Merkur Geschrieben 19. Dezember Melden Geschrieben 19. Dezember (bearbeitet) vor 2 Stunden schrieb rorro: Die Frage ist nicht, ob eine Gruppe hier gut wegkommt, sondern ob sie beim Herrn gut wegkommt. Da habe ich meine Zweifel bzgl. des Mittelmaßes (dem ich ja auch angehöre). Ich habe keine Bedenken, dass Liberale oder Konservative mir da etwas voraus hätten. Ein MIndestmaß an Gottvertrauen sollte man als Christ haben. bearbeitet 19. Dezember von Merkur Zitieren
Flo77 Geschrieben 19. Dezember Melden Geschrieben 19. Dezember vor 3 Minuten schrieb Studiosus: Diesen Einwand habe ich natürlich erwartet. Und ich sage gleich zu Beginn, dass er mich nicht überzeugt. Dann leide doch einfach weiter. Das ist genau diese Verweigerung "aufeinander zuzugehen", die @Aleachim an anderer Stelle als Problem notierte. vor 5 Minuten schrieb Studiosus: Diese Einwände a la "jeden Text für sich in seiner singulären, kontextsensiblen, von Autor zu Autor unterschiedlichen Bedeutung 'ernst nehmen'" kenne ich natürlich zur Genüge. Ich habe da mittlerweile meine eigene Theorie, warum dieser Einspruch (insbesondere aus der eher "liberalen" Ecke) kommt: Diese feingliedrigen Differenzierungen, gegen die ich per se nichts habe, sollen wohl vor allem dazu dienen, die Schlüsse, wie sie z. B. das kirchliche Lehramt zieht, in Frage zu stellen und abzuschwächen, weil es ja "immer noch eine andere Lesart gibt", die vielleicht sogar wissenschaftlich anerkannt ist. Im Grunde ist das ein großer Selbstbetrug. Mach doch was Du willst. (Mamchmal frage ich mich, warum ich überhaupt was schreibe.) Zitieren
Studiosus Geschrieben 19. Dezember Melden Geschrieben 19. Dezember (bearbeitet) vor 29 Minuten schrieb Flo77: Das ist genau diese Verweigerung "aufeinander zuzugehen", die @Aleachim an anderer Stelle als Problem notierte. Wenn aufeinander zugehen meint, die Meinung des anderen übernehmen zu müssen, dann kann ich damit tatsächlich nicht dienen. Ich kann deine Argumente zur Kenntnis nehmen, aber ob ich sie mir auch zu eigen machen kann, das muss ich natürlich mit selbst ausmachen. Das tust Du ja wahrscheinlich umgekehrt auch. Und leiden? Nein. Ich sehe das eher als "den Tatsachen ins Auge blicken" und nicht als leiden. Ich sehe für mich keinen Mehrwert darin, mir unter allerlei Verrenkungen selbst glaubhaft machen zu wollen, manche Dinge wären nicht so wie sie nun einmal sind. Mein Weltbild mag manchen naiv vorkommen, aber das ficht mich nicht an. Es gibt Gott, der sich den Menschen geoffenbart hat. Es gibt das Wort Gottes, das fest gegründet steht in Ewigkeit und die Kirche, die als einzige, von Gott selbst eingesetzte Instanz über die rechte Auslegung dieses Wortes wacht und auf dieser Grundlage die Völker lehrt und weidet an Christi statt bis er dereinst wiederkommen wird in Herrlichkeit. Alles andere ist nachrangig. Mit diesen, wie ich finde sehr basalen Grundwahrheiten im irdischen Pilgersackerl kann man in den Himmel kommen. Hingegen kann man sich eine exegetisch-theologische Handbibliothek auf den Rücken schnallen und dennoch verloren gehen (zumindest wenn man die endliche menschliche Wissenschaft über Gottes Wort und die Autorität seiner Kirche stellt). bearbeitet 19. Dezember von Studiosus Zitieren
Flo77 Geschrieben 19. Dezember Melden Geschrieben 19. Dezember @Studiosus setz mich einfach auf ignore. Immer wenn ich denke, "ach mit dem kann man ja doch reden", kommt irgendeine Retoure a la "schreib was du willst, es interessiert mich ja doch nicht". Die Arbeit und Frustration können wir uns beide sparen. Zitieren
