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Opfer


Ute

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AUSZüGE AUS DEN

            ERZäHLUNGEN DER

                    CHASSIDIM

 

                             Nähe

 

    Ein Schüler fragte den Baalschem:

    "Wie geht das zu, daß einer, der an Gott hangt und sich ihm nah weiß,

    zuweilen eine Unterbrechung und Entfernung erfährt?"

    Der Baalschem erklärte: "Wenn ein Vater seinen kleinen Sohn will gehen

    lernen, stellt er ihn erst vor sich hin und hält die eignen Hände zu beiden

    Seiten ihm nah, daß er nicht falle, und so geht der Knabe zwischen den

    Vaterhänden auf den Vater zu. Sowie er aber zum Vater herankommt, rückt

    der um ein weniges ab und hält die Hände weiter auseinander, und so fort,

    daß das Kind gehen lerne."

 

                          Wahrheit

 

    Was bedeutet das, was die Leute sagen: "Die Wahrheit geht über die ganze

    Welt"

    Es bedeutet, daß sie von Ort zu Ort verstoßen wird und weiterwandern muß.

    (Rabbi Baruch)

 

                     Leib und Seele

 

    Als Rabbi Schmelke von seiner ersten Reise zum Maggid heimkehrte und

    man ihn fragte, was er erfahren habe, antwortete er:

    "Bis nun hatte ich meinen Leib kasteit, daß er die Seele ertragen könne. Jetzt

    aber habe ich gesehen und gelernt, daß die Seele den Leib ertragen kann und

    sich von ihm nicht abzuscheiden braucht. Das ist es, was uns in der heiligen

    Thora zugesprochen ist: 'Ich will meine Wohnung in eurer Mitte geben, und

    meine Seele wird euch nicht verschmähen.' Denn nicht soll die Seele ihren

    Leib verschmähen."

 

                 Die Lehre der Seele

 

    Rabbi Pinchas führte oftmals das Wort an: "Die Seele des Menschen wird ihn

    belehren", und bekräftigte es: "Es gibt keinen Menschen, den die Seele nicht

    unablässig belehrte."

    Einst fragten die Schüler: "Wenn dem so ist, warum hört der Mensch nicht auf

    sie?"

    "Unablässig lehrt die Seele," beschied sie Rabbi Pinchas, aber sie wiederholt

    nicht."

 

                   Etwas Großes tun

 

    Wenn ein Mensch etwas Großes in Wahrheit zu tun beginnt, braucht er nicht

    zu fürchten, daß ein anderer es ihm nachtun könnte. Wenn er es aber nicht in

    Wahrheit tut, sondern darauf sinnt, es so zu tun, daß keiner es ihm nachtun

    könnte, dann bringt er das Große auf die niederste Stufe herab, und alle

    können dasselbe tun.

    (Rabbi Pinchas)

 

                         Der Eilige

 

    Der Berditschewer sah einen auf der Straße eilen, ohne rechts und links zu

    schauen. "Warum rennst du so?" fragte er ihn.

    "Ich gehe meinem Erwerb nach," antwortete der Mann.

    "Und woher weißt du," fuhr der Rabbi fort zu fragen, "dein Erwerb laufe vor

    dir her, daß du ihm nachjagen mußt? Vielleicht ist er dir im Rücken, und du

    brauchst nur innezuhalten, um ihm zu begegnen, du aber fliehst vor ihm."

 

                     Triebe brechen

 

    Ein junger Mann gab dem Riziner einen Bittzettel, darauf stand, Gott möge

    ihm beistehn, damit es ihm gelinge, die bösen Triebe zu brechen.

    Der Rabbi sah ihn lachend an: "Triebe willst du brechen? Rücken und Lenden

    wirst du brechen, und einen Trieb wirst du nicht brechen. Aber bete, lerne,

    arbeite im Ernst, dann wird das Böse an deinen Trieben von selber

    verschwinden."

 

                        In die Hölle

 

    Der Apter sprach zu Gott: "Herr der Welt, mir ist bewußt, daß ich keinerlei

    Tugend und Verdienst habe, um derentwillen du mich nach meinem Tode ins

    Paradies unter die Gerechten versetzen könntest. Aber willst du mich etwa in

    die Hölle in die Mitte der Bösewichter setzen, so weißt du doch, daß ich mich

    mit ihnen nicht vertragen kann. Darum bitte ich dich, führe alle Bösen aus der

    Hölle, dann kannst du mich hineinbringen."

 

                      Gib und nimm

 

    Die Losung des Lebens ist: "Gib und nimm."

    Jeder Mensch soll ein Spender und Empfänger sein.Wer nicht beides in einem

    ist, der ist ein unfruchtbarer Baum.

    (Rabbi Jizchak Eisik)

 

                       Götzenopfer

 

    Man fragte Rabbi Bunam: "Was ist mit Götzenopfer gemeint? Es ist doch

    ganz undenkbar, daß ein Mensch einem Götzen Opfer darbringt!"

    Er sagte: "So will ich euch ein Beispiel geben. Wenn ein frommer und

    gerechter Mann mit andern bei Tisch sitzt und würde gern noch etwas mehr

    essen, aber seines Ansehns bei den Leuten wegen verzichtet er darauf, das ist

    Götzenopfer."

 

                   Die große Schuld

 

    Die große Schuld des Menschen sind nicht die Sünden, die er begeht - die

    Versuchung ist mächtig und seine Kraft gering! Die große Schuld des

    Menschen ist, daß er in jedem Augenblick die Umkehr tun kann und nicht tut.

 

    (Rabbi Bunam)

 

                 Die kommende Welt

 

    Einmal war der Sinn des Baalschem so gesunken, daß ihm schien, er könne

    keinen Anteil an der kommenden Welt haben. Da sprach er zu sich: "Wenn

    ich Gott liebe, was brauche ich da eine kommende Welt?"

 

                    Wo wohnt Gott?

 

    "Wo wohnt Gott?"

    Mit dieser Frage überraschte der Kosker einige gelehrte Männer, die bei ihm

    zu Gast waren. Sie lachten über ihn: "Wie redet ihr! Ist doch die Welt seiner

    Herrlichkeit voll!"

    Er aber beantwortete die eigene Frage: "Gott wohnt, wo man ihn einläßt."

 

aus: Die Erzählungen der Chassidim, © Manesse Verlag, Zürich

 

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