erklaerungen, in denen die Hirten der Kirche sowohl in Rom als auch in Deutschland rassistische und klassenkaempferische Denksysteme als mit der Lehre der Kirche unvereinbar oeffentlich bezeichnen. Da hat die Kirche nicht geschwiegen. Dass es Aufgabe der Kirche in Deutschland ist, fuer ihr Ueberleben zu sorgen, kann wohl keiner bestreiten. Und da die Kirche in der Welt agiert, noch nicht in der ewigen Herrlichkeit, kann das auch niemand veruebeln. Somit waren Sicherungsmassnahmen fuer das religioese Leben in Deutschland unabdingbar. Wer will ihr das ehrlichen Herzens vorwerfen? Und natuerlich ist es richtig, dass einzelne Bischoefe (z. B. der Freiburger) dabei in der Kooperation zu weit gingen. Kein Ruhmesblatt, aber auch menschlich. Was schliesslich den Papst betrifft: Auch er hatte den deutschen Katholiken das religioese Leben zu erhalten. Er hat den Juden auch tatkraeftig geholfen, durch Worte nur allgemein. Jeder, der eine Diktatur erlebt hat, weiss, dass geistig ansprechbare Menschen unter solchen Umstaenden sehr wohl in allen Aeusserungen zwischen den Zeilen lesen koennen. Fuer sie duerfte es nicht schwer gewesen sein, in den "ob ihrer Rasse (bzw. ihrer Abstammung) willen Verfolgten", die in einigen paepstlichen und sonstigen kirchlichen Verlautbarungen und oeffentlichen Fuerbittgebeten auftauchten, ihre juedischen Mitmenschen zu erkennen. Es zeugt von wissens- und gnadenloser nachgeborener Ignoranz und Hochmuethigkeit, der Kirche vorzuwerfen, sie haben nicht woertlich fuer die Juden Partei genommen. Wer damals die Lehre der Kirche ernstnahm, dem war klar, was erlaubt war und was eine schwere Suende. Wer sich dann noch trotz eigener Gefaehrdung an die Verwirklichung der erkannten Wahrheit gemacht hat, ist zweifellos ein Held. Aber waere Heldenmut alltaeglich, so waere Heldenhaftigkeit nichts Aussergewoehnliches mehr. Wer will im heutigen sicheren Deutschland das Urteil ueber die persoenliche Schuld der damaligen Glaeubigen sprechen? Wer macht sich bei seiner Verurteilung des "Schweigens des Papstes" klar, dass Deutschland zu 2/3 protestantisch war? Dass diese Christen den roemischen Papst fast traditionsgemaess aus der "Freiheit des Christenmenschen" heraus verachteten und sich aus ebendieser Freiheit den "Deutschen Christen" anschlossen? Was haette also wohl ein Wort des Papstes bei 2/3 der Deutschen bewirkt? Aber gerade mit dieser vermuteten Wirkung argumentiert Hochhuth immer wieder. Und die 1/3 deutschen Katholiken: Wie weit hatte die Irrlehre, die auch heute wieder ihre Blueten treibt, wonach es zuerst um das eigene Empfinden und nicht um die apostolische Lehre der Kirche gehe, dort schon Wurzeln geschlagen? Wie gross waere die (sicher vorhandene) Mehrheit der der Kirche Glaubenden gewesen? Kein Wort dazu. Zudem: damals war es auch noch selbstverstaendlich, dass die Menschen zu ihrem Vaterland standen. Wer als ueberzeugter Katholik auch Patriot war (wie hoffentlich auch die Mehrheit), der hatte ein Problem, das auch der Papst sehen musste. Als die Judenvernichtung (nicht ihre Verfolgung) einsetzte und ihren Hoehepunkt erreichte, stand Deutschland nicht mehr im Angriffs-, sondern im Abwehrkampf gegen Russland. Wer die Schuld am Kriege hatte, wissen wir. Aber wer gibt trotz dieser Schuld freiwillig die Heimat auf? Sollte der Papst diese Leute einer Zerreissprobe und grossen Gefahr aussetzen, indem er zum offenen Widerstand aufrief? Und wieder: In der heutigen sicheren, behaglichen BRD laecheln unsere aufgeklaerten Zeitgeistvertreter nur ueber dieses Problem der damaligen Handelnden. Wer aber weiss, wie der Einmarsch der angegriffenen Russen in Deutschland aussah, wird die Befuerchtungen der damaligen aufrechten Katholiken