Studiosus Geschrieben 19. Dezember Melden Geschrieben 19. Dezember (bearbeitet) vor 5 Minuten schrieb Flo77: @Studiosus setz mich einfach auf ignore. Immer wenn ich denke, "ach mit dem kann man ja doch reden", kommt irgendeine Retoure a la "schreib was du willst, es interessiert mich ja doch nicht". Die Arbeit und Frustration können wir uns beide sparen. Es bringt recht wenig, wenn ich Dich ignoriere (das tue ich wirklich nur mit unverbesserlichen Flegeln), Du aber dem Drang nicht widerstehen kannst, auf mich zu antworten. Deshalb werde ich das nicht tun (Dir steht es natürlich frei, solltest Du es nicht bereits getan haben). Aber ich kann natürlich aufhören, Dich zu zitieren. Wenn Du allerdings meine Beiträge kommentierst, dann sehe ich mich schon ermächtigt, dem auch meine Sicht weiter entgegenzusetzen. Überhaupt brauchen wir solche Kindereien hier nicht, würde ich sagen. Aber tu, was Dir richtig erscheint. bearbeitet 19. Dezember von Studiosus Zitieren
rorro Geschrieben 20. Dezember Melden Geschrieben 20. Dezember vor 9 Stunden schrieb Merkur: Ich habe keine Bedenken, dass Liberale oder Konservative mir da etwas voraus hätten. Ein MIndestmaß an Gottvertrauen sollte man als Christ haben. Heilsgewißheit habe ich keine. Du? Zitieren
Merkur Geschrieben 20. Dezember Melden Geschrieben 20. Dezember vor einer Stunde schrieb rorro: Heilsgewißheit habe ich keine. Du? Nein, ich auch nicht. Zitieren
Aleachim Geschrieben 20. Dezember Melden Geschrieben 20. Dezember vor 18 Stunden schrieb Studiosus: Da in der Perikope aber Johannes ankündigt, dass ein anderer nach ihm kommen wird, der größer ist als er, nämlich Jesus selbst, könnte man sagen: Das war bzw. ist das Gebot des Johannes. Es ist eine "Interimsethik", die erst einmal dazu dient, den Weg für Christus zu bereiten, dessen Ankunft wir an Weihnachten feiern. Zustimmung. Und ein großes Aber (dem du vielleicht auch zustimmst?): Den Weg für Christus bereiten, ist immer noch unsere Aufgabe. Wir sind aufgerufen: "Macht euch bereit!" Die Geburt Jesu Christi, die Menschwerdung Gottes ist ja nicht einfach 2000 Jahre her und damit abgehakt, erledigt. Johannes richtet dieses Gebot an die Menschen, nachdem Jesus schon längst geboren ist. (Natürlich, ja, vor seinem öffentlichen Wirken.) Trotzdem halte ich es für nicht ganz richtig, wenn man die Forderungen des Johannes quasi als "veraltet" betrachtet. Weil ja inzwischen Jesus gesagt hat, wie es "richtig" geht. Johannes und seine Taufe und seine Forderungen, sind doch immer wieder neu auch eine Aufforderung an uns, Christus den Weg zu bereiten. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin noch nicht fertig damit. Ich will damit nicht im Umkehrschluss sagen, dass die (in deinen Augen) strengeren Forderungen Jesu halt noch zu schwierig sind und wir das gar nicht zu versuchen brauchen, ehe wir nicht fertig sind mit "Wegbereiten". Ich denke, es braucht immer wieder beides, das Wegbereiten genauso, wie das "Sich-Einlassen" auf Jesus Christus. 1 Zitieren
Aleachim Geschrieben 20. Dezember Melden Geschrieben 20. Dezember vor 16 Stunden schrieb Merkur: Das sind eher die Gruppen, von denen ich mich fernhalte. Beiden Gruppen ist nach meiner Erfahrung gemeinsam, dass sie schwer zugänglich sind und ein Level von Anpassung erwarten, zu dem ich nicht bereit wäre. Da gibt es wenig Aufeinander hören und voneinander lernen. Am besten fährt man mMn mit dem MIttelmaß, das hier so schlecht wegkommt, also authentischen Christen, für die die Religion nicht ausnahmslos das wichtigste im Leben ist. Mir geht es teilweise ähnlich. Ich will nicht sagen, dass ich mich direkt fernhalte, aber ich fühle mich keiner dieser beiden Gruppen wirklich (noch) zugehörig. In der einen Gruppe, die eher strukturkonservativ ist, aber theologisch eher liberal (eigentlich sogar gleichgültig), liegen meine Wurzeln, denen fühle ich mich verbunden, aber nicht mehr zugehörig. Man könnte vielleicht sagen, ich bin dieser Gruppe entwachsen. Ich bin aber nicht in die zweite Gruppe hineingewachsen. Ich hab aber gemerkt, dass ich dort keinen Platz habe. Wo ist denn dann mein Platz? Das hab ich mich immer wieder gefragt... Gott hat mir im vergangenen Jahr recht deutlich gezeigt, dass er mich (momentan) an dem Platz haben will, wo ich bin: Zwischendrin. Ohne fest Zugehörigkeit zu den verschiedenen Gruppen, aber auch ohne mich abzuschotten oder bewusst fernzuhalten. Ganz im Gegenteil. Ich glaube, Gott hat mich da hingestellt, damit ich beweglich bin und Kontakt halten oder knüpfen kann in alle Richtungen. Ich würde das nicht als Mittelmaß, oder Mittelweg bezeichnen... 1 1 Zitieren
KevinF Geschrieben 20. Dezember Melden Geschrieben 20. Dezember (bearbeitet) 20 hours ago, rorro said: Ich entscheide nicht persönlich, welche Teile der Hl. Schrift mir wie wichtig sind. Bin kein Protestant. Ja, im Protestantismus gibt es Kriterien (die natürlich umstritten sind), anhand derer die Tradition inklusive der Schrift beurteilt wird. Auf Basis solcher Kriterien konnte Luther den Jakobusbrief und die Offenbarung des Johannes massiv kritisieren. (Wesentlich besser wäre es natürlich gewesen, sie hätten ihm seinen Antisemitismus verboten, aber man kann sich die Vergangenheit eben nicht aussuchen.) Ich finde das sehr gut. Und es zeigt auch, dass die Version des sola-scriptura-Prinzips, die hier im Forum gerne kritisiert wird, oft nur ein Strohmann ist. Und auch Du wirst ja irgendwelche Kriterien haben anhand derer Du das Lehramt beurteilst. Denn die Alternative wäre, sich ihm völlig zu unterwerfen und dies wäre intellektueller und moralischer Selbstmord, was ich Dir nicht zutraue. bearbeitet 20. Dezember von KevinF Zitieren
Studiosus Geschrieben 20. Dezember Melden Geschrieben 20. Dezember (bearbeitet) Es ist eigentlich sogar noch schlimmer darum bestellt. Was hier etwas objektivierend mit "Kriterien" umschrieben wird, war zumindest noch zu Lebzeiten Luthers reiner gutsherrlicher Umgang mit der Bibel. Oder meinetwegen ein (angemaßtes) Autoritätsargument: "Was zur Heiligen Schrift gehört, das entscheidet der Herr Doktor Luther." Luther hat sich selbst zur Richtschnur darüber gemacht, was zum Kanon der Schrift gehört und sich somit für klüger oder kompetenter erklärt als die alten Synoden, die sich lange vor ihm mit dieser Frage auseinandergesetzt hatten. Eine derartige Selbstüberschätzung muss man erstmal als einzelner Mann hinbekommen. Und was die Kritik beispielsweise des Jakobusbriefes angeht, so folgt diese keinen nachvollziehbaren Kriterien (etwa dass die Authentizität mit den damaligen Methoden hätte angezweifelt werden können), sondern der Brief "flog" aus der Bibel, weil er der neu erdachten Theologie Luthers den Todesstoß versetzt hätte. Die Schrift, die er über alles gestellt sehen wollte, hätte ihn selbst widerlegt. Deshalb polemisierte Luther recht sehr gegen die "gar stroherne Epistel" des Jakobus. Und so kann man das weiterspinnen. Im Übrigen ist es ja eine durchaus kuriose Beobachtung, dass sich das so wichtige Prinzip sola scriptura keineswegs aus nämlicher Schrift, der Bibel, deduzieren lässt. Dagegen strotzt die Schrift, insbesondere die Acta Apostolorum oder auch die Pastoralbriefe von einer Betonung der kirchlichen Autorität. Es heißt "sage es der Kirche", nicht "schlag in der Bibel nach" (die es in dieser Form freilich zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab). In Luthers Spuren wandeln, zumindest was die Egozentrik angeht, viele Theologen beider großer Konfessionen, die eigentlich ausschließlich dem progressiven Flügel angehören. Auch diese fordern eine Theologie ein, die sich näher an der Grundlage der Bibel orientiert. Allerdings nur dann, wenn sie die Entscheidung darüber in der Hand behalten, wie die Bibel denn interpretiert werden muss und welche Teile verbindlich und welche dispensierbar sind. An einer tatsächlichen biblischen Theologie sind sie nicht interessiert, denn diese wäre alles andere als glattgebügelt und weichgespült und fände sich in der Vielzahl der Fälle viel eher beim Standpunkt des kirchlichen Lehramts wieder als beim exegetischen Wunschkonzert, in dem sie die Dirigenten mimen. Dazu ist es interessant, sich anzusehen, wie unterschiedlich der EKD-Professor für Neues Testament, aber leider auch katholische Exegeten, im Vergleich zu Evangelikalen die Schrift auslegen. Dazwischen liegen Kosmen. Beide würden jedoch für sich in Anspruch nehmen, auf Grundlage der Bibel ihre Theologie zu entwickeln. bearbeitet 20. Dezember von Studiosus Zitieren