und Patrioten nicht mehr einfach vom Tisch wischen koennen. Denn zuerst stand nicht Befreiung, sondern Rache auf der Liste der Invasoren. Und dann die Gefahren fuer die Kirche in den besetzten Laendern, und trotzdem die mutige Hilfe fuer die Juden in Ungarn. Ich glaube, dass in dem damaligen Chaos, das - anders als wir - noch nicht ueber den Blick zurueck auf sich selbst verfuegte, die Kirche das Menschenmoeglich getan hat. Die Bemuehungen vieler Ordensleute, Priester und Laien um die ihnen anvertrauten oder einfach nur die Naechsten zeigt dabei das glaeubige Vertrauen auf den Herrn und persoenlichen Mut; genauso wie das vielfaeltige Versagen der gleichen Kreise die menschliche Hinfaelligkeit zeigt. Ich moechte aus dieser Perspektive - anders als Hochhuth und die heutigen Besserwisser - meinen Stab nicht ueber den damaligen Hirten der Kirche brechen, sondern habe grosse Achtung vor dem Mann, der diesem Chaos und dieser bestialischen Zeit an so aussergewoehnlicher Stelle ausgesetzt war. Und erkenne gleichzeitig an, dass er versucht hat, zu helfen, wo es ging. Ich erkenne gleichzeitig, dass das glaeubige christliche Deutschland (katholisch und evangelisch) zum besser handelnden Teil meiner Nation gehoerte. Aus dem Wort gegen den Zeitgeist, das die damalige Kirche gesprochen hat, ziehe ich zugleich das Vertrauen, dass auch die heutigen Worte gegen die zeitgeistige Ueberzeugung, alles und jedes sei machbar und der Mensch das Absolute, zumeist richtig sind. Zum Abschluss eine andere Geschichte von jemandem, der als Befreier gesehen wird und der all diesen Sachzwaengen nicht ausgesetzt war: Als juedische Ueberlebende den zustaendigen amerikanischen Befehlshaber baten, die Bahnstrecke nach Auschwitz zu bombardieren, um den Nazis ihr Vernichtungswerk zu erschweren, schrieb er als Randnotiz an die Akte: "Kill this!". Die Bahnstrecke wurde bekanntlich nie bombardiert. Und er hatte von berufswegen auf keine Deutschen und keine Kirche Ruecksicht zu nehmen. Das liest man selten. Aber ob er schuld war? Und wenn man diese Dinge alles weiss, wo ist dann noch Kollaboration oder gar (einfach laecherlich) Verantwortung und "Schuld" des Papstes an der versuchten Vernichtung des juedischen Volkes? Ja, ich habe in der TAGESPOST einen Leserbrief gelesen, wo behauptet wurde, dass der Protestant ROLF HOCHHUTH den Stellvertreter nur deshalb geschrieben habe, weil die kath.Kirche seiner Meinung nach "viel besser weggekommen sei" in der öffentlichen Meinung, was die Beziehung Nazis-Kirche betrifft; er soll dies in den 60-ern in einer Fernsehsendung selbst eingestanden haben! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
soames Geschrieben 31. August 2004 Melden Share Geschrieben 31. August 2004 Mal zurueck zum urspruenglichen Thema. Ich glaube, die "Fronten" verlaufen verzerrt. Wenn einige Leute (allen voran immer Ellen) ihre Sicht auf den KKK verkuenden, dann schwingt da immer sehr deutlich mit: Gebt doch nichts auf die bloede Kirche, ich suche mir den Glaubenssinn selbst. Dieser Gedanke, der auch im Titel des Threads zum Ausdruck kommt ("kann ignoriert werden") ist nach meiner Ueberzeugung fuer jemanden, der an das authentische Lehramt der apostolischen Kirche glaubt (regelmaessig, aber nicht nur "die Konservativen") das eigentliche Locken gegen den Stachel, der dann ja meist prompt ausgefahren wird. Man findet offenbar seinen "Lieblingsfeind" doch immer. Jemand, der sich den Glauben erschliessen will, kann natuerlich den KKK nicht einfach ignorieren. Das wuerde naemlich bedeuten, dass auch all die unzweifelhaften Dinge (die ja auch von Flo angesprochen wurden) ignoriert werden muessten. Man kann sich natuerlich ueber Einzelheiten streiten (siehe die vorangegangene Kreationismusdiskussion) und bei solchen Einzelfragen auch zu anderen Ergebnissen kommen. Dies aber waere kein Ignorieren des Katechismus. Wenn man zu anderen Ergebnissen kommt, sollte man auch folgendes bedenken: Der Katechismus ist nicht automatisch komplett und vollkommen einzig verbindlich, nur weil Berufstheologen (und wohl auch meist Bischoefe) ihn geschrieben haben. Das hat noch nie jemand behauptet, der sich auch nur ein bisschen mit "Lehramtsfragen" auskennt. Aber: Es steckt hinter den Inhalten des KKK in jedem Falle sehr viel Ueberlegung. Mit deren Ergebnissen muss man sich natuerlich auch auseinandersetzen. Und davon ist bei den KKK-Veraechtern oft wenig zu spueren, man belaesst es einfach dabei, dass er ja aus Rom kommt und deshalb nur mit allergroesster Vorsicht und Skepsis betrachtet werden kann. Umgedreht laesst natuerlich auch so mancher "Konservative" ab und zu mal das Denken sein. Jedoch: wenn ich einer Position auch in ihrer Herleitung zustimmen kann, ohne das innere Bestreben zu fuehlen, sie nur ob ihres Absenders willen mindestens zur Haelfte umschreiben zu muessen, so macht mich das noch nicht zum Nachwuchsdenker. Kurz gesagt: Ich vermisse oftmals bei Einwaenden (deren es ja so manchen berechtigten zu geben scheint) eine Auseinandersetzung mit der Argumentation des KKK. Und die Abwertung von Leuten, die dem Ganzen Sinn abgewinnen koennen als gedankenlose Sklavenseelen kommt mir als Kroenung der ganzen Sache auch nicht besonders geistvoll vor. Und so warte ich immer noch darauf, dass mal Stellen genannt werden, die man einfach so ignorieren zu muessen meint. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
soames Geschrieben 31. August 2004 Melden Share Geschrieben 31. August 2004 Noch ein kleiner Nachtrag, Flo. Du schriebst, dass Du einen Katechismus von 30 bis 40 Seiten vorzoegest. Hier geht es aber um den Weltkatechismus. Wenn dieser aber eine Darlegung und Erlaeuterung sein soll, und zwar von 2000 Jahre alten Inhalten, so reicht eine einfache Quellensammlung nun mal nicht aus. Vieles erschliesst sich noch besser durch die Worte der Kirchenvaeter und -lehrer sowie sonstiger Menschen, die zur tieferen Durchdringung beigetragen haben. Und da auch dies 2000 Jahre umfasst, muss man es den Menschen unserer Zeit auch etwas erlaeutern. Ein Katechismus ist also ein Kommentar. Wenn Du mal z. B. Gesetzeskommentare gesehen haettest, in denen ganz aehnliches versucht wird, dann wuesstest Du, dass 30 Seiten illusorisch sind (selbst bei nur 4 bis 5 Seiten Quellenmaterial und ohne "Rezeptionsgeschichte"). Natuerlich koennte man auf so viel Seiten eine Einleitung oder Hinfuehrung produzieren (so wie der von Dir gepostete Link zu Knauer es macht), aber das bleibt eine Hinfuehrung. Sobald ich etwas mehr oder irgendetwas genauer wissen will, brauche ich wesentlich mehr Seiten. Oder es braeuchte fuer jede Spezialfrage ein eigenes Buch, was aber noch unpraktikabler waere. Als Kurzfassung eignen sich doch aber sicher die grau unterlegten Kurztexte am jeweiligen Kapitelende des KKK, oder? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 31. August 2004 Autor Melden Share Geschrieben 31. August 2004 Hi soames, ich habe hier im Forum z.b. mal einen Thread eröffnet, in dem es um eines der Kritikthemen ging. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