KevinF Geschrieben 20. Dezember Melden Geschrieben 20. Dezember (bearbeitet) 4 hours ago, Studiosus said: Es ist eigentlich sogar noch schlimmer darum bestellt. Was hier etwas objektivierend mit "Kriterien" umschrieben wird, war zumindest noch zu Lebzeiten Luthers reiner gutsherrlicher Umgang mit der Bibel. Oder meinetwegen ein (angemaßtes) Autoritätsargument: "Was zur Heiligen Schrift gehört, das entscheidet der Herr Doktor Luther." Luther hat sich selbst zur Richtschnur darüber gemacht, was zum Kanon der Schrift gehört und sich somit für klüger oder kompetenter erklärt als die alten Synoden, die sich lange vor ihm mit dieser Frage auseinandergesetzt hatten. Eine derartige Selbstüberschätzung muss man erstmal als einzelner Mann hinbekommen. Und was die Kritik beispielsweise des Jakobusbriefes angeht, so folgt diese keinen nachvollziehbaren Kriterien (etwa dass die Authentizität mit den damaligen Methoden hätte angezweifelt werden können), sondern der Brief "flog" aus der Bibel, weil er der neu erdachten Theologie Luthers den Todesstoß versetzt hätte. Die Schrift, die er über alles gestellt sehen wollte, hätte ihn selbst widerlegt. Deshalb polemisierte Luther recht sehr gegen die "gar stroherne Epistel" des Jakobus. Und so kann man das weiterspinnen. Mein Verständnis ist ganz anders: Konstitutiv für den Protestantismus ist die Rechtfertigungslehre. Hier reicht kein Akzeptieren einer Glaubenslehre, kein reines Fürwahrhalten, sondern diese kann man nur im Herzen erfahren. Und weil man sie erfährt, glaubt man der Schrift und betrachtet die Rechtfertigungslehre als deren Mitte, an der sich der Rest der Schrift messen lassen muss. Es geht also um ein starkes mystisches Element, das letztlich schlicht Glaubenssache (im erläuterten Sinne) ist. Die innere Logik der Theologie ist konsistent. Und Luther hat die Offenbarung des Johannes und den Jakobusbrief ja auch nicht aus der Bibel geworfen, sondern übersetzt, kommentiert (Vorrede) und ja, dabei auch stark kritisiert. 4 hours ago, Studiosus said: Dazu ist es interessant, sich anzusehen, wie unterschiedlich der EKD-Professor für Neues Testament, aber leider auch katholische Exegeten, im Vergleich zu Evangelikalen die Schrift auslegen. Dazwischen liegen Kosmen. Beide würden jedoch für sich in Anspruch nehmen, auf Grundlage der Bibel ihre Theologie zu entwickeln. Natürlich. "Sola scriptura" ohne Kontext ist beinahe komplett nichtssagend. Man braucht Kriterien für die biblische Exegese und diese sind letztlich Glaubenssache. Für die evangelisch-lutherischen Kirchen sind quasi die Bekenntnisschriften der hermeneutische Schlüssel, für die Rkk das Lehramt. Das Grundprinzip ist ziemlich ähnlich, nur dass die Bekenntnisschriften wesentlich freier ausgelegt werden können als das Lehramt der Rkk. bearbeitet 20. Dezember von KevinF Zitieren
KevinF Geschrieben 20. Dezember Melden Geschrieben 20. Dezember 4 hours ago, Studiosus said: Und was die Kritik beispielsweise des Jakobusbriefes angeht, so folgt diese keinen nachvollziehbaren Kriterien (etwa dass die Authentizität mit den damaligen Methoden hätte angezweifelt werden können) Du willst Dich aber nicht ernsthaft darüber beklagen, dass die Kriterien theologisch (siehe Beitrag oben) und nicht historisch-kritisch sind ? Zitieren
KevinF Geschrieben 20. Dezember Melden Geschrieben 20. Dezember 4 hours ago, Studiosus said: Eine derartige Selbstüberschätzung muss man erstmal als einzelner Mann hinbekommen. Ich würde sagen, diesbezüglich hat Pius IX den Vogel abgeschossen Zitieren
KevinF Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember 57 minutes ago, KevinF said: Ich würde sagen, diesbezüglich hat Pius IX den Vogel abgeschossen Habe es nachgeschlagen: Aus dem Prolog von "Der Unfehlbare" von Hubert Wolf: Streitgespräch zwischen Pius IX und Kardinal Guidi: "Ein Wort gab das andere. «Nein, das ist nicht wahr», ereiferte sich Pius IX. «Sie haben gesagt, und ich weiß es, dass der Papst verpflichtet ist, für die unfehlbaren Dekrete die Traditionen der Kirchen zu befragen. Nun, das ist ein Irrtum.» Kardinal Guidi: «Es ist wahr, dass ich es gesagt habe, aber es ist kein Irrtum.» Darauf der Papst «erregt»: «Doch, es ist ein Irrtum, denn ich, ich bin die Tradition, ich, ich bin die Kirche!!» – «Io, io sono la tradizione, io, io sono la Chiesa!!»" Ich meine, kommt schon Leute, das klingt selbst für meine Ohren häretisch. Zitieren
Studiosus Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember (bearbeitet) vor 1 Stunde schrieb KevinF: Du willst Dich aber nicht ernsthaft darüber beklagen, dass die Kriterien theologisch (siehe Beitrag oben) und nicht historisch-kritisch sind ? Keineswegs. Mir ging es nur darum, zu zeigen (was ja oft ein Vorwurf ein gegen den Umgang der katholischen Kirche mit der Schrift ist), dass sozusagen ein Geburtsfehler des protestantischen Schriftverständnisses schon bei Luther selbst zu finden ist. vor 54 Minuten schrieb KevinF: Ich meine, kommt schon Leute, das klingt selbst für meine Ohren häretisch. Ich bin zwar selbst kein Freund der verbreiteten Ineinssetzung von Petrusamt, Infallibilität und Tradition, sodass der Papst in seiner unbestrittenen Vollmacht sozusagen immer über der Tradition stünde oder erst festlegen würde, was denn die Tradition überhaupt sei, aber man sollte auch nicht Gesprächsfetzen aus einer Audienz als Beweis für irgendetwas heranziehen. Das werfe ich nicht Dir vor, aber durchaus Wolf in dieser Plakativität. Auch Päpste reden spontan recht viel und bisweilen auch groben Unsinn (siehe die Interviews und Pressekonferenzen von Franziskus). Aber auch hier gilt: Wer schreibt, der bleibt. Und verbindlich ist einzig, was das Konzil (Vatikanum I) über das Papstamt, die päpstliche Unfehlbarkeit und die heilige Tradition beschlossen hat, und nicht irgendwelche halböffentlichen Unterredungen. Und zu beurteilen, ob etwas Häresie ist, das steht wohl weder mir, Dir, noch Hubert Wolf zu. Zumal Wolf ebenso ein Trotzkopf wie andere ist, der zwar sorgfältig historisch arbeitet, aber auch nicht verwinden kann, dass die Geschichte der Kirche verlaufen ist, wie sie eben verlaufen ist und sich gerne aus allen Epochen eklektizistisch zusammenklaubt, was ihm in den Kram passt. Und der ganz offensichtlich einen ganzen Wälzer (Der Unfehlbare, aus dem zu zitierst) seiner Abneigung gegen einen kirchenhistorisch höchst bedeutenden Papst und das von ihm geleitete Konzil und dessen dogmatische Entscheide gewidmet hat. Auf die Idee, den Kanon der Heiligen Schrift nach Gutdünken neu zu ordnen, kam übrigens selbst der Unfehlbare nicht. Da war er im besten Sinne Diener der Tradition. bearbeitet 21. Dezember von Studiosus Zitieren
iskander Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember (bearbeitet) vor 20 Stunden schrieb Studiosus: Ich bin zwar selbst kein Freund der verbreiteten Ineinssetzung von Petrusamt, Infallibilität und Tradition, sodass der Papst in seiner unbestrittenen Vollmacht sozusagen immer über der Tradition stünde oder erst festlegen würde, was denn die Tradition überhaupt sei [...] Wenn der Papst nicht das letzte Wort darüber hat, wie die Tradition auszulegen sei, und wenn also jeder beliebige Kardinal, Pfarrer und Laienvertreter päpstliche Lehren ablehnen kann mit dem Argument, dass sie der Tradition (oder der Bibel) widersprächen, dann sind die Beschlüsse des 1. Vatikanums Makulatur. Wenn hingegen letztlich der Papst auslegt, wie die Tradition zu verstehen sie, und wenn er damit verbindlich über die ganze Kirche herrscht, dann ist die Formulierung von Pius IX. zwar plakativ, im Prinzip aber richtig. bearbeitet 21. Dezember von iskander Zitieren
KevinF Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember 21 hours ago, Studiosus said: Aber auch hier gilt: Wer schreibt, der bleibt. Und verbindlich ist einzig, was das Konzil (Vatikanum I) über das Papstamt, die päpstliche Unfehlbarkeit und die heilige Tradition beschlossen hat, und nicht irgendwelche halböffentlichen Unterredungen. Und wie passen diese Beschlüsse mit den Beschlüssen des Konzils von Konstanz zusammen? Ich verweise hierzu auf die Argumentation von Hubert Wolf bei Minute 41 bis 44 in dieser Vorlesung. Würde mich wirklich interessieren, wie eine mögliche Antwort aussehen könnte 🙂 Zitieren