soames Geschrieben 31. August 2004 Melden Share Geschrieben 31. August 2004 Hi Flo, sag mir doch einfach mal (ich fange gerade an, Deinem Link zu folgen), wie Du dieses Ignorieren meinst. Du selbst hast geschrieben, dass Du die meisten Inhalte des KKK als gueltige Aussagen des Lehramtes begreifst und nur mit einigen Schwierigkeiten hast, waehrend Dir andere Dinge einfach nicht hineinzugehoeren scheinen und in gesonderte Schreiben gehoerten. Davon hat ja nur weniges mit Ignoranz des KKK zu tun, vieles betrifft Missverstaendnisse (siehe die Diskussion von Mecky und altersuender, in der ich ganz auf Seiten von a.s. stehe), die mit etwas gutem Willen aufzuloesen sind. Wenn man natuerlich immer das Haar in der Suppe sucht und Rom a priori misstraut ... Dein dritter Einwand schliesslich hat eher etwas mit der Komposition des Gesamtwerkes zu tun. Dabei natuerlich kommt es wieder auf meine Frage an, auf die ich Antwort suche. Mir hat er bisher eben viel geholfen (wobei ich auch immer versucht habe, mitzudenken ). Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 31. August 2004 Autor Melden Share Geschrieben 31. August 2004 (bearbeitet) Schau bitte hier. Ich erwarte von unserem Lehramt eine lebbare "Handlungsrichtlinie", die aus den Grundlagen (eben Credo, Sakramente, Dekalog) die Kernaussagen herauskristallisiert - sprich die Glaubenskerne ins Leben übersetzt. Und zwar in das Leben 2004 und nicht 1975 oder 1870. Dafür und für nichts anderes sollte das Lehramt mMn da sein. Was aber der KKK liefert sind Vorstellungen, die teilweise gut in die Zeit des 2. Kaiserreichs passen - aber diese Verhältnisse haben wir nicht mehr und dem , finde ich, muss bei der Verkündigung Rechnung getragen werden und geprüft werden, wo ist Aktualisierungsbedarf wo benötigt das gläubige Volk neue Übersetzungen. bearbeitet 1. September 2004 von Flo77 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 24. September 2005 Autor Melden Share Geschrieben 24. September 2005 Mein ursprünglicher Vorwurf ist genau dieser: Hier wird implizit Theologie betrieben, die sich nicht als solche ausweist, sondern als Glaubenslehre tarnt. Noch einmal: Ich fände es völlig korrekt, ja, ich finde es für unumgänglich, dass bei Glaubensaussagen auch Theologie betrieben wird. Das geht gar nicht anders. Aber das muss eben auch kenntlich sein. Es gibt eine Differenz zwischen Lehraussage und Theologie, und die muss benannt werden, denn es ist die Aufgabe des Lehramtes, den Glauben zu umschreiben, und nicht Theologien festzulegen, die innerhalb dieses Glaubens Erklärungsmodelle anbieten. Ich behaupte nicht einmal, dass der Schreiber ein ausgemachter Kreationist war. Ich vermute eher eine Form von Bibelhistorizismus, der dann allerdings recht schnell auf einen Kreationismus hinauslaufen kann. Wie dem auch sei: Dies sind Theologien. Und diese hätten als solche kenntlich gemacht werden müssen. Und genaugenommen hätten sie neben Alternativen gestellt werden müssen: Andere Theologien, die sich auf die gleiche GS-Stelle beziehen. Ein paar Schmankerln aus dem Kompendium: Was lehrt die Schrift in Bezug auf die Erschaffung der sichtbaren Welt? Durch die Erzählung der >>sechs Tage<< [hier wird noch der Symbolcharakter anerkannt] der Schöpfung lässt uns die Heilige Schrift den Wert des Geschaffenen und seine Hinordnung auf das Lob Gottes und den Dienst am Menschen erkennen. Alle Dinge verdanken ihr Dasein Gott, von dem sie ihre eigene Güte und Vollkommenheit, ihre eigenen Gesetze und ihren Platz in der Welt empfangen. Worin besteht die erste Sünde der Menschen? Vom Teufel versucht, ließ der Mensch in seinem Herzen das Vertrauen zu seinem Schöpfer sterben. Im Ungehorsam gegen ihn wollte er >>wie Gott<< sein (Gen 3, 5), aber ohne Gott und nicht Gott gemäß. Damit verloren Adam und Eva [hier wird das historische Faktum zementiert] sogleich für sich und alle ihre Nachkommen die ursprüngliche Gnade der Heiligkeit und der Gerechtigkeit. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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