Studiosus Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember (bearbeitet) vor einer Stunde schrieb iskander: Wenn hingegen letztlich der Papst auslegt, wie die Tradition zu verstehen sie, und wenn er damit verbindlich über die ganze Kirche herrscht, dann ist die Formulierung von Pius IX. zwar plakativ, im Prinzip aber richtig. Grundsätzlich habe ich dagegen auch nichts einzuwenden (wie könnte ich auch?). Die Frage ist allerdings auf welche Weise er das tut. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich persönlich der Ansicht zuneige, dass dem Papst zweifelsohne Infallibilität in Fragen der Glaubens- und Morallehre unter den bekannten Umständen zukommt, diese allerdings nicht in dem Sinne absolut ist, dass er frei und ohne Rücksicht auf die Überlieferung Neues verkünden könnte. Ich sehe, wie ich an anderer Stelle schon schrieb, diese Ansicht im Wortlaut des Konzils selbst angelegt, das die Funktion der päpstlichen Unfehlbarkeit für die Kirche darlegt, indem es lehrt, dass den Nachfolgern Petri der Beistand des Heiligen Geistes nicht verheißen wurde, damit sie unter seiner Inspiration neue Lehren verkündeten, sondern damit sie das angestammte Glaubensgut heilig bewahrten und getreu erklärten. Das Petrusamt sollte Diener der Tradition sein und ihr keine Gewalt antun. Der Papst wäre in dieser Betrachtungsweise viel eher Schutz- und Bestätigungsorgan der Tradition als ihr kreativer Neuinterpret. bearbeitet 21. Dezember von Studiosus Zitieren
Studiosus Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember (bearbeitet) vor 22 Minuten schrieb KevinF: Und wie passen diese Beschlüsse mit den Beschlüssen des Konzils von Konstanz zusammen? Mit Frequens und Haec Sancta? Gar nicht, würde ich sagen. Ich vermute Wolf bezieht sich auf diese sog. Konstanzer Reformdekrete (ich habe das Video jetzt nicht angesehen). Ich denke es war Konsens, vielleicht nicht unter den rein historisch arbeitenden Theologen, die sich für die Hermeneutik und dogmatische Verbindlichkeit von Konzilsdokumenten nicht allzu sehr interessieren, dass das Konzil von Konstanz und bestimmte Äußerungen desselben, so die genannten Dekrete, die konziliaristische Irrlehre propagierten und deshalb keine Bindewirkung für die Kirche entfalten konnten. Einmal ganz abgesehen von der geschichtlichen Ausnahmesituation unter das Konzil tagte. Spätestens mit den beiden Papstdogmen des I. Vatikanums kann die Diskussion über die Oberhoheit des allgemeinen Konzils über den Papst als beendet und im Sinne des papalen Primats entschieden betrachtet werden. bearbeitet 21. Dezember von Studiosus Zitieren
KevinF Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember 5 minutes ago, Studiosus said: Mit Frequens und Haec Sancta? Gar nicht, würde ich sagen. Ich vermute Wolf bezieht sich auf diese sog. Konstanzer Reformdekrete (ich habe das Video jetzt nicht angesehen). Ich denke es war Konsens, vielleicht nicht unter den rein historisch arbeitenden Theologen, die sich für die Hermeneutik und dogmatische Verbindlichkeit von Konzilsdokumenten nicht allzu sehr interessieren, dass das Konzil von Konstanz und bestimmte Äußerungen desselben, so die genannten Dekrete, die konziliaristische Irrlehre propagierten und deshalb keine Bindewirkung für die Kirche entfalten konnten. Ich kenne mich da ja nicht so aus. Gemäß dem Konzil von Konstanz kann wohl zur Überprüfung päpstlicher Entscheidungen ein Konzil angerufen werden, was Vaticanum 1 direkt widerspricht. Wenn also Konstanz gültig ist, muss Vaticanum 1 diesbezüglich ungültig sein. Wenn Konstanz aber ungültig ist, so Wolf, dann wäre auch Pius IX nicht gültig ins Amt gekommen (weil Konstanz das abendländische Schisma beendete) und das von ihm einberufene Konzil wäre ebenfalls ungültig, weil ein ungültig ins Amt gekommener Papst auch kein gültiges Konzil einberufen könne. Zitieren
Studiosus Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember (bearbeitet) vor 16 Minuten schrieb KevinF: Gemäß dem Konzil von Konstanz kann wohl zur Überprüfung päpstlicher Entscheidungen ein Konzil angerufen werden, was Vaticanum 1 direkt widerspricht. Richtig. Und das ist der Stand bis heute. Das geltende Kirchenrecht verbietet die Appellation an ein allgemeinenes Konzil gegen eine päpstliche Entscheidung. vor 16 Minuten schrieb KevinF: Wenn also Konstanz gültig ist, muss Vaticanum 1 diesbezüglich ungültig sein. Wenn Konstanz aber ungültig ist, so Wolf, dann wäre auch Pius IX nicht gültig ins Amt gekommen (weil Konstanz das abendländische Schisma beendete) und das von ihm einberufene Konzil wäre ebenfalls ungültig, weil ein ungültig ins Amt gekommener Papst auch kein gültiges Konzil einberufen könne. Das kann ich ad hoc so nicht beurteilen, ob das Wolfs Standpunkt ist und ob er tatsächlich so argumentiert (was nicht heißen soll, dass ich deiner Zusammenfassung misstraue). Unabhängig davon ist glaube ich unstrittig, dass das Konzil von Konstanz eine gewaltige Zäsur für die lateinische Kirche darstellte, die sich zum fraglichen Zeitpunkt in einer absoluten Ausnahme- und Notsituation befunden hat. Es war vor allem eine vorher und nachher kaum gekannte Krise des Papsttums. Martin V., der schließlich den Papstthron durch die Intervention des Konzils bestieg und von dessen Pontifikat an allmählich wieder "Normalität" einkehrte, sah sich natürlich zu gewissen Konzessionen gegenüber dem Konzil veranlasst. Allerdings wurde recht zügig klar, dass er selbst und seine Nachfolger nicht bereit sein würden, das konziliaristische Prinzip dauerhaft neben dem päpstlich-primatialen Prinzip zu etablieren. Und sie ist es auch gekommen, sodass Konstanz - vielleicht mit Ausnahme des Gallikanismus in Frankreich - keine bleibende Wirkung entfaltete. Was das Argument der Illegimität der Wahl Martins V. durch das Konzil bzw. der Absetzung der übrigen Papstprätendeten angeht, so halte ich das nicht für so schwerwiegend, wie Wolf das mutmaßlich tut. Wir sind aus der Neuzeit recht geordnete Verhältnisse bei Papstwahlen gewohnt. Doch wenn man sich etwas näher mit der Geschichte des Papsttums im Mittelalter beschäftigt, dann wird man feststellen, dass die Absetzung bzw. der erzwungene Rücktritt von (legitimen) Päpsten nicht nur durch Synoden, sondern auch durch weltliche Herrscher sicher nicht Alltag, aber doch nicht so ungewöhnlich war. Heute für uns unvorstellbar. Ich warne darum davor, die moderneren Rechtsnormen über die Papstwahl sozusagen in die Vergangenheit rückzuprojizieren und so zu übezogenen Schlussfolgerungen zu gelangen. bearbeitet 21. Dezember von Studiosus Zitieren
KevinF Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember (bearbeitet) 10 minutes ago, Studiosus said: Es war vor allem eine vorher und nachher kaum gekannte Krise des Papsttums. Martin V., der schließlich den Papstthron durch die Intervention des Konzils bestieg und von dessen Pontifikat an allmählich wieder "Normalität" einkehrte, sah sich natürlich zu gewissen Konzessionen gegenüber dem Konzil veranlasst. Okay, aber damit argumentierst Du ja quasi selbst historisch-kritisch, die Frage nach der Gültigkeit innerhalb der Logik der römisch-katholischen Theologie wird damit ja nicht beantwortet? Falls Du jedenfalls eine gute Gegendarstellung zu der Position von Wolf zum Thema Unfehlbarkeit/Jurisdiktionsprimat kennst, dann würde ich sie gerne lesen, bin also offen für Literaturtipps 🙂 bearbeitet 21. Dezember von KevinF Zitieren
KevinF Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember 21 minutes ago, Studiosus said: Was das Argument der Illegimität der Wahl Martins V. durch das Konzil bzw. der Absetzung der übrigen Papstprätendeten angeht, so halte ich das nicht für so schwerwiegend, wie Wolf das mutmaßlich tut. Wir sind aus der Neuzeit recht geordnete Verhältnisse bei Papstwahlen gewohnt. Doch wenn man sich etwas näher mit der Geschichte des Papsttums im Mittelalter beschäftigt, dann wird man feststellen, dass die Absetzung bzw. der erzwungene Rücktritt von (legitimen) Päpsten nicht nur durch Synoden, sondern auch durch weltliche Herrscher sicher nicht Alltag, aber doch nicht so ungewöhnlich war. Heute für uns unvorstellbar. Ich warne darum davor, die moderneren Rechtsnormen über die Papstwahl sozusagen in die Vergangenheit rückzuprojizieren und so zu übezogenen Schlussfolgerungen zu gelangen. (ich hatte vor dem Edit geantwortet) Okay, das wäre zumindest mal ein möglicher Ansatzpunkt, danke. Zitieren
Studiosus Geschrieben 22. Dezember Melden Geschrieben 22. Dezember (bearbeitet) vor 3 Stunden schrieb KevinF: Okay, aber damit argumentierst Du ja quasi selbst historisch-kritisch, die Frage nach der Gültigkeit innerhalb der Logik der römisch-katholischen Theologie wird damit ja nicht beantwortet? Ich würde in meiner bescheidenen Kenntnis dieser Dinge so weit gehen, zu sagen, dass die Gültigkeit einer Papstwahl gar kein im engeren Sinne theologischer Gegenstand ist. Wenn überhaupt ist die Frage nach der Gültigkeit ein kanonisches (kirchenrechtliches) Problem. Und da würde ich aus der Hüfte heraus sagen, dass der Modus der Papstwahl historisch immer wieder einem Wandel unterworfen gewesen ist. Und auch hier gibt es sozusagen einen "Gegen Fakten helfen keine Argumente"-Moment: Ein Papst, der von der Universalkirche als solcher anerkannt wird, ist erstmal als legitim zu betrachten, ungeachtet etwaiger Unregelmäßigkeiten bei seiner Wahl. Ausgefeilte "Konklave-Ordnungen", die auch Ungültigkeitskriterien auflisten, existieren erst seit relativ kurzer Zeit. Und auch das Konklave selbst ist zwar eine hehre Tradition und zum Standard der Papstwahl geworden, aber prinzipiell wären auch andere Wahlmodi zumindest denkbar. Bleibt die Frage, ob ein illegitimes Konzil legitim einen Papst wählen könnte. Das ist ja der Knackpunkt bei Wolf, wenn ich das recht verstehe? Und da würde ich zuerst präzisieren: Das Konzil von Konstanz in seiner Gesamtheit wird von der katholischen Kirche als ökumenisches Konzil anerkannt, an seiner Gültigkeit (anders als beim widerspenstigen "Rumpf-Konzil" von Basel nach dessen Verlegung nach Ferrara/Florenz oder später der Synode von Pistoia) besteht also kein Zweifel. Verworfen wurden im Nachgang "lediglich" die vom Konzil verabschiedeten Dekrete konziliaristischer Prägung. Um den Punkt von vorhin zu wiederholen: die "Absetzung" von Päpsten ist zwar im Grunde "unkanonisch", aber für die Zeit durchaus im Rahmen des Möglichen. Zu den Wahlmodi der Papstwahl hab ich schon etwas geschrieben, sodass ich - vielleicht anders als Wolf - an der Legitimität der Wahl Martins V. nicht zweifle und daher auch diesen sich bis auf Pius IX. durchtragenden "Geburtsfehler" von Konstanz an so nicht sehe. Vielleicht macht das meine Position nachvollziehbarer? vor 3 Stunden schrieb KevinF: Falls Du jedenfalls eine gute Gegendarstellung zu der Position von Wolf zum Thema Unfehlbarkeit/Jurisdiktionsprimat kennst, dann würde ich sie gerne lesen, bin also offen für Literaturtipps Spontan fallen mir tatsächlich keine zeitgenössischen Monographien ein, die explizit das Dogma/die Dogmen des I. Vatikanums verteidigen würden. Das Meiste, was erscheint, ist von Küng angefangen doch eher kritisch bis ablehnend. Was ich allerdings ganz allgemein zum Thema Papstamt empfehlen würde ist Gerhard Ludwig Müllers Buch "Der Papst. Sendung und Auftrag", das sich nebst anderem Lesenswerten in einem eigenen Kapitel auch mit der Unfehlbarkeit des Papstes und dem päpstlichen Jurisdiktionsprimat auseinandersetzt. [Ich weiß, für Viele ist Müller mittlerweile "verbrannt", weil er Papstkritiker sei. An seinem theologischen Renommee bestehen nach meiner unmaßgeblichen Meinung allerdings keinerlei Zweifel, sodas seine Schriften weiter empfohlen werden können.] bearbeitet 22. Dezember von Studiosus 1 Zitieren